BGB §§ 705, 707, 712a, 723; EGBGB Art. 229 § 21; GBO §§ 19, 22, 29, 35, 39, 40, 47
Keine Eintragungspflicht einer im Grundbuch eingetragenen GbR bei „Anwachsung“ des Gesellschaftsvermögens aufgrund Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters
I. Sachverhalt
Die Eheleute M und F sind in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer einer Immobilie im Grundbuch eingetragen. M ist im Jahre 2023 verstorben. Es existiert ein Erbschein, der F als Alleinerbin ausweist.
Sämtliche Vorgänge spielten sich vor Inkrafttreten der registerrechtlichen Gesetzesänderungen betreffend die GbR ab. Nunmehr, nach Inkrafttreten der Regelungen zum GbR-Register, möchte F den Grundbesitz auf ihre beiden Kinder übertragen.
II. Fragen
1. Muss die GbR zwischen M und F erst noch in das Gesellschaftsregister eingetragen werden, anschließend das Grundbuch in einem ersten Schritt „auf die eGbR“ richtiggestellt werden, bevor in einem zweiten Schritt F als Alleineigentümerin eingetragen werden kann?
2. Wie läge der Fall, wenn M erst im Jahre 2024, d. h. nach Inkrafttreten der Reform gestorben wäre und die GbR aufgelöst wurde, ohne dass vor dem Erbfall eine (Erst-)Eintragung erfolgt wäre?
III. Zur Rechtslage
1. Folgen des Todes des M für die GbR
Nach der bis zum 31.12.2023 geltenden Rechtslage (§ 727 Abs. 1 BGB a. F.) wandelte sich eine GbR vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag mit dem Tod eines Gesellschafters grundsätzlich in eine Abwicklungsgesellschaft um, sodass der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft Gesellschafter der Liquidationsgesellschaft und Inhaber des entsprechenden Anspruchs auf das Auseinandersetzungsguthaben wurde (Grüneberg/Weidlich, BGB, 83. Aufl. 2024, § 1922 Rn. 14; MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 727 Rn. 6). Wurde jedoch – wie vorliegend F – der letzte verbleibende Gesellschafter Alleinerbe des verstorbenen Gesellschafters, so trat hingegen liquidationslose Vollbeendigung ein (vgl. Grüneberg/Sprau, 82. Aufl. 2023, § 727 Rn. 3; OLG München, MittBayNot 2018, 138, 140).
Auch wenn der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthielt, nach der die GbR im Fall des Todes eines Gesellschafters – und in Ermangelung einer Nachfolgeklausel – allein mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt werden sollte, so führte der Tod und das damit verbundene Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters wegen des Verbots (bzw. der Nichtexistenz) einer Ein-Mann-Personengesellschaft zum mitunter (unpräzise) auch als „Anwachsung“ bezeichneten Übergang des Gesellschaftsvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter liquidationsloser Vollbeendigung der GbR (MünchKommBGB/Schäfer, § 736 Rn. 9). Im hier zu beurteilenden Fall gelangt man mithin sowohl mit als auch ohne Fortsetzungsklausel zu dem Ergebnis, dass die GbR liquidationslos vollbeendet und F im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Alleineigentümerin des Grundstücks geworden ist.
Seit dem 1.1.2024 sieht das Gesetz als Regelfall das Ausscheiden eines verstorbenen Gesellschafters (§ 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB) sowie für den Fall des Todes des vorletzten Gesellschafters das liquidationslose Erlöschen der Gesellschaft und den Übergang des Gesellschaftsvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter (§ 712a Abs. 1 BGB) vor. Was die Universalsukzession in Bezug auf das Gesellschaftsvermögen betrifft, ist § 712a Abs. 1 S. 2 BGB allerdings nur klarstellender Natur; bislang wurde diese Rechtsfolge z. T. – wenngleich zu Recht nicht unbestritten – auf das Anwachsungsprinzip gestützt, vgl. § 738 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. (vgl. BT-Drucks. 19/27635, S. 147; Wertenbruch, ZPG 2023, 1, 3; BeckOK-BGB/Schöne, Std.: 1.2.2024, BGB § 712a Rn. 2; MünchKommBGB/Schäfer, 9. Aufl. 2024, § 712a Rn. 1).
