Förderverein; Zweckänderung bei Erweiterung des Kreises der geförderten Einrichtungen; Abweichungen vom Einstimmigkeitserfordernis in der Satzung
BGB §§ 33, 40
Förderverein; Zweckänderung bei Erweiterung des Kreises der geförderten Einrichtungen; Abweichungen vom Einstimmigkeitserfordernis in der Satzung
I. Sachverhalt
Der satzungsmäßige Zweck eines eingetragenen Vereins mit Sitz in der Stadt X (der „Förderverein der Universität X“) ist die Unterstützung des Ausbaus der Universität X. In diesem Rahmen fördert der Verein Lehre, Forschung und Wissenschaft. Als Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks sieht die Satzung insbesondere die Bereitstellung von Mitteln für Forschung, Lehre, Studierendenförderung und die Unterstützung von Veranstaltungen und Maßnahmen der Universität X vor. Die Satzung sieht in § 7 Abs. 3 vor, dass Beschlüsse der Mitgliederversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen werden. Für Satzungsänderungen und für die Auflösung des Vereins ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen erforderlich. Die Satzung sieht zudem vor, dass das sämtliche Vereinsvermögen bei Auflösung des Vereins der Universität X zugutekommt.
Eine große Mehrheit, aber nicht sämtliche Mitglieder des Vereins, wollen künftig neben der Universität X in gleicher Weise die sich in derselben Stadt befindliche Hochschule X fördern und die Satzung dahingehend ergänzen. Die Zustimmung aller Mitglieder i. S. d.
II. Fragen
1. Welche Mehrheit ist für diese beabsichtigte Satzungsänderung erforderlich? Handelt es sich hierbei bereits um eine Zweckänderung oder kann die Änderung als bloße Ergänzung des bestehenden Zwecks o. Ä. aufgefasst werden?
2. Ergibt sich aus der Regelung in § 7 Abs. 3 der Satzung die Möglichkeit einer Änderung mit bloßer 2/3-Mehrheit, wenn die Änderung als Zweckänderung ausgelegt werden müsste?
III. Zur Rechtslage
1. Grundsätzliches zur Zweckänderung
Gemäß
Der Zweck i. S. d.
„der den Charakter des Vereins festlegende oberste Leitsatz der Vereinstätigkeit, also der satzungsmäßig (
(OLG Düsseldorf
Demgemäß kann eine Zweckänderung nur dann angenommen werden, wenn sich durch die Satzungsänderung der Charakter eines Vereins dergestalt ändert, dass kein Mitglied bei seinem Beitritt damit rechnen konnte (BayObLG
Keine Vereinszweckänderung sollen demnach Zweckergänzungen, Zweckbeschränkungen sowie die bloße Anpassung der Ziele an den Wandel der Zeit begründen, wenn die grundsätzliche Zweckrichtung des Vereins aufrechterhalten wird (OLG Düsseldorf
Maßgeblich für die Abgrenzung sollen Sicht und Int-eressenlage des einzelnen Mitglieds sein, da dieses zwar nicht vor jedweder Änderung in der Betätigung des Vereins, jedoch davor zu schützen sein soll, dass sich der „Charakter des Vereins” ändert (vgl. etwa OLG München
2. Vorliegender Sachverhalt
Die Lektüre der unter Ziff. 1 dargestellten abstrakten Leitlinien lässt bereits erahnen, dass es sich um eine Einzelfallfrage und vor allem um eine Wertentscheidung handelt, die verschiedene zur Rechtsfindung berufene Richter unterschiedlich beurteilen könnten. Die Abgrenzung zwischen bloßer Satzungsänderung und Änderung des Zweckes des Vereins ist im Einzelfall schwierig. Notz formuliert plakativ:
„Auch bei einer im Zweifel eng verstandenen Leitlinie (…) lässt sich für die Praxis nicht unbedingt belastbar absehen, ob die angestrebte Änderung den Zweck des Vereins iSd
(BeckOGK-BGB/Notz, Std.: 15.9.2018, § 33 Rn. 90; Herv. d. DNotI)
Wir können uns dieser Aussage nur anschließen. Zu der Frage der Zweckänderung findet sich in den Kommentaren eine sehr umfassende Kasuistik (vgl. BeckOGK-BGB/Notz, § 33 Rn. 90.1-90.40; BeckOK-BGB/Schöpflin, § 33 Rn. 7-10; MünchKommBGB/Leuschner, § 33 Rn. 13-15; Staudinger/Schwennicke, § 33 Rn. 47 f.).
