13. Dezember 2019
BNotO § 9; BGB § 164; GBO § 29

Nachweis der Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung

BGB § 164; BNotO § 9; GBO § 29
Nachweis der Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung

I. Sachverhalt
Die Notare N1 und N2 sind zur gemeinsamen Berufsausübung i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BNotO verbunden. In einem Grundstückskaufvertrag, den N1 beurkundet hat, ist folgende Belastungsvollmacht enthalten:

„Die Vollmacht kann nur vor dem beurkundenden Notar oder einem zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Notar ausgeübt werden.“

Die Grundschuld des Käufers ist nunmehr von N2 beurkundet worden. Das Grundbuchamt verlangt einen Nachweis in der Form des § 29 Abs. 1 GBO, dass sich N1 und N2 zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden haben.

II. Frage
Kann das Grundbuchamt einen Nachweis verlangen, dass sich zwei Notare zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden haben?

III. Zur Rechtslage
1. Nachweiserfordernis gem. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO
Die im Vertrag verwendete Belastungsvollmacht ist dahingehend beschränkt, dass sie nur vor dem Urkundsnotar oder einem zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Notar ausgeübt werden kann. Bei einer Beurkundung der Grundschuld vor einem anderen als dem Urkundsnotar geht es im Kern um die Frage, ob gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO die Eigenschaft als „zur Berufsausübung verbundener“ Notar i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BNotO und damit als Notar i. S. d. Belastungsvollmacht nachzuweisen ist und wie dieser Nachweis ggf. geführt werden kann.

Grundsätzlich müssen gem. § 29 Abs. 1 GBO sämtliche erforderlichen Erklärungen (S. 1) und alle sonstigen Voraussetzungen für die Eintragung (S. 2) durch öffentlich beglaubigte Erklärungen oder öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. Für den Nachweis der sonstigen Tatsachen i. S. d. Satzes 2 ist der Nachweis in öffentlicher Urkunde erforderlich, wenn diese Tatsachen nicht offenkundig sind. Es gibt also grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die „Hürde“ des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO zu nehmen: Das Bestehen einer Sozietät zwischen ursprünglichem und jetzigem Urkundsnotar wird als offenkundig erachtet oder die Sozietät wird durch öffentliche Urkunde nachgewiesen. Die Offenkundigkeit ist keine weitere Nachweisform, sondern ersetzt gerade den erforderlichen Nachweis (Bayer/Meier-Wehrsdorfer, in: Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl. 2018, § 29 Rn. 172).

Ein Nachweis ist mithin entbehrlich, wenn es sich um eine offenkundige Tatsache i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO handelt. Offenkundig sind Tatsachen immer dann, wenn sie verständige Kreise für feststehend halten, weil sie allgemein oder in einem bestimmten örtlichen Umkreis bekannt sind oder weil man sich ihre Kenntnis aus allgemein zugänglichen und zuverlässigen Quellen ohne besondere Sachkunde verschaffen kann; dabei macht es keinen Unterschied, ob die Kenntnis amtlich oder außeramtlich erlangt wird (OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.7.2015, BeckRS 2016, 2600, Tz. 10; Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 29 Rn. 60). Nach dieser Definition hat die Rechtsprechung bspw. die Person des Bürgermeisters einer Gemeinde für offenkundig im Sinne der Norm behandelt, da diese ‚ständig in der Öffentlichkeit in dieser Funktion auftritt und wahrgenommen wird‘ (OLG Frankfurt BeckRS 2016, 2600, Tz. 10). Mit der Bürgermeisterstellung dürfte sich die Notarstellung freilich nicht vergleichen lassen, insbesondere ist die Tatsache der Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung nicht ohne Weiteres nach außen erkennbar. Allenfalls regionale Grundbuchämter vor Ort mögen davon Kenntnis haben.

2. Vorliegender Fall
Über einen ähnlichen wie den vorliegenden Fall hatte jedoch das Kammergericht zu entscheiden (RNotZ 2014, 570 = DNotI-Report 2014, 142). Betroffen war nicht der Nachweis zur gemeinsamen Berufsausübung, sondern der Nachweis der Aktenverwahrung durch einen anderen Notar. Scheidet ein Notar aus dem Amt aus, gehen rechtsgeschäftlich erteilte und gesetzlich vermutete Vollmachten auf den Aktenverwahrer über (vgl. zum Übergang auf den Amtsnachfolger auch Gutachten DNotI-Report 2005, 177). Der aktenverwahrende Notar kann demnach so handeln, als wären ihm die Vollmachten persönlich erteilt worden. Laut Kammergericht ist die Tatsache, dass der handelnde Notar auch tatsächlich der aktenverwahrende Notar ist, dem Grundbuchamt gegenüber nicht gesondert nachzuweisen. Prägnant hat das KG insoweit formuliert (RNotZ 2014, 570, 571):

„Aufgrund seiner besonderen beruflichen Stellung, vgl. § 1 BNotO, kann von einem Notar angenommen werden, dass er sich nicht ohne Auftrag in die Verhältnisse anderer einmischt […].“

Überträgt man diesen Gedanken auf den vorliegenden Sachverhalt, so ist davon auszugehen, dass der Notar die Grundschuld nur entgegennimmt, wenn die behauptete gemeinsame Verbindung zur Berufsausübung tatsächlich besteht.

