Hauptversammlung; kurzzeitige Abwesenheit des Versammlungsleiters, der Vorstandsmitglieder oder des beurkundenden Notars; durchgängige Anwesenheit; Interimsleiter; Unterbrechung der Hauptversammlung
AktG §§ 130, 118 Abs. 3 S. 1, 129
Hauptversammlung; kurzzeitige Abwesenheit des Versammlungsleiters, der Vorstandsmitglieder oder des beurkundenden Notars; durchgängige Anwesenheit; Interimsleiter; Unterbrechung der Hauptversammlung
I. Sachverhalt
Bei der Beurkundung von Hauptversammlungen wird nicht selten die Frage gestellt, ob Vorstandsmitglieder, Versammlungsleiter und Notar durchgängig „auf dem Podium“ anwesend sein müssen.
II. Fragen
1. Können sich Vorstandsmitglieder während der Hauptversammlung für eine kurze Dauer von ihren Plätzen entfernen (etwa um die Sanitärräume aufzusuchen)? Was gilt für den Versammlungsleiter oder den Notar?
2. Wäre eine kurzzeitige Abwesenheit jedenfalls dann zu akzeptieren, wenn die Hauptversammlung durchgehend akustisch verfolgt werden könnte?
III. Zur Rechtslage
1. Abwesenheit der Vorstandsmitglieder
Vorstandsmitglieder (ebenso wie Aufsichtsratsmitglieder) „sollen“ gem.
2. Abwesenheit des Versammlungsleiters
Anders als der Vorstand muss der Versammlungsleiter in der Hauptversammlung zwingend und grundsätzlich wohl durchgehend präsent sein. Zumindest wird ihm aber die Möglichkeit zugebilligt, Hilfspersonen ohne eigenen Entscheidungsspielraum zuzuziehen („Sprachorgan“ des Versammlungsleiters), die kurze Abwesenheiten des Versammlungsleiters (Toilettenpause o. Ä.) überbrücken, ohne dass eine Unterbrechung der Versammlung notwendig wäre (Grigoleit/Herrler, AktG, 2. Aufl. 2020, § 129 Rn. 44; Kocher/Feigen,
3. Abwesenheit des Notars
Die kurzzeitige Abwesenheit des Notars (Toilettenpause o. Ä.) soll unschädlich sein, soweit sie sich nicht auf den zwingenden Niederschriftsinhalt auswirkt; eine förmliche Unterbrechung ist in diesem Fall also nicht erforderlich (vgl. OLG München
4. Fazit
Im Ergebnis dürften keine Bedenken bestehen, wenn ein Vorstandsmitglied, der Versammlungsleiter oder der Urkundsnotar die Versammlung aus verständlichem Grund kurzzeitig verlässt. Wertungsmäßig betrachtet gefährden solche Pausen die Durchführung oder Beurkundung regelmäßig nicht oder jedenfalls nicht mehr als die zeitweilige schiere Unaufmerksamkeit des physisch Anwesenden in der Versammlung. Für eine „förmliche“ Vertretung dürfte bzgl. des Versammlungsleiters zu sorgen sein; dieser hat die umfassendsten Verpflichtungen im Hinblick auf die Versammlung und muss grundsätzlich in jedem Moment präsent sein.
Die Frage, ob eine akustische oder sonstige Übertragung einen Präsenzmangel ausgleichen könnte, stellt sich nach oben Gesagtem nicht. Nähme man tatsächlich einen schädlichen Präsenzmangel an, wäre aber wohl fraglich, ob die bloße Übertragung einen Versammlungsleitungs- oder Beurkundungsmangel verhindern könnte.
184946
Erscheinungsdatum:25.03.2022
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Aktiengesellschaft (AG)
Erschienen in: Normen in Titel:AktG § 118 Abs. 3; AktG § 129; AktG § 130