Zustimmung des WEG-Verwalters bei gleichzeitigem Tätigwerden als Makler - WEG §§ 12 Abs. 1, 27; BGB § 652
I. Sachverhalt
Der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage makelte eine Eigentumswohnung der von ihm verwalteten Wohnungseigentumsanlage. Nach der Gemeinschaftsordnung ist zur Veräußerung eines Wohnungseigentums die Zustimmung des Verwalters erforderlich (§ 12 Abs. 1 WEG).
Der WEG-Verwalter nahm auch an der Beurkundung des Kaufvertrags teil und erklärte seine Verwalterzustimmung gleich im Kaufvertrag mit (zwecks Kostenersparnis, § 44 KostO). Im Kaufvertrag wurde eine Maklerklausel vereinbart, woraus der Makler einen eigenen Anspruch auf Zahlung der Maklerprovision erwerben sollte.
Nach der Beurkundung liest der Notar verunsichert einen Aufsatz von Elsing, ZNotP 2007, 414, wonach die Verwalterzustimmung - und damit auch Kaufvertrag und Auflassung - aufgrund des institutionalisierten Interessenskonfliktes unwirksam seien.
II. Fragen
1. Darf der Wohnungseigentumsverwalter zugleich als Makler für von ihm verwaltete Wohnungen tätig werden? Falls er dies nicht darf: Hat er gleichwohl einen Anspruch auf Maklerlohn? Hängt das Ergebnis davon ab, ob eine sog. Maklerklausel in den Kaufvertrag aufgenommen wurde?
2. Ist die Abgabe einer Verwalterzustimmung zu einem Kaufvertrag über Wohnungseigentum unwirksam, wenn der Verwalter zugleich eine Maklerleistung erbringt?
III. Rechtslage
1. Unzulässigkeit der Maklertätigkeit
a) Kein Maklerlohnanspruch bei institutionalisiertem Interessenskonflikt
Nach der Verflechtungsrechtsprechung des BGH ist eine den Provisionsanspruch ausschließende Verflechtung gegeben, wenn das Zustandekommen des Hauptvertrages nicht allein von einer übereinstimmenden Willensbildung der Parteien dieses Vertrages, sondern (auch) von einer Entscheidung des Maklers abhängig ist (BGH NJW 1985, 2473 = WM 1985, 946).
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Makler zugleich Wohnungseigentumsverwalter ist und nach der Gemeinschaftsordnung gem. § 12 Abs. 1 WEG zur Gültigkeit des Kaufvertrages seine Zustimmung als WEG-Verwalter notwendig ist. Will ein Verwalter in dieser durch die Befugnisse aus § 12 WEG ausgeweiteten Rechtsposition gleichzeitig Makler des Käufers einer Eigentumswohnung sein, so steht er in einem Interessenkonflikt. Er hat die Interessen seines Kunden ebenso wahrzunehmen wie die der Wohnungseigentümer, die unter Umständen gegenläufig sind.Seine selbständige, unabhängige Willensbildung ist dadurch zumindest gefährdet. Denn er hat die Befugnis, über das Zustandekommen des Veräußerungsvertrages zu entscheiden und damit gleichzeitig über den Provisionsanspruch eines tätig gewordenen Maklers. Entscheidet der Makler über den Abschluss des Hauptvertrages, dann ist der Interessenkonflikt institutionalisiert. Diese Interessenkollision hindert ihn an einer dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Maklertätigkeit; ihm steht daher keine Maklerprovision zu (BGHZ 112, 240 = BB 1990, 2435 = DB 1990, 2518 = MittBayNot 1991, 20 = MDR 1991, 132 = NJW 1991, 168 = WM 1990, 2088 = ZMR 1991, 61; BGH WuM 1991, 46 = ZMR 1991, 71; BGH MDR 1987, 477 = NJW 1987, 1008 = WM 1987, 409; anders bei einem "gewöhnlichen" WEG-Verwalter, dessen Zustimmung nicht nach § 12 WEG erforderlich ist: BGH MittBayNot 2003, 288 = NJW 2003, 1393 = ZfIR 2003, 905; BGH DNotZ 2005, 842 = MDR 2005, 1099 = NJW-RR 2005, 1033 = NotBZ 2005, 292 = ZNotP 2005, 308; vgl. Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht, 5. Aufl. 2008, Rn. 660 f. und 694; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl. 2008, § 652 BGB Rn. 31; Staudinger/Reuter, BGB, 2003, §§ 652/653 BGB Rn. 154; Pick, in: Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. 2003, § 12 WEG Rn. 21; Jennißen/Baumann, WEG, 2008, § 12 WEG Rn. 29; Staudinger/Kreuzer, BGB, 2005, § 12 WEG Rn. 22; Lüke, in: Weitnauer, WEG, 9. Aufl. 2005, § 12 WEG Rn. 10; kritisch MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl. 2005, § 652 BGB Rn. 122/123). Jedenfalls nach einer Meinung gilt dies auch, wenn der Verkäufer den Makler beauftragt (OLG Köln NJW-RR 2003, 516 = NZM 2003, 241 = OLG-Report 2003, 75 = ZMR 2003, 276).
b) Kein selbständiges Provisionsversprechen
Gleichwohl kann allerdings auch in Verflechtungsfällen ein Anspruch auf Provision aufgrund eines von den Voraussetzungen des § 652 BGB unabhängigen Provisionsversprechens gegeben sein (BGH WM 1978, 247; BGH MDR 1987, 912 = NJW-RR 1987, 1075 = WM 1987, 1140). Von einer derartigen selbständigen Provisionszusage kann ausgegangen werden, wenn der die Provision Versprechende die Zusage in Kenntnis der Umstände abgibt, die den Provisionsempfänger an einer Maklertätigkeit hindern - etwa weil ihn der Makler zuvor entsprechend aufgeklärt hatte - (BGH WM 1983, 42), weil es ihm dennoch und gerade auf die Einschaltung dieser Person ankommt (BGH MDR 1982, 38 = NJW 1981, 2297 = WM 1981, 1084).
