05. Juli 2024
InsO § 80; InsO § 21; BGB § 878

Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu einem Grundstückskaufvertrag; erneute Zustimmung des endgültigen Verwalters zum Vollzug der Eigentumsumschreibung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

BGB § 878; InsO §§ 21, 80
Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu einem Grundstückskaufvertrag; erneute Zustimmung des endgültigen Verwalters zum Vollzug der Eigentumsumschreibung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

I. Sachverhalt
Über das Vermögen eines Bauträgers wurde das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter wurde bestellt. Zudem wurde angeordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 InsO). Der Bauträger verkauft mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters weiterhin Immobilien. Das Insolvenzverfahren soll voraussichtlich in Kürze eröffnet werden.

II. Frage
Entfaltet § 878 BGB für den Fall Schutzwirkung, dass bei beantragten Rechtsänderungen (bspw. Vormerkung/Eigentumsumschreibung) zwischen Eingang des Antrages beim Grundbuchamt und Eintragung im Grundbuch das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bauträgers eröffnet wird?

III. Zur Rechtslage
1. Grundsatz: Berechtigung des Verfügenden bis zum Zeitpunkt der Eintragung
Für die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück ist gem. §§ 873, 925 BGB die Einigung der Beteiligten über den Rechtsübergang und die Eintragung dieses Rechtsübergangs im Grundbuch erforderlich. Dabei muss die Berechtigung des Verfügenden (hier: des Bauträgers) nicht nur zum Zeitpunkt der dinglichen Einigung, sondern grundsätzlich auch noch im Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung im Grundbuch vorhanden sein. Für die Berechtigung kommt es auf den Zeitpunkt der vorgenommenen Verfügung an, bei mehraktigen Verfügungen somit auf den letzten zur Wirksamkeit fehlenden Teilakt (Staudinger/Klumpp, BGB, 2019, § 185 Rn. 54).

Ist der Verfügende von vornherein „Nichtberechtigter“ oder verliert er die Berechtigung, bevor sich der Verfügungstatbestand vollendet hat, so ist grundsätzlich nach § 185 BGB die vorherige Einwilligung oder nachträgliche Genehmigung des Berechtigten zur Wirksamkeit der Verfügung erforderlich.

2. Ausnahmeregelung des § 878 BGB
Der Verfügende kann aus zwei Gründen „Nichtberechtigter“ i. S. d. § 185 BGB sein: Entweder kann dem Verfügenden das Recht, über das verfügt wird, nicht (voll) zustehen, sodass er nicht (alleiniger) Rechtsinhaber ist; oder es kann ihm, obwohl er Rechtsinhaber ist, die Verfügungsbefugnis fehlen (Staudinger/Klumpp, § 185 Rn. 38)

a) Allgemeiner Anwendungsbereich des § 878
Gem. § 878 BGB wird jedoch eine von dem Berechtigten in Gemäßheit der §§ 873, 875, 877 BGB abgegebene Erklärung nicht dadurch unwirksam, dass der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden ist. Diese Vorschrift ist entsprechend auf die Bewilligung einer Vormerkung anzuwenden (BGHZ 28, 182, 185).

Entfällt also beim Veräußerer dessen Verfügungsbefugnis erst nach Antragstellung gegenüber dem Grundbuchamt, so ist dies nach § 878 BGB unschädlich. Der Anwendungsbereich des § 878 ist jedoch lediglich auf diesen Fall des Wegfalls der Berechtigung beschränkt. Der Verlust der Rechtsinhaberschaft und eine daraus resultierende Nichtberechtigung ist hingegen gerade nicht von § 878 BGB erfasst (RGZ 89, 152, 156 f; RGZ 135, 378, 382; Staudinger/Klumpp, § 185 Rn. 54; Staudinger/C. Heinze, BGB, 2018, § 878 Rn. 5). Es ist also streng zwischen Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis zu unterscheiden.

b) Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Veräußerers nach Antragstellung
Klassischer Anwendungsfall des § 878 BGB sind Insolvenzverfahren (BeckOGK-BGB/Kesseler, Std.: 1.5.2023, § 878 Rn. 41; Staudinger/C. Heinze, § 878 Rn. 24). Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nach § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Schuldners, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Verfügungen des Schuldners selbst sind nach § 81 Abs. 1 S. 1 InsO unwirksam.

