14. Februar 2019
BauGB § 133; BauGB § 11

Erschließungsvertrag von Gemeinde mit 100-prozentiger Tochtergesellschaft mbH; Informationsbedürftigkeit hinsichtlich der Kalkulationsgrundlagen des Erschließungsvertrags; Kostenerstattungsvereinbarung

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 166559
letzte Aktualisierung: 1 4 . Februar 2019

BauGB §§ 11, 133
Erschließungsvertrag von Gemeinde mit 100-prozentiger Tochtergesellschaft mbH;
Informationsbedürftigkeit hinsichtlich der Kalkulationsgrundlagen des Erschließungsvertrags;
Kostenerstattungsvereinbarung

I. Sachverhalt

Die Gemeinde W hat bezüglich eines neuen Baugebiets laut Angabe mit der W-GmbH einen
Erschließungsvertrag abgeschlossen, in dem die gesamten Erschließungsmaßnahmen nach
BauGB auf die W-GmbH übertragen wurde. Alleiniger Gesellschafter der W-GmbH ist die
Gemeinde W selbst.

Die Gemeinde will nunmehr Bauplätze unter Mitwirkung der W-GmbH an gewerbliche Käufer
veräußern und dabei, nach Hinweis auf den laut Angabe bestehenden Erschließungsvertag mit
der W-GmbH, einen Kostenerstattungsanspruch für diese mit einem bestimmten Betrag pro
Quadratmeter begründen.

Die W-GmbH wirkt an der Urkunde mit. Grundstücksverkäufer ist jedoch die Gemeinde. Die
Gemeinde will nur auf den bestehenden Erschließungsvertrag und die darin von der W-GmbH
übernommene Erschließung hinweisen, jedoch den Vertrag i. Ü., insbes. hinsichtlich der geregelten
Austauschregelungen, Kalkulationen zwischen Gemeinde und W-GmbH, nicht dem
Käufer zur Kenntnis geben. Laut Angabe entspricht der in der Urkunde aufzunehmende
Kostenerstattungsanspruch pro Quadratmeter der jetzigen Kalkulation.

II. Fragen

1. Ist eine vertragliche Gestaltung, in der bei Bauplatzverkäufen der Gemeinde W an gewerbliche
Käufer der zugrundeliegende Erschließungsvertrag mit der W-GmbH nur erwähnt
wird, jedoch die zugrundeliegenden Kalkulationen nicht offengelegt werden, möglich
und zulässig?

2. Welche rechtlichen Vorschriften sind darüber hinaus zu beachten?
Hierzu merken Sie Folgendes an:

Nach der nunmehrigen gesetzlichen Regelung des BauGB dürfte ein Erschließungsvertrag
zwischen Gemeinde und W-GmbH regelmäßig zulässig sein, doch verlangt die Literatur für
diesen Erschließungsvertrag teilweise, dass dieser einem Drittvergleich standhalten muss und
weiteren Voraussetzungen. Insofern bitten Sie auch allgemein um Darstellung des Sachstandes
oder weitere Hinweise. Derzeit liegt der Erschließungsvertrag der Gemeinde nicht vor, die Gemeinde
behauptet jedoch, dieser Erschließungsvertrag entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.

III. Zur Rechtslage

1. Vorbemerkung

Zunächst gestatten wir uns den Hinweis, dass das DNotI nach seinen Leistungsgrundsätzen
in der Fassung vom 1.7.2004 (abgedruckt im Jahresregister 2015/2016, S. XXIII, Beilage zu
DNotI-Report 6/2017) grundsätzlich keine Vertragsgestaltungen begutachtet oder entwickelt
oder Gestaltungsempfehlungen abgibt. Das DNotI erfüllt seine Aufgaben vielmehr
durch Stellungnahmen zu konkreten Rechtsfragen der Notare, die sich im Rahmen der vorsorgenden
Rechtspflege ergeben haben. Wir bitten daher um Verständnis dafür, dass wir
uns auf die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen beschränken.

