02. Juni 2022
BGB § 1360a; SGB XII § 93; SGB XII § 2; SGB II § 33; SGB II § 9; SGB XII § 94; BGB § 1360; BGB § 528

Verwertungsobliegenheit betreffs vermieteter Immobilie im Zusammenhang mit für Ehemann anfallenden Pflegekosten; Rechtslage nach Einräumung eines vormerkungsgesicherten Übernahmerechts bezüglich der Immobilie an die Kinder

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 189582
letzte Aktualisierung: 2. Juni 2022

BGB §§ 528, 1360, 1360a; SGB XII §§ 2, 93, 94; SGB II §§ 9, 33
Verwertungsobliegenheit betreffs vermieteter Immobilie im Zusammenhang mit für
Ehemann anfallenden Pflegekosten; Rechtslage nach Einräumung eines
vormerkungsgesicherten Übernahmerechts bezüglich der Immobilie an die Kinder

I. Sachverhalt
M hat zwei Kinder aus erster Ehe und ist nun in zweiter Ehe mit W verheiratet. M gehört eine
vermietete Immobilie, die Erträge abwirft. W selbst hat kein Vermögen. Es besteht die Sorge, dass
W aufgrund von Krankheit sozialhilfebedürftig werden könnte und dass infolgedessen die
Substanz der Immobilie für die Bezahlung der Pflege von W eingesetzt werden muss.
Es wird folgende Gestaltung in Erwägung gezogen: M räumt ihren beiden Kindern ein vormerkungsgesichertes
Übernahmerecht bezüglich der Immobilie ein, welches dann wirksam wird,
wenn M insolvent wird, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erleidet oder betreuungsbedürftig
wird. Das Übernahmerecht ist weiterhin dahingehend ausgestaltet, dass im Falle der Übernahme
M ein lebenslanges Nießbrauchsrecht zu gewähren ist.

II. Fragen
1. Muss bei Bezug von Mitteln nach SGB II oder SGB XII durch W die vermietete Immobilie
von M ggf. verwertet werden, um die Pflegekosten zu bezahlen?
2. Verhindert ein vormerkungsgesichertes Übernahmerecht mit vorbeschriebenem Inhalt eine
Pflicht zur Verwertung bzw. ein Regressrecht des Sozialhilfeträgers?
3. Kann ein solches Übernahmerecht durch den Sozialhilfeträger angefochten werden nach
AnfG? Ist eine Anfechtung evtl. dann ausgeschlossen, wenn zwischen Einräumung des Übernahmerechts
und dem Eintritt des Sozialhilfefalls mehr als vier Jahre liegen (§ 4 AnfG)?

III. Zur Rechtslage
1. Rechtslage vor Einräumung des Übernahmerechts
Betrachtet man zunächst die Rechtslage vor Einräumung des Übernahmerechts an die
Kinder der M hinsichtlich der derzeit im Alleineigentum der M stehenden Immobilie, so
kommen für einen Unterhaltsanspruch des W gegen seine Ehefrau M, der eine Obliegenheit
zum Verkauf oder zur Belastung der Immobilie mitumfassen könnte, die §§ 1360, 1360a BGB
in Betracht. Die einschlägige Judikatur (BGH FamRZ 2016, 1142 = NJW 2016, 2122
Rn. 11 ff.; hierzu auch Kintzel, in: Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch
Familienrecht, 12. Aufl. 2021, Kap. 6 Rn. 585) arbeitet zunächst eigens heraus, dass es sich
hier um einen Anspruch auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB und nicht um
einen solchen auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB handelt. Der für die Abgrenzung
zwischen § 1360 BGB (Familienunterhalt) und § 1361 BGB (Trennungsunterhalt) maßgebliche
Begriff des Getrenntlebens stimmt mit demjenigen des § 1567 BGB überein. Erforderlich
für ein Getrenntleben ist hiernach nicht nur, dass zwischen den Ehegatten keine häusliche
Gemeinschaft besteht, sondern darüber hinaus, dass ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen
will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs. 1 S. 1 BGB). Hiernach
führt aber selbst die dauerhafte stationäre Pflege eines Ehegatten in einem Pflegeheim
für sich genommen nicht zur Trennung der Ehegatten. Der von den Ehegatten vollzogenen
räumlichen Trennung kann daher nicht die Bedeutung eines einseitig oder beiderseitig geäußerten
Trennungswillens zugemessen werden (BGH NJW 2016, 2122 Rn. 14). Folglich
wäre hier der Anspruch auf Familienunterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) einschlägig.

