12. November 2021
BGB § 656c; BGB § 656d

Analoge Anwendung von § 656d Abs. 1 S. 2 BGB auf eine vereinbarte Doppeltätigkeit des Maklers

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 184384
letzte Aktualisierung: 12. November 2021

BGB §§ 656c, 656d
Analoge Anwendung von § 656d Abs. 1 S. 2 BGB auf eine vereinbarte Doppeltätigkeit
des Maklers

I. Sachverhalt

Ein Verkäufer (Unternehmer) beauftragt einen Makler mit der Vermittlung eines Bauprojekts
und vereinbart mit diesem eine Provision, die zum Zeitpunkt X fällig wird. Der Makler schließt
mit potentiellen Käufern (Verbrauchern) ebenfalls Maklerverträge über Einheiten aus dem Bauprojekt,
deren Fälligkeit aber voraussichtlich vor dem Zeitpunkt der Provisionszahlung des Verkäufers
liegen werden.

II. Fragen

1. Ist die untrschiedliche Fälligkeit der Provision bei Doppeltätigkeit des Maklers zulässig?

2. Ist die Regelung zur Fälligkeit in § 656d BGB auch auf Fälle der Doppeltätigkeit eines Maklers
zu übertragen, um eine etwaige Umgehung der Vorschrift zu vermeiden?

III. Zur Rechtslage

1. Fälligkeit des Maklerlohns

Die Fälligkeit des Anspruchs des Maklers auf Lohn hängt grundsätzlich von der Parteivereinbarung
ab (vgl. dazu BeckOGK-BGB/Meier, Std.: 1.2.2021, § 652 Rn. 358 f.). Auch bei
der Tätigkeit für zwei Parteien handelt es sich generell um zwei selbstständige Maklerverträge,
weshalb die Fälligkeit im Grundsatz derart voneinander abweichen kann, dass
die Verpflichtung zur Leistung des einen Kunden vor der des anderen Kunden eintritt. Die
Doppeltätigkeit des Maklers ist im Gesetz nur rudimentär geregelt und wurde bislang ausschließlich
durch § 654 BGB angesprochen.

Seit der Reform des Maklerrechts 2020 beschäftigt sich zusätzlich § 656c BGB mit dieser
Frage. Mangels konkreter Angaben im Sachverhalt gehen wir davon aus, dass die Voraussetzungen
für die Anwendung der Norm, insbesondere das Erfordernis, dass sich der Kaufvertrag
auf ein Einfamilienhaus oder eine Wohnung richten soll (vgl. hierzu Meier, ZfIR
2020, 765, 767 f.), gegeben sind. Allerdings enthält § 656c BGB keine Regelung in Bezug
auf die Fälligkeit. Zwar bestimmt § 656c Abs. 1 S. 1 BGB, dass die Höhe der wechselseitig
vereinbarten Courtage für beide Seiten gleich sein muss, zu den Zahlungsmodalitäten sind
aber keine Vorgaben in § 656c BGB aufgenommen. Vor diesem Hintergrund lässt sich
jedenfalls dem Gesetz unmittelbar kein Verbot unterschiedlicher Fälligkeiten entnehmen.
2. Analoge Anwendung von § 656d Abs. 1 S. 2 BGB
Etwas anderes könnte sich aber aus § 656d Abs. 1 S. 2 BGB ergeben. Hiernach wird der
von dieser Norm in den Blick genommene Anspruch gegen die andere Partei erst dann
fällig, wenn die Partei, die den Maklervertrag geschlossen hat, ihrer Verpflichtung nachgekommen
ist. Die Norm ist allerdings auf den mitgeteilten Sachverhalt nicht anwendbar.

§ 656d BGB befasst sich mit der Situation, dass eine Seite einen Maklervertrag geschlossen
hat und ihre Verpflichtung ganz oder teilweise auf den Vertragspartner des Hauptvertrages
verlagern will. Im mitgeteilten Sachverhalt haben allerdings beide Parteien einen eigenständigen
Maklervertrag geschlossen.

Daher kann die Norm nur dann Bedeutung entfalten, wenn sie auf die mitgeteilte Konstellation
analog anzuwenden ist. Dies dürfte nach unserem Dafürhalten aber abzulehnen sein.
Eine analoge Anwendung ist möglich, wenn eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare
Wertungslage bestehen (Meier/Jocham