09. August 2019
BGB § 1831; BGB § 1828

Nachträgliche Genehmigung eines Kaufvertrags durch den Ergänzungsbetreuer vor Einholung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung; Mitteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung

Gutachten-Abruf-Dienst
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 170185
letzte Aktualisierung: 9. August 2019

BGB §§ 1828, 1831
Nachträgliche Genehmigung eines Kaufvertrags durch den Ergänzungsbetreuer vor
Einholung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung; Mitteilung der betreuungsgerichtlichen
Genehmigung

I. Sachverhalt

Die Anfrage betrifft einen Kaufvertrag unter Beteiligung eines Betreuten. Der Betreute ist mit
anderen Personen – u.a. mit zwei minderjährigen Kindern – im Grundbuch in Erbengemeinschaft
als Eigentümer des vertragsgegenständlichen Grundbesitzes eingetragen. Dessen Betreuer
ist zugleich der allein sorgeberechtigte Vater der minderjährigen Kinder. Infolge der Kaufpreisaufteilung
auch auf die einzelnen Mitglieder der vorgenannten Erbengemeinschaft wurde im
Anschluss an den Kaufvertrag hinsichtlich des Betreuten ein Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis
„Nachlassangelegenheiten einschließlich Grundstücksverkauf und Aufhebung der
Erbengemeinschaft“ bestellt, da der eigentliche Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1, 1795 Abs. 2, 181
BGB an der Vertretung gehindert ist. Der Unterzeichnete hat den Beteiligten wegen § 1831
BGB die Einholung der Vorab-Genehmigung zur Genehmigungserklärung des Ergänzungsbetreuers
empfohlen. Da das Betreuungsgericht keine Veranlassung zu einer Vorab-Genehmigung
der Genehmigungserklärung des Ergänzungsbetreuers gesehen hat, hat der Ergänzungsbetreuer
bei einem anderen Notar die Genehmigung zu dem Kaufvertrag für den Betreuten erteilt und
seine Unterschrift dort beglaubigen lassen. Nachträglich beantragte er die Erteilung der
betreuungsgerichtlichen Genehmigung beim Betreuungsgericht. Das Betreuungsgericht wird die
gerichtliche Genehmigung aller Wahrscheinlichkeit nach erteilen. Die Genehmigungserklärung
des Ergänzungsbetreuers und die gerichtliche Genehmigung werden Ihnen übersandt werden.
Als eine Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzung wurde in dem Kaufvertrag Folgendes vereinbart:
„Die betreuungsgerichtlichen Genehmigungen zum heutigen
Kaufvertrag als auch zu etwa am heutigen Tage aufgrund
Belastungsvollmacht bestellten Finanzierungsgrundpfandrechten
sind jeweils ohne Auflagen oder Bedingungen erteilt und ein gerichtliches
Rechtskraftzeugnis liegt je hierzu vor (1), diese wurden
für die Beteiligten durch den Notar entgegengenommen und mitgeteilt
(2), und die Einsichtnahme in die Betreuungsakten hat keine
Anhaltspunkte dafür ergeben, dass zum Zeitpunkt gemäß (2)
und Eintragung der Eigentumsvormerkung die Betreuungen
nicht mehr bestanden oder jeweils eine entsprechende
betreuungsgerichtliche Mitteilung vorliegt (3). Ferner muss der
jeweilige Betreuer schriftlich bestätigt haben, dass zum Zeitpunkt
gemäß (2) der Betreute noch am Leben und er als Betreuer noch
eingesetzt war (4).“.

II. Fragen

1. Ist – unterstellt, dass die Genehmigungen dem den Kaufvertrag vollziehenden Notar zugegangen
sind – die vorgenannte Voraussetzung zur Kaufpreisfälligkeit gegeben?

2. Macht es bei der Frage zu 1. einen Unterschied, ob die Genehmigungen vom Betreuungsgericht
oder vom Betreuer an den den Kaufvertrag vollziehenden Notar übersandt werden?

3. Muss der Kaufpreis fällig gestellt werden ggf. unter Anfügung eines notariellen Hinweises,
dass der Kaufpreis aufgrund des § 1831 BGB ggf. auf einen unwirksamen Vertrag gezahlt
wird und dass der Notar die Wirksamkeit nicht prüfen kann oder ist ein Vorbescheid zu erlassen?

III. Zur Rechtslage

1. Der Betreuer war nach §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1795 Abs. 2, 181 Var. 2 BGB an der Vertretung
des Betreuten gehindert, weil der Betreuer zugleich Vertreter der am Vertragsschluss beteiligten
Kinder war. Demzufolge war ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen (§ 1899 Abs. 4
BGB; vgl. BeckOGK-BGB/Sonnenfeld, Std.: 1.5.2019, § 1795 Rn. 114). Der Ergänzungsbetreuer
kann als gesetzlicher Vertreter für den Betreuten handeln (§ 1902 BGB).