2. Gestaltungsmöglichkeiten bei der Erschließung von Grundstücken durch die Gemeinde

Grundsätzlich gehen die Gemeinden bei der Erschließung von Grundstücken wie folgt vor:
Entweder übernimmt die Gemeinde die Erschließung in Eigenregie oder sie überträgt die
Durchführung der Erschließung auf einen Dritten, indem sie mit Anliegern oder einem privaten
Erschließungsträger einen Erschließungsvertrag i. S. d. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
BauGB schließt. Dem Anwendungsbereich von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB unterfallen
dabei – im Gegensatz zu Regelung im Rahmen von § 124 BauGB a. F., die ausschließlich
Verträge in Bezug auf die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen zur Baureifmachung
von Grundstücken in dem jeweiligen Erschließungsgebiet betraf – auch die darüber
hinausgehende Erschließung durch Einrichtungen des Gemeinbedarfs (z. B. Schulen, Kindergärten
etc.) sowie die Erweiterung und Verbesserung vorhandener Erschließungsanlagen
(statt aller: Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 11 Rn. 20).

a) Erschließung in Eigenregie

Übernimmt die Gemeinde selbst die Durchführung der Erschließung, ist sie berechtigt,
die Grundstückseigentümer im betreffenden Baugebiet durch Erhebung von
Erschließungsbeiträgen nach den §§ 127ff. BauGB sowie durch Erhebung von Beiträgen
nach den Kommunalabgabegesetzen der Länder unter den dort normierten Voraussetzungen
und im dort näher bestimmten Umfang an den hiermit verbundenen
Kosten zu beteiligen. Ob sie daneben bei einer in Eigenregie durchgeführten Erschließung
auch die Möglichkeit hat, die ihr entstandenen oder noch entstehenden beitragsfähigen
Kosten im Rahmen eines sog. Folgekostenvertrages gem. § 11 Abs. 1 S. 2
Nr. 3 BauGB auf vertraglicher Basis abzuwälzen, ist im Detail umstritten (krit. etwa:
Birk, Städtebauliche Verträge, 5. Aufl. 2013, Rn. 256a f.; Grziwotz, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 130. EL August 2018, § 133 Rn. 77 f.; befürwortend
dagegen: Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, § 11 Rn. 21).

b) Übertragung der Erschließung auf Dritte

Überträgt die Gemeinde die Durchführung der Erschließung hingegen – wie im vorliegenden
Fall – durch Abschluss eines Erschließungsvertrags i. S. d. § 11 Abs. 1 S. 2
Nr. 1 BauGB auf einen Dritten, sind wiederum mehrere Konstellationen zu unterscheiden:
aa) Echter Erschließungsvertrag
Beim echten Erschließungsvertrag stellt ein privater Erschließungsträger die Anlagen
auf eigene Kosten her und muss sich die Refinanzierung durch Kostenerstattungsvereinbarungen
mit den Anliegern oder – sofern er selbst Eigentümer
von Grundstücken im Erschließungsgebiet ist – durch den Verkauf der Grundstücke
selbst sichern. An einer solchen Vereinbarung wären als Vertragspartner in
der Regel allein der private Erschließungsträger und der Bauplatzerwerber zu beteiligen.
Möglich und bei der Veräußerung gemeindeeigener Grundstücke durchaus
üblich ist es jedoch, die Kostenerstattung als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328
BGB) im Rahmen des Kaufvertrages zwischen Gemeinde und Bauplatzerwerber zu
vereinbaren. Die Vereinbarung ist rein privatrechtlicher Natur. Eine öffentlichrechtliche
Beitragspflicht ist in diesem Fall ausgeschlossen und die Gemeinde
muss angesichts der Kostenerstattungsvereinbarungen zwischen Erwerbern und
Erschließungsträgern nichts mehr veranlassen (BeckOK-BauGB/Hoffmann,
41. Ed. 1.11.2018, § 11 Rn. 15.1; Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, § 11 Rn. 21).
Gem. § 11 Abs. 2 S. 3 BauGB ist eine Eigenbeteiligung der Gemeinde bis zur
Grenze der Unangemessenheit nicht erforderlich. Über den umfassenden Verweis
der landesrechtlichen Regelungen auf die §§ 127 ff. BauGB dürfte dies auch im
Bereich der beitragsfähigen Erschließungsanlagen gelten. In Bayern wird dies durch
Art. 5a Abs. 4 BayKAG ausdrücklich bestätigt. Eine anschließende Weitergabe der
umfassenden Kostentragungspflicht (d. h. ohne Eigenbeteiligung) im Rahmen privatrechtlicher
Kostenerstattungsverträge betrifft formal rechtlich allein das Verhältnis
zwischen Erschließungsträger und Fremdanlieger und ist insoweit unbedenklich.