Erklärt somit der Insolvenzschuldner etwa als Veräußerer selbst noch die Auflassung und wird das Insolvenzverfahren über sein Vermögen erst nach Antragstellung beim Grundbuchamt eröffnet, schützt § 878 BGB den Verfügungsempfänger (somit den Erwerber); der Wegfall der Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO ist unerheblich. Der Erwerb ist damit ab Antragstellung beim Grundbuchamt für den Käufer insolvenzfest (Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, 3. Aufl. 2022, § 3 Rn. 6; zur umstrittenen Frage, ob der Eintragungsantrag des Insolvenzschuldners genügt oder jedenfalls auch der von der Eintragung begünstigte Erwerber den Antrag gestellt haben muss, vgl. BeckOGK-BGB/Kesseler, § 878 Rn. 34-40; Gutachten DNotI-Report 2024, 41).

c) Meinungsstand: Anwendung des § 878 BGB bei Beendigung der Amtsstellung des Insolvenzverwalters
Strittig ist die Frage, ob § 878 BGB auch anwendbar ist, wenn die Amtsstellung einer „Partei kraft Amtes“, wie etwa eines Testamentsvollstreckers oder Insolvenzverwalters, endet, nachdem dieser eine Verfügung über ein seiner Verwaltung unterliegendes Liegenschaftsrecht eingeleitet hat. Die Amtsstellung des Insolvenzverwalters endet, wenn entweder das Insolvenzverfahren insgesamt aufgehoben wird oder wenn in der Person des Insolvenzverwalters ein Wechsel stattfindet. Die wohl herrschende Auffassung in der Literatur spricht sich heute dafür aus, zum Schutz des Rechtsverkehrs die Vorschrift des § 878 BGB auch auf den Verlust der Verfügungsmacht eines Amtsinhabers anzuwenden (ausführlich hierzu Reul, § 3 Rn. 76 ff.; Staudinger/C. Heinze, § 878 Rn. 58; BeckOGK-BGB/Kesseler, § 878 Rn. 28. Die Rechtsprechung neigt hingegen dazu, eine analoge Anwendung des § 878 BGB bei Verfügungen durch Parteien kraft Amtes abzulehnen (vgl. OLG Celle NJW 1953, 945 f.; BayObLG NJW 1956, 1279 f.; OLG Köln MittRhNotK 1981, 139 f.; OLG Naumburg MittBayNot 2022, 164), da der Wegfall der Amtsstellung mit dem Verlust der Rechtsinhaberschaft vergleichbar sei und für diesen Fall § 878 BGB keine Anwendung finde (s. o. lit. a).

Der BGH hat sich zu dieser Frage bisher noch nicht geäußert. Die Rechtslage muss daher weiterhin als nicht abschließend geklärt bezeichnet werden.

Der BGH führt in einer Entscheidung zur Verwalterzustimmung nach § 12 WEG allerdings aus, dass es

„richtig ist, dass die Wirksamkeit der von dem Verwalter erklärten Zustimmung nicht davon abhängt, dass er das Verwalteramt noch in dem in § 878 BGB genannten Zeitpunkt innehat. […] Die Zustimmung des Verwalters nach § 12 WEG ist daher in dieser Beziehung nicht anders zu behandeln als rechtsgeschäftliche Erklärungen, die Träger eines vergleichbaren privaten Amtes (wie beispielsweise Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter […]) während ihrer Amtszeit im eigenen Namen mit Wirkung für und gegen den Rechtsinhaber abgegeben haben.“

(BGH NJW 2013, 299 Rn. 15; Hervorhebung durch DNotI)

Kesseler schließt hieraus, dass der BGH sich damit für die Anwendbarkeit von § 878 BGB auf den Fall der Beendigung der Amtsstellung vor Vollzug des Eintragungsantrags festgelegt zu haben scheint (BeckOGK-BGB/Kesseler, § 878 Rn. 29).

