Aufhebung einer Zweigniederlassung; Vorlage der Gewerbeabmeldung; Prüfungsrecht des Registergerichts
Aufhebung einer Zweigniederlassung; Vorlage der Gewerbeabmeldung; Prüfungsrecht des Registergerichts
I. Sachverhalt
Die Aufhebung der Zweigniederlassung einer österreichischen GmbH wird zum deutschen Handelsregister angemeldet. Das Registergericht beanstandet, dass das Gewerbe immer noch angemeldet sei und deshalb von einer tatsächlichen Aufhebung ausgegangen werden könne. Verlangt wird die Einreichung der Gewerbeabmeldung nach öffentlichem Recht.
II. Frage
Kann das Registergericht einen entsprechenden Nachweis verlangen?
III. Zur Rechtslage
1. Ausgangspunkt: Eingeschränktes Prüfungsrecht des Handelsregisters
Es ist im Grundsatz anerkannt, dass das Registergericht eine formelle Prüfung der Anmeldung vornehmen darf. In materieller Hinsicht hat das Registergericht zu prüfen, ob die angemeldeten Tatsachen rechtmäßig und richtig sind. Hier soll im Ausgangspunkt eine Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen werden, während bei Zweifeln auch eine vollständige Prüfung durch das Registergericht vorzunehmen ist (BGH
2. Rein tatsächliche Aufhebung der Zweigniederlassung relevant
Eine Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft (
Gem.
Auch die Literatur geht davon aus, dass ein Prüfungsrecht des Registergerichts (bei Zweifeln) nur dahingehend besteht, ob die Zweigniederlassung tatsächlich aufgehoben wurde (BeckOGK-HGB/Schaal, § 13g Rn. 29.1); das Registergericht muss dabei den Aufhebungstatbestand nicht positiv feststellen, sondern kann die Anmeldung nur dann zurückweisen, wenn offensichtlich ist, dass die Zweigniederlassung nicht aufgehoben wurde (Oetker/Preuß, HGB, 7. Aufl. 2021, § 13 Rn. 70).
Entsprechend gehen die einschlägigen Formularbücher davon aus, dass Unterlagen bei der Anmeldung der Aufhebung einer Zweigniederlassung nicht beizufügen seien (Gustavus, Handelsregisteranmeldungen, 10. Aufl. 2020, A 15 (S. 55); Schmidt/Sikora/Tiedtke, Praxis des Handelsregister- und Kostenrechts, 7. Aufl. 2014, Rn. 2331).
3. Gewerberechtliche Anmeldung als Indiz?
a) Zusammenspiel von Gewerberecht und Handelsregister
Auch im Gewerberecht begegnet der Begriff der Zweigniederlassung. Gem.
Der Begriff der Zweigniederlassung wird dabei überwiegend unter Rückgriff auf den zum Registerrecht entwickelten Rechtsbegriff verstanden (Winkler, in: Ennuschat/Wank/Winkler, 9. Aufl. 2020, GewO § 14 Rn. 37 f.; BeckOKGewO/Leisner, Std.: 1.1.2022, § 14 Rn. 33; Landmann/Rohmer GewO/Marcks, 86. EL Februar 2021, § 14 Rn. 44). Erfasst werden auch Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften (Winkler, in: Ennuschat/Wank/Winkler, GewO, 9. Aufl. 2020, § 14 Rn. 39).
Eine unselbständige Zweigstelle ist dagegen nicht zum Handelsregister anzumelden; hierunter ist lediglich eine von der Hauptstelle räumlich getrennte feste örtliche Anlage oder Einrichtung zu verstehen, die der Ausübung eines stehenden Gewerbes dient oder die Abwicklung der von der Hauptstelle aus geschlossenen Geschäfte erleichtern soll, ohne dass bereits die Merkmale der Zweigniederlassung erfüllt wären (Winkler, in: Ennuschat/Wank/Winkler, § 14 Rn. 44; BeckOK-GewO/Leisner, § 14 Rn. 35; Landmann/Rohmer GewO/Marcks, § 14 Rn. 44). Ausreichend ist also bereits eine Auslandsrepräsentanz oder ein Büroraum, der mit Sekretariat, Telefon und Fax ausgestattet ist und von einem selbstständigen Handelsvertreter dazu genutzt werden soll, dort Geschäftskontakte zwischen Dritten und einem im Ausland ansässigen Unternehmen herzustellen; nicht ausreichend wäre dagegen ein bloßes Postschließfach (Winkler, in: Ennuschat/Wank/Winkler, 9. Aufl. 2020, GewO § 14 Rn. 45; BeckOK-GewO/Leisner, § 14 Rn. 37).
