03. März 2023
BeurkG § 34a

Pflicht zur Mitteilung an das Zentrale Testamentsregister; Anforderung von Personenstandsurkunden durch den Notar

PStG § 65; BeurkG § 34a
Pflicht zur Mitteilung an das Zentrale Testamentsregister; Anforderung von Personenstandsurkunden durch den Notar

I. Sachverhalt
Der Notar beurkundete ein Testament. Der Erblasser teilte dem Notar hierzu seine Geburtenregisternummer nicht mit und verweigerte auch nach der Beurkundung jegliche Kooperation. Daraufhin wandte sich der Notar an das ihm bekannte Geburtsstandesamt des Erblassers und bat um Übermittlung einer Geburtsurkunde oder alternativ um Mitteilung der Geburtenregisternummer.

Das Geburtsstandesamt sieht den Anwendungsbereich des § 65 Abs. 1 S. 1 PStG nicht eröffnet. Es beruft sich stattdessen auf § 62 Abs. 1 PStG und verlangt von dem Notar die Vorlage einer Vollmachtsurkunde, in der ihn der Erblasser zur Einholung der Personenstandsurkunde bevollmächtigt.

II. Frage
Kann der Notar auf der Grundlage des § 65 Abs. 1 S. 1 PStG die Erteilung einer Personenstandsurkunde verlangen?

III. Zur Rechtslage
1. Die Erteilung von Personenstandsurkunden
Nach § 62 Abs. 1 S. 1 PStG sind Personenstandsurkunden auf Antrag den Personen zu erteilen, auf die sich der Registereintrag bezieht, sowie deren Ehegatten, Lebenspartnern, Vorfahren und Abkömmlingen. Andere Personen haben ein Recht auf Erteilung von Personenstandsurkunden, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen (§ 62 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 PStG).

Einer derartigen Glaubhaftmachung bedarf es dagegen nicht, wenn Behörden oder Gerichte die Erteilung von Personenstandsurkunden oder Auskünfte aus dem Personenstandsregister verlangen. Nach § 65 Abs. 1 S. 1 PStG sind Behörden und Gerichten (ohne Weiteres) auf Ersuchen Personenstandsurkunden zu erteilen, Auskunft aus einem oder Einsicht in einen Registereintrag sowie Durchsicht mehrerer Registereinträge zu gewähren, soweit dies zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist. Behörden und Gerichte haben hierbei den Zweck anzugeben (§ 65 Abs. 1 S. 3 PStG).

2. Notar als Behörde i. S. v. § 65 Abs. 1 S. 1 PStG
Die Anforderung von Personenstandsurkunden durch den Notar wäre daher ohne Weiteres zulässig, wenn er als „Behörde“ i. S. v. § 65 Abs. 1 PStG anzusehen wäre. Ob der Notar als „Behörde“ i. S. d. PStG angesehen werden kann, ist nicht unumstritten (bejahend z. B. von Peters, StAZ 1967, 252). Die h. M. geht davon aus, dass sich diese Frage nicht abstrakt beantworten lasse, sondern danach differenziert werden müsse, ob der Notar im Einzelfall im Rahmen der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben für sein Amtsgeschäft oder im Interesse eines privaten Auftraggebers tätig wird. Gerichtsentscheidungen zu dieser Thematik ergingen insbesondere zur Urkundenanforderung von Notaren im Erbscheinsverfahren. Insoweit wird ein Tätigwerden im privaten Interesse bejaht und darauf hingewiesen, dass der Nachweis der Erbberechtigung durch öffentliche Urkunde dem Antragsteller obliege (vgl. § 352 Abs. 3 FamFG; § 2356 Abs. 1 BGB a. F.). Bediene sich der Antragsteller eines Notars, um die erforderlichen Personenstandsurkunden zu beschaffen, werde der Notar nicht aus eigenem Recht, also als Behörde tätig, sondern besorge ein Geschäft seines Auftraggebers (s. OLG Frankfurt DNotZ 1988, 136 m. Anm. Vetter; OLG Jena StAZ 1994, 351 m. Anm. Sachse). Dies habe zur Folge, dass der Notar bei Beschaffung von Personenstandsurkunden im Erbscheinsverfahren eine Vollmacht seines Auftraggebers vorlegen müsse (OLG Hamm StAZ 1992, 110 = DNotZ 1993, 71). Ferner müsse der Notar ein berechtigtes Interesse seines Auftraggebers an der Erlangung der begehrten Personenstandsurkunde glaubhaft machen (OLG Frankfurt StAZ 1995, 138; s. als Überblick zu dieser Problematik: Gutachten DNotI-Report 2001, 194 f.).