bb) Unechter Erschließungsvertrag (sog. Vorfinanzierungsvertrag)

Von einem sog. unechten Erschließungsvertrag (Vorfinanzierungsvertrag) ist
dagegen die Rede, wenn der private Erschließungsträger die Anlagen zunächst zwar
unter Übernahme der Kosten herstellt, die Gemeinde dem Erschließungsträger
diese Kosten aber sodann erstattet, soweit sie nicht bereits zuvor durch etwaige,
die eigenen Grundstücke des Vertragspartners betreffende Ablösungsbeträge verrechnet
worden sind (vgl. BeckOK-BauGB/Hoffmann, § 11 Rn. 15.1;
Brügelmann/Bank, BauGB, Std.: Februar 2014, § 11 Rn. 47.23 jew. m. w. N.;
Döring NVwZ 1994, 853). In einem solchen Fall bestehen gerade keine Kostenerstattungsvereinbarungen
des Erschließungsträgers mit Privaten. Durch die
Zahlung der Gemeinde an den privaten Erschließungsträger
entsteht vielmehr ein beitragsfähiger Aufwand, sodass der Erlass
von Beitragsbescheiden bzw. der Abschluss einer Ablösevereinbarung notwendig
wird (BeckOK-BauGB/Hoffmann, § 11 Rn. 15.1;
Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, § 11 Rn. 21; jew. m. w. N.; BVerwG
NVwZ-RR 2013, 479). Entschließt sich die Gemeinde für eine öffentlich-rechtliche
Beitragserhebung durch Verwaltungsakt, sind hierbei die Vorgaben der §§ 127ff.
BauGB sowie der einschlägigen Regelungen der Kommunalabgabengesetze der
Länder zu beachten. In diesem Fall wäre auch die in § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB vorgesehene
Eigenbeteiligung der Gemeinde zwingend (ausf. zum Ganzen: BeckOKBauGB/
Eiding, 40. Ed. 1.1.2018, BauGB § 129 Rn. 40 f.). Entsprechendes gilt
auch für den Abschluss einer Ablösevereinbarung, die ein öffentlich-rechtliches
Ersatzinstrument zur Beitragserhebung darstellt (dazu unter Ziff. 2).

cc) Modifizierter Erschließungsvertrag

Im Rahmen des echten Erschließungsvertrages ist der Erschließungsträger, der
nicht Eigentümer sämtlicher Baugrundstücke ist, darauf angewiesen, mit den
Fremdanliegern privatrechtliche Kostenerstattungsverträge abzuschließen. Problematisch
ist es, wenn die Gemeinde die Erschließung im Rahmen eines echten Erschließungsvertrages
übertragen möchte, der Erschließungsträger aber keine Sicherheit
hat, ob alle Fremdanlieger zu einer Kostenübernahme bereit sind. Hier hat
sich der modifizierte Erschließungsvertrag entwickelt, der ausdrücklich auch vom
Bundesverwaltungsgericht gebilligt wird (Thebille, RNotZ 2014, 333, 343 f.
m. w. N.; BVerwG NVwZ-RR 2013, 479 ff.; MittBayNot 1996, 387 ff.).