Anzuzeigen ist auch eine Verlegung oder Aufgabe des Betriebs (
In
Ob auch die Änderung der Betriebsform (d. h. z. B. eine Zweigniederlassung wird unselbständige Zweigstelle) gesondert anzuzeigen ist, wurde in der uns zugänglichen Literatur nicht explizit diskutiert, scheint u. E. nach dem Wortlaut des Gesetzes und den vom Verordnungsgeber vorgesehenen Formularen, die entsprechend differenzieren, aber nahezuliegen. Wir gehen daher davon aus, dass das Registergericht erfahren würde, ob ein Gewerbe in der Form einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle betrieben werden würde.
b) Relevanz der gewerberechtlichen Anzeige für das Prüfungsrecht des Registergerichts
Fraglich ist, ob die unterbliebene Abmeldung der Zweigniederlassung (bzw. ggf. die Ummeldung zu einer unselbständigen Zweigstelle) für das Registergericht ein Indiz darstellen kann, um – abweichend von dem unter 2. Festgestellten – in eine tiefere Prüfung einzusteigen. Die Frage wird in der uns zugänglichen Literatur nicht diskutiert. Es finden sich lediglich allgemeine Ausführungen dazu, dass die Anzeige eines Gewerbes nicht als Beweis für dessen tatsächliche Ausübung dienen, allerdings ein Indiz hierfür darstellen könne (BeckOK-GewO/Leisner, § 14 Rn. 6; s. a. BVerwG
Nach unserer persönlichen Einschätzung sprechen die besseren Gründe dafür, dass das Registergericht eine solche Abmeldung bei der Aufhebung nicht verlangen kann. Der Gesetzgeber hat auf eine Regelung der Pflicht zur Vorlage der Gewerbeabmeldung verzichtet. Daraus, dass die Anmeldung eines Gewerbes ein Indiz für die tatsächliche Ausübung darstellen mag, kann u. E. noch nicht darauf geschlossen werden, dass auch die Nicht-Abmeldung ein Indiz für den Fortbestand darstellen würde. Es erscheint zwar verlockend, einen entsprechenden Schluss zu ziehen, da Informationen über die Gewerbeanmeldung beim Registergericht vorliegen mögen. Allerdings wird dadurch der oben unter 2. dargestellte Grundsatz durchbrochen, dass die Aufhebung ein tatsächlicher Vorgang ist. Auch wenn man den einmaligen Vorgang der Gewerbeanmeldung als Indiz für die Existenz der Zweigstelle ansieht, rechtfertigt dies u. E. noch nicht, auch aus einem damit begründeten Zustand (Fortbestehen der Anmeldung) Schlüsse auf den (Fort-)Bestand der Zweigstelle zu ziehen. Die (Nicht-)
Ab- oder Ummeldung bei der zuständigen Gewerbeaufsicht kann andere Gründe als die fehlende Aufhebung der Zweigniederlassung haben.
Rechtsprechung zur Frage konnten wir allerdings nicht ausfindig machen. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich bei der Frage, ob die fehlende Abmeldung ein Indiz dafür darstellt, dass die Zweigniederlassung nicht tatsächlich aufgehoben wurde, um eine Frage handelt, die ein Gericht dem Ermessensspielraum des Registerrichters zuweisen würde.
190560
Erscheinungsdatum:01.07.2022
RechtsbezugNational
Erschienen in: Normen in Titel:HGB § 13g