13. April 2017
BGB § 311b Abs. 1; BGB § 705

Beurkundungspflicht bei einem GbR-Vertrag einer Bauherrengemeinschaft/Immobilienfonds-GbR

BGB §§ 311b Abs. 1 S. 1, 705
Beurkundungspflicht bei GbR-Vertrag einer Bauherrengemeinschaft/Immobilienfonds-GbR

I. Sachverhalt
Eine Bauherrengemeinschaft aus mehreren Privatpersonen schließt einen Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Bauherrengemeinschaft beabsichtigt, von der Stadt X ein Grundstück zu kaufen. Es wird ein Optionsvertrag mit der Stadt X geschlossen, wonach das Grundstück für die Bauherrengemeinschaft reserviert wird. Eine notarielle Beurkundung ist vorgesehen, wenn der Gesamtkaufpreis vollständig bezahlt ist und für alle Einheiten ein GbR-Gesellschafter vorhanden ist.

Laut GbR-Vertrag ist Ziel der Gesellschaft:

-    der Erwerb eines Grundstückes,
-    die Planung und der Bau eines Mehrfamilienhauses
-    Aufteilung nach WEG und
-    Auseinandersetzung der Gesellschaft durch Auflassung der Wohnungen an die Gesellschafter.

Jedem Gesellschafter wird eine bestimmte Wohnung zugeordnet. Es ist vorgesehen, dass weitere Personen der Gesellschaft beitreten können. In dem Vertrag heißt es außerdem:

„Spätestens nach Fertigstellung des Hauses wird das Objekt nach dem WEG aufgeteilt. Anschließend erfolgt die Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens in der Form, dass jeder Gesellschafter seine Wohnung zum Alleineigentum erhält ...“.

Bis zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages ist eine Kündigung jederzeit durch schriftliche Erklärung an die Geschäftsführung möglich. Sobald der Grundstückskaufvertrag wirksam abgeschlossen ist, ist die ordentliche Kündigung dieser Gesellschaft ausgeschlossen.

Im Gesellschaftsvertrag sind außerdem besondere Gründe für den Ausschluss eines Gesellschafters niedergelegt. Im Fall des Ausschlusses wächst der Anteil den anderen Gesellschaftern an.

II. Fragen
Gilt das Beurkundungserfordernis des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB für:

1.    den Abschluss des Gesellschaftsvertrages,
2.    den Beitritt eines Gesellschafters bzw. die Vereinbarung zwischen Gesellschaft, übertragendem und eintretenden Gesellschafter bei Übertragung eines Gesellschaftsanteils,
3.    die Kündigung eines Gesellschafters,
4.    den Ausschluss eines Gesellschafters,
5.    Änderungen des Gesellschaftsvertrages?

III. Zur Rechtslage
1.    Abschluss des GbR-Vertrags
Der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft bedarf grundsätzlich keiner Form, ist aber nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB beurkundungspflichtig, sofern sich ein Vertragsteil dazu verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben.

Nach ganz überwiegender Auffassung ist ein Gesellschaftsvertrag beurkundungspflichtig, wenn der Zweck der Gesellschaft auf den Erwerb oder die Veräußerung eines bestimmten Grundstücks durch die Gesellschaft gerichtet ist. Die Gesellschafter sind dazu verpflichtet, den Zweck der Gesellschaft zu fördern (§ 705 BGB). Bereits mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags entsteht daher die Verpflichtung am Abschluss eines späteren Grundstückskaufvertrags mitzuwirken (BeckOGK-BGB/Schreindorfer, Stand: 1.2.2017, § 311b Rn. 141; Erman/Grziwotz, BGB, 14. Aufl. 2014, § 311b Rn. 20; MünchKommBGB/Schäfer, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 38; jurisPK-BGB/Ludwig, 8. Aufl. 2017, § 311b Rn. 148; Staudinger/Schumacher, BGB, 2012, § 311b Abs. 1 Rn. 114; Ulmer/Löbbe, DNotZ 1998, 711, 734; Soergel/J. Mayer, BGB, 2013, § 311b Rn. 66). Vor diesem Hintergrund entsteht bereits aus der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags ein Schutzbedürfnis wie bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags. Dass die Gesellschafter (nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR) nicht unmittelbar als Gesellschafter am Grundstück dinglich berechtigt sind, soll unschädlich sein (Soergel/J. Mayer, § 311b Rn. 66; zuvor auch schon Ulmer/Löbbe, DNotZ 1998, 711, 735).