Dafür ist erforderlich, dass dem Käufer bei Übernahme der Verpflichtung zur Provisionszahlung nicht nur bekannt ist, dass der Makler auch WEG-Verwalter ist, sondern dass er auch darüber aufgeklärt wurde, dass der Verwalter aufgrund des Zustimmungserfordernisses nach § 12 WEG von einer Maklertätigkeit ausgeschlossen war; die bloße Aufnahme einer Maklerklausel in einen Grundstückskaufvertrag lässt sich auch bei Kenntnis der Stellung des Maklers als WEG-Verwalter noch nicht als selbständiges Provisionsversprechen auslegen (BGHZ 112, 240 = MittBayNot 1991, 20 = NJW 1991, 168 = a.a.O.).
Der Verwalter kann sich nicht allein deshalb auf ein unabhängiges Provisionsversprechen als Rechtsgrund für die Zahlung einer Maklercourtage berufen, weil die Courtageverpflichtung im notariellen Vertrag als ein "selbständiger Schuldgrund" bezeichnet wurde (OLG Hamburg OLG-Report 1996, 225, 1). Ein von dieser Rechtslage unabhängiges, selbständiges, auf Zahlung gerichtetes Schuldversprechen des Käufers im Kaufvertrag ebenso wie seine Kenntnis der Nichtschuld bei Leistung sind daher nach gewöhnlichen Umständen ausgeschlossen (OLG Hamburg NZM 2002, 877 = OLG-Report 2003, 135 = WE 2002, 88 = WuM 2002, 559 = ZMR 2002, 838).
Auch hier liegt damit in der Maklerklausel u. E. kein selbstständiges Provisionsversprechen.
2. Wirksamkeit der Zustimmung als WEG-Verwalter
a) Literaturstimmen von Scheel und Elsing
V.a. gestützt auf die vorstehend mehrfach zitierte BGH-Entscheidung BGHZ 112, 240 meint Scheel, dass ein Verwalter die Zustimmung nach § 12 WEG nicht mehr wirksam erteilen könne, wenn er zugleich als Immobilienmakler tätig war, da dies einen Konflikt zwischen seinen Verpflichtungen gegenüber den Wohnungseigentümern bzw. deren Gemeinschaft einerseits und seinem Privatinteresse an der Vermittlungsprovision andererseits verursache (Scheel, in: Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 2. Aufl. 2007, Teil 15 Rn. 27).
Darauf stützt sich wiederum Elsing in seinem Kurzbeitrag (Die Zustimmung eines Verwalters im Kaufvertrag ist unwirksam, wenn der Verwalter gleichzeitig Vermittler des Kaufvertrages ist!, ZNotP 2007, 414). Er meint: "Zur Vertretung ist der Verwalter nicht berechtigt, wenn er sich im Konflikt zwischen den Gemeinschaftsinteressen und seinem Privatinteresse an der Vermittlungsprovision befindet oder wenn ein Fall des § 181 BGB eingreift (Selbstkontrahieren oder Mehrfachvertretung). Im geschilderten Fall ist der Verwalter von der Vertretung daher ausgeschlossen, denn als Mittler des Veräußerungsvertrages hat er ein gesteigertes Interesse an seiner Vergütung und ist deshalb gehindert, sachgerecht über die Zustimmung zur Veräußerung für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu entscheiden." (Elsing, ZNotP 2007, 414, 415).
b) Rechtsprechung und h.M.
Diese Schlussfolgerungen der Mindermeinung lassen sich aber nicht auf die zitierte BGH-Rechtsprechung stützen. Denn in allen zitierten BGH-Entscheidungen und auch in den einschlägigen OLG-Entscheidungen geht es nur um die Frage, ob ein Provisionsanspruch aus der Maklertätigkeit entsteht. Dieser Provisionsanspruch setzt voraus, dass der Kaufvertrag durch die Zustimmung des WEG-Verwalters wirksam geworden ist. Dies ergibt sich gerade aus der Leitentscheidung BGHZ 112, 240 deutlich. Deren Leitsatz lautet: "Der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage, von dessen Zustimmung gem. § 12 WEG die Gültigkeit eines Wohnungsverkaufs abhängig ist, kann wegen des demgemäß institutionalisierten Konflikts mit den Interessen des Käufers nicht dessen Makler sein". Auch aus den Entscheidungsgründen ergibt sich kein Hinweis darauf, dass aufgrund dieses Interessenkonflikts die Verwalterzustimmung gem. § 12 WEG unwirksam sei; insbesondere ist dies kein Fall des § 181 BGB (Herrler, ZNotP 2007, 448).
Auch die übrige Literatur (vgl. Nachweise oben Ziffer III. 1. a) diskutiert nicht etwa die Wirksamkeit der Verwalterzustimmung i. S. d. § 12 WEG, sondern vielmehr das Zustandekommen eines Provisionsanspruchs.
3. Ergebnis
Im Ergebnis kann zwar der Makler keine Maklerprovision verlangen, wenn er zugleich WEG-Verwalter ist und seine Zustimmung zur Veräußerung nach § 12 Abs. 1 WEG erforderlich ist, weil er dann in einem institutionalisierten Interessenkonflikt steht. Dies beeinträchtigt die Wirksamkeit der Zustimmung nach § 12 WEG (und damit die Wirksamkeit von Kaufvertrag und Übereignung) aber nicht.