Die Vorinstanz (Beschwerdegericht i. S. v. § 72 GBO) hatte in dem vom BGH zu entscheidenden Fall angenommen, dass das Zustimmungserfordernis gem. § 12 WEG als Beschränkung der Verfügungsmacht des jeweiligen Eigentümers zu begreifen sei. Der BGH hat dies jedoch nicht bestätigt, sondern vielmehr in seiner Entscheidung ausdrücklich offengelassen (BGH NJW 2013, 299 Rn. 12). Die Einordnung als Verfügungsbeschränkung war nach Ansicht des BGH nicht weiter relevant, da jedenfalls die Zustimmung für und gegen den Rechtsinhaber wirke. Insofern sei die Verwalterzustimmung gleich zu behandeln wie bindende rechtsgeschäftliche Erklärungen, die der Träger eines vergleichbaren privaten Amtes (wie etwa ein Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter) abgebe (BGH NJW 2013, 299 Rn. 15).

Nach unserem Dafürhalten ist hieraus keine Entscheidung oder Tendenz des BGH zur aufgeworfenen Streitfrage der Anwendbarkeit des § 878 BGB bei einem Wegfall der Amtsstellung des Insolvenzverwalters (oder einer sonstigen Partei kraft Amtes) zu entnehmen. Der BGH hatte mit Blick auf § 12 WEG insofern „höchstens“ über eine Verfügungsbeschränkung des Sondereigentümers zu entscheiden, während im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis insgesamt auf den Insolvenzverwalter übergeht und bei einem Wegfall der Amtsstellung die materielle Berechtigung des Verfügenden (Insolvenzverwalters) wieder gänzlich entfällt. Auch aus der oben zitierten Aussage des BGH zur „Gleichbehandlung“ der Verwalterzustimmung mit sonstigen Erklärungen einer Partei kraft Amtes (wie des Testamentsvollstreckers) lässt sich u. E. keine Entscheidung des BGH im Hinblick auf § 878 BGB entnehmen. Insofern hat der BGH lediglich auf die vergleichbare Bindung der rechtsgeschäftlichen Erklärung abgestellt. Keine Stellungnahme ist dazu zu entnehmen, wie sich dies zum Wegfall der Verfügungsbefugnis verhält, da es hierzu im Falle des § 12 WEG schon nicht kommt (Rechtinhaber und Verfügungsbefugter ist der Sondereigentümer).

d) Stellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
Fraglich ist, welche Rechtslage sich ergibt, wenn – wie im vorliegenden Sachverhalt – zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstücksgeschäfts das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet, jedoch bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt ist.

aa) Differenzierung zwischen „starkem“ und „schwachem“ vorläufigen Insolvenzverwalter
Zunächst ist danach zu differenzieren, ob die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Insolvenzeröffnungsverfahren mit der Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 InsO) oder der Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 InsO) einhergeht. Während im ersten Fall ein sog. „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, auf den gem. § 22 Abs. 1 InsO bereits die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergeht und der Schuldner im Außenverhältnis damit als Nichtberechtigter handelt, wird im zweiten Fall ein sog. „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und der Schuldner handelt weiterhin als Verwaltungs- und Verfügungsbefugter, freilich unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter (MünchKommInsO/Haarmeyer/Schildt, 4. Aufl. 2019, § 22 Rn. 32). Verfügt der Schuldner trotz eines auferlegten allgemeinen Verfügungsverbots oder bei einem Zustimmungsvorbehalt ohne die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters, so ist diese Verfügung in beiden Fällen nach § 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 InsO zwar absolut (also nicht bloß relativ), jedoch „nur“ schwebend unwirksam. Denn nach allgemeiner Meinung können solche unwirksamen Verfügungen des Schuldners durch Genehmigung des Insolvenzverwalters gem. § 185 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. BGB analog mit Wirkung ex tunc wirksam werden (MünchKommInsO/Vuia, 4. Aufl. 2019, § 81 Rn. 17 m. w. N.)

bb) Folgen der zu unterscheidenden Typen eines vorläufigen Insolvenzverwalters
Da es zwei Typen eines vorläufigen Insolvenzverwalters gibt, folgt u. E., dass auch im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 878 BGB von verschiedenen Fallgruppen auszugehen ist:

(1) Verfügung des vorläufigen „starken“ Insolvenzverwalters und spätere Bestellung eines endgültigen Insolvenzverwalters
Ist bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 InsO ein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet, geht demgemäß die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen schon im Insolvenzeröffnungsverfahren auf den vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 InsO über. Der so genannte „starke“ vorläufige Insolvenzverwalter ist für die Zeitdauer seines Tätigwerdens als Partei kraft Amtes anzusehen (MünchKommInsO/Haarmeyer/Schildt, § 22 Rn. 23). Insoweit ist also die Rechtslage – mit Blick auf die hier interessierende Frage der Anwendbarkeit des § 878 BGB – vergleichbar mit der Bestellung eines endgültigen Insolvenzverwalters. Auch dieser ist als Partei kraft Amtes anzusehen.

