20. Januar 2025
WEG § 7 Abs. 3; BGB § 874; WEG § 7 Abs. 3; WEG § 15; GBO § 44 Abs. 2; WEG § 10

Grundbuchliche Verlautbarung von Sondernutzungsrechten durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung; materiell-rechtliche Anforderungen an den Eintragungsvermerk bei einer Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung

WEG a. F. §§ 7 Abs. 3, 15; WEG n. F. §§ 7 Abs. 3 S. 1, 10; BGB § 874; GBO § 44 Abs. 2 S. 2
Grundbuchliche Verlautbarung von Sondernutzungsrechten durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung; materiell-rechtliche Anforderungen an den Eintragungsvermerk bei einer Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung

I. Sachverhalt
In einer Teilungserklärung von 1972 wurden die Stellplätze in einer Tiefgarage mittels „Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 1 WEG“ zugewiesen und zwar dergestalt, dass „jede Wohnung den Stellplatz alleine nutzt, der die gleiche Nummer wie die Wohnung hat“. Die Gebrauchsregelung kann nach dem Inhalt der Teilungserklärung „nur mit Zustimmung des jeweils Berechtigten aufgehoben werden“. Allerdings wird weder in der Teilungserklärung noch im jeweiligen Bestandsverzeichnis der Wohnungsgrundbuchblätter das Wort „Sondernutzungsrecht“ erwähnt.
Im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs heißt es lediglich:

„Im übrigen wird wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums Bezug genommen auf die Bewilligungen vom 3. Februar 1972 und 23. März 1972. Eingetragen am 5. Mai 1972.“

Eine Urkundenrollennummer und/oder der Name eines Notars sowie dessen Amtssitz werden im Text des grundbuchlichen Eintragungsvermerks an keiner Stelle genannt.

II. Fragen:
1. Handelt es sich bei der Gebrauchsregelung um die Zuweisung von Sondernutzungsrechten, obwohl dieser Begriff in der Teilungserklärung nicht erwähnt wird?

2. Genügt für die grundbuchliche Verlautbarung von Sondernutzungsrechten die zuvor zitierte Bezugnahme?

III. Zur Rechtslage:
1. Begriff des „Sondernutzungsrechts“
Sondernutzungsrechte sind (schuldrechtliche) Vereinbarungen der Wohnungseigentümer betreffend die Nutzung von Gemeinschaftseigentum (vgl. BeckOGK-WEG/Falkner, Std.: 1.12.2024, § 10 Rn. 366 – 374). Der Begriff des Sondernutzungsrechts ist bis heute nicht legaldefiniert, denn der Gesetzgeber hält eine solche Definition für entbehrlich. So führt der Gesetzgeber im Rahmen der WEG-Reform von 2007 aus (BT-Drucks. 16/887, S. 16):

„Ein Sondernutzungsrecht begründet nach allgemeiner Auffas­sung für den Berechtigten das Recht, einen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigen­tümer zu nutzen (Palandt-Bassenge, 64. Auflage, § 13 WEG, Rn. 7 m. w. N.). Der in § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 WEG (neu) verwendete Begriff findet sich im Gesetz bislang nicht. Er ist eine Schöpfung der Rechtspraxis und hat sich bewährt. Es ist daher weder erforderlich noch sinnvoll, ihn gesetzlich zu definieren.“

Nach Ansicht des BGH handelt es sich bei einem Sondernutzungsrecht um eine Gebrauchsreglung i. S. v. § 15 WEG a. F. So äußerte sich das Gericht beispielsweise in einer Entscheidung aus dem Jahre 1979 wie folgt (BGH NJW 1979, 548 f.):

„2. Die Frage der Übertragung eines durch Gebrauchsregelung i.S. des § 15 WEG für einen Wohnungseigentümer geschaffenen Nutzungsrechts – nach verbreiteter und auch im folgenden ver­wendeter Terminologie als Sondernutzungsrecht bezeichnet –, […].“

Inwieweit dieser Begriff im Jahre der Errichtung der hier in Rede stehenden Teilungser­klärung, also im Jahre 1972, bereits in den Sprachgebrauch der notariellen Gestaltungspraxis Eingang gefunden hat, vermögen wir zwar nicht zu beurteilen, kann allerdings auch dahinstehen, denn die Verwendung des Begriffs ist nicht erforderlich. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung, sondern der Inhalt der Vereinbarung (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 519, 520; BeckOGK-WEG/Meier, Std.: 1.5.2024, § 5 Rn. 157).

2. Verlautbarung von Sondernutzungsrechten im Grundbuch
Die Vereinbarung von Sondernutzungsrechten – als eine schuldrechtliche Vereinbarung der Wohnungseigentümer betreffend die Nutzung von Gemeinschaftseigentum – wirkt nur dann für und gegen Sonderrechtsnachfolger, wenn die Vereinbarung in das Grundbuch eingetragen wurde, § 10 Abs. 3 WEG (vgl. § 10 Abs. 2 WEG a. F.). Es entspricht allerdings ganz h. M., dass eine ausdrückliche Verlautbarung im jeweiligen Bestandsverzeichnis der Wohnungsgrundbuchblätter nicht erforderlich ist, sondern eine Bezugnahme gem. § 7 Abs. 3 S. 1 WEG (vgl. § 7 Abs. 3 WEG a. F.) auf die Eintragungsbewilligung genügt (vgl. OLG Frankfurt FGPrax 2022, 106; OLG München ZWE 2013, 404; OLG Zweibrücken FGPrax 2007, 161; BeckOK-WEG/Kral, Std.: 18.10.2024, § 7 Rn. 32; Hügel/Elzer, WEG, 4. Aufl. 2025, § 7 Rn. 17).

3. Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung
a) Grundbuchverfahrensrechtliche Anforderungen an den Eintragungsvermerk
Nach § 44 Abs. 2 S. 2 GBO sollen in einer grundbuchlichen Bezugnahme der Name des Notars, der Notarin oder die Bezeichnung des Notariats und jeweils die Nummer der Urkundenrolle, bei Eintragungen auf Grund eines Ersuchens (§ 38) die Bezeichnung der ersuchenden Stelle und deren Aktenzeichen angegeben werden.

Die vorgenannte Bestimmung wurde allerdings erst im Rahmen der Novellierung des Grundbuchverfahrensrechts von 1993 (durch das RegVBG v. 20.12.1993, BGBl. I, S. 2182) in die GBO aufgenommen und stellt eine ausschließlich grundbuchverfahrensrechtliche Soll-Vorschrift dar (vgl. den Wortlaut der Norm sowie BR-Drucks. 360/93, S. 201 f.). Nach Art. 19 Abs. 1 RegVBG ist sie nur auf die am 25.12.1993 noch nicht im Grundbuch vollzogenen Eintragungen, Umschreibungen und Neufassungen anzuwenden. Im Jahre 1972 gab es eine vergleichbare Bestimmung weder in der damals geltenden GBO noch in der damals geltenden AVOGBO.

b) Materiell-rechtliche Anforderungen an den Eintragungsvermerk
Nach § 7 Abs. 3 S. 1 WEG (§ 7 Abs. 3 WEG a. F.) kann zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. In der Gesetzesbegründung vom 26.1.1951 (BR-Drucks. 75/51, S. 14) heißt es hierzu schlicht:

„Abs. 3 ermöglicht in weitem Umfang die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (vgl. § 874 BGB).“

Nach unserem Dafürhalten ist es daher gerechtfertigt, für die Beantwortung der hier interessierenden Rechtsfrage die materiell-rechtlichen Anforderungen für eine Bezugnahme nach § 874 BGB heranzuziehen. Danach kann bei der Eintragung eines Rechts, mit dem ein Grundstück belastet wird, zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Einer Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung steht dabei die Bezugnahme auf die bisherige Eintragung nach § 44 Abs. 3 S. 2 GBO gleich.

In Ansehung des grundbuchlichen Bezugnahmevermerks ist es hierbei ausreichend, wenn dieser beispielsweise lautet:

„… unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung vom …, eingetragen am …“

oder „eingetragen gemäß Bewilligung vom …“

oder „gemäß Eintragungsbewilligung vom …“

oder „gemäß Urkunde vom …“

oder „gemäß Bewilligung vom …“

(vgl. Staudinger/Ertl, 12. Aufl. 1989, § 874 Rn. 5; Soergel, BGB, 8. Aufl. 1955, § 874 Ziff. 2; Meikel/Imhof/Riedel, Grund­buchrecht, Bd. I, 6. Aufl. 1965, § 3 Rn. 307; Reichert, BWNotZ 1962, 117, 126, 132).

Das OLG Colmar (OLGE 16, 183) hatte sich beispielsweise mit der Rechtsfrage zu befassen, ob der Eintragungsvermerk „gemäß Eintragungsbewilligung vom 23. Dezember 1907“ für eine Bezugnahme i. S. v. § 874 BGB genügt. Das Gericht bejahte diese Frage.

4. Würdigung des mitgeteilten Sachverhalts
Die Regelung in der Teilungserklärung (genauer gesagt: Gemeinschaftsordnung), dass „jede Wohnung den Stellplatz alleine nutzt, der die gleiche Nummer wie die Wohnung hat“, ist u. E. als die Begründung von sog. Sondernutzungsrechten zu verstehen. Hierbei ist es unschädlich, dass der Begriff des „Sondernutzungsrechts“ in der Teilungserklärung nicht verwendet wird. Entscheidend ist vielmehr der Inhalt der Vereinbarung, wonach der jeweilige Eigentümer einer Sondereigentumseinheit den jeweiligen Stellplatz alleine, also unter Ausschluss der übrigen Sondereigentümer nutzen darf.

Ebenso ist es unschädlich, dass diese Gebrauchsregelung betreffend die Stellplätze in den Bestandsverzeichnissen der Wohnungsgrundbuchblätter nicht ausdrücklich erwähnt wird. Insoweit genügt es, dass „wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums“ auf die Eintragungsbewilligung(en) Bezug genommen wird, d. h., eine ausdrückliche Verlautbarung der Sondernutzungsrechte im Bestandverzeichnis ist nicht erforderlich.

Der mitgeteilte Eintragungsvermerk mag zwar angesichts der heutigen – dem § 44 Abs. 2 S. 2 GBO geschuldeten – Eintragungspraxis ungewöhnlich erscheinen, materiell-rechtlich bestehen indes keine Bedenken; es liegt eine hinreichende Bezugnahme i. S. v. § 7 Abs. 3 S. 1 WEG (§ 7 Abs. 3 WEG a. F.) vor.
5. Ergebnis
Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass es sich bei der in Rede stehenden „Gebrauchsregelung gem. § 15 WEG“ um die Begründung von sog. Sondernutzungsrechten an den Stellplätzen handelt und eine hinreichende grundbuchliche Verlautbarung i. S. v. § 7 Abs. 3 WEG (a. F.) vorliegt.

Gutachten/Abruf-Nr:

209259

Erscheinungsdatum:

20.01.2025

Rechtsbezug

National

Erschienen in:

DNotI-Report 2025, 6-8

Normen in Titel:

WEG § 7 Abs. 3; BGB § 874; WEG § 7 Abs. 3; WEG § 15; GBO § 44 Abs. 2; WEG § 10