a) Umfang des Unterhalts
Der Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB ist im Grundsatz ein Anspruch, der sich
lediglich auf Naturalunterhalt richtet. Geldleistungen können regelmäßig nur als Wirtschaftsgeld,
Taschengeld und Verfahrenskostenvorschuss geltend gemacht werden
(BGH FamRZ 2013, 363; Kintzel, in: Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein, Kap. 6
Rn. 585). Wird jedoch ein Ehegatte stationär pflegebedürftig, so entsteht ihm ein besonderer
persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten
bestimmt wird. In diesem Fall richtet sich der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise
auf Zahlung einer Geldrente. Ein solcher Unterhaltsanspruch setzt allgemein die
Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus. Der dem Unterhaltsschuldner
mindestens zu belassende Eigenbedarf kann in zulässiger Weise nach dem in der
Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen sog. eheangemessenen
Selbstbehalt bestimmt werden (BGH NJW 2016, 2122 – Leitsätze).

Nach § 1360 S. 1 BGB ist die Unterhaltspflicht beim Familienunterhalt u.a. auch mit dem
Vermögen zu erfüllen. Eine Obliegenheit zur Vermögensverwertung ist also bereits
gesetzlich ausdrücklich normiert. Der Vermögensstamm muss beim Familienunterhalt
nur bei größeren Anschaffungen oder in Notlagen für Unterhaltszwecke verwendet werden,
wenn die anderen Einkünfte für die Deckung des Familienunterhalts nicht ausreichen
(so Wendl/Dose/Bömelburg, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen
Praxis, 10. Aufl. 2019, § 3 Rn. 23). Die unterhaltsrechtliche Obliegenheit zum Einsatz
des Vermögens entfällt beim Familienunterhalt lediglich dann, wenn die Verwertung unwirtschaftlich
oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse
unbillig wäre. Die Rechtsprechung zieht hier auch für den Familienunterhaltsanspruch
die Wertungen der §§ 1577 Abs. 3, 1581 S. 1 BGB heran (Überblick:
BeckOGK-BGB/Preisner, Std.: 1.5.2022, § 1360 Rn. 161 ff.). Die Anwendung der Wertungen
der §§ 1577 Abs. 3, 1581 S. 2 BGB kann zu einer unterschiedlichen Behandlung
von Vermögenserträgen einerseits und der Verwertung des Vermögensstammes andererseits
führen. Im Einzelnen ist zu berücksichtigen, dass die gegenseitige Einstandspflicht
unter den Ehegatten einer intakten Ehe höher ist als zwischen den Ehegatten einer geschiedenen
Ehe. In die Abwägung ist zudem miteinzustellen, dass der Stamm des Vermögens
auch der Altersvorsorge der Ehegatten und der Berufsausbildung der Kinder
dienen soll (Staudinger/Voppel, BGB, 2018, § 1360 Rn. 50 m. w. N.). In einem ähnlichen
Fall, in dem der Ehemann Unterhalt gegen seine Ehefrau wegen seines im Pflegeheim
entstehenden Bedarfs geltend machte (OLG Celle BeckRS 2016, 9428), bejahte das OLG
Celle partiell die Leistungsfähigkeit der Ehefrau für den geltend gemachten Familienunterhalt
nach §§ 1360, 1360a BGB, verlangte dabei aber nicht die Verwertung der im
hälftigen Miteigentum beider Ehegatten stehenden Eigentumswohnung, obwohl es die
unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme der Ehefrau auf Familienunterhalt aufgrund der
zusätzlichen Kosten bei Pflegebedürftigkeit ihres Ehemannes nicht durch den Halbteilungsgrundsatz
begrenzt sah (OLG Celle BeckRS 2016, 9428 Rn. 28 ff. der Entscheidungsgründe).
Mit einer spiegelbildlichen Konstellation, bei der die Ehefrau einen
Familienunterhaltsanspruch gegen ihren im Pflegeheim lebenden Ehemann geltend
machte, hat sich bereits vor längerer Zeit das OLG Nürnberg befasst (NJW-RR 2008,
599 f.). Dabei wurde ebenfalls die Leistungsfähigkeit des Ehemannes bejaht.
Bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt wird man also zumindest nicht ausschließen
können, dass der einschlägige Anspruch auf Familienunterhalt auch die Obliegenheit zur
Verwertung oder Beleihung der Immobilie mitumfasst. Hierfür kommt es auf die Umstände
des Einzelfalles an. Sicherlich wird eine Obliegenheit zur bloßen Beleihung eher
bejaht werden können als eine solche zur Verwertung durch Verkauf. Erheblich für eine
Verwertungsobliegenheit ins Gewicht fallen dürfte jedenfalls der Umstand, dass die
Immobilie hier nicht von den Eheleuten selbst genutzt, sondern nach der Sachverhaltsschilderung
fremdvermietet ist und somit lediglich als Kapitalanlage dient.

b) Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe
Soweit nach den familienrechtlichen Maßstäben der §§ 1360, 1360a BGB eine Verwertungs-
oder Beleihungsobliegenheit bestehen sollte, könnte bei Bezug von Mitteln
nach dem SGB XII der Sozialhilfeträger grundsätzlich auf den Nachrang der Sozialhilfe
(§ 2 SGB XII) verweisen: Sozialhilfe erhält hiernach nicht, wer die erforderliche
Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen, erhält. Verpflichtungen anderer,
insbesondere Unterhaltspflichtiger, bleiben unberührt (§ 2 Abs. 2 S. 1 SGB XII). Ist eine
unterhaltsrechtliche Verwertungsobliegenheit zu bejahen, so wäre also davon auszugehen,
dass der Sozialhilfeträger schon eine beantragte Hilfegewährung versagen würde.
Denn bei der Entscheidung über die Hilfegewährung sind im Falle von – wie hier – nicht
getrenntlebenden Ehegatten das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten gemeinsam
zu berücksichtigen (§ 27 Abs. 2 S. 2 SGB XII – Hilfe zum Lebensunterhalt; § 61 S. 1
SGB XII – Hilfe zur Pflege; sog. Einsatzgemeinschaft). Mit Blick auf diese gesetzlichen
Regelungen zur Einsatzgemeinschaft ist andererseits ein gesetzlicher Übergang von
Unterhaltsansprüchen gegen den nicht getrennt lebenden Ehegatten ausgeschlossen
(§ 94 Abs. 1 S. 3, Var. 1 i. V. m. § 19 Abs. 3 SGB XII). Allerdings kann die Hilfegewährung
sozialhilferechtlich nur dann verweigert werden, wenn der Anspruch gegen den
Ehepartner als „bereites Mittel“ zeitnah realisiert werden und so die Bedarfslücke des
Ehemannes geschlossen werden kann (hierzu allg. BeckOK-SozR/Groth,
Std.: 1.12.2021, § 2 SGB XII Rn. 3 f.; Grube/Wahrendorf/Flint/Deckers, SGB XII,
7. Aufl. 2020, § 2 Rn. 30 ff.). Einzelheiten aus der sozialhilferechtlichen Praxis hierzu
entziehen sich unserer Kenntnis. Jedenfalls muss aber, falls eine familienrechtliche Verwertungsobliegenheit
besteht, u. E. folgerichtig auch mit erheblicher Wahrscheinlichkeit
damit gerechnet werden, dass dann die Hilfeleistung gem. § 2 SGB XII verweigert werden
würde.

2. Rechtslage bei Einräumung eines vormerkungsgesicherten Übernahmerechts
Räumt die Ehefrau M ihren Kindern ein vormerkungsgesichertes Übernahmerecht an der
Immobilie ein, so ist fraglich, inwieweit dies bei nachfolgender Unterhaltsbedürftigkeit des W
innerhalb der 10-Jahresfrist § 529 Abs. 1 BGB einen nach § 93 SGB XII überleitbaren Rückforderungsanspruch
nach § 528 Abs. 1 S. 1 BGB auslösen könnte.

