Deutsches Notarinstitut
DNotI
11520 7.3.2008
GUTACHTEN Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:
GBO § 32; GBV § 15; BGB § 1090 Grundbuchfähigkeit eines kommunalen Eigenbetriebs
I. Sachverhalt Eine Gemeinde führt ihre Fernwärmeversorgung als einen Eigenbetrieb. Im Grundbuch ist der Eigenbetrieb als Berechtigter einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und als Eigentümer eingetragen. II. Frage Kann der Eigenbetrieb selbst im Grundbuch eingetragen werden oder müsste die Eintragung nicht unter dem Namen der Gemeinde mit Bezeichnung des Sachbereichs des Eigenbetriebs erfolgen? III. Zur Rechtslage Die vorbezeichnete Fragestellung war, soweit ersichtlich, bislang weder Gegenstand einer Gerichtsentscheidung noch einer Äußerung in der Literatur geworden. Die Rechtslage ist daher noch nicht geklärt, weshalb die nachfolgenden Ausführungen nur mögliche Auslegungsüberlegungen bezüglich der einschlägigen Rechtsvorschriften darstellen, die im vorliegenden Rahmen eine Rolle spielen können. Es bleibt abzuwarten, wie die konkrete Frage von einem unabhängigen Gericht beantwortet wird. Wir bitten daher, die nachfolgenden Ausführungen unter diesen Einschränkungen zu sehen. 1. Eintragung von Körperschaften und nichtrechtsfähigen Vereinigungen Körperschaften (Bundes- und Landesfiskus, Gemeinde und Gemeindeverbände etc.) und Anstalten des öffentlichen Rechts werden im Grundbuch mit ihrem Namen und Sitz bezeichnet (vgl. § 15 lit. b GBV). Weil soweit ersichtlich zu der Frage, ob ein nichtrechtsfähiger Eigenbetrieb grundbuchfähig ist, bislang keine Rechtsprechung oder Stellungnahme in der Literatur existiert, stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise die (fehlende) Grundbuchfähigkeit anderer nichtrechtsfähiger Vereinigungen auf den kommunalen Eigenbetrieb übertragen werden kann.
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a) Erbengemeinschaft, GbR und WEG Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die Erbengemeinschaft weder rechtsnoch parteifähig; sie ist auch nicht grundbuchfähig (BGH v. 17.10.20067, NJW 2006, 3715 f.). Auch der GbR, die teilrechtsfähig ist (BGH v. 29.1.2001, NJW 2001, 1056 ff.) und infolge dessen selbst Eigentum an einem Grundstück erwerben kann (BGH v. 25.9.2006, DNotI-Report 2006, 187 = DNotZ 20907, 118 = NJW 2006, 3716 f.), wird insbes. von Seiten des BayObLG die Grundbuchfähigkeit aberkannt (BayObLG v. 31.10.2002, BayObLGZ 2002, 330 = DNotI-Report 2002, 180 = DNotZ 2003, 52 = NJW 2003, 70 ff.; OLG Celle DNotI-Report 2006, 90 = NJW 2006, 2194 = RNotZ 2006, 287; a. A.: OLG Stuttgart v. 09.01.2007 8 W 223/06 DNotI-Report 2007, 30 = DNotZ 2007, 383 = FGPrax 2007, 66). Begründet hat das BayObLG die fehlende Grundbuchfähigkeit u. a. damit, dass bei der GbR das Handelsregister im Gegensatz zur OHG keine Registerpublizität vermittelt und ein Nachweis der Vertretungsbefugnis nicht gem. § 32 HGB durch ein Zeugnis des Registergerichts geführt werden kann (mangelnde Feststellung der Identität, fehlender Firmenschutz). Anerkannt ist die Grundbuchfähigkeit dagegen bei der Wohnungseigentümergemeinschaft. Mit Beschl. v. 2.6.2005 hat der BGH nicht nur die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern im Rahmen dessen auch ihre Grundbuchfähigkeit anerkannt (BGH v. 2.6.2005, BGHZ 163, 154 = DNotZ 2005, 776 = NJW 2005, 2061 ff.; zur Grundbuchfähigkeit vgl. auch OLG Celle DNotI-Report 2008, 85; Gutachten DNotI-Report 2007, 169). Abgesehen von der körperschaftlichen Organisationsstruktur der Gemeinschaft mag für die Grundbuchfähigkeit dabei leitend gewesen sein, dass alle Mitglieder der Gemeinschaft im jeweiligen Wohnungseigentümergrundbuch eingetragen sind, Publizitätsdefizite im Gegensatz zur GbR somit nicht zu beklagen sind. b) Zweigniederlassung