Da den am Vertragsschluss Beteiligten die Vertretungsmacht in Bezug auf den Betreuten
fehlte, würde der Vertrag nur mit der Erteilung der Genehmigung des Betreuers wirksam
(§§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB; vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 674; BeckOGKBGB/
Sonnenfeld, § 1795 Rn. 118; Staudinger/Schilken, BGB, 2014, § 177 Rn. 4). Des Weiteren
ist die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung (§§ 1908i Abs. 1 S. 1,
1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB) erforderlich. Die Genehmigung muss in Rechtskraft erwachsen.
Erst dann ist sie wirksam (§ 40 Abs. 2 S. 1 FamFG). Außerdem muss sie der Betreuer dem
anderen Vertragsteil mitteilen (§ 1829 Abs. 1 S. 2 BGB). Hierfür erteilt er dem Notar üblicherweise
eine Vollmacht. Der Notar ist wiederum vom anderen Vertragsteil zur Entgegennahme
der Mitteilung bevollmächtigt (sog. Doppelvollmacht).

2. Der Betreuer hat die Genehmigung offenbar erklärt, bevor die gerichtliche Genehmigung
vorlag. Die Genehmigung des Betreuers könnte daher nach §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1831 BGB
unwirksam sein. Nach § 1831 BGB ist ein einseitiges Geschäft des Betreuers ohne die Genehmigung
des Betreuungsgerichts unheilbar nichtig und nicht lediglich schwebend unwirksam.

Nach einhelliger Auffassung stellt die Genehmigung i. S. d. § 177 Abs. 1 BGB ein einseitiges
Rechtsgeschäft dar. Die Literatur geht davon aus, dass § 1831 BGB auf die Genehmigung
nach § 177 Abs. 1 BGB Anwendung findet (MünchKommBGB/Schubert, 8. Aufl.
2018, § 177 Rn. 41; Staudinger/Schilken, § 177 Rn. 16; Staudinger/Gursky, BGB, 2014, Vor
§§ 182-185 Rn. 41). Demzufolge würde die Genehmigung durch den Betreuer auch nicht
mit Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung nachträglich wirksam werden.

Vielmehr dürfte die Genehmigungserklärung des Betreuers unheilbar nichtig sein.

§ 1831 BGB ist allerdings nur einschlägig, wenn der Betreuer das Rechtsgeschäft ohne die
erforderliche Genehmigung vornimmt. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Ge-
nehmigung ist derjenige des Zugangs der Erklärung beim Adressaten (Staudinger/Veit,
BGB, 2014, § 1831 Rn. 9; MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs, 7. Aufl. 2017, § 1831 Rn. 5).
Ob der Betreuer die Möglichkeit hat, in der Erklärung zu bestimmen, dass die Genehmigung
erst mit dem Eingang der Genehmigung dem Adressaten gegenüber als zugegangen
gelten soll, ist umstritten (hiergegen Staudinger/Veit, § 1831 Rn. 9; hierfür
Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl. 2000, § 1831 Rn. 1).

Der sicherste Weg dürfte vorliegend darin bestehen, dass der Betreuer die Genehmigungserklärung
an den bevollmächtigten Notar erst versendet, sobald das Rechtskraftzeugnis
vorliegt. Dann läge kein Fall des § 1831 BGB vor.

Sollte der Betreuer die Erklärung bereits vor diesem Zeitpunkt an den Notar geschickt
haben, wäre die Genehmigungserklärung u. E. unwirksam. Es fragt sich, ob ein erneutes
Genehmigungsverfahren durchzuführen wäre oder ob der Betreuer nunmehr erneut die
Genehmigung auf der Grundlage des alten Genehmigungsbeschlusses erteilen könnte. Hier
ist u. E. in Rechnung zu stellen, dass die betreuungsgerichtliche Genehmigung vor Vornahme
der Genehmigungserklärung zu erteilen ist (§ 1831 BGB). Es spricht viel dafür, dass
man den bereits erteilten Genehmigungsbeschluss der ursprünglichen Genehmigung
zugleich als Vorabgenehmigung der späteren Neuvornahme der Genehmigung betrachten
kann. Denn die Genehmigung durch das Betreuungsgericht bezieht sich im Ergebnis
materiell auf ein Rechtsgeschäft mit bestimmtem Inhalt. Entscheidend ist also lediglich, ob
die Neuvornahme mit dem ursprünglichen Rechtsgeschäft weiterhin inhaltsgleich ist. Da die
erneute Genehmigung die ursprüngliche Genehmigung lediglich bestätigt, ist der Zeitpunkt
der Genehmigungserklärung der einzige Unterschied. Dieser könnte die Bedingung des Vertrages
lediglich dann ändern, wenn seit dem ursprünglichen Vertragsschluss ein längerer
Zeitraum verstrichen ist. In diesem Fall könnte sich der in der Zwischenzeit für das Grundstück
zu erzielende Preis geändert haben. Dies ist hier aber nicht erkennbar. Die erneute
Einholung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung dürfte daher als bloße Förmelei
erscheinen. Demzufolge dürfte es möglich sein, dass der Betreuer die Genehmigungserklärung
wiederholt, ohne dass eine neue betreuungsgerichtliche Genehmigung beantragt
wird. Wir weisen aber darauf hin, dass die Rechtslage insoweit nicht restlos geklärt ist.