a) Zivilrechtliche Beurteilung
Betrachtet man zunächst die bürgerlich-rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs
aus § 528 Abs. 1 S. 1 BGB, so muss eine Schenkung i. S. v. §§ 516 ff. BGB vorliegen.
Wird den Kindern das Übernahmerecht ohne ausgleichende Gegenleistung eingeräumt,
so wird man dies ohne Weiteres bejahen können. Lediglich bei der Bewertung der dann
den Kindern zugewendeten Immobilie ist von deren Gesamtwert vorab der Wert des
dem M vorbehaltenen Nießbrauchsrechts abzuziehen. Denn der Nießbrauch stellt im
Gegensatz etwa zu eingeräumten Pflegeleistungen weder eine Gegenleistung noch eine
Auflage dar, sondern mindert von vornherein den Wert des zugewendeten Grundstücks
und hat damit keine Bedeutung für die Entgeltlichkeit dieser Zuwendung (BGH ZEV
2012, 110 Rn. 22 zum vorbehaltenen Wohnrecht; s. bereits BGH NJW 1993, 1577 ff.).
Weiter ist zu bemerken, dass der Rückforderungsanspruch nicht nur durch eine Eigenverarmung
des Schenkers selbst ausgelöst wird (§ 528 Abs. 1 S. 1, Var. 1 BGB), sondern
auch dadurch, dass der Schenker nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, die
ihm seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen
(§ 528 Abs. 1 S. 1, Var. 2 BGB). Entgegen dem Gesetzeswortlaut des § 528 Abs. 1
S. 1 BGB („und“) genügt es, dass lediglich eine der Alternativen des § 528 Abs. 1 S. 1
BGB erfüllt ist. Der damit in Bezug genommene Unterhalt ergibt sich aus dem Familienrecht,
sodass u.a. auch das Unvermögen der Ehefrau M, den Anspruch ihres Ehemannes
W gegen sie aus §§ 1360, 1360a BGB noch zu erfüllen, anspruchsauslösend für § 528
Abs. 1 S. 1, Var. 2 BGB wäre (s. hierzu Staudinger/Chiusi, BGB, 2021, § 528 Rn. 13;
BeckOGK-BGB/Harke, Std.: 1.4.2022, § 528 Rn. 6). Der Anspruch aus § 528 Abs. 1 S. 1
BGB würde also jedenfalls nicht schon deswegen ausscheiden, wenn und weil die Ehefrau
M nach der Schenkung (lediglich) imstande wäre, ihren eigenen Lebensunterhalt zu
bestreiten.

Eine bürgerlich-rechtliche Schranke des Anspruchs aus § 528 Abs. 1 S. 1, Var. 2 BGB
hat unlängst der BGH (NJW 2019, 1074 ff.; s. auch das Parallelverfahren: BGH NJW
2019, 1439 ff.) hervorgehoben. Der BGH führte hierzu aus:

„Dem Gesetzeszweck, die Erfüllung bestehender Unterhaltspflichten
durch die Rückforderung nach § 528 Abs. 1 BGB zu ermöglichen,
kann die Rückforderung nur dienen, wenn durch die
Rückgewähr des geschenkten Vermögensgegenstandes die unterhaltsrechtliche
Leistungsfähigkeit hergestellt oder gesteigert werden
würde. Das setzt aber grundsätzlich voraus, dass der Unterhaltspflichtige
aus dem verschenkten Gegenstand entweder
(weitere) unterhaltsrelevante Erträge ziehen könnte oder ihn insoweit
eine unterhaltsrechtliche Verwertungsobliegenheit treffen
würde. Ergibt sich aus der Rückgewähr dagegen keine Verbesserung
der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des
Schenkers, könnte ein Rückforderungsanspruch seinen Zweck
nicht erfüllen und scheidet daher aus.“

(BGH NJW 2019, 1074 Rn. 17)

Soweit hier die – nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilende – unterhaltsrechtliche
Verwertungsobliegenheit nach §§ 1360, 1360a BGB letztlich zu verneinen sein
sollte (dazu oben unter A.), würde also auch ein Anspruch aus § 528 Abs. 1 S. 1 BGB
ausscheiden (Abgrenzung zur Rückforderung wegen Eigenverarmung nach § 528 Abs. 1
S. 1, Var. 1 BGB: BGH NJW 2005, 670 ff.; BGH NJW 2019, 1074 Rn. 18).
Im Ergebnis ist – zunächst aus bürgerlich-rechtlicher Sicht – ein Rückforderungsanspruch
aus § 528 Abs. 1 S. 1, Var. 2 BGB hier mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit
(insbesondere aufgrund der fehlenden Eigennutzung der Immobilie durch die Eheleute)
jedenfalls in Betracht zu ziehen.

