29. November 2021
UmwG § 126 Abs. 2; UmwG § 155; UmwG § 152; HGB § 31 Abs. 2

Ausgliederung aus dem Vermögen des Einzelkaufmanns zur Aufnahme durch eine GmbH & Co. KG; Teilausgliederung; Herausnahme eines Vermögensgegenstands; Entwidmung; automatisches Erlöschen der Firma des Einzelkaufmanns; Anmeldung des Erlöschens

UmwG §§ 152, 155, 126 Abs. 2 S. 3; HGB § 31 Abs. 2 S. 1
Ausgliederung aus dem Vermögen des Einzelkaufmanns zur Aufnahme durch eine GmbH & Co. KG; Teilausgliederung; Herausnahme eines Vermögensgegenstands; Entwidmung; automatisches Erlöschen der Firma des Einzelkaufmanns; Anmeldung des Erlöschens

I. Sachverhalt
Ein Einzelkaufmann will sein Einzelunternehmen zur Aufnahme durch eine bestehende GmbH & Co. KG ausgliedern. Der Einzelkaufmann ist zugleich einziger Kommanditist der KG und einziger Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Im Zuge der Ausgliederung soll seine Kommanditeinlage aufgestockt werden.

Im Ausgliederungsvertrag wird eine Beteiligung an einer verbundenen GmbH vom auszugliedernden Vermögen ausgenommen. Dazu findet sich der Hinweis, dass eine zivilrechtliche Übertragung der Beteiligung für die Zuordnung zum steuerlichen Sondervermögen des Ausgliedernden nicht erforderlich sei, da im Übrigen Personenidentität zwischen dem Einzelkaufmann und dem GmbH-Gesellschafter bestehe.

II. Fragen
1. Wird das Erlöschen der Firma des Einzelkaufmanns im Handelsregister auch dann eingetragen, wenn durch die Ausgliederung nicht das gesamte Vermögen des Einzelkaufmanns auf die GmbH & Co. KG übertragen wird, sondern ein Vermögensgegenstand – unter Zuordnung zum Privatvermögen – beim Einzelkaufmann verbleibt?

2. Ist die beabsichtigte Ausgliederung als Gesamtheit gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG möglich, obwohl ein Vermögensgegenstand des Einzelkaufmanns von der Gesamtübertra­gung ausgenommen wird?

3. Lautet die Handelsregisteranmeldung trotz Herausnahme eines Vermögensgegenstands dennoch darauf, dass im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG das gesamte Vermögen der Einzelfirma als Gesamtheit auf die GmbH & Co. KG als übernehmenden Rechtsträger übertragen wurde?

4. Soweit nicht sämtliche Gegenstände des Einzelkaufmanns übertragen werden: Ist zusätzlich zur Schlussbilanz eine Ausgliederungsbilanz aufzustellen, um zu dokumentieren, welcher Vermögensgegenstand nicht mitübergehen soll, obwohl dieser Vermögensgegenstand im Ausgliederungsvertrag selbst konkret benannt wird?

III. Zur Rechtslage
1. Zulässigkeit der Gesamt- oder Teilausgliederung
Gem. § 152 S. 1 UmwG kann ein eingetragener Einzelkaufmann sein Unternehmen oder „Teile desselben“ zur Aufnahme dieses Unternehmens oder dieser Teile des Unternehmens durch eine Personenhandelsgesellschaft ausgliedern. Das Gesetz lässt es damit zugleich aus­drücklich zu, dass Teile des Unternehmens beim Einzelkaufmann verbleiben (Mayer, in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Std.: 3/2020, § 152 UmwG Rn. 61). Dabei ist der Einzelkaufmann weitgehend frei, welche Gegenstände seines Vermögens er in den Ausgliederungsvertrag oder Ausgliederungsplan aufnimmt und welche nicht (Mayer, § 152 UmwG Rn. 59; Böttcher, in: Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht, 2. Aufl. 2019, § 152 UmwG Rn. 25). Grundsätzlich kann er beliebig einzelne Aktiva und Passiva zurückbehalten (Lutter/Karollus/M. T. Schwab, UmwG, 6. Aufl. 2019, § 152 Rn. 37).

Bestimmen lässt sich der Ausgliederungsumfang sowohl durch positive wie durch negative Aufzählung, im zweiten Fall also durch eine Aufzählung der nicht erfassten Vermögensgegenstände (Böttcher, § 152 UmwG Rn. 25; Lutter/Karollus/M. T. Schwab, § 152 Rn. 37). Die Aufstellung einer Ausgliederungsbilanz (zu unterscheiden von der Schlussbilanz) ist nicht erforderlich, und sie allein genügt auch nicht, um die auszugliedernden Gegenstände bestimmbar zu machen (vgl. auch OLG Hamm BeckRS 2010, 8022; Gutachten DNotI-Report 2019, 75, 76; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, 7. Aufl. 2020, § 126 Rn. 20). Eine konkrete (negative) Angabe im Ausgliederungsvertrag wäre daher ausreichend und sogar vorzugswürdig.

