Einzahlung auf ein Sperrkonto, das erst mit der Eintragung der GmbH zur Verfügung des Geschäftsführers steht
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 164915
letzte Aktualisierung: 29. März 2019
GmbHG §§ 7 Abs. 3, 8 Abs. 2 S. 1
Einzahlung auf ein Sperrkonto, das erst mit der Eintragung der GmbH zur Verfügung
des Geschäftsführers steht
I. Sachverhalt
Es wurde die Gründung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit einem Stammkapital
von 1.000,00 € beurkundet und eine Handelsregisteranmeldung beglaubigt mit der Versicherung,
dass das Stammkapital in voller Höhe geleistet ist und endgültig zur freien Verfügung
der Geschäftsführung steht. Der Geschäftsführer überreicht dem Notar einen Kontoauszug der
Bank, der zwar die Gutschrift der Kapitaleinzahlung ausweist, aber den zusätzlichen Vermerk
enthält: „Verfügbarer Betrag (incl. Dispolinie): 0,00 €“. Auf Ihre Nachfrage ergibt sich, dass die
Bank nach ihren Kontobedingungen jedwede Verfügung über das Kontoguthaben erst nach
Eintragung der GmbH zulässt.
II. Frage
Befindet sich unter diesen Umständen der Gegenstand der Leistung in der „endgültigen freien
Verfügung der Geschäftsführer“ i. S. d.
Handelsregister eingereicht werden?
III. Zur Rechtslage
1. Der Geschäftsführer einer GmbH hat nach
Leistungen auf die Einlagen endgültig in der freien Verfügung der Gesellschaft befinden.
Dies gilt für Geld- und Sacheinlagen gleichermaßen (vgl. MünchKommGmbHG/Herrler, 3.
Aufl. 2018, § 7 Rn. 129). Eine freie Verfügung der Geschäftsführer über den Einlagegegenstand
setzt voraus, dass der Gesellschafter den Einlagegegenstand endgültig zugunsten der
GmbH aufgibt und die Geschäftsführer rechtlich und tatsächlich uneingeschränkt über die
Einlagemittel verfügen können (BGH
2. Die Problematik des vorliegenden Falls besteht darin, dass die Einlage zwar in das Vermögen
der Vor-GmbH gelangt ist, der Geschäftsführer aber erst mit der Eintragung der
GmbH auf das Vermögen zugreifen kann. Vor diesem Hintergrund könnte es an einer
Leistung zur freien Verfügung des Geschäftsführers fehlen.
nach seinem ausdrücklichen Wortlaut, dass die Einlagen bereits vor der Anmeldung der Gesellschaft
zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen, lässt also eine freie Verfügung
nach der Eintragung der Gesellschaft nicht ausreichen.
Gleichwohl geht das Schrifttum ganz überwiegend davon aus, dass auch eine Leistung der
Bareinlage auf ein Treuhandkonto für die freie Verfügung der Geschäftsführer ausreichend
ist, sofern eine unwiderrufliche Anweisung gewährleistet, dass der Geschäftsführer
ab dem Zeitpunkt der Eintragung den Geldbetrag abrufen kann (Bayer, in:
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 7 Rn. 26; MünchKommGmbHG/Herrler,
§ 7 Rn. 86; Schmidt-Leithoff, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl. 2017, § 7
Rn. 24; Lutter, in: FS Heinsius, 1991, S. 497, 517 ff.; Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 7 Rn.
7; Ulmer/Casper, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 7 Rn. 37; nur auf
den Treuhänder und ohne eine Beschränkung auf die Eintragung abstellend Scholz/Veil,
GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 7 Rn. 31; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl.
2017, § 7 Rn. 8; Tebben, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl.
2017, § 7 Rn. 30).
Nicht ausreichend ist demgegenüber nach allgemeiner Auffassung die Zahlung auf ein
Sperrkonto (Scholz/Veil, § 7 Rn. 40; BayObLG
Rn. 21). Diese Ansicht stützt sich maßgeblich auf eine ältere BGH-Entscheidung. Im Fall
des BGH zahlte der Gesellschafter den Einlagebetrag auf das Konto der GmbH ein und
erklärte gegenüber der Bank, das jeweilige Guthaben solle auch zur Sicherung von
Forderungen gegen ihn persönlich zur Verfügung stehen. Daraufhin sperrte die Bank das
Konto. Der BGH führte aus, dass die Kontosperre einen Übergang der Einlage in die freie
Verfügungsgewalt der GmbH verhindert habe (BGH, Urt. v. 2.4.1962 – II ZR 169/61,
keine maßgeblichen Rückschlüsse auf die vorliegende Problematik ziehen können. Denn im
vorliegenden Fall kann die GmbH auf die Einlage unter der aufschiebenden Bedingung der
Eintragung zugreifen. Damit ist die Kapitalaufbringung an sich gesichert.