Auch eine Entscheidung des OLG Dresden kann für den vorliegenden Fall fruchtbar gemacht werden (Beschl. v. 16.8.2011, BeckRS 2012, 7480). Sie betrifft die Frage, ob die bevollmächtigten Notariatsmitarbeiter in einer Urkunde namentlich benannt werden müssen. Problematisch ist dabei ebenfalls, wie sich bei späterer Verwendung der Vollmacht die Eigenschaft als Angestellter des Notars nachweisen lässt. Ein Nachweis in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO wird diesbezüglich regelmäßig nicht existieren. Laut OLG Dresden enthält jedoch die Urkunde, in der der Angestellte von seiner Vollmacht Gebrauch macht, implizit den Nachweis, dass die handelnde Person ein Notariatsangestellter des beurkundenden Notars ist. Ein Nachweis dieser Eigenschaft in der Form des § 29 Abs. 1 GBO ist demnach entbehrlich.

Aus den genannten Entscheidungen lässt sich ableiten, dass das Grundbuchamt einer Erklärung des Notars, er werde in einer bestimmten Eigenschaft tätig oder nehme eine Erklärung von einem bei ihm Angestellten entgegen, grundsätzlich vertrauen kann. Unseres Erachtens verhält es sich ebenso, wenn zwei Notare nach außen als zur Berufsausübung verbundene Notare auftreten. Nimmt ein Notar aufgrund der Belastungsvollmacht eine Erklärung entgegen und darf er dies nur in seiner Eigenschaft als mit dem anderen Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbundener Notar, so enthält dieser Akt selbst die Erklärung, dass eine entsprechende Verbindung zur Berufsausübung besteht und er damit zur Entgegennahme befugt ist. Ein weiterer Nachweis dieser Verbindung ist dann nicht erforderlich.

Hinzu treten regelmäßig noch weitere Indizien, etwa das Handeln unter einem gemeinsamen Briefkopf oder eine gemeinsame Internetpräsenz. Solche Indizien lassen das Bestehen einer Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung – jedenfalls für Kreise, die in ständigem Kontakt mit Notaren stehen, wie eben das Grundbuchamt – als offensichtlich erscheinen. Wäre es anders, so müsste der potentiell zur Berufsausübung verbundene Notar einen enormen Aufwand betreiben, um nach außen als Sozius wahrgenommen zu werden (Erstellung von Briefpapier etc.). Dies ist angesichts der damit einhergehenden geringen Vorteile (Entgegennahme einer Grundschuld) und des enormen persönlichen Haftungsrisikos bei Entgegennahme ohne eine entsprechende Vollmacht unwahrscheinlich und nicht lebensnah. Die rein hypothetische Möglichkeit, dass zwischen N1 und N2 trotz Entgegennahme der Grundschuld tatsächlich keine Sozietät besteht, muss das Grundbuchamt deshalb bei seiner Beurteilung außer Betracht lassen.

Hält man entgegen der hier vertretenen Ansicht einen Nachweis dennoch für erforderlich, so kämen zwei Nachweismöglichkeiten in Betracht: Zum einen könnte der Sozietätsvertrag in öffentlich-beglaubigter Form vorgelegt werden. Hiergegen spricht jedoch bereits ein gewichtiges Geheimhaltungsinteresse der beteiligten Notare. Regelmäßig werden Sozietätsverträge zudem lediglich privatschriftlich geschlossen, sodass sie in der Grundbuchpraxis nicht nachgewiesen werden können.

Zum anderen: Soweit das Landesrecht eine Genehmigung des Sozietätsvertrags durch die Aufsichtsbehörde verlangt (vgl. etwa § 3 Abs. 1 S. 2 NotV BY, § 15 Abs. 1 NotVO NRW für hauptberufliche Notare), liegt jedenfalls ein Nachweis über die Genehmigung des Sozietätsvertrags in öffentlicher Form vor, denn die Genehmigungserklärung wird regelmäßig durch die zuständige Aufsichtsbehörde mit entsprechendem Dienstsiegel versehen. Die Vorlage dieser Genehmigung könnte dem Grundbuchamt gegenüber als Nachweis für den Zusammenschluss zur gemeinsamen Berufsausübung dienen.

Doch selbst diese beiden Möglichkeiten würden keinen endgültigen Nachweis erbringen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass der Sozietätsvertrag nach Genehmigung wieder aufgehoben wurde. Entsprechend wäre nur der Nachweis erbracht, dass ein Sozietätsvertrag zum damaligen Zeitpunkt bestand, im Übrigen wäre bei strenger Betrachtung kein Nachweis i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO gegeben. Im Ergebnis dürfte deshalb die obergerichtliche Rechtsprechung zu vergleichbaren Konstellationen gelten, wonach der Notar einen Nachweis in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO durch den Notar nicht führen muss.

Gutachten/Abruf-Nr:

172167

Erscheinungsdatum:

13.12.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Notarielles Berufsrecht
Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 196-198

Normen in Titel:

BNotO § 9; BGB § 164; GBO § 29