2. Vorliegender Fall
Die Einordnung der geplanten Ausgliederung als Gesamtausgliederung (auch Totalausgliederung genannt) oder Teilausgliederung hat für das Schicksal der Firma des Einzelunternehmens Bedeutung. Gem. § 155 S. 1 UmwG bewirkt eine Gesamtausgliederung nach § 131 UmwG das Erlöschen der Firma des Einzelkaufmanns. Dieses Erlöschen ist gem. § 155 S. 2 UmwG von Amts wegen in das Register einzutragen.

Die Firma des Einzelkaufmanns erlischt nicht gem. § 155 UmwG, solange auch nur ein unbedeutender Teil des Unternehmens beim Einzelkaufmann verbleibt (Lutter/Karollus/M. T. Schwab, § 155 Rn. 2; Kallmeyer/Sickinger, § 155 Rn. 3; Mayer, Std.: 4/2021, § 155 UmwG Rn. 4). Zu unterscheiden ist davon jedoch die Frage, ob bei einer Teilübertragung noch ein Gewerbe im kaufmännischen Umfang (vgl. § 1 HGB) beim Einzelkaufmann zurückbleibt. Ist dies nicht der Fall, so muss der Einzelkaufmann das Erlöschen der Firma gem. § 31 Abs. 2 S. 1 HGB beim Handelsregister anmelden (Kallmeyer/Sickinger, § 155 Rn. 6; BeckOGK-UmwG/Leitzen, Std.: 1.10.2021, § 155 Rn. 12). Insoweit richten sich die firmenrechtlichen Konsequenzen also nach allgemeinem Handelsrecht.

Im Rahmen des § 155 UmwG kann der Beteiligte einzelne Vermögensgegenstände dem unternehmerischen Zweck entziehen, sie also entwidmen. Dies ändert nichtsan der Tatsache der Gesamtausgliederung (vgl. Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 9 Aufl. 2020, § 155 UmwG Rn. 2; BeckOGK-UmwG/Leitzen, § 155 Rn. 7). Umstritten ist jedoch, ob in der bloßen Nichtübertragung eine konkludente Entwidmung liegt, die zur Anwendung des § 155 UmwG führt (dafür: Lutter/Karollus/M. T. Schwab, § 155 Rn. 2; dagegen: KölnKommUmwG/Simon, 2009, § 155 Rn. 4; Mayer, § 155 UmwG Rn. 5; Seulen, in: Semler/Stengel/Leonard, UmwG, 5. Aufl. 2021, § 155 Rn. 4; wohl offen Kallmeyer/Sickinger, § 155 Rn. 3; Böttcher, § 155 UmwG Rn. 3).

Empfehlungen in der Literatur gehen dahin, je nach Interessenlage der Beteiligten entsprechende Umwidmungsakte ausdrücklich vorzunehmen oder zu unterlassen und so die Anwendung des § 155 UmwG herbeizuführen oder zu vermeiden (Kallmeyer/Sickinger, § 155 Rn. 4; ähnl. Mayer, § 155 UmwG Rn. 6). Will der Beteiligte im vorliegenden Fall das automatische Erlöschen nach § 155 UmwG „sicherstellen“, dann kann er die Beteiligung an der GmbH ausdrücklich umwidmen, also seinem Privatvermögen zuordnen. Die Anmeldung lautet in diesem Fall dennoch „auf Gesamtausgliederung“. Ist (ohne Umwidmung) lediglich von einer Teilausgliederung auszugehen, so kommt es für die Anmeldung des Erlöschens gem. § 31 Abs. 2 S. 1 HGB darauf an, ob das beim Einzelunternehmer verbleibende Unternehmen noch ein Handelsgewerbe ausmacht. Davon dürfte beim Zurückbehalten einzelner Geschäftsanteile grundsätzlich nicht auszugehen sein. Folglich müsste nach all­gemeinen Grundsätzen ebenfalls das Erlöschen eingetragen (aber eigenständig angemeldet) werden.

Gutachten/Abruf-Nr:

185297

Erscheinungsdatum:

29.11.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Umwandlungsrecht
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 180-181

Normen in Titel:

UmwG § 126 Abs. 2; UmwG § 155; UmwG § 152; HGB § 31 Abs. 2