Vorliegend geht es dagegen um die Stellung des Notars im Mitteilungs- und Benachrichtigungsverfahren in Nachlasssachen, insbesondere um die Frage der Behördeneigenschaft des Notars im Rahmen der ihn treffenden Mitteilungspflichten nach § 34a Abs. 1, 2 BeurkG. Unmittelbar hierzu äußern sich die verfügbare Judikatur und Literatur, soweit ersichtlich, nicht. Beiläufig hat sich die Rechtsprechung jedoch mit der Frage des Tätigwerdens des Notars im öffentlichen oder privaten Interesse bei Erfüllung seiner Ermittlungspflichten gem. § 351 S. 1 FamFG geäußert, wenn sich der Notar durch Benutzung des Personenstandsregisters Klarheit darüber verschaffen will, ob der Erblasser noch lebt oder eine in der amtlichen Verwahrung des Notars befindliche Verfügung von Todes wegen des Erblassers zwischenzeitlich wegen des Ablebens abzuliefern wäre (§ 351 FamFG i.V.m. § 34a Abs. 3 Satz 1 BeurkG). Hier hat zuletzt der Bayerische VGH (Urt. v. 4.6.2013 – 5 B 11.2412 – BeckRS 2013, 52261 Tz. 30) dazu tendiert, der Notar werde insoweit überwiegend im öffentlichen Interesse tätig. Denn er sei nicht Vertreter einer Partei (§ 14 Abs. 1 S. 2 BNotO) und handle nicht für den (künftigen) Erblasser, sondern als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) im Rahmen seiner Amtstätigkeit (§§ 20 ff., 24 Abs. 2 BNotO) und erfülle hierbei seine gesetzliche Pflicht aus § 351 FamFG.

Diese Einschätzung lässt sich – auch wenn insoweit eindeutige Äußerungen aus Judikatur oder Literatur nicht vorliegen – auch auf die Stellung des Notars im Mitteilungsverfahren nach § 34a Abs. 1, 2 BeurkG übertragen. Errichtet der Notar eine erbfolgerelevante Urkunde oder beurkundet er die Änderung einer solchen Urkunde, so hat er unverzüglich die Verwahrangaben i. S. v. § 78d Abs. 2 S. 2 BNotO an die das Zentrale Testamentsregister führende Registerbehörde zu übermitteln (s. auch § 2 Abs. 1 S. 1, § 1 S. 1 Nr. 1 lit. c, § 5 S. 1 Nr. 2, 3 ZTRV). Er erfüllt damit in diesem Verfahren eine originär hoheitliche Aufgabe sowie eine ihn selbst persönlich treffende gesetzliche Verpflichtung.

Das Mitteilungs- und Benachrichtigungswesen in Nachlasssachen ist ein hoheitlich ausgestaltetes staatliches Verfahren, das der in Art. 14 Abs. 1 S. 1 Fall 2 GG enthaltenen Gewährleistung des Erbrechts und der Testierfreiheit dient. Die Mitteilung der Verwahrangaben einer erbfolgerelevanten Urkunde ist zwingend und ebenso unverzichtbar wie die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen (§ 2263 BGB). Eine Mitteilung des Notars erfolgt insbesondere im öffentlichen Interesse einer geordneten Nachlassabwicklung (Diehn, NJW 2011, 481). Daher stehen weder die Durchführung noch der Umfang der Mitteilung zur Disposition des Notars oder gar zur Disposition des betroffenen Erblassers.

