21. Februar 2025
GBO § 29; BGB § 158 Abs. 2; GBO § 42; GBO § 22; GBO § 19; BGB § 1191; GBO § 41

Zulässigkeit einer auflösend bedingten Grundschuld; Erfordernis der Briefvorlage bei der Löschung einer Briefgrundschuld mittels Unrichtigkeitsnachweis

BGB §§ 158 Abs. 2, 1191; GBO §§ 19, 22, 29, 41, 42
Zulässigkeit einer auflösend bedingten Grundschuld; Erfordernis der Briefvorlage bei der Löschung einer Briefgrundschuld mittels Unrichtigkeitsnachweis

I. Sachverhalt
Im Rahmen eines Grundstückskaufvertrags, bei dem ein Privatgläubiger als Berechtigter eines Grundpfandrechts am Kaufgegenstand eingetragen ist, wurde statt einer Aufhebungsvormerkung (auch: Löschungsvormerkung) eine auflösende Bedingung vereinbart. Die auflösende Bedingung tritt ein, wenn der Notar die Löschung des Grundpfandrechts mit Eigenurkunde beantragt. Der Notar wurde im Wege des Treuhandauftrages angewiesen, diese Bedingung nur unter bestimmten Voraussetzungen herbeizuführen. Die Eintragung dieser Inhaltsänderung in das Grundbuch bewilligte der Grundpfandgläubiger. Bei Briefgrundpfandrechten bedarf es gemäß §§ 41, 42 GBO für die Eintragung einer Inhaltsänderung (hier: von unbedingt zu auflösend bedingt) der Vorlage des Briefes.

II. Frage
Bedarf auch die Löschung des Grundpfandrechts im Grundbuch (nach Eintragung der auflösenden Bedingung und Bedingungseintritt) noch der Briefvorlage?

III. Zur Rechtslage
1. Materiell-rechtliches Erlöschen vs. grundbuchliche Löschung
Bei der Beantwortung dieser Rechtsfrage ist das materiell-rechtliche Erlöschen der Grundschuld von der grundbuchlichen „Löschung“ (vgl. § 46 GBO) zu unterscheiden.

Das materiell-rechtliche Erlöschen der Grundschuld richtet sich nach materiellem Recht (s. hierzu sogleich).

Für die grundbuchliche Löschung von Rechten im Grundbuch hält die GBO zwei unterschiedliche Wege bereit: Die Löschung erfolgt zum einen dann, wenn der Berechtigte des zu löschenden Rechts dessen Löschung gem. § 19 GBO bewilligt („Löschungsbewilligung“). Zum anderen kann eine Löschung im Grundbuch auch ohne Bewilligung des Berechtigten im Wege der Grundbuchberichtigung gem. § 22 GBO erfolgen, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen ist („Unrichtigkeitsnachweis“).

Die Grundschuld erlischt (materiell-rechtlich) bspw. durch Aufhebung gem. §§ 1192, 1183, 875 BGB. Erforderlich ist insoweit neben der Zustimmung des Eigentümers (§§ 1192, 1183 BGB) die Erklärung des Berechtigten, dass er das Recht aufgibt („Aufgabeerklärung“) sowie die Löschung des Rechts im Grundbuch. Im Rahmen des § 875 BGB ist also die Löschung des Rechts im Grundbuch konstitutive Voraussetzung für dessen materiell-rechtliches Erlöschen. Die grundbuchliche Löschung des Rechts richtet sich hingegen nach den Regeln der GBO (insb. Bewilligung i. S. d. § 19 GBO nebst Eigentümerzustimmung gem. § 27 S. 1 GBO jeweils in der Form des § 29 GBO). Diese gesetzlich statuierte „Verzahnung“ des materiell-rechtlichen Erlöschens des dinglichen Rechts mit der Löschung desselben im Grundbuch (Löschung im Grundbuch als konstitutive Voraussetzung für das materiell-rechtliche Erlöschen) ändert nichts an der Unterscheidung zwischen materiellem Recht und Grundbuchverfahrensrecht (vgl. MünchKommBGB/Lettmaier, 9. Aufl. 2023, § 875 Rn. 24).

