England: Umwandlung einer Limited in eine UG (haftungsbeschränkt)
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 91364# letzte Aktualisierung: 21. Januar 2009
EGBGB Internationales Gesellschaftsrecht England: Umwandlung einer Limited in eine UG (haftungsbeschränkt)
I. Sachverhalt/Frage
Kann eine bestehende Limited Company englischen Rechts in eine Unternehmergesellschaft des neuen Rechts umgewandelt werden? Welches Verfahren ist dabei zu beachten?
II. Zur Rechtslage
1. Zum Formwechsel Ein grenzüberschreitender Rechtsformwechsel wäre im Rahmen der praktischen Durchführung als Verlegung des statutarischen Sitzes der Gesellschaft von England nach Deutschland zu vollziehen. Nach allgemeiner Ansicht ist eine derartige grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes nur dann zulässig, wenn diese sowohl nach dem englischen Recht als auch nach dem deutschen Recht zulässig ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das englische Recht, da es der Gründungstheorie folgt, die Verlegung des statutarischen Sitzes einer englischen Private Limited Company ins Ausland nicht anerkennt. Vielmehr ist die Gesellschaft in diesem Fall zunächst zu liquidieren (ausführlich hierzu Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht, 2002, S. 126 m. w. N.). In gleicher Weise lässt auch das deutsche Recht den ,,Zuzug" einer ausländischen Kapitalgesellschaft nach Deutschland durch Inkorporation im deutschen Handelsregister nicht zu. Vielmehr wäre die Gesellschaft dann im Inland als OHG bzw. GbR zu behandeln. Sie könnte dann nach den Vorschriften des deutschen Handelsrechts in eine GmbH bzw. Aktiengesellschaft formwechselnd umgewandelt werden. Auf europäischer Ebene war insoweit eine Verordnung über die grenzüberschreitende Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften im Rahmen der europäischen Union in Vorbereitung (14. Gesellschaftsrechtliche Sitzrichtlinie). Allerdings sind die Arbeiten an dieser Richtlinie durch die Kommission eingestellt worden, mit der Begründung, für eine derartige Verordnung bestehe kein praktisches Bedürfnis. U. E. ergibt sich die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Zuzugs aus deutscher Sicht allerdings aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Sevic Systems AG. In der damaligen Entscheidung hat der EuGH die Ansicht vertreten, die Verschmelzung
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der luxemburgischen Gesellschaft auf die deutsche GmbH müsse aus deutscher Sicht erlaubt werden, da der luxemburgischen Gesellschaft die Gestaltungsmöglichkeiten einer deutschen GmbH nicht versagt werden dürften. In gleicher Weise könnte man hier annehmen, dass auch einer englischen Gesellschaft die Möglichkeiten einer deutschen Gesellschaft zum Formwechsel nicht versagt werden dürften, so dass also auch dann eine englische Private Limited Company mit Zweigniederlassung in Deutschland die Möglichkeit haben müsste, durch entsprechenden Zuzug einen Formwechsel in eine deutsche GmbH zu erreichen (vgl. insoweit den ausführlichen Beitrag von Drinhausen/Gesell, Gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten grenzüberschreitender Mobilität von Unternehmen in Europa, BB Spezial 8/2006, S. 7). Freilich ist zu berücksichtigen, dass weiterhin die Entscheidung des EuGH in Sachen Daily Mail aus dem Jahre 1988 im Raum steht. Danach kann der Ursprungsstaat einer Gesellschaft den Wegzug untersagen oder zumindest von bestimmten Bedingungen abhängig machen. Diese Entscheidung ist auch im Rahmen der neueren Entscheidungen des EuGH immer wieder bestätigt worden. Da das englische Recht den Wegzug in Form einer Verlegung des statutarischen Sitzes aus England ins Ausland nicht gestattet, würde möglicherweise also schon hieran der Formwechsel in die GmbH scheitern. Möglicherweise könnte sich hier aus der Entscheidung des EuGH in Sachen Cartesio etwas genaueres ergeben (Entscheidung des EuGH v. 16.12.2008 C-210/06, ,,Cartesio", Link z. B. auf der DNotI-Homepage). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren hatten die ungarischen Handelsgerichte sich geweigert, die Verlegung des Verwaltungssitzes einer ungarischen Kommanditgesellschaft nach Italien in das Handelsregister einzutragen. Der Europäische Gerichtshof hielt dies entgegen der Ansicht des Generalanwalts für vertragskonform. Das nationale Recht könne das Fortbestehen einer Gesellschaft nach nationalem Gesellschaftsrecht davon abhängig machen, dass diese weiterhin einen Verwaltungssitz im Inland habe. Allerdings stellte der EuGH in gleichem Atemzug fest, dass das nationale Recht dann in Kauf nehmen müsse, dass durch Verlegung des Verwaltungssitzes in das Ausland die Gesellschaft nach dem Recht des neuen Sitzstaates als rechtsfähig anerkannt werde, also insoweit ein Statutenwechsel eintritt. Insoweit ergibt sich im Verhältnis zu England eigentlich noch nichts Neues, da das englische Recht ja den englischen Gesellschaften erlaubt, ihren Hauptverwaltungssitz nach Deutschland zu verlegen. Die Verlegung des statutarischen Sitzes stand im CartesioVerfahren gerade nicht im Raum. Man könnte aber die Ansicht vertreten, das englische Recht dürfe nun nicht den vollständigen Wegzug (statutarischer und tatsächlicher Sitz) behindern, wenn sich die Gesellschaft auf diese Weise dem Recht des Zuzugsstaates unterstellt (vgl. Leible/Hhoffmann,
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entsprechende Ausführungsgesetz auch die Private Limited Companies einzubeziehen (ausführlich hierzu Tebben,
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Erscheinungsdatum:15.05.2009
RechtsbezugInternational