HGB § 33; BayGO Artt. 88 Abs. 3 S. 2, 38 Abs. 1
Eintragung des Eigenbetriebs einer bayerischen Gemeinde im Handelsregister; Eintragung auch des ersten Bürgermeisters als vertretungsberechtigter „Vorstand“
I. Sachverhalt
Die bayerische Gemeinde O unterhält den Eigenbetrieb „O Kultur“. Der Eigenbetrieb und dessen Werkleiter werden zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Zur allgemeinen Vertretungsbefugnis heißt es in der Anmeldung:
„Ist nur ein Werkleiter bestellt, so vertritt er den Eigenbetrieb allein. Sind mehrere Werkleiter bestellt, so vertreten sie den Eigenbetrieb gemeinsam. Die Vertretungsbefugnis der Werkleitung beschränkt sich gem. Art. 88 Abs. 3 S. 2, Art. 38 Abs. 1 BayGO auf die laufenden Geschäfte, im übrigen vertritt der erste Bürgermeister.“
Das Registergericht beanstandet die Anmeldung, weil sie lediglich den Werkleiter angebe. Gem. § 33 Abs. 2 HGB sei auch die Person des ersten Bürgermeisters unter Vorlage entsprechender Bestellungsunterlagen anzumelden.
II. Frage
Muss die Anmeldung neben dem Werkleiter auch die Person des ersten Bürgermeisters umfassen?
III. Zur Rechtslage
1. Eintragung des Eigenbetriebs gem. § 33 Abs. 1 HGB
Gem. § 33 Abs. 1 HGB sind alle juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts in das Handelsregister einzutragen, soweit sie ein Handelsgewerbe betreiben und soweit nicht im HGB oder in Sondergesetzen spezielle Regelungen getroffen sind (Ries, in: Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 4. Aufl. 2014, § 33 Rn. 1). Eintragungspflichtig ist auch ein gemeindlicher Eigenbetrieb (s. nur BayObLGZ 2001, 357, 360 f.; OLG Frankfurt BeckRS 2010, 19146; MünchKommHGB/Krafka, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 2). Ein solcher Betrieb ist also „juristische Person“ im Sinne der Norm, obwohl er lediglich ein organisatorisch verselbständigtes Sondervermögen „ohne eigene Rechtspersönlichkeit“ darstellt (Art. 88 Abs. 1 BayGO; s. auch Schulz/Wager, Recht der Eigenbetriebe und der Kommunalunternehmen in Bayern, 2. Aufl. 2013, Teil III Anm. 1.1).
2. Eintragung auch des Bürgermeisters als Vorstand gem. § 33 Abs. 2 HGB?
Nach § 33 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 HGB ist in der Anmeldung anzugeben, welche Vertretungsmacht die „Vorstandsmitglieder“ haben. Die Vorstandsmitglieder und ihre Vertretungsmacht werden dementsprechend gem. § 33 Abs. 2 S. 2 HGB in das Handelsregister eingetragen.
Vertretungsorgan des Eigenbetriebs ist hinsichtlich der laufenden Geschäfte die Werkleitung (Art. 88 Abs. 3 S. 1 u. 2 BayGO), hinsichtlich der sonstigen Geschäfte der erste Bürgermeister (Art. 38 i. V. m. Art. 88 Abs. 3 S. 1 BayGO; Schulz/Wager, Teil III Anm. 1.3.4). Auf den ersten Blick erscheint es daher folgerichtig, dass neben der Werkleitung auch der Bürgermeister in das Handelsregister eingetragen wird. Die wohl überwiegende Meinung, einschließlich des vormaligen BayObLG, sieht es dennoch anders (BayObLGZ 2001, 357, 362; OLG Frankfurt Rpfleger 2002, 270 bzgl. des Gemeindevorstands/Magistrats; Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Aufl. 2013, Rn. 841; Holland, ZNotP 1999, 466, 469; wohl auch Ries, § 33 Rn. 15; Klein, MittBayNot 2016, 291, 293, 296; für „Wahlrecht“ der Kommune Boos, DB 2000, 1061, 1065) – u. E. zu Recht. Überzeugend ist insbesondere folgende Überlegung des BayObLG (BayObLGZ 2001, 357, 362; Hervorhebung i. F. durch die DNotI-Redaktion):
„Die Vorschrift des § 33 HGB geht im Grundsatz davon aus, daß eine juristische Person eingetragen wird. Demgegenüber stellt der Eigenbetrieb lediglich ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen der Gemeinde dar. Gleichwohl ist nicht die Gemeinde als solche, sondern der Eigenbetrieb einzutragen. Dies rechtfertigt es, im Rahmen des Inhalts der Eintragung den Besonderheiten einer solchen Fallgestaltung angemessen Rechnung zu tragen und als Vorstand nicht den für die Gemeinde allgemein vertretungsbefugten ersten Bürgermeister, sondern dasjenige Organ anzusehen, das für den Eigenbetrieb im Rechtsverkehr üblicherweise handelt.“
Anders könnte man auch formulieren: Wenn schon im Handelsregister anstelle der Gemeinde der Eigenbetrieb als „eigenständige“ Einheit eingetragen wird, nicht die eigentlich als Rechtsträger betroffene Gemeinde, dann erscheint auch lediglich eine Eintragung der eigenbetriebsspezifischen Vertretungsorgane konsequent.
3. Ergebnis
Als vertretungsberechtigter „Vorstand“ angemeldet und eingetragen wird nur die Werkleitung, nicht dagegen der erste Bürgermeister.