Die Gemeinde und der Erschließungsträger schließen einen echten Erschließungsvertrag
ab. Geplant ist weiterhin, dass privatrechtliche Kostenerstattungsverträge
zwischen dem Erschließungsträger und den Fremdanliegern
getroffen werden. Im Erschließungsvertrag verpflichtet sich die
Gemeinde jedoch gleichzeitig auch, dem Erschließungsträger die gesamten
nachgewiesenen Erschließungskosten zu erstatten, sodass bei ihr beitragsfähiger
Aufwand entsteht, der durch Erschließungsbeiträge auf alle Grundstückseigentümer
umgelegt werden kann. Gelingt nun die private Refinanzierung durch
Kostenerstattungsverträge mit einzelnen Fremdanliegern nicht, so kann der Erschließungsträger
seine Kosten der Gemeinde in Rechnung stellen. Die Gemeinde
kann den Gesamtaufwand auf sämtliche Grundstücke verteilen, wobei zugunsten
derjenigen Fremdanlieger, die einer Kostenerstattungsvereinbarung mit dem Erschließungsträger
zugestimmt haben, zugleich eine Ablösevereinbarung eingreift.

Mit den Kostenerstattungsverträgen wird also gleichzeitig vorsorglich eine
Ablösevereinbarung getroffen, sodass diejenigen Fremdanlieger, die zu einem
Vertragsschluss mit dem Erschließungsträger bereit sind, auch nur die dort vereinbarte
Kostenlast tragen müssen. Die Fremdanlieger, die einen Vertragsschluss
mit dem privaten Erschließungsträger verweigern, können dann
durch Beitragserhebung von der Gemeinde herangezogen werden. Hierbei ist
wichtig, dass der Erschließungsträger die gesamten Kosten in Rechnung
stellt, damit bei der Gemeinde als beitragsfähiger Aufwand der Gesamtbetrag entsteht.
Denn der Gemeinde ist eine Beitragserhebung nur unter Verteilung der beitragsfähigen
Kosten auf sämtliche Grundstücke möglich. Würden nur diejenigen
Kosten in Rechnung gestellt, die der private Erschließungsträger von einzelnen
Fremdanliegern nicht erstattet bekommt, so könnten auch nur diese Kosten auf
sämtliche Grundstückeigentümer umgelegt werden. Zu beachten ist ferner, dass die
Gemeinde gegenüber den Fremdanliegern grundsätzlich den gemeindlichen
Eigenanteil von mindestens 10 % zu tragen hat. Inwieweit abweichende vertragliche
Vereinbarungen zulässig sind und ob sich der Erschließungsträger wiederum
zur Erstattung dieses Anteils an die Gemeinde für den Fall verpflichten kann, dass
zwischen Gemeinde und Fremdanliegern keine entsprechende Vereinbarung zu-
stande kommt, ist höchstrichterlich nicht geklärt und damit im Ergebnis unsicher.
Zum Teil wird eine entsprechende Konstruktion als erschließungsbeitragsrechtlich
unzulässiger Folgekostenvertrag nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB angesehen
(ausf. Thebille, RNotZ 2014, 333, 344 m. w. N.).

c) Einordnung des Sachverhalts hins. der Vertragsart

Fraglich ist, wie der vorliegende Fall sich in diese Systematik einordnen lässt. Welcher
Vertragstyp vorliegt, hängt dabei – ebenso wie die Beantwortung der daran anschließenden
Folgefrage, inwiefern auf Grundlage der gewählten Gestaltung ein beitragsfähiger
Aufwand der Gemeinde entsteht, der Grundlage für den Abschluss von
Ablösevereinbarungen sein kann – von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab.
Letztlich betrifft dies eine Frage der Auslegung des zwischen der Gemeinde und dem
Erschließungsträger bereits abgeschlossenen Erschließungsvertrages, die das DNotI
mangels umfassender Kenntnis der Einzelfallumstände sowie im Hinblick auf die vorrangige
Auslegungszuständigkeit der entscheidungsberufenen Gerichte, naturgemäß
nicht abschließend beurteilen kann. Für die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen
kommt dem Wortlaut keine maßgebliche Bedeutung zu, wenn die Vertragsteile
mit einem unzulänglichen, unrichtigen oder sogar sinnlosen Ausdruck eine
übereinstimmend gemeinte Bedeutung bestimmten Inhalts verbinden, die vom Wortlaut
nicht ohne Weiteres oder überhaupt nicht gedeckt ist (Soergel/Hefermehl, BGB,
13. Aufl. 1999, § 133 Rn. 17). Vor diesem Hintergrund kann das DNotI kein verbindliches
Auslegungsergebnis feststellen, sondern nur Aspekte darlegen, die bei der Auslegung
ggf. zu beachten sind. Wir bitten daher, die nachfolgenden Ausführungen unter
diesen Einschränkungen zu sehen.