Eine Parallelproblematik stellt sich im Hinblick auf die Frage, ob auf den Zeitpunkt der
Eintragung aufschiebend bedingte Leistungen als ordnungsgemäßes Bewirken der Einlage
anzusehen sind (vgl. einerseits MünchKommGmbHG/Herrler, § 7 Rn. 119 und
andererseits Tebben, § 7 Rn. 49 jeweils m. w. N.). In einer älteren Entscheidung hat der
BGH im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung eine aufschiebend bedingte Übertragung
für ausreichend befunden (BGH, Urt. v. 13.6.1958 – VIII ZR 202/57, BB 1958,
1035 =
der BGH in der Entscheidung jedoch nicht.
3. Entscheidend dürfte es jeweils darauf ankommen, ob der Mittelzufluss dem Normzweck
des
darstellt. Sollte der Normzweck der Vorschrift darin liegen, dem Geschäftsführer bereits
vor der Eintragung der GmbH, also im Stadium der Vor-GmbH, den Zugriff auf die Mittel
zu erlauben, wäre die Einzahlung auf ein erst mit der Eintragung der GmbH entsperrtes
Konto nicht ausreichend. Dass
Geschäftsführers im Gründungsstadium der Gesellschaft absichern soll, ist jedoch eher
fernliegend.
möchte sicherstellen, dass die Gesellschaft nicht ohne ein reales Gesellschaftsvermögen ins
Leben tritt. Außerdem soll eine Garantie für die Ernstlichkeit der Beteiligung der Gesellschafter
geschaffen werden (Scholz/Veil, § 7 Rn. 1). Es soll gewährleistet sein, dass die Einlagen
nicht anderweitig von den Geschäftsführern verwendet werden und das haftende
Vermögen nicht schon vor der Anmeldung der Gesellschaft beeinträchtigt wird (BTDrucks.
8/1437, S. 32). Erfolgt die Einzahlung auf ein Konto und ist gesichert, dass die
GmbH ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung über die Mittel verfügt, dürften unter
Gläubigerschutzgesichtspunkten keine Bedenken bestehen, in der Leistung auf das
Konto eine Leistung zur freien Verfügung der GmbH zu erblicken. Dass bereits die Vor-
GmbH auf das Konto zugreifen können muss, lässt sich nach dem Normzweck der Vorschrift
nicht unbedingt feststellen (Lutter, in: FS Heinsius, S. 497, 505). Man könnte zwar
die Auffassung vertreten, dass die Gesellschaft bereits vor ihrer Eintragung nach der
Anmeldung über die erforderlichen Mittel verfügen sollte. Auch in dieser Phase können sich
Fragen nach der Kapitalausstattung stellen, insbesondere dann, wenn die Gesellschafter die
Eintragungsabsicht der Gesellschaft aufgeben. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass für
das Stadium der Vor-GmbH besondere Schutzmechanismen entwickelt wurden (Vorbelastungshaftung),
um den Gläubigerschutz Rechnung zu tragen. Außerdem entsteht die
Vor-GmbH bereits dann, wenn der Gesellschaftsvertrag beurkundet wurde. Auf die Anmeldung
der GmbH und die Erbringung der Einlagen kommt es nicht an. Im Ergebnis
spricht daher viel für folgende Überlegung:
dass bereits im Zeitpunkt der Anmeldung ein effektiver Mittelzufluss gesichert ist
und dem auf der Grundlage der Anmeldung eingetragenen Rechtsträger zugutekommt. Dies
ist jedoch der Fall, wenn einzige Bedingung für den Zugriff der Geschäftsführer die Eintragung
der Gesellschaft ist. Es dürften daher die besseren Gründe für die Annahme
sprechen, dass eine Leistung der Einlage zur endgültigen freien Verfügung der Geschäftsführer
vorliegt.
4. Die Rechtslage ist gleichwohl unsicher. Insbesondere um das Risiko einer Strafbarkeit zu
vermeiden (vgl.
der Anmeldung offenlegen. Erfolgt eine solche Offenlegung, dürfte es an einer falschen
Angabe im Sinne von
Jahre DNotI, 2018, S. 467, 483 f.).
164915
Erscheinungsdatum:29.03.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:GmbH
Normen in Titel:GmbHG § 7 Abs. 3; GmbHG § 8 Abs. 2