Vielmehr unterliegt der Notar einer bundesgesetzlich begründeten Mitteilungspflicht gegenüber der das Zentrale Testamentsregister führenden Registerbehörde. Hiervon umfasst ist die Pflicht zur Angabe der Geburtenregisternummer, § 1 Nr. 1 lit. c ZTRV. Zwar kann auf die Übermittlung nach § 2 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZTRV zunächst verzichtet werden, jedoch handelt es sich dabei um eine Pflichtangabe, die nachträglich vom Melder (= Notar, § 2 Abs. 1 S. 1 ZTRV) ergänzt werden muss, § 5 S. 1 Nr. 3 ZTRV. Die Geburtenregisternummer ist das wichtigste und einzige eindeutige Identifizierungsmerkmal eines Erblassers und daher für den ordnungsgemäßen Ablauf des Benachrichtigungswesens in Nachlasssachen unverzichtbar (vgl. Diehn, DNotZ 2011, 676, 680). Stünde dem Notar in diesem Zusammenhang kein Recht auf Erteilung einer Personenstandsurkunde nach § 65 Abs. 1 S. 1 PStG zu, würde dies unvollständige Eintragungen im Zentralen Testamentsregister befördern und damit das Funktionieren des Nachlassverfahrens gefährden, da im Zweifel eine Sterbefallmitteilung nicht der korrespondierenden Registrierung zugeordnet werden könnte und der Erblasserwille schlimmstenfalls nicht berücksichtigt würde. Eine Verfahrensausgestaltung bzw. Rechtslage, die unvollständige und damit fehlerhafte Registrierungen im Zentralen Testamentsregister befördert, ist von der Regelungsintention des Gesetzgebers des Personenstandsgesetzes nicht gedeckt.

Dass dem Notar im Rahmen seines Handelns nach § 34a Abs. 1, 2 BeurkG Behördenfunktion i.S.v. § 65 Abs. 1 S. 1 PStG zukommt, verdeutlicht auch ein Vergleich mit der Rechtslage bei der amtlichen Inverwahrungnahme eines eigenhändigen Testaments durch ein Gericht. Nimmt ein Gericht ein eigenhändiges Testament in besondere amtliche Verwahrung (§§ 346, 347 Abs. 1 FamFG), obliegt diesem gemäß § 347 Abs. 1 FamFG, § 2 Abs. 1 ZTRV die Pflicht zur Mitteilung der Verwahrangaben i.S.v. § 78d Abs. 2 S. 2 BNotO an die das Zentrale Testamentsregister führende Registerbehörde. In diesem Zusammenhang muss das Gericht für die Vollständigkeit der zu übermittelnden Verwahrangaben, wie sie hinsichtlich der Geburtenregisternummer durch § 1 S. 1 Nr. 1 lit. c ZTRV vorgeschrieben sind, Sorge tragen. Das Nachlassgericht handelt in diesem Zusammenhang zweifelsfrei als Gericht i. S. d. § 65 Abs. 1 S. 1 PStG und damit in Erfüllung der ihm als Verwahrstelle gesetzlich übertragenen Aufgaben. Insofern wird für die Anwendbarkeit des § 65 Abs. 1 S. 1 PStG nicht zwischen den Meldern der Verwahrangaben (§ 2 Abs. 1 S. 1 ZTRV) differenziert. Im Rahmen des Mitteilungsverfahrens in Nachlassachen handelt es sich sowohl für Notare als auch für Gerichte um dieselbe Tätigkeit und dieselbe Erfüllung gesetzlich begründeter hoheitlicher Pflichten – nämlich die Übermittlung von Verwahrangaben i.S.v. § 2 Abs. 1 ZTRV.

Schließlich ergibt sich die Behördenstellung des Notars auch aus Nr. 65.1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz (PStG-VwV), wonach ein Notar als Behörde anzusehen ist, wenn er im Einzelfall im Rahmen der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben tätig wird und nicht „die Interessen eines privaten Auftraggebers wahrnimmt“ (Schmitz/Bornhofen/Müller, PStG-VwV mit Erläuterungen, 3. Aufl. 2021, S. 261).

3. Ergebnis
Im Ergebnis dürfte der Notar jedenfalls bei der Anfrage an das ein Personenstandsregister führende Standesamt zwecks nachfolgender Übermittlung der von ihm nach § 2 Abs. 1, § 1 S. 1 Nr. 1 lit. c, § 5 S. 1 Nr. 2, 3 ZTRV mitzuteilenden Verwahrangaben als Behörde i. S. v. § 65 Abs. 1 S. 1 PStG anzusehen sein. Er ist folglich ohne Weiteres dazu berechtigt, Auskunft aus den Personenstandsregistern zu erlangen und auch Personenstandsurkunden zu erhalten. Der Vorlage einer eigenen Vollmacht bedarf es hierfür wegen der Behördeneigenschaft des Notars nach § 65 Abs. 1 S. 1 PStG nicht.

Gutachten/Abruf-Nr:

190963

Erscheinungsdatum:

03.03.2023

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Testamentsform

Erschienen in:

DNotI-Report 2023, 36-37

Normen in Titel:

BeurkG § 34a