Nach den uns mitgeteilten Informationen wird die Erschließung gem. § 11 Abs. 1 S. 2
Nr. 1 BauGB auf den Erschließungsträger übertragen, wobei dieser die Erschließung
auf eigene Kosten durchführt. Auf den ersten Blick scheint dies für den Abschluss
eines echten Erschließungsvertrages i. S. vorstehender Ziff. 2 lit. b), aa) zu sprechen.
Sollte ein modifizierter Erschließungsvertrag beabsichtigt gewesen sein, weisen wir hinsichtlich
der Beteiligung der Gemeinde am Abschluss etwa beabsichtigter Kostenerstattungsverträge
zwischen dem Erschließungsträger und den künftigen Erwerbern ferner
auf Folgendes hin: Gebräuchliche Praxis in Bayern ist es bereits, dass die privaten
Kostenerstattungsverträge mit den Grundstückseigentümern anlässlich der
Veräußerung der Grundstücke durch die Gemeinde abgeschlossen werden. Die Gemeinde
veräußert das Grundstück und der Erwerber schließt zeitgleich in derselben Urkunde
mit dem Erschließungsträger oder im Erwerbsvertrag mit der Gemeinde zugunsten
des Erschließungsträgers (§ 328 BGB) den Kostenerstattungsvertrag mit
dem Erschließungsträger ab. Der Verkauf des Grundstücks wird also seitens der Gemeinde
verknüpft mit einem Vertragsschluss des Erwerbers mit dem Erschließungsträger.
Wurde der Kostenerstattungsvertrag – wie bei einem modifizierten Erschließungsvertrag
üblich und erforderlich – bereits mit der Gemeinde abgeschlossen,
spricht u. E. nichts dagegen, dass der Erwerber die hieraus folgenden Verpflichtungen
– im Gegensatz zum erstmaligen Abschluss eines eigenständigen Kostenerstattungsvertrages
– im Rahmen eines Vertrages zugunsten Dritter lediglich übernimmt. Unseres
Erachtens macht dies für die rechtliche Zulässigkeit keinen wesentlichen Unterschied,
die Kostenerstattungsvereinbarung kann erstmalig beim von der Gemeinde verschiedenen
Erwerber abgeschlossen werden, oder zunächst von der Gemeinde abgeschlossen
werden und vom Grundstückserwerber lediglich übernommen werden. In
beiden Fällen liegt die „Organisation“ der Refinanzierung des Erschließungsträgers im
Verantwortungsbereich der Gemeinde, die letztlich dafür sorgt, dass nur solche Erwerber
Grundstücke erhalten, die einer privaten Kostenvereinbarung mit dem Erschließungsträger
zustimmen.

Wir weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass sich die Rechtsprechung bislang noch
nicht einmal über die Zulässigkeit der bereits praktizierten Vorgehensweise der Kostenvereinbarung
anlässlich des Grundstücksverkaufs geäußert hat. Flankierend zur
Kostenübernahmeverpflichtung des Erwerbers gegenüber dem Erschließungsträger
wäre eine Ablösevereinbarung zugunsten derjenigen Erwerber zu treffen, die der vorgenannten
Kostenübernahme zugestimmt haben.