2. Kein Erfordernis einer Voreintragung der (nicht mehr existenten) GbR in das Gesellschaftsregister
Mit Blick auf das Erfordernis einer Voreintragung der GbR in das Gesellschaftsregister (Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB; s. hierzu auch DNotI-Report 2024, 89 ff.) wird einhellig vertreten, dass im Falle der Gesamtrechtsnachfolge wegen des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters aus der Gesellschaft selbst bei einem Ausscheiden ab dem 1.1.2024 eine teleologische Reduktion des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB vorzunehmen sei, da die Nichteintragung keine normativ unerwünschte Grundbuchlage perpetuiere (so Bolkart, MittBayNot 2021, 319, 328 f.; Krauß, notar 2023, 339; Luy/Sorg, DNotZ 2023, 657, 672; Kramer, FGPrax 2023, 193, 196; Kratzlmeier, ZfIR 2023, 197, 204; a. A. aber Schäfer/Hermanns, Das neue Personengesellschaftsrecht, 2022, § 2 Rn. 43; Aumann, notar 2022, 99, 104). Zur Begründung wird auch auf § 40 GBO analog zurückgegriffen und entsprechend Art. 229 § 21 Abs. 3 S. 2 EGBGB n. F. eine bloße Berichtigungsbewilligung der eingetragenen Gesellschafter verlangt (Wobst, ZPG 2023, 58, 61; Bolkart, MittBayNot 2021, 319, 328 f.).
Unseres Erachtens ist das Ergebnis der vorgenannten Auffassung für die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge nach § 712a BGB sogar zwingend, doch bedarf es hierfür weder einer teleologischen Reduktion von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB noch einer analogen Anwendung von § 40 GBO (s. a. Gutachten DNotI-Report 2024, 89, 92). Denn aufgrund des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters erlischt die Gesellschaft sofort, sie wird liquidationslos beendet (s. o.). Es kann keine GbR mehr in das Gesellschaftsregister eingetragen werden, da es diese gar nicht mehr gibt. Das Registergericht dürfte die Eintragung der – gar nicht mehr existenten – GbR nicht vornehmen (so auch Krauß, notar 2023, 339 Fn. 6). Für den Fall des Ausscheidens und damit der Gesamtrechtsnachfolge vor dem 1.1.2024 gilt dies gleichermaßen. Auch hier gibt es schlicht keine GbR mehr, welche in das Gesellschaftsregister eingetragen werden könnte.
Im Ergebnis bedarf es daher – wiederum unabhängig davon, ob M vor oder nach Inkrafttreten des MoPeG verstorben ist – keiner Voreintragung der GbR in das Gesellschaftsregister.
3. Grundbuchberichtigung
Grundbuchverfahrensrechtlich kann das Grundbuch entweder aufgrund Nachweises der Unrichtigkeit, § 22 GBO, oder aufgrund Berichtigungsbewilligung, § 19 GBO, auf F als Alleineigentümerin berichtigt werden.
Für eine Berichtigung durch Unrichtigkeitsnachweis mussten nach der wohl h. M. (vor Inkrafttreten des MoPeG) jedenfalls die Sterbeurkunde und der Gesellschaftsvertrag, aus dem sich ergibt, dass der Tod zum Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters führt, vorgelegt werden – letzterer aber nicht zwingend in der Form des § 29 GBO (vgl. etwa OLG München DNotI-Report 2020, 29; Bauer/Schaub/Schäfer, GBO, 5. Aufl. 2023, § 22 Rn. 212; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl. 2021, § 22, Rn. 137; Schaal, RNotZ 2008, 569, 580; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 4274 m. w. N.). Bei einem älteren Gesellschaftsvertrag sollte nach überwiegender Ansicht allerdings auch dessen Nichtänderung, also dessen Maßgeblichkeit im Zeitpunkt des Todes des Gesellschafters, nachzuweisen sein (vgl. Gutachten DNotI-Report 2001, 80). Die Erfolgsaussichten einer Berichtigung des Grundbuchs mittels Unrichtigkeitsnachweis waren daher ungewiss und hingen praktisch (wohl) von der „Qualität“ (Form und Alter) des Gesellschaftsvertrags ab.