einer juristischen Person Was die Zweigniederlassung einer juristischen Person des Handelsrechts anbelangt, ist allgemein anerkannt, dass diese unter ihrer Firma und mit dem Ort der Zweigniederlassung als Berechtigte in das Grundbuch eingetragen werden kann (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 243 m. w. N; vgl. auch BayObLG v. 6.12.1972, BayObLGZ 1972, 373 = Rpfleger 1973, 56 f.). Die Zweigniederlassung ist zwar nicht rechtsfähig, aber mit ihrem Unternehmensteil selbständig. Leitend ist dabei die Erwägung, dass die Handelsgesellschaft mit ihrer Zweigniederlassung selbständig und unter deren Firma tätig wird (vgl. § 15 Abs. 4 HGB). Hieraus ziehen Schöner/Stöber folgende Schlussfolgerung: ,,Das ermöglicht für den Unternehmensteil der Zweigniederlassung auch Grundbucheintragung unter deren Firma, und dem Ort deren Niederlassung, zumal bei Verschiedenheit der Firma von Hauptniederlassung und Zweigniederlassung letztere die Firma der Hauptniederlassung zu enthalten und die Zweigniederlassungseigenschaft offenzulegen hat [...] Eintragung unter der Firma der Hauptniederlassung mit zusätzlicher Angabe der Firma der Zweigniederlassung (oder umgekehrt) halten wir nicht für zulässig, weil die Berechtigte so doppelt mit ihrem Namen ausgewiesen wäre."
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(Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 243). c) Nichtrechtsfähige Anstalt Ähnlich wie eine Handelsgesellschaft mit der Firma ihrer Zweigniederlassung eingetragen werden kann, ist flankierend dazu auch anerkannt, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit dem Namen einer nichtrechtsfähigen Anstalt im Grundbuch eintragungsfähig ist (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 243 m. w. N.; BayObLG v. 6.12.1972, BayObLGZ 1972, 373 = Rpfleger 1973, 56 f.). 2. Stellungnahme zur Grundbuchfähigkeit von Eigenbetrieben Vorstehendes vorausgeschickt, spricht u. E. viel dafür, dass eine Gemeinde auch mit dem Namen ihres Eigenbetriebes im Grundbuch registriert werden kann. a) Kein Publizitätsdefizit So ist insbesondere ein Publizitätsdefizit, welches zu Unklarheiten über Identität sowie Vertretung eines Eigenbetriebes führen könnte, im Gegensatz etwa zur GbR nicht zu beklagen. Denn seit dem Inkrafttreten des HRefG v. 1. Juli 1998 und der damit einhergegangenen Aufhebung des § 36 HGB a. F. sind nunmehr auch Unternehmen der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften, deren Eintragung in das Handelsregister mit Rücksicht auf den Gegenstand oder auf die Art und den Umfang ihres Gewerbebetriebs zu erfolgen hat, gem. §§ 29, 33 Abs. 1 S. 1 HGB zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (BayObLG v. 12.12.2001 3Z BR 174/01, BayObLGZ 2001, 357 = Rpfleger 2004, 316 juris-Datenbank, Tz. 45; vgl. OLG Frankfurt v. 20.12.2001, Rpfleger 2002, 270; Deike, NotBZ 1998, 175 ff.; Wehrstedt, MittRhNotK 1999, 289; Holland, ZNotP 1999, 466 ff.; Kohler-Gehrig, Rpfleger 2000, 45 ff.). aa) Erfasst werden über den Wortlaut des § 33 HGB hinaus nicht nur Unternehmen, die selbständige juristische Personen sind, sondern auch Unternehmen, die von öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften außerhalb der allgemeinen Verwaltung, jedoch ohne eigene Rechtspersönlichkeit betrieben werden, insbesondere die rechtlich unselbständigen wirtschaftlichen Eigenbetriebe der Gemeinden (BayObLG v. 12.12.2001 3Z BR 174/01, BayObLGZ 2001, 357 = Rpfleger 2004, 316). bb) Soweit die Vertretung des gem. § 33 HGB einzutragenden Unternehmens (Eigenbetriebs) betroffen ist, sind bei der Eintragung für den Regelfall die Mitglieder des Vorstandes anzugeben, ferner sind insbesondere Bestimmungen der Satzung über die Befugnis des Vorstandes zur Vertretung des Unternehmens