Umstritten ist die Beurkundungspflicht, wenn der Gesellschaftsvertrag nur allgemein als Gesellschaftszweck die Veräußerung oder den Erwerb von Grundstücken festschreibt. In diesem Fall soll nach h. M. keine Beurkundungspflicht bestehen (BGH DNotZ 1997, 40, 41 f.; Soergel/J. Mayer, § 311b Rn. 66; a. A. BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 142; vgl. auch Ulmer/Löbbe, DNotZ 1998, 711, 735 m. w. N.). Auf die Formulierung des Gesellschaftsvertrags kommt es freilich nicht entscheidend an; maßgeblich ist der wahre Wille der Beteiligten (Erman/Grziwotz, § 311b Rn. 20).

Legt man die vorgenannten Kriterien zugrunde, dürfte sich die Beurkundungspflicht des Gesellschaftsvertrags bereits aus dem Umstand ergeben, dass die Gesellschafter kraft ihrer Bindung an den Gesellschaftszweck verpflichtet sind, am Erwerb des bereits spezifizierten Grundstücks durch die GbR mitzuwirken.

Überdies dürfte sich die Beurkundungspflicht aus folgendem Gesichtspunkt herleiten lassen: Jeder Gesellschafter verpflichtet sich an der Auseinandersetzung der GbR mitzuwirken: Er ist verpflichtet einen entsprechenden Miteigentumsanteil zu erwerben. Die Verpflichtung zum Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück löst eine Beurkundungspflicht nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB aus (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. 2017, § 311b Rn. 3). Überdies ist der Gesellschafter verpflichtet, einen Teilungsvertrag nach § 3 Abs. 1 WEG abzuschließen, damit jeder der Gesellschafter an der ihm zugedachten Wohnung Sondereigentum erwerben kann. Eine Verpflichtung zur Durchführung einer Teilung ist beurkundungspflichtig (§ 4 Abs. 3 WEG). Enthält der Gesellschaftsvertrag dementsprechende Verpflichtungen, ist der gesamte Gesellschaftsvertrag zu beurkunden. Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt die Beurkundungspflicht eines Gesellschaftsvertrags, wenn sich die Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar zum Erwerb eines bestimmten Grundstücks verpflichtet haben (BGH DNotZ 1997, 40, 42; NJW 1998, 376, 377). Entsprechendes gilt, wenn der Zweck der Gesellschaft darauf angelegt ist, den Gesellschaftern bestimmte Eigentumswohnungen zu verschaffen und die Gesellschafter nach dem Vertrag verpflichtet sind, eine bestimmte Eigentumswohnung zu erwerben (BGH NJW 1978, 2505, 1506; BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 144; Erman/Grziwotz, § 311b Rn. 19; Grunewald, FS Hagen, 1999, S. 277, 285).

Die Kündigungsmöglichkeit der Gesellschafter ändert an der Formbedürftigkeit der Erklärungen nichts. Die Option sich von den eingegangenen Verpflichtungen zu lösen, spielt für die Beurkundungspflicht der Willenserklärungen keine Rolle (vgl. etwa BGH DNotZ 2009, 619 Rn. 17; vgl. auch BGH NJW 2015, 2546 Rn. 19 [Geltung der an § 311b BGB anknüpfenden Zwei-Wochen-Frist nach § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG auch bei freiem Rücktrittsrecht]). Dies ergibt sich schon daraus, dass § 311b Abs. 1 S. 1 BGB nur die bestehenden Verpflichtungen in den Blick nimmt.Auch der Normzweck ist in diesem Punkt eindeutig: Die Beteiligten sind über die Tragweite und Bedeutung ihrer Erklärungen zu belehren. Ihr Schutzbedürfnis hängt nicht davon ab, dass sie den Vertrag später kündigen können. Maßgeblich ist, dass sie eine Verpflichtung eingehen, falls sie von ihrer Kündigungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen.