Nach unserem Dafürhalten liegt unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe beim hier zu begutachtenden Sachverhalt keine Zweckänderung vor. Das Erfordernis der Änderung des Charakters eines Vereins (vgl. oben Ziff. 1) kann nicht angenommen werden, wenn lediglich neben der Universität auch die Hochschule gefördert werden soll. Der Verein fördert weiterhin in derselben, eng umgrenzten Region im Bereich der (Erwachsenen-)Bildung. Auch die Hochschule ist im Bereich der Erwachsenenbildung tätig, sodass sich an der Zielgruppe der Förderung nichts ändert. Eine Erweiterung auf eine (weitere) Hochschule – deren Existenz neben der Universität in derselben Stadt bei Vereinsgründung möglicherweise gar nicht absehbar war und damit (abhängig von den insofern nicht geschilderten Tatumständen) auch lediglich als Anpassung an die modernen Umstände der Strukturierung von Hochschulen angesehen werden könnte – am selben Ort wird man daher nicht als grundlegende Abänderung ansehen können, mit welcher schlechterdings kein Mitglied bei seinem Beitritt zum Verein rechnen konnte. Dies gilt umso mehr, als mit der Annahme einer Zweckänderung restriktiv zu verfahren ist. Es dürfte daher die Fallgruppe vorliegen, wonach der ursprüngliche und der ergänzte Zweck in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen und hierdurch der Zuschnitt des Vereins nicht grundlegend geändert wird (vgl. dazu Staudinger/Schwennicke, § 33 Rn. 44 m. N.). Allerdings wird man auch die personelle Zusammensetzung der Mitglieder des Vereins zu berücksichtigen haben. Eine grundlegende Änderung des Zuschnitts wird man umso eher annehmen müssen, je enger die Mitglieder mit der Universität X innerlich verbunden sind (Bsp.: Alumni-Verein). Nachdem dies hier nicht geschildert wird, tendieren wir zu der Auffassung, dass keine Zweckänderung vorliegt.
Angesichts der unbestimmten Kriterien und des Wertungselements bei der Abwägung ist allerdings auch ein anderes Ergebnis vertretbar; insbesondere wenn man betonen wollte, dass es sich bei der Hochschule X um eine völlig andere Einrichtung handele und der Zweck des Vereins nur auf die Förderung der Universität X – und damit nur einer einzigen Einrichtung – gerichtet sei. Faustformelartig lässt sich eventuell formulieren: Je mehr die Universität X als (ggf. auch historisch gewachsene) Institution im Vordergrund steht, desto mehr wird man wohl in Richtung einer Zweckänderung argumentieren können. Je mehr hingegen die objektive Fördertätigkeit im Vordergrund steht, desto eher wird eine bloße Satzungsänderung vorliegen.
3. Hilfsweise: unterstellte Zweckänderung
Unterstellt man dem Gebot des sichersten Weges folgend eine Zweckänderung, so ist zwar zu konstatieren, dass es sich bei
Allerdings entspricht es allgemeiner Ansicht, dass von
In § 7 Abs. 3 der Satzung wird jedoch nur „für Satzungsänderungen und für die Auflösung des Vereins“ eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen als ausreichend bzw. erforderlich angesehen. Dies enthält keine eindeutige Geltung für Zweckänderungen i. S. v.
4. Abschließende Zusammenfassung
Nach unserem Dafürhalten liegt in der Änderung der Vereinssatzung dergestalt, dass künftig neben der Universität X in gleicher Weise die sich in derselben Stadt befindliche Hochschule gefördert werden soll, keine Zweckänderung. Demgemäß würde die Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen für die avisierte Satzungsänderung ausreichen (
Indes ist die Frage, wann eine Zweckänderung vorliegt, einzelfall- und wertungsabhängig zu entscheiden. Die entsprechende Abwägungsentscheidung könnte seitens eines zur Entscheidung berufenen Gerichts auch anders getroffen bzw. gewichtet werden. Es zeigt sich die Rechtsunsicherheit, die mit derart schwammigen Abwägungsmaßstäben einhergeht.
Unterstellt man – dem Gebot des sichersten Weges folgend – das Vorliegen einer Zweckänderung, so würde § 7 Abs. 3 der Satzung nicht ausreichen, um vom Einstimmigkeitserfordernis abrücken zu können, da die Zweckänderung nicht eindeutig benannt wird.
200642
Erscheinungsdatum:17.01.2024
RechtsbezugNational
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 33; BGB § 40