3. Ob die Voraussetzungen für die Kaufpreisfälligkeit vorliegen, hängt zunächst von der Auslegung
des Kaufvertrags ab. Soweit die Frage die Auslegung des Vertrags betrifft, erlauben
wir uns den Hinweis, dass das DNotI zu Auslegungsfragen nicht abschließend Stellung
nehmen kann, da es hierzu auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, die uns regelmäßig
nicht bekannt sind.

Der Notar ist bei der Fälligkeitsmitteilung zur gewissenhaften Ausführung nach den Regeln
der Praxis verpflichtet und darf insbesondere nicht nach eigenem Ermessen über die Fälligkeit
entscheiden, wenn ihm die Beteiligten keinen Ermessensspielraum eingeräumt haben
(BGH DNotZ 1986, 406, 409; Albrecht, in: Reithmann/Albrecht/Basty, Handbuch der notariellen
Vertragsgestaltung, 7. Aufl. 1995, Rn. 544). Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des
Notars, den Inhalt des Vertrags auszulegen (BGH DNotZ 2016, 151 Tz. 15). Insbesondere
für Weisungen im Zusammenhang mit den Auszahlungsbedingungen beim Notaranderkonto
oder Treuhandauflagen bei der Löschung abzulösender Rechte ist anerkannt, dass der
Notar die Weisungen grds. strikt zu befolgen hat. Insbesondere darf der Notar nicht Umstände
außerhalb des Treuhandauftrags berücksichtigen, sondern muss sich streng an den
Wortlaut der Weisung halten (BGH NJW 2000, 1644; RNotZ 2003, 402, 403; Beschl. v.
20.1.2011 – V ZB 219/10, BeckRS 2011, 04095. Tz. 7; Beschl. v. 28.10.2010 – V ZB 70/10,
BeckRS 2010, 2918 Tz. 33; DNotZ 2015, 545 Tz. 17).

Nach dem Wortlaut der uns vorliegenden Anweisung dürfte es nicht ins Gewicht fallen,
dass die betreuungsgerichtliche Genehmigung von einem anderen Notar beantragt wurde.

Maßgeblich ist lediglich, dass die Genehmigung mit Rechtskraftzeugnis vorliegt. Es dürfte
auch keinen Unterschied machen, ob die Genehmigung dem Notar direkt vom Gericht
oder vom Betreuer übersandt wurde.

Allerdings ist die vorgenannte Einschränkung zu machen, dass die Genehmigung des Betreuers
nicht unwirksam sein darf. Fehlt es offensichtlich an einer von den Parteien vorausgesetzten
Wirksamkeitsvoraussetzung für den Kaufvertrag, erscheint es nach der Auslegung
der Regelung im Hinblick auf den Vertragszweck zweifelhaft, wenn der Kaufpreis fällig gestellt
werden könnte, obwohl der Kaufvertrag noch gar nicht wirksam ist. Wir würden in
diesem Fall von der Fälligstellung des Kaufpreises abraten und den Erlass eines Vorbescheids
empfehlen.

Die Frage dürfte sich jedoch nicht stellen, wenn der Betreuer die Genehmigung zusammen
mit der betreuungsgerichtlichen Genehmigung sowie dem Rechtskraftzeugnis an den Notar
übersendet oder die Genehmigung erneut (in unterschriftsbeglaubigter Form) erklärt, nachdem
die Genehmigung nebst dem Rechtskraftzeugnis dem Notar vorliegt.

Gutachten/Abruf-Nr:

170185

Erscheinungsdatum:

09.08.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)

Normen in Titel:

BGB § 1831; BGB § 1828