Ebenso wenig ist es von Bedeutung, dass das gegenüber der Gemeinde bestehende Optionsrecht die Gesellschaft nicht dazu verpflichtet, von der Option Gebrauch zu machen. Die ganz überwiegende Meinung (s. o.) lässt es genügen, dass sich aus der Bindung an den Gesellschaftszweck im Innenverhältnis der Gesellschafter eine entsprechende Verpflichtung ergibt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Gesellschafter zum Erwerb der einzelnen Wohnungseinheiten verpflichtet sind, wenn die Gesellschaft den Grundbesitz erwerben sollte. Dass dies von einem späteren Grundstückserwerbs durch die GbR abhängt, ändert an der Beurkundungspflicht nichts: Denn auch eine unter einer aufschiebenden Bedingung stehende Verpflichtung zum Erwerb eines Grundstücks ist beurkundungspflichtig.

Der Abschluss des GbR-Gesellschaftsvertrags bedarf daher der notariellen Beurkundung.

2.    Beitritt
Tritt ein Gesellschafter einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft bei, begründet der Beitritt grds. keine Pflicht zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Grundstücks. Der Beitritt unterliegt daher an sich keiner Form (vgl. BGH NJW 1957, 1316; OLG München NJW-RR 1994, 37; BeckOK-BGB/Gehrlein, Stand: 1.11.2016, § 311b Rn. 7; Staudinger/Schumacher, § 311b Abs. 1 Rn. 119).

Anders ist dies jedoch dann zu beurteilen, wenn der Gesellschaftsvertrag selbst formpflichtig ist, weil er den Gesellschafter zum Erwerb einer Wohnung verpflichtet. Dann muss auch der Beitritt formpflichtig sein (Grunewald, S. 277, 286; Staudinger/Schumacher, § 311b Abs. 1 Rn. 120 f. m. w. N. auch zur umstrittenen Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Beurkundungspflicht gilt; s. aber auch BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 50 [Beurkundungspflicht des Gesellschaftsvertrags als solches für Beurkundungspflicht des Beitritts nicht ausreichend]). Demzufolge geht auch die Rechtsprechung von einer Beurkundungspflicht des Beitritts aus, wenn der Gesellschaftsvertrag den Gesellschafter zum Erwerb einer bestimmten Immobilie verpflichtet (vgl. BGH DNotZ 1997, 40, 41; BFH NJW-RR 2012, 265 Rn. 19; zust. jurisPK-BGB/Ludwig, § 311b Rn. 170; Palandt/Grüneberg, § 311b Rn. 9).

Eine entsprechende Fallkonstellation lag auch einer BGH-Entscheidung von 1978 zugrunde (II ZR 61/77, NJW 1978, 2505). In dem KG-Vertrag war vorgesehen, dass die KG Eigentumswohnungen erwerben und diese an die Kommanditisten übertragen sollte. Der BGH verlangte für den Beitritt zur Gesellschaft die notarielle Beurkundung. Er legte die Beitrittserklärung so aus, dass den beitretenden Gesellschaftern eine Verpflichtung traf, eine bestimmte Eigentumseinheit zu erwerben. Der Gesellschaftsvertrag setzte die jeweilige Wohnungseigentumseinheit und den Finanzierungsbetrag fest (BGH NJW 1978, 2505, 2506). Das leuchtet unmittelbar ein: Wenn eine Beurkundungspflicht für die Gründungserklärung der Gesellschafter besteht, kann für den Beitritt nichts anderes gelten.

Demzufolge liegt es auch im vorliegenden Fall nahe, von einer Beurkundungspflicht des Beitritts auszugehen. Durch den Beitritt wird der Gesellschafter verpflichtet, an der Auseinandersetzung der GbR sowie an der Begründung von Miteigentum und von Sondereigentum mitzuwirken. Beurkundungspflichtig ist nicht nur die Erwerbsverpflichtung, sondern der gesamte Beitrittsvertrag. Entsprechend den zur Vertragsübernahme entwickelten Grundsätzen muss nur der Beitrittsvertrag, nicht erneut der gesamte Gesellschaftsvertrag beurkundet werden (vgl. BGH DNotZ 1994, 476; vgl. Gutachten DNotI-Report 2016, 9, 11 f.).