einzutragen (§ 33 Abs. 2 S. 2 und 3 HGB, § 40 Nr. 3 und 5 Abs. 4 HRV). Das BayObLG hat dies in Bezug auf den Eigenbetrieb zu der Klarstellung veranlasst, dass insofern lediglich die Mitglieder der Werkleitung zur Eintragung anzumelden sind (BayObLGZ 2001, 357 = Rpfleger 2004, 316). cc) Zwar könnte man in diesem Zusammenhang insofern von einem Publizitätsdefizit ausgehen, als die Werkleitung materiell-rechtlich nicht umfassend vertretungsbefugt ist, somit also aus dem Handelsregister die ,,wahre" Vertretungslage nicht vollständig ersichtlich ist: Nach Art. 88 Abs. 3 BayGO führt nämlich die Werkleitung nur die laufenden Geschäfte des Eigenbetriebs und ist nur insoweit zur Vertretung befugt; im Übrigen gebührt grundsätzlich der Gemeinde weiterhin die Ver-
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tretung, die ihrerseits durch den ersten Bürgermeister handelt (Art. 38 Abs. 1 BayGO). Wie das BayObLG zum Ausdruck bringt, berechtigt dieser Umstand allein jedoch nicht, dem Eigenbetrieb eine nur ,,zweitklassige" Publizität zuzusprechen, da auch bei der Prokura oder bei dem AG-Vorstand die Vertretungsbefugnis als solche nicht aus dem Handelsregister ersichtlich ist (BayObLG v. 12.12.2001 3Z BR 174/01 = a. a. O. juris-Datenbank, Tz. 56). Abgesehen davon wäre auch ein klarstellender Vermerk in Spalte 5 des Handelsregisters möglich, durch den die ,,Vertretungsaufteilung" zwischen Werkleitung und erstem Bürgermeister offengelegt werden kann (BayObLG v. 12.12.2001 3Z BR 174/01 = a. a. O. jurisDatenbank, Tz. 57). b) Vergleichbarkeit zur Zweigniederlassung/nichtrechtsfähige Anstalt Zwar handelt es sich bei kommunalen Eigenbetrieben materiell um wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Art. 88 Abs. 1 BayGO). Die kommunalen Eigenbetriebe werden als Sondervermögen der Gemeinde nach kaufmännischen Gesichtspunkten geführt; sie unterstehen der Werksleitung und dem Werksausschuss der Gemeinde (Art. 88 Abs. 2 BayGO). Die Angelegenheiten der Eigenbetriebe werden durch Betriebssatzung geregelt, so dass für sie im Unterschied zum kommunalen Regiebetrieb ihre organisatorische Selbständigkeit prägend ist (Deike, NotBZ 1998, 175, 176). Gleichwohl erwerben Eigenbetriebe im Privatrechtsverkehr Rechte und begründen Pflichten ausschließlich für die Gemeinde, für die sie auftreten (vgl. BayObLG v. 6.12.1972, BayObLGZ 1972, 373 = Rpfleger 1973, 56, 57). Dies dürfte der Grundbuchfähigkeit aber wenn man dem BayObLG folgt nicht notwendig entgegenstehen. Das BayObLG führt in diesem Zusammenhang aus: ,,Eine juristische Person muss im Rechtsverkehr und auch im Grundbuch nicht notwendig mit einem einzigen Namen auftreten. Seit RGZ 62, 7 kann es als in Rspr. und Schrifttum unstreitig angesehen werden [...], daß unbeschadet der fehlenden Rechtsfähigkeit der Zweigniederlassung einer juristischern Person letztere auch unter dem besonderen Namen der Zweigniederlassung an deren Ort im Grundbuch eingetragen werden darf. [...] Was demnach für Zweigniederlassungen einer juristischen Person gilt, kann für eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die bezüglich einer nichtrechtsfähigen Anstalt mit einem besonderen Namen ausgestattet ist, nicht unzulässig sein." (BayObLG v. 6.12.1972, BayObLGZ 1972, 373 = Rpfleger 1973, 56, 57). Nach unserem Dafürhalten spricht viel dafür, die vorstehenden Ausführungen auf den Eigenbetrieb einer Kommune entsprechend zu übertragen. So dürfte bei einem Eigenbetrieb nicht weniger als bei einer Zweigniederlassung oder einer nichtrechtsfähigen Anstalt die Erwägung gerechtfertigt sein, dass ,,der verliehenen tatsächlich selbständigen Handlungsbefugnis durch die Registereintragung nicht behindert werden soll" (BayObLG v. 6.12.1972, BayObLGZ 1972, 373 = Rpfleger 1973, 56, 57).