b) Sozialrechtliche Beurteilung
Bestünde bürgerlich-rechtlich ein Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 S. 1 Var. 2
BGB, so würde sich sozialrechtlich weiter die Frage stellen, ob und inwieweit der Übergang
dieses Anspruchs bewirkt werden könnte. Da es sich bei § 528 Abs. 1 S. 1 BGB
nicht um einen Unterhaltsanspruch handelt, ist nicht die Legalzession nach § 94 SGB XII
einschlägig, sondern die Anspruchsüberleitung durch Überleitungsanzeige nach
§ 93 SGB XII. Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von
Hilfen nach dem 5.-9. Kapital auch ihr nicht getrenntlebender Ehegatte für die Zeit, für
die die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein
Leistungsträger i. S. d. des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Anspruchsübergang
durch Überleitungsanzeige bewirkt werden. Der Übergang des Anspruchs darf jedoch
nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die
Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII Aufwendungsersatz
oder ein Kostenbeitrag zu leisten wären (§ 93 Abs. 1 S. 1, 3 SGB XII).

Nach dem Gesetzeswortlaut ist es also ausreichend, dass die nicht von ihrem Ehemann
W getrennt lebende Ehefrau M Inhaberin des Anspruchs nach § 528 Abs. 1 S. 1, Var. 2
BGB wäre. Die hier ggf. insbesondere im Raum stehende Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff.
SGB XII ist in jedem Fall geeignet, den Anspruchsübergang durch Überleitungsanzeige
zu begründen (§ 93 Abs. 1 S. 1 SGB XII). Dies gilt aber auch, soweit der Sozialhilfeträger
gleichzeitig zusätzliche Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 ff. SGB XII
erbringen würde (vgl. § 93 Abs. 1 S. 2 SGB XII).

Die bereits angesprochene sozialrechtliche Überleitungsschranke des § 93 Abs. 1 S. 3
SGB XII erfordert, dass die Nichterfüllung des Anspruchs durch den (vergünstigten)
Dritten (hier ggf.: die beschenkten Kinder) kausal für die Leistungsverpflichtung des
Trägers der Sozialhilfe gewesen ist (BeckOK-SozR/Weber, Std.: 1.3.2022, § 93 SGB XII
Rn. 21 ff.). In diesem Zusammenhang erlangt die sozialrechtliche Umschreibung des
Schonvermögens in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, wonach die Gewährung von Sozialhilfe
nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines „angemessenen Hausgrundstücks“ abhängig
gemacht werden darf, für die Überleitung des Anspruchs aus § 528 Abs. 1 S. 1
BGB aus Sicht der vorliegenden Rechtsprechung nur sehr eingeschränkt Bedeutung,
nämlich nur dann, wenn die dem Schenker nach § 528 Abs. 1 S. 1 BGB zustehenden
Leistungen als „Vermögen“ und nicht als „Einkommen“ anzusehen sind (s. zu dieser
sozialhilferechtlich ausschlaggebenden Unterscheidung insbesondere BVerwG NJW
1992, 3312 = MittRhNotK 1992, 282; Überblick: Krauß, Vermögensnachfolge in der
Praxis, 6. Aufl. 2022, Rn. 1279, 1281 ff.; zuvor Mayer/Geck, Der Übergabevertrag,
3. Aufl. 2013, § 3 Rn. 47 ff.).

Vorliegend kommt ein Überleitungsausschluss nach § 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII wegen
einer Schonvermögenseigenschaft der Immobilie nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII –
unabhängig von der sich weiter hieran anknüpfenden Debatte (aus sozialrechtlicher Sicht
insbesondere Zeranski, NZS 2018, 673, 676 ff. mit Überblick zum divergierenden
Meinungsstand in der sozialrechtlichen Literatur) – eindeutig schon deswegen nicht in
Betracht, weil nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII Voraussetzung
für die Schonvermögenseigenschaft ist, dass der Nachfragende oder eine Person
der Einstandsgemeinschaft das Hausgrundstück selbst ganz oder teilweise bewohnt. Ein
zum Verkauf angebotenes Grundstück ist deshalb nicht geschützt, ebenso wenig ein
Ferienhaus oder eine Ferienwohnung (Grube/Wahrendorf/Flint/Giere, § 90 SGB XII
Rn. 49 a. E. m. w. N.). Ein fremdvermietetes Grundstück – wie im unterbreiteten
Sachverhalt – wird man analog einzuordnen und folglich eine Schonvermögenseigenschaft
zu verneinen haben.