3.    Anteilsabtretung
Auch die Verpflichtung zur Anteilsabtretung und die Anteilsabtretung selbst bedürfen im Grundsatz keiner Form, auch wenn zum Gesellschaftsvermögen Grundbesitz gehört (vgl. Staudinger/Schumacher, § 311b Rn. 119). Diskutiert wird in der Literatur eine analoge Anwendung in Umgehungsfällen, in denen die Anteilsübertragung bei wirtschaftlicher Betrachtung auf die Übertragung von Grundbesitz gerichtet ist (für Beurkundungspflicht Ulmer/Löbbe, DNotZ 1998, 711, 726; K. Schmidt, AcP 182 (1982), 480, 511; Palandt/Grüneberg, § 311b Rn. 5; Schumacher/Staudinger, § 311b Abs. 1 Rn. 122; Beck’sches Notarhandbuch/Heckschen, 6. Aufl. 2015, A. I. Rn. 57; a. A. Wertenbruch, NZG 2008, 454, 456; für Beurkundungspflicht nur in Fällen einer bewussten Umgehung BGH NJW 1993, 1110, 1111; NJW 1998, 376, 377; s. auch BGH NZG 2008, 377).

Auf diese Frage kommt es hier nicht entscheidend an. Denn auch die Anteilsabtretung muss genauso wie der Beitritt formpflichtig sein, wenn der Gesellschaftsvertrag als solcher der notariellen Beurkundung bedarf, weil der Gesellschafter zum Erwerb einer Wohnungseinheit verpflichtet ist (MünchKommBGB/Kanzleiter, 7.Aufl. 2016, § 311b Rn. 14; Staudinger/Schumacher, § 311b Abs. 1 Rn. 120 f.). Den Fall der Anteilsabtretung wird man insoweit kaum anders als den Fall des Beitritts behandeln können. Im Ergebnis liegt es nahe, eine Parallele zur Vertragsübernahme einer Verpflichtung zum Erwerb eines Grundstücks zu ziehen, die ebenfalls beurkundungspflichtig ist (BGH NJW 1996, 2503, 2504; BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 90).
Demzufolge unterliegt auch das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft mit Blick auf eine Anteilsabtretung an der GbR der Formpflicht des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB.

4.    Kündigung und Ausschluss eines Gesellschafters
Keiner Beurkundungspflicht unterliegen demgegenüber die Kündigung durch einen Gesellschafter oder der Ausschluss von Gesellschaftern. Es handelt sich bei diesen Erklärungen um einseitige Willenserklärungen, die keine unmittelbare rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Übertragung oder zum Erwerb eines Grundstücks begründen. Der Gesellschafter scheidet kraft Gesetzes aus der Gesellschaft aus. Es kommt zu einer Anwachsung bei den anderen Gesellschaftern nach den gesetzlichen Bestimmungen. Demzufolge dürfte keine Beurkundungspflicht nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB bestehen (vgl. Münch/Munzig, Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 2. Aufl. 2016, § 12 Rn. 48; Soergel/J. Mayer, § 311b Rn. 68; Palandt/Grüneberg, § 311b Rn. 9; Erman/Grziwotz, § 311b Rn. 20). Dem Schutzbedürfnis der Gesellschafter ist bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie an der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags bzw. der Anteilsübertragung oder des Beitritts beteiligt waren.

In der Literatur wird allerdings eine Beurkundungspflicht bejaht, wenn der Austritt bei wirtschaftlicher Betrachtung auf die Übertragung von Grundbesitz gerichtet ist (Ulmer/Löbbe, DNotZ 1998, 711, 729). Das wird man jedoch nicht annehmen können, wenn es den Beteiligten primär um die Beendigung der Mitgliedschaft des Gesellschafters geht. Kündigung und Austritt sind nicht darauf gerichtet, gerade das Grundstück auf die anderen Gesellschafter zu übertragen. Vielmehr zielen sie darauf, dass ein Gesellschafter von seinen Bindungen befreit wird. Der Ausschluss des Gesellschafters erfolgt, um eine bestimmte Pflichtverletzung zu sanktionieren. Die Anwachsung ist nicht primärer Zweck, sondern lediglich gesetzliche Begleitfolge.

