Allgemeine oder abstrakte Vertretungsregelung beim eingetragenen Verein: Satzungsbestimmung, wonach einzig bestelltes Vorstandsmitglied einzelvertretungsberechtigt ist, mehrere bestellte Vorstandsmitglieder aber gesamtvertretungsberechtigt zu zweien sind
BGB §§ 26 Abs. 2, 32, 33, 68, 70
Allgemeine oder abstrakte Vertretungsregelung beim eingetragenen Verein: Satzungsbestimmung, wonach einzig bestelltes Vorstandsmitglied einzelvertretungsberechtigt ist, mehrere bestellte Vorstandsmitglieder aber gesamtvertretungsberechtigt zu zweien sind
I. Sachverhalt
Ein eingetragener Verein soll durch Satzungsregelung folgende allgemeine Vertretungsregelung erhalten:
„Der Verein wird gerichtlich und außergerichtlich durch ein Vorstandsmitglied vertreten, sofern nur ein Vorstandsmitglied bestellt ist; in allen übrigen Fällen wird er durch je zwei Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich vertreten.“
Die Beteiligten halten diese Vertretungsregelung für zulässig und verweisen auf die Rechtslage und Praxis bei der GmbH. Die Zulässigkeit folge bereits aus der gesetzlichen Vertretungsregelung, denn diese zeige, dass sich die Vertretungsmacht in Abhängigkeit von der Vorstandsmitgliederzahl verändere.
II. Frage
Ist die gewünschte Vertretungsregelung beim eingetragenen Verein zulässig?
III. Zur Rechtslage
1. Vertretungsbefugnis des ein- oder mehrgliedrigen Vereinsvorstands
Gem.
Der Alleinvorstand muss einzelvertretungsbefugt sein (MünchKommBGB/Leuschner, 8. Aufl. 2018, § 26 Rn. 18), sonst wäre er als Vertretungsorgan untauglich. Davon abgesehen lässt sich die Einzelvertretungsbefugnis des Alleinvorstands auch e contrario aus der gesetzlich angeordneten Mehrheitsvertretung herleiten oder – begrifflich – durch das notwendige Zusammenfallen von Mehrheitshandeln und Alleinhandeln im Falle des Einzelvorstands.
2. Zulässigkeit fluktuierender Vertretungsbefugnis
U. E. spricht nichts dagegen, dass der Verein – jedenfalls auf entsprechender Satzungsgrundlage – einen oder mehrere Vorstände haben kann. Aus dem Gesetz lässt sich nicht herleiten, dass sich der Verein für das eine oder andere entscheiden müsste. Lässt man dem Verein aber die Wahl, so müsste auch ein Nebeneinander von Einzelvertretungsbefugnis und Gesamtvertretungsbefugnis möglich sein, abhängig von der Zahl der Vorstandsmitglieder (so auch Schwarz,
Nicht ohne Weiteres behaupten lässt sich hingegen, dass eine fluktuierende Vertretungsbefugnis bereits aus der gesetzlichen Vertretungsregelung folge. Dies könnte nur stimmen, wenn das Gesetz von vornherein eine fluktuierende Vorstandsmitgliederzahl vorsähe. Das wird aber von der Kommentarliteratur offenbar gerade bestritten: Ohne Satzungsregel soll der Verein nur über einen Einzelvorstand verfügen dürfen (s. Ziff. 1).
Auch wenn eine gewisse Unwägbarkeit der fluktuierenden Vertretungsbefugnis nicht von der Hand zu weisen ist, kann man sich schließlich fragen, ob sich diese Unwägbarkeit nicht hinnehmen ließe. Dafür spricht ebenfalls ein Interesse des Rechtsverkehrs, wenn man bedenkt, dass die gewünschte Vertretungsregelung etwa bei der GmbH zu den gebräuchlichsten und zweifellos anerkannten Regelungen gehört. Dass die Zulässigkeit der Regelung beim Verein grundlegend anders zu bewerten sein soll, müsste gewichtigere materiell-rechtliche Gründe haben.
3. Ergebnis
Wir halten die vorgeschlagene Vertretungsregelung im Ergebnis eher für zulässig. In Anbetracht der durchaus komplexen Rechtslage lässt sich aber auch die gegenteilige Ansicht vertreten.
168441
Erscheinungsdatum:17.05.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Verein
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 26 Abs. 2; BGB § 33; BGB § 70; BGB § 32; BGB § 68