Was die Berichtigungsbewilligung betrifft, wurde zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des MoPeG nach der wohl überwiegenden Meinung verlangt, dass auch in diesem Fall der Gesellschaftsvertrag der GbR, aus dem sich das Ausscheiden des Gesellschafters mit dessen Tod ergibt, vorzulegen war, da nur so die Prüfung des Ausscheidens (anstelle des gesetzlich vorgesehenen Entstehens einer Liquidationsgesellschaft mit den Erben) möglich sei (so etwa OLG München FGPrax 2020, 64). Nach der Gegenansicht (KG FGPrax 2020, 251; Schöner/Stöber, Rn. 4274) sollte hingegen nicht die Vorlage des Gesellschaftsvertrages, dafür aber die Bewilligung aller verbleibenden Gesellschafter und aller Erben der verstorbenen Gesellschafter notwendig sein, da sonst die Berichtigung aufgrund der Bewilligung letztlich den gleichen Anforderungen unterläge wie die Berichtigung aufgrund Nachweises der Unrichtigkeit.
Ob dies auch für den vorliegenden Fall der Berichtigung nach Inkrafttreten des MoPeG gilt, ist noch ungeklärt. Die wohl aktuell herrschende Ansicht möchte im Fall des Ausscheidens eines GbR-Gesellschafters mit der Folge der „Anwachsung“ an (gemeint ist: des Übergangs des Gesellschaftsvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf) den letzten verbleibenden Gesellschafter nach § 712a Abs. 1 S. 2 BGB aufgrund einer analogen Anwendung des Art. 229 § 21 Abs. 3 S. 2 EGBGB die Bewilligung der im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter (bzw. deren Erben) ausreichen lassen (Bolkart, MittBayNot 2021, 319, 328 f.; Wobst, ZPG 2023, 58, 61). Die Voraussetzungen für die analoge Anwendung von Art. 229 § 21 Abs. 3 S. 2 EGBGB liegen vor, denn der Gesetzgeber hat den Fall der Notwendigkeit der Grundbuchberichtigung bei Erlöschen der GbR infolge des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters nicht gesehen (planwidrige Regelungslücke) und hierfür keine (Übergangs)Regelung geschaffen. Zugleich ist die Interessenlage mit derjenigen Situation, für die Art. 229 § 21 Abs. 3 S. 2 EGBGB geschaffen wurde, vergleichbar, denn in beiden Fällen sollte die Grundbuchberichtigung nicht ohne Einverständnis (in Form der Bewilligung) der möglicherweise von der Neueintragung betroffenen Personen erfolgen. Da M als Gesellschafter vorliegend mit seinem Tod ausgeschieden ist und somit nicht mehr selbst bewilligen kann, müsste stattdessen F als Erbin die Bewilligung erklären. Die Erbenstellung ist dabei in der Form des § 35 Abs. 1 GBO nachzuweisen, was hier jedoch angesichts des bereits erteilten Erbscheins keine Schwierigkeiten bereiten wird.
Ob auch nach Inkrafttreten des MoPeG die Vorlage des Gesellschaftsvertrages erforderlich ist, lässt sich der Literatur nicht entnehmen. Dies dürfte aber u. E. dann notwendig sein, wenn der betreffende Gesellschafter noch vor dem 1.1.2024 verstorben und dadurch aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Denn unter der Geltung des § 727 Abs. 1 BGB a. F. war die Auflösung der GbR der gesetzliche Regelfall und die Fortsetzung unter Ausscheiden des Gesellschafters musste im Vertrag vereinbart werden (vgl. vorstehend Ziff. 1). Diese Vereinbarung war dem Grundbuchamt nachzuweisen (OLG München FGPrax 2020, 64; s. zum Fall des nur mündlichen Gesellschaftsvertrags OLG Rostock NJW-RR 2023, 996 f.).