Demzufolge wird man im vorliegenden Fall nicht annehmen können, dass die Kündigungs- oder die Austrittserklärung der notariellen Beurkundung bedarf.

5.    Änderung des Gesellschaftsvertrags
Ist der Abschluss des Gesellschaftsvertrags formbedürftig, fragt sich, ob auch eine spätere Vertragsänderung der notariellen Form bedarf. Im Grundsatz unterliegen nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch nachträgliche Änderungen des beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäfts der Beurkundungspflicht (s. nur BGH NJW 2001, 1932, 1933 = DNotZ 2001, 798). Die Rechtsprechung hat allerdings drei Ausnahmen entwickelt (vgl. Palandt/Grüneberg, § 311b Rn. 42 ff.; MünchKommBGB/Kanzleiter, § 311b Rn. 57 ff.; Staudinger/Schumacher, § 311b Abs. 1 Rn. 198 ff.; BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 230 ff.):

-    Vereinbarungen, durch die unvorhergesehene Schwierigkeiten bei der Vertragsabwicklung beseitigt werden sollen, sofern die zu diesem Zweck getroffene nachträgliche Absprache die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Grundstückskaufvertrag nicht wesentlich verändert (vgl. BGH NJW 2001, 1932, 1933);

-    Vereinbarungen, durch die die Veräußerungs- oder Erwerbspflicht der Beteiligten weder erweitert noch verschärft wird (vgl. BGH NJW 1976, 1842);
-    Änderungsvereinbarungen, die zeitlich nach Beurkundung der Auflassung getroffen werden (vgl. BGH BeckRS 1971, 30853153; NJW 1985, 266 = DNotZ 1985, 284).

Die Einzelheiten sind nach wie vor ungeklärt. So besteht insbesondere hinsichtlich der zweiten Fallgruppe keine Klarheit, ob die Rechtsprechung hieran auch noch heute festhalten würde. Die Judikatur des BGH ist insoweit stark einzelfallbezogen (vgl einerseits BGH NJW 1976, 1842 sowie andererseits BGH NJW 1988, 3263). Die dritte Fallgruppe ist in der Rechtsprechung weitgehend gesichert. Allerdings ist hier ungewiss, ob bereits die bloße Erklärung der Auflassung genügt oder ob der Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt eingegangen sein muss (vgl. ausführlich Gutachten DNotI-Report 2016, 63, 64).

Die von der Rechtsprechung zur Formbedürftigkeit von Vertragsänderungen entwickelten Grundsätze kommen auch bei der Änderung eines beurkundungspflichtigen Gesellschaftsvertrags zum Zuge (BayObLG BB 1987, 711, 712; Heinze, ZNotP 2013, 42, 43; Staudinger/Schumacher, § 311b Abs. 1 Rn. 111). Demzufolge ist anzunehmen, dass Änderungen des Gesellschaftsvertrags zumindest so lange beurkundungspflichtig sein können, bis der Vollzug der im Gesellschaftsvertrag angedachten Aufteilung erfolgt ist.

Auch die Literatur überträgt die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefallgruppen auf die Änderung des Gesellschaftsvertrags. Soll der Gesellschaftsvertrag dahingehend geändert werden, dass die Einladung zu einer Gesellschafterversammlung auch per Textform erfolgen könne, sei es denkbar, dass eine solche Vertragsänderung formfrei erfolgen könne. Insoweit handele es sich um eine unwesentliche Änderung ohne Bezug zu einer Veräußerungs- oder Erwerbspflicht (Heinze, ZNotP 2013, 42, 44). Gleichwohl weist die Literatur allerdings darauf hin, dass die bisherigen Kriterien im Einzelfall keine zuverlässige Orientierung erlauben (Heinze, ZNotP 2013, 42, 45).