Wird nun bei einer Verfügung des „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters das endgültige Insolvenzverfahren eröffnet und ein endgültiger Insolvenzverwalter bestellt, bevor der Verfügungstatbestand vollendet ist, so sind u. E. dieselben Grundsätze anzuwenden wie für den Fall des Wegfalls der Amtsstellung beim endgültigen Insolvenzverwalter (s. o. Ziff. 3.). Für diese Konstellation dürfte deshalb die Rechtslage als ungeklärt zu bezeichnen sein: Nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte wäre die Anwendbarkeit des § 878 BGB abzulehnen, während mit der überwiegenden Auffassung in der Literatur § 878 BGB analog heranzuziehen wäre. Nach unserem Dafürhalten ist der Literaturmeinung zuzustimmen. Hierfür spricht zum einen der Normzweck des § 878 BGB, wonach die Dauer des grundbuchlichen Eintragungsverfahrens nicht zulasten des Rechtsverkehrs gehen soll (zum Normzweck vgl. MünchKommBGB/Lettmaier, 9. Aufl. 2023, § 878 Rn. 1). Zum anderen gilt es, sich Folgendes zu vergegenwärtigen: Es ist zwar zutreffend, dass die Norm davon spricht, dass „der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird“, während der starke vorläufige bzw. endgültige Insolvenzverwalter mit dem Verlust der Stellung als Partei kraft Amtes seine Verfügungsbefugnis gänzlich verliert. Die Formulierung „in der Verfügung beschränkt“ dient jedoch sprachlich dazu, den Anwendungsbereich der Norm gegenüber dem dogmatisch zu unterscheidenden Verlust der Rechtsinhaberschaft abzugrenzen. Der Verlust der Verfügungsbefugnis des Insolvenzschuldners gem. § 80 Abs. 1 InsO ist demgegenüber in Ansehung der Insolvenzmasse (§ 35 InsO) grundsätzlich umfassend, d. h. die Verfügungsbefugnis des Schuldners geht insoweit – also in Ansehung der Insolvenzmasse – gänzlich auf den starken vorläufigen bzw. endgültigen Insolvenzverwalter über. Der Umstand, dass nicht alle Vermögens- und Rechtspositionen des Schuldners in die Insolvenzmasse fallen, ist von der Rechtsfolge des § 80 Abs. 1 InsO zu unterscheiden.

Vor diesem Hintergrund vermag es nicht zu überzeugen, wenn einerseits die Bestimmung des § 878 BGB anerkanntermaßen dann Anwendung findet, wenn gem. § 80 Abs. 1 InsO die Verfügungsbefugnis des Schuldners in Ansehung der Insolvenzmasse auf den Insolvenzverwalter übergeht, aber der Verlust der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters von der Norm nicht umfasst sein soll.

(2) Verfügung des Schuldners mit Zustimmung des vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalters und spätere Bestellung eines endgültigen Insolvenzverwalters
Liegt eine Verfügung des Schuldners vor, zu der der sog. schwache vorläufige Insolvenzverwalter (Zustimmungsvorbehalt gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 InsO) seine Zustimmung erklärt hat, so liegt in diesem Fall eine Grundstücksverfügung des Schuldners, nicht aber des vorläufigen Insolvenzverwalters vor. Wird das Insolvenzverfahren anschließend eröffnet, geht erst zu diesem Zeitpunkt gem. § 80 Abs. 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auf den endgültigen Insolvenzverwalter über.

Verfügt der Schuldner (Rechtsinhaber) mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters, so ist diese Verfügung materiell rechtlich wirksam. Wird dann zeitlich nach der Stellung des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt das endgültige Insolvenzverfahren eröffnet, so verliert der Schuldner erst ab diesem Moment seine Verfügungsbefugnis, bleibt aber weiterhin Rechtsinhaber. Diese Konstellation ist letztlich der „klassische“ Anwendungsfall des § 878 BGB. Insofern halten wir den oben skizzierten Meinungsstreit betreffend die Verfügung einer Partei kraft Amtes und dem Wegfall der Stellung als Partei kraft Amtes für nicht einschlägig.