3. Kostenerstattungsvereinbarung und Offenlegung des Erschließungsvertrags

Zur Ausgestaltung der Kostenerstattungsvereinbarungen zwischen den Privaten und dem
gemeindeeigenen Erschließungsträger ist kaum Literatur ersichtlich. Zunächst ist es richtig,
dass die Gemeinde städtebauliche Verträge auch mit einer juristischen Person, an der sie beteiligt
ist, abschließen kann (vgl. § 11 Abs. 1 S. 3 BauGB). Grziwotz etwa formuliert ausdrücklich
bei einem Kauf durch Private von der Gemeinde bei Durchführung der Erschließungsmaßnahmen
durch eine gemeindeeigene Erschließungsgesellschaft der Erschließungsvertrag
offenzulegen ist (Grziwotz, § 11 Rn. 425):

„Hierzu gehört auch die Offenlegung von im Kaufpreis enthaltenen
und an den Erschließungsunternehmer „weitergeleiteten“
Erstattungszahlungen. Die Gemeinde muss dem Erwerber
die Überprüfung ihrer Höhe ermöglichen. Gleiches gilt
bei Durchführung der Erschließung durch eine gemeindliche Eigengesellschaft.
Diese Konstruktion darf nicht allein deshalb gewählt
werden, um eine Umgehung der im Beitragsrecht geltenden
Grundsätzen der Transparenz und der Überprüfbarkeit zu erreichen.
Dem Erwerber müssen sowohl der Erschließungsvertrag
als auch vereinbarte Kostenerstattungen offen gelegt werden.“

Dies dürfte zwar unmittelbar nur die Konstellation des unechten Erschließungsvertrags
betreffen; dem Gebot des sichersten Weges folgend sollte unseres Erachtens jedoch auch bei
einem echten Erschließungsvertrag mit Blick auf die Kostenerstattungsvereinbarung eine
Offenlegung des Erschließungsvertrages erfolgen. Grziwotz hebt ausdrücklich hervor, dass
der Grundsatz der Transparenz sowohl durch die Gemeinde als auch durch die kommunale
Eigengesellschaft zu beachten ist (Grziwotz, § 11 Rn. 425). Überdies besteht zwischen
Kostenerstattungsvereinbarung und Erschließungsvertrag eine Akzessorietät (BVerwG
NVwZ 2011, 690, 691), sodass die Übertragung unangemessener Kosten auf den erschließungsträger
auf die Kostenerstattungsvereinbarung durchschlägt (Uechtritz, in:
Rechtsgestaltung in der kommunalen Praxis, 2015, § 2 Rn. 38).

Ein Muster für einen Kostenerstattungsvertrag zwischen dem Erschließungsunternehmen
und Fremdanliegern sowie weitere Muster von Grziwotz haben wir im Anhang beigefügt
(Grziwotz, § 11 Rn. 426-430). Insbesondere kann eine Differenzierung zwischen Erschließungsbeiträgen
und Beiträgen für leitungsgebundene Einrichtungen angezeigt sein (so
Grziwotz, § 11 Rn. 430).

Die Rechtslage mit Blick auf die Offenlegung des Erschließungsvertrages ist jedoch
unsicher, da Grziwotz etwa einen Einzelnachweis der Aufwendungen des Erschließungsunternehmers
in seinem Vertragsmuster für die Kostenerstattungsvereinbarung nicht
fordert (vgl. dort II bei Grziwotz, § 11 Rn. 430). Allerdings ist aus dem Muster nicht ersichtlich,
ob der Erschließungsunternehmer – wie im vorliegenden Fall – einer Alleinbeteiligung
durch die Gesellschafterin Gemeinde unterliegt. Der öffentlich-rechtlichen
Pflichtenbindung mit Blick auf das Transparenzgebot wird sich die Gemeinde durch die
formelle Privatisierung wohl nicht entziehen können (in diese Richtung Grziwotz, § 11
Rn. 425).

4. Ergebnis

Dem Gebot des sichersten Weges und dem durch die Gemeinde und den gemeindeeigenen
Erschließungsträger zu beachtenden Transparenzgebot dürfte es entsprechen, dass der Erschließungsvertrag
zwischen Gemeinde und Erschließungsunternehmen offengelegt wird.

Gutachten/Abruf-Nr:

166559

Erscheinungsdatum:

14.02.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Öffentliches Baurecht

Normen in Titel:

BauGB § 133; BauGB § 11