25. September 2020
UStG § 10

Weiterberechnung von Negativzinsen für Notaranderkonten; Abgrenzung durchlaufender Posten (nicht umsatzsteuerbar) und umsatzsteuerpflichtigem Auslagenersatz

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts

Abruf-Nr.: 177904
letzte Aktualisierung: 25. September 2020

UStG § 10
Weiterberechnung von Negativzinsen für Notaranderkonten; Abgrenzung durchlaufender
Posten (nicht umsatzsteuerbar) und umsatzsteuerpflichtigem Auslagenersatz

I. Sachverhalt und Frage
Das kontoführende Kreditinstitut erhebt auf die Einlagen auf den Notaranderkonten Negativzinsen.
Sie fragen, wie Negativzinsen auf Notaranderkonten umsatzsteuerlich zu behandeln sind.

II. Zur Rechtslage
1. Abgrenzung von durchlaufenden Posten, die nicht umsatzsteuerbar sind, zu umsatzsteuerpflichtigem
Auslagenersatz
Im Grundsatz muss der Notar auch von ihm verauslagte Gebühren und Pauschalen, die er
an die Mandanten weiterberechnet, der Umsatzsteuer unterwerfen, es sei denn, es handelt
sich um durchlaufende Posten.

In § 10 Abs. 1 S. 5 UStG ist hierzu geregelt, dass „die Beträge, die der Unternehmer im
Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten),
nicht zum Entgelt gehören“. Nach den Ausführungen in Abschn. 10.4 Umsatzsteueranwendungserlass
(UStAE) liegen durchlaufende Posten dann vor, wenn der Unternehmer,
der die Beträge vereinnahmt und verauslagt, im Zahlungsverkehr lediglich die Funktion
einer Mittelsperson ausübt, ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden
zu haben und auch nicht zur Zahlung an den Empfänger verpflichtet zu sein. Erforderlich
ist hierfür, dass zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem, der Anspruch auf die
Zahlung hat (Zahlungsempfänger), unmittelbare Rechtsbeziehungen bestehen (so
Abschn. 10.4 Abs. 1 S. 4 UStAE). Unmittelbare Rechtsbeziehungen setzen dabei im Grundsatz
voraus, dass der Zahlungsverpflichtete und der Zahlungsempfänger jeweils den Namen
des anderen und die Höhe des gezahlten Betrags erfahren. Eine Ausnahme hierfür ist von
der Finanzverwaltung ausdrücklich für Kosten (Gebühren und Auslagen) gemacht
worden, die Rechtsanwälte, Notare und Angehörige verwandter Berufe bei Behörden
und ähnlichen Stellen für ihre Auftraggeber auslegen. Diese können auch dann
als durchlaufende Posten anerkannt werden, wenn dem Zahlungsempfänger Namen
und Anschriften der Auftraggeber nicht mitgeteilt werden. Voraussetzung hierfür ist
allerdings, dass die Kosten nach Kosten(Gebühren-)ordnungen berechnet werden, die den
Auftraggeber als Kosten(Gebühren-)schuldner bestimmen (so Abschn. 10.4 Abs. 2 S. 4 und
S. 5 UStAE).

Handelt es sich hingegen um Steuern, öffentliche Gebühren und Abgaben, die vom Notar
geschuldet werden, sind dies keine durchlaufenden Posten, auch wenn sie dem Leistungsempfänger
gesondert berechnet werden. Dementsprechend sind z. B. Gebühren, die
im Rahmen eines Grundbuchabrufverfahrens vom Notar geschuldet werden, bei diesem
keine durchlaufende Posten. Gebühren für die Nutzung des automatisierten Verfahrens
zum Abruf von Daten aus dem maschinellen Grundbuch (Grundbuchabrufgebühren)
müssen vielmehr umsatzsteuerpflichtig weiterberechnet werden (so Abschn. 10.4 Abs. 3
UStAE). Denn hier ist der Notar gegenüber der Justiz Gebührenschuldner, da ihm die Genehmigung
zur Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens zu erteilen ist. Der Notar
zahlt daher die Grundbuchabrufverfahrensgebühren im eigenen Namen und auf eigene
Rechnung, sodass diese bei der Weiterberechnung an den Mandanten zum umsatzsteuerlichen
Entgelt gehören (dazu auch ausführlich LfSt Sachsen, Verfügung vom 27.2.2014,
DStR 2014, 1877 unter Ziff. 2; OFD Karlsruhe, Verfügung v. 28.2.2012 – S 7200 [juris]).
Der Umsatzsteuer unterliegen z. B. auch die Weiterberechnung von Porto, Kurierund
Taxikosten (im Einzelnen verweisen wir hierzu auch auf die Ausführungen von
Schubert, MittBayNot 2005, 481 sowie bei Diehn, Notarkostenberechnungen, 6. Aufl. 2020,
Rn. 172 ff).