Lässt der Gesellschaftsvertrag Änderungen auch durch Mehrheitsbeschluss zu, fragt sich, welche Form in diesem Fall erforderlich ist. Dies ist ungeklärt. Nach einer Auffassung ist auch im Falle eines Beschlusses durch die Mehrheit eine notarielle Beurkundung von Willenserklärungen nach den §§ 6 ff. BeurkG notwendig (Heinze, ZNotP 2013, 42, 44). Sie beruft sich auf den Schutz der Gesellschafter vor Übereilung. Es müssten die einzelnen Willenserklärungen beurkundet werden, die den Beschluss herbeiführen (Heinze, ZNotP 2013, 42, 45). Eine andere Auffassung vertreten Teile der Literatur hingegen zur Frage, ob Satzungsänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht nach §§ 6 ff. BeurkG beurkundungspflichtig sind, wenn die Satzungsänderung ein beurkundungspflichtiges Rechtsgeschäft betrifft. Hier soll auch ein Tatsachenprotokoll genügen (Grotheer, RNotZ 2015, 4, 8 f.; hiermit sympathisierend Zöllner/Noack, GmbHG, 31. Aufl. 2017, § 53 Rn. 70; a. A. Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG/DONot, 7. Aufl. 2015, § 36 BeurkG Rn. 7).

U. E. bietet sich insoweit eine Differenzierung an: Der Beschluss als solcher ist nicht beurkundungspflichtig, beurkundungspflichtig kann jedoch als Willenserklärung die Zustimmungserklärung eines Gesellschafters sein, wenn diese nach den Grundsätzen des Personengesellschaftsrechts erforderlich sein sollte.

Der Gesellschafter hat sich im notariell beurkundeten GbR-Vertrag bei Zulassung einer Mehrheitsklausel der Mehrheitsentscheidung durch die Gesellschafter unterworfen. Insoweit liegt in der Beschlussfassung lediglich eine Ausübung einer im Gesellschaftsvertrag begründeten Ermächtigung. Im Zusammenhang mit § 311b Abs. 1 S. 1 BGB ist anerkannt, dass etwa die Ausübung eines dem Vertragspartner eingeräumten Leistungsbestimmungsrechts nicht formbedürftig ist (BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 171 m. w. N.). Entsprechendes gilt auch, wenn die Verpflichtung zur Übereignung eines Grundstücks von der Ausübung eines Optionsrechts abhängt und beide Parteien am notariell beurkundeten Vertrag über die Einräumung der Option beteiligt waren (BGH NJW-RR 1996, 1167; MünchKommBGB/Kanzleiter, § 311b Rn. 34).

Dass eine Mehrheitsklausel die einzelnen möglichen Beschlussgegenstände aufführt, ist nicht mehr erforderlich. Den Bestimmtheitsgrundsatz hat die Rechtsprechung mittlerweile aufgegeben (BGH NZG 2014, 1296 Rn. 9 ff.; NZG 2007, 259 Rn. 10 – OTTO). Anderes gilt jedoch auch nach der Rechtsprechung nach wie vor für den Fall der Lastenvermehrung (§ 707 BGB). Hier ist eine antizipierte Zustimmung des Gesellschafters erforderlich, die das Ausmaß und die Belastung für den einzelnen Gesellschafter erkennen lässt (BGH NZG 2014, 1296 Rn. 10; NZG 2007, 259 Rn. 10). Entsprechendes gilt für den Eingriff in relativ unentziehbare Rechte des Gesellschafters. Der Beschluss wird gegenüber dem betroffenen Gesellschafter nur wirksam, wenn er dem Beschluss zustimmt (BGH NZG 2014, 1296 Rn. 10 f.). Diese Zustimmung stellt ein selbständiges Rechtsgeschäft neben dem Beschluss dar. Greift der Beschluss über die Änderung des Gesellschaftsvertrags in ein relativ unentziehbares Recht ein, muss jeder betroffene Gesellschafter eine individuelle Zustimmung erklären.

Wird also etwa beschlossen, dass bestimmten Gesellschaftern eine bestimmte Wohnung nicht mehr zustehen oder sich diese verkleinern soll, ist eine Zustimmung der betroffenen Gesellschafter erforderlich. Diese wird nicht zuletzt aus Gründen der Beratungs- und Belehrungsfunktion beurkundungspflichtig sein. Anders ist es, wenn es sich um unwesentliche Änderungen ohne Bezug zu Rechten und Pflichten der Gesellschafter handelt

Gutachten/Abruf-Nr:

153558

Erscheinungsdatum:

13.04.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Bauträgervertrag und Werkvertrag

Erschienen in:

DNotI-Report 2017, 49-52

Normen in Titel:

BGB § 311b Abs. 1; BGB § 705