Diese Unterscheidung wird noch einmal deutlicher, wenn das materiell-rechtliche Erlöschen nicht aus einer Aufhebung des Rechts gem. § 875 BGB folgt (welche als konstitutive Voraussetzung die Löschung des Rechts im Grundbuch erfordert, s. o.), sondern aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung erfolgt (zur Zulässigkeit bei einer Grundschuld s. Ziff. 2). Ein auflösend bedingt bestelltes dingliches Recht (zum Erfordernis der Verlautbarung der Bedingung im grundbuchlichen Eintragungsvermerk anstelle der bloßen Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 266) erlischt (materiell-rechtlich) mit dem Eintritt dieser (auflösenden) Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB), der Eintragung (Löschung) im Grundbuch bedarf es insoweit gerade nicht (die grundbuchliche Löschung ist keine konstitutive Voraussetzung für das materiell-rechtliche Erlöschen). Die grundbuchliche Löschung (m. a. W.: die Berichtigung der Buchlage entsprechend der materiellen Rechtslage) ist vielmehr eine hiervon zu unterscheidende Ebene und erfordert eine Löschungsbewilligung (§ 19 GBO) oder einen Unrichtigkeitsnachweis (§ 22 GBO). Folge dieser Unterscheidung ist also, dass der Eintritt einer auflösenden Bedingung zwar materiell-rechtlich zum Erlöschen des Rechts führt, aber für die grundbuchliche Löschung des Rechts dennoch die Bewilligung des Berechtigten (§ 19 GBO) erforderlich sein kann, sofern sich der Bedingungseintritt nicht in der Form des § 29 GBO nachweisen lässt.

Zum Inhalt einer (auflösenden) Bedingung kann auch die Stellung eines (Löschungs-)Antrags beim Grundbuchamt in Gestalt einer notariellen Eigenurkunde gemacht werden (vgl. KG NJOZ 2017, 877 sowie OLG Schleswig in DNotI-Report 2016, 121).

2. Auflösend bedingte Grundschuld
Die Frage, ob auch eine Grundschuld (auflösend) bedingt bestellt werden kann, ist umstritten, wird jedoch von der überwiegenden Auffassung für zulässig erachtet (so Schöner/Stöber, Rn. 2300; BeckOGK-BGB/Reymann, Std.: 1.9.2024, § 158 Rn. 136, 137; MünchKommBGB/Lieder, 9. Aufl. 2023, § 1113 Rn. 66; BeckOGK-BGB/Kern, Std.: 1.8.2024, § 1113 Rn. 45, ausdrücklich nur für die Hypothek, jedoch aufgrund des Verweises auf einen Umkehrschluss aus § 925 Abs. 2 BGB mit einer auf die Grundschuld übertragbaren Begründung; vgl. auch BGH NJW 1959, 984, 985, welcher in einem obiter dictum die Zulässigkeit einer auflösend bedingten Hypothek erwähnt; a. A.: Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2019, Einl. zu §§ 1113 ff., Rn. 128 ff.).

Eine – unterstellt zulässige – auflösend bedingte Grundschuld erlischt folglich materiell-rechtlich mit dem Eintritt dieser Bedingung.

Davon zu unterscheiden ist die grundbuchliche Löschung der noch im Grundbuch eingetragenen, aber materiell-rechtlich durch den Eintritt der auflösenden Bedingung bereits erloschenen Grundschuld. Einer Löschungsbewilligung (§ 19 GBO) bedarf es (nur) dann nicht, wenn/weil die Unrichtigkeit in der Form des § 29 GBO auch grundbuchverfahrensrechtlich gem. § 22 GBO nachgewiesen ist (hier: Nachweis des materiell-rechtlichen Erlöschens der Grundschuld infolge des Eintritts der auflösenden Bedingung durch Vorlage der diesen Bedingungseintritt auslösenden notariellen Eigenurkunde). Zudem ist in diesem Fall (§§ 22, 29 GBO) die (Löschungs-)Zustimmung des Eigentümers gem. § 27 S. 2 GBO entbehrlich.

3. Die Vorschriften der §§ 41, 42 GBO
Für Briefgrundschulden enthalten die §§ 41, 42 GBO eine (weitere) Sonderregelung: Bei einer Briefgrundschuld soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn der Brief vorgelegt wird (§§ 41 Abs. 1 S. 1, 42 S. 1 GBO).