(3) Verfügung des Schuldners mit Zustimmung des vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalters und Wechsel/Wegfall des vorläufigen Insolvenzverwalters
Verfügt der Schuldner mit Zustimmung eines „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters und kommt es nun zu einem Wechsel in der Person des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters, bedarf dieser Fall u. E. einer gesonderten Betrachtung. Denn der maßgebliche Unterschied liegt darin, dass hier „nur“ ein Wechsel in der Person des Zustimmungsberechtigten erfolgt.

Auf diese Sachverhaltskonstellation kann u. E. die Sichtweise des BGH im Rahmen der Entscheidung zu § 12 WEG (s. o.) herangezogen werden (vgl. zur Zustimmung nach § 5 ErbbauRG auch BGH NJW 1963, 36; BGH RNotZ 2017, 654). Unter Zugrundelegung der vom BGH angestellten Überlegungen kommt es für die Wirksamkeit der Zustimmung nicht darauf an, dass der zustimmungsberechtigte vorläufige Insolvenzverwalter seine Zustimmungsbefugnis noch in dem in § 878 BGB genannten Zeitpunkt innehat. Sobald die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgt ist, liegen eine wirksame Auflassung bzw. eine wirksame Eintragungsbewilligung des Schuldners vor. Die Wirksamkeit des materiellen Rechtsgeschäfts (bspw. der Auflassung) oder der grundbuchverfahrensrechtlichen Bewilligung gem. § 19 GBO wird nicht dadurch beseitigt, dass die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters wechselt. Nach unserem Dafürhalten gilt dies auch dann, wenn der Wechsel in der Person des vorläufigen Insolvenzverwalters zeitlich vor dem Zeitpunkt des § 878 BGB eintritt; denn der Wechsel in der Person des vorläufigen Insolvenzverwalters führt nicht dazu, dass die einmal wirksam gewordene Auflassung oder Eintragungsbewilligung nachträglich wieder schwebend unwirksam wird. Die Bestimmung des § 878 BGB spielt sodann nur eine Rolle im Hinblick darauf, wann das (endgültige) Insolvenzverfahren eröffnet wird. Wird dieses zeitlich vor Stellung des grundbuchlichen Eintragungsantrages eröffnet, so dürfte auch die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht weiterhelfen; vielmehr bedarf es wegen § 80 Abs. 1 InsO der Genehmigung des (endgültigen) Insolvenzverwalters. Erfolgt hingegen die Eröffnung des endgültigen Insolvenzverfahrens zeitlich nach der Stellung des grundbuchlichen Eintragungsantrages, so ist der nachträgliche Wegfall der Verfügungsbefugnis des Schuldners in Ansehung der – aufgrund der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam gewordenen – Auflassung und/oder Eintragungsbewilligung unbeachtlich. Im Wege eines Erst-Recht-Schlusses kann nichts anderes gelten, wenn „nur“ der vorläufige Insolvenzverwalter ausgetauscht wird, wobei es nach unserem Dafürhalten nicht darauf ankommt, ob dieser Personenwechsel zeitlich vor oder nach dem in § 878 BGB genannten Zeitpunkt stattfindet.

3. Ergebnis
Wird im Insolvenzeröffnungsverfahren ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, so ist im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 878 BGB eine differenzierte Betrachtung nach der konkreten Sachverhaltskonstellation angezeigt (vgl. die o. g. Fallgruppen). Wesentlich für die Beurteilung ist u. E., ob die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Insolvenzeröffnungsverfahren mit der Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 InsO) verbunden ist oder lediglich ein allgemeiner Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 InsO) angeordnet wird. Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung zu den hier besprochenen Konstellationen im Insolvenzeröffnungsverfahren sind bislang nicht ersichtlich.

Gutachten/Abruf-Nr:

205810

Erscheinungsdatum:

05.07.2024

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Insolvenzrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2024, 97-101

Normen in Titel:

InsO § 80; InsO § 21; BGB § 878