2. Durchlaufende Posten (Beispielsfälle)
In der Regel stellen die Gebühren nach dem Gerichtskostengesetz einen durchlaufenden
Posten dar, wenn Gebührenschuldner nicht der Notar, sondern die Partei, ist (s. hierzu auch
Schubert, Durchlaufende Posten in der notariellen Kostenrechnung, MittBayNot 2005,
481 ff. unter Ziff. 3a; Diehn, Notarkostenberechnung, 6. Aufl. 2020, Einleitung, B III Nr. 2
Rn. 169-174).

Durchlaufende Posten können auch Veröffentlichungskosten im Bundesanzeiger sein, wenn
der Beteiligte (Mandant) als Kostenschuldner benannt wurde. I. Ü. ist bei Kosten und Gebühren
für Grundbuchauszüge, Handelsregisterauszüge, Einwohnermeldeamtsanfragen
oder sonstige Register- und Katasteranfragen zu prüfen, wer die Tätigkeit des Gerichts bzw.
die Amtshandlung veranlasst hat.

Handelt der Notar bei der Antragstellung im eigenen Namen, ist er Kostenschuldner.
In diesem Fall handelt es sich bei der Weiterberechnung der Kosten um Auslagenersatz,
der bei Weiterberechnung an den Mandanten der Umsatzsteuer unterworfen
werden muss.

Ist der Notar hingegen von seinem Auftraggeber zur Einholung der notwendigen Unterlagen
bzw. Einsichtnahme in Register bevollmächtigt und hat er dies bei der Antragstellung
den jeweils zuständigen Gerichten/Behörden ggü. offengelegt, ist Kostenschuldner der
Vertretene, und es kann ein durchlaufender Posten angenommen werden (hierzu auch Landesamts
für Steuer und Finanzen Sachsen (LfSt Sachsen) v. 27.2.2014, DStR 2014, 1877;
OFD Karlsruhe, Verfügung vom 28.2.2012 – S 7200 [juris]).

3. Beurteilung der Weiterberechnung von „Negativzinsen“ für Notaranderkonten
Das Notaranderkonto ist ein Konto, für welches durch den Bankvertrag zwischen Notar
und kontoführender Bank bestimmt ist, das dieses nicht eigenen wirtschaftlichen Zwecken
des Notars dienen darf. Gleichwohl ist allein der Notar verfügungsbefugt. Der Notar ist
alleiniger Inhaber des Notaranderkontos. Der Anspruch gegen die Bank steht rechtlich
allein dem Notar zu. Dritte können gegenüber der Bank keine Ansprüche geltend
machen (so Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG/DONot, 8. Aufl. 2020, Notaranderkonto
B Rn. 6-16; Limmer/Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 5. Aufl. 2017,
Teil 2 Kap. 2 Rn. 713 ff.). Verauslagt der Notar für die Beteiligten Kontoführungsgebühren
für das Anderkonto, so handelt es sich um sonstige Aufwendungen i. S. v.
Nr. 3205 KV GNotKG (Beck'sches Notarhandbuch, 7. Aufl. 2019, § 1 Rn. 832;
Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 3. Aufl. 2019, KV 32015 Rn. 4). Zu den erstattungsfähigen
Aufwendungen nach KV 32015 zählen neben den Anderkontogebühren
auch die Negativzinsen (so Bormann/Diehn/Sommerfeldt, Rn. 4). Da der Notar Schuldner
dieser Kosten ist, handelt sich hierbei nicht um umsatzsteuerfreie durchlaufende Posten,
sondern um umsatzsteuerpflichtigen Auslagenersatz. Wir würden deshalb im Ergebnis
davon ausgehen, diese Auslagen umsatzsteuerpflichtig weiter zu berechnen sind (so auch
Bormann/Diehn/Sommerfeldt, Rn. 6).

Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8d UStG (danach sind umsatzsteuerfrei „die
Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr,
im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren“) ist nach
unserer Auffassung auf diese Umsätze des Notars nicht anwendbar, da es sich um Nebenleistungen
handelt, die umsatzsteuerlich das Schicksal der notariellen Hauptleistung teilen.
Besteht ein Umsatz aus mehreren Teilen, so ist zu prüfen, ob es sich um eine einheitliche
Leistung oder um mehrere voneinander unabhängige Leistungen handelt. Maßgebend
hierfür ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände. Eine einheitliche Leistung liegt insbes.
dann vor, wenn ein Teil der Leistung eine Nebenleistung zur Hauptleistung darstellt und
das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt. Dies ist nach unserer Auffassung im vorliegenden
Fall gegeben, da die Verwahrung des Notars auf einem Anderkonto eine Nebenleistung
darstellt, die für den Mandanten keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt,
um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (ausführlich
hierzu Sölch/Ringleb, UStG, Loseblatt, § 3 Rn. 12-36). Selbst wenn man die
Hinterlegung als eigenständigen Auftrag ansehen würde, ändert sich nichts am Ergebnis.
Denn dann wäre die Hinterlegung die Hauptleistung.

Gutachten/Abruf-Nr:

177904

Erscheinungsdatum:

25.09.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Umsatzsteuer

Normen in Titel:

UStG § 10