Unter Geltung des § 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB n. F. ist der gesetzliche Regelfall jedoch das Ausscheiden und die Fortsetzung der Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern. Insoweit könnte argumentiert werden, dass das Grundbuchamt grundsätzlich auch vom Vorliegen des gesetzlichen Regelfalls auszugehen hat und die Beteiligten keinen Nachweis darüber zu erbringen brauchen, dass sie keine anderweitige Vereinbarung getroffen haben. Dies würde aber nur dann gelten, wenn M nach dem 1.1.2024 ausgeschieden (verstorben) ist.
Letztlich muss die Frage nach der Notwendigkeit der Vorlage des Gesellschaftsvertrags aber derzeit als offen betrachtet werden, da sich hierzu keine ausdrücklichen Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung finden lassen. Praktisch dürfte es u. E. jedoch empfehlenswert sein, den Gesellschaftsvertrag in Schriftform vorzulegen.
4. Entbehrlichkeit einer Voreintragung der F (§ 40 Abs. 1 GBO)
Sofern auf eine Voreintragung der F als Eigentümerin verzichtet und sogleich die Kinder als neue Eigentümer eingetragen werden sollen, steht dem der grundbuchverfahrensrechtliche Voreintragungsgrundsatz, § 39 Abs. 1 GBO, nicht entgegen. Gem. § 40 Abs. 1 GBO bedarf es einer Voreintragung unter anderem dann nicht, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll.
F ist freilich nicht „Erbin“ der GbR geworden. Allerdings ist § 40 Abs. 1 GBO nach allgemeiner Auffassung in anderen Fällen einer erbgangsgleichen Gesamtrechtsnachfolge entsprechend anzuwenden (s. hierzu Überblick bei BeckOK-GBO/Zeiser, Std.: 3.6.2024, § 40 Rn. 3-16). Ein solcher Fall einer erbgangsähnlichen Gesamtrechtsnachfolge liegt nach Auffassung des BGH insbesondere dann vor, wenn aus einer zweigliedrigen Personenhandelsgesellschaft ein Gesellschafter ausscheidet und es zu einer liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft und damit zu einer Gesamtrechtsnachfolge des anderen Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen kommt (DNotZ 2018, 914 Rn. 8-11). Dies dürfte sich zwanglos auf den Fall einer zweigliedrigen GbR und den Übergang des Gesellschaftsvermögens auf den letzten verbliebenen Gesellschafter nach § 712a Abs. 1 S. 2 BGB übertragen lassen.
In Anknüpfung an die unter Ziff. 3 dargestellten Erwägungen kann somit F sogleich das Grundstück an ihre Kinder auflassen und unter Vorlage des Erbscheins nach M und ggf. des Gesellschaftsvertrags die Eigentumsumschreibung bewilligen.
5. Abschließende Zusammenfassung
Es ist davon auszugehen, dass F infolge des Todes des M im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Alleineigentümerin des Grundstücks geworden ist. Ob der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthielt, ist hierfür i. E. unerheblich. Für eine Verfügung über das Grundstück, etwa die hier beabsichtigte Übertragung an die Kinder, bedarf es keiner Voreintragung der GbR in das Gesellschaftsregister, da die GbR nicht mehr existiert; Art. 229 § 21 EGBGB ist nicht anwendbar.
In grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht ist nicht abschließend geklärt, was zur Berichtigung des Grundbuchs auf F als Alleineigentümerin erforderlich ist. Empfehlenswert dürfte es daher sein, eine Berichtigungsbewilligung der F unter Vorlage des Erbscheins und ergänzend den Gesellschaftsvertrag (soweit vorhanden) vorzulegen. Dies gilt sinngemäß auch dann, wenn gem. § 40 Abs. 1 GBO auf eine Voreintragung der F verzichtet werden soll.