Hierbei handelt es sich um eine grundbuchverfahrensrechtliche Regelung, welche zwingend ist und nicht zur Disposition der Beteiligten steht (Böttcher, in: Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl. 2021, § 41 Rn. 1; zum Telos der Vorschrift siehe zudem Böttcher, § 41 Rn. 2-5 ).

Sofern keine der in der GBO oder anderweitig normierten Ausnahmevorschriften greift (zu einer Auflistung siehe BeckOK-GBO/Zeiser, Std.: 2.9.2024, § 41 Rn. 41-53; § 42 Rn. 3-7), ist folglich im Anwendungsbereich der §§ 41 Abs. 1 S. 1, 42 S. 1 GBO die Briefvorlage grundbuchverfahrensrechtlich zwingend.

Die Löschung des Briefrechts ist eine Eintragung i. S. d. §§ 41 Abs. 1 S. 1, 42 S. 1 GBO (BeckOK-GBO/Zeiser, § 41 Rn. 13, 20; Bauer/Schaub/Schneider, GBO, 5. Aufl. 2023, § 41 Rn. 10; Böttcher, § 41 Rn. 15).

Ebenso entspricht es nach unseren Erkenntnissen allgemeiner Auffassung, dass die Regelung der §§ 41 Abs. 1 S. 1, 42 S. 1 GBO nicht nur für Eintragungen (hier: Löschung) aufgrund Bewilligung (§ 19 GBO) greift, sondern auch Grundbuchberichtigungen durch Unrichtigkeitsnachweis i. S. d. § 22 GBO erfasst (BeckOK-GBO/Zeiser, § 41 Rn. 13; Bauer/Schaub/Schneider, § 41 Rn. 10; Böttcher, § 41 Rn. 14; BayObLG Rpfleger 1987, 363; BGH, Beschl. v. 19.7.2013 – V ZB 159/12, Tz. 6 [juris]).

Hieraus folgt, dass ungeachtet des materiell-rechtlichen Erlöschens der Briefgrundschuld, welches allein aus dem Bedingungseintritt folgt und von der Briefvorlage beim Grundbuchamt unabhängig ist, für die grundbuchliche Löschung der Briefgrundschuld gem. §§ 41 Abs. 1 S. 1, 42 S. 1 GBO die Briefvorlage zwingende grundbuchverfahrensrechtliche Voraussetzung ist.

4. Fazit
Das materiell-rechtliche Erlöschen der Grundschuld ist von der grundbuchlichen Löschung derselben zu unterscheiden.

Eine auflösend bedingte Grundschuld (Zulässigkeit umstritten, vgl. Ziff. 2.) erlischt materiell-rechtlich mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB; hier: Stellung des Löschungsantrags durch den Notar mittels notarieller Eigenurkunde).

Die (insoweit lediglich berichtigende) grundbuchliche Löschung kann auf zwei Wegen erfolgen: Entweder durch Abgabe einer Löschungsbewilligung (§§ 19, 29 GBO nebst Eigentümerzustimmung gem. §§ 27 S. 1, 29 GBO) oder durch Grundbuchberichtigung mittels Unrichtigkeitsnachweis (§§ 22, 27 S. 2, 29 GBO).

Bei einer Briefgrundschuld ist für die grundbuchliche Löschung (nicht hingegen für das materiell-rechtliche Erlöschen) zusätzlich die Sondervorschrift der §§ 41 Abs. 1 S. 1, 42 S. 1 GBO zu berücksichtigen. Danach ist – nach allgemeiner Auffassung – auch bei einer Löschung der Briefgrundschuld mittels Unrichtigkeitsnachweis die Briefvorlage grundbuchverfahrensrechtlich zwingend erforderlich. Die Regelung ist – wie das gesamte formelle Grundbuchverfahrensrecht – nicht durch die Beteiligten abdingbar.

Gutachten/Abruf-Nr:

208821

Erscheinungsdatum:

21.02.2025

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Grundpfandrechte
Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2025, 17-20

Normen in Titel:

GBO § 29; BGB § 158 Abs. 2; GBO § 42; GBO § 22; GBO § 19; BGB § 1191; GBO § 41