Dass eine Anspruchsüberleitung nach § 93 Abs. 1 SGB XII letztlich durchgreifen
würde, erscheint überschlägig also als durchaus möglich bzw. nicht unwahrscheinlich.
Trifft dies im konkreten Fall letztlich zu, dann würde das den Kindern eingeräumte
Übernahmerecht die familienrechtliche Verwertungsobliegenheit der Ehefrau
nicht verhindern können. Eine abschließende Beurteilung ist uns aus den eingangs bereits
genannten Gründen jedoch nicht möglich.

3. Rechtslage nach SGB II
Anhangsweise sei noch kurz auf die Rechtslage bei Bezug von Mitteln nach dem SGB II
(Grundsicherung für Arbeitssuchende) eingegangen. Insoweit dürfte sich die Rechtslage
bei überschlägiger Sichtung nicht grundsätzlich anders darstellen. Auch Eingliederungsleistungen
nach dem SGB II sind grundsätzlich nachrangig, was insbesondere aus dem
Kriterium der Hilfebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung folgt (§§ 7 Abs. 1 Nr. 3, 9
Abs. 1, 4 SGB II). Hilfebedürftig und damit anspruchsberechtigt nach dem SGB II ist (nur),
wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen
oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere
von Angehörigen (oder von Trägern anderer Sozialleistungen) erhält (§ 9 Abs. 1 SGB
XII; hierzu Eicher/Luik/Harich/Bindig, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 16 Rn. 35; allg. Überblick:
Eicher/Luik/Harich/S. Knickrehm, § 5 Rn. 8 f.). Auch im Anwendungsbereich des SGB II
ist ein gesetzlicher Anspruchsübergang nach § 33 Abs. 1 SGB II vorgesehen. Ein Ausschluss
des Anspruchsübergangs gegen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft ist nur für Unterhaltsansprüche
nach bürgerlichen Recht vorgesehen (§ 33 Abs. 2 SGB II). Um einen derartigen
Unterhaltsanspruch handelt es sich bei § 528 BGB aber nicht. Eine detaillierte Begutachtung
überschreitet aber den durch die Leistungsbedingungen des DNotI gezogenen Rahmen.

4. Gefahr der Anfechtbarkeit
Zu einer Anfechtung der Einräumung des Übernahmerechts an die Kinder durch den Sozialhilfeträger
nach dem Anfechtungsgesetz sei schließlich bemerkt: Die jeweiligen sozialrechtlichen
Behelfe des Leistungsträgers dürften sich u. E. gegenüber einer Anfechtung nach
dem Anfechtungsgesetz als vorrangig darstellen. Verweigert nämlich der Leistungsträger
im Hinblick auf die vorhandene Immobilie bzw. die Möglichkeit der Rückforderung des
Übernahmerecht nach § 528 Abs. 1 BGB bereits berechtigt die Leistungserbringung – so insbesondere
im Sozialhilfebereich nach § 2 SGB XII –, dann wäre der Leistungsträger bereits
nicht Inhaber einer fälligen (Regress-)Forderung samt vollstreckbarem Schuldtitel, die er sodann
unter Rückgriff auf die Möglichkeiten des Anfechtungsgesetzes realisieren müsste (s. § 2
AnfG); insoweit würde es also bereits an der Anfechtungsberechtigung fehlen.

Nicht anders dürfte sich die Rechtslage im Ergebnis darstellen, wenn der Leistungsträger zunächst
die Leistung gewährt – so ggf. im Bereich des SGB II –, aber dann das den Kindern
eingeräumte Übernahmerecht nach §§ 528 Abs. 1 BGB, 33 Abs. 1 SGB II zurückfordern und
sodann in die Immobilie vollstrecken könnte. Dann würde es an der Anfechtungsvoraussetzung
fehlen, dass die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer
vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat bzw. anzunehmen ist, dass sie nicht
dazu führen würde (§ 2 AnfG).

Gutachten/Abruf-Nr:

189582

Erscheinungsdatum:

02.06.2022

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

BGB § 1360a; SGB XII § 93; SGB XII § 2; SGB II § 33; SGB II § 9; SGB XII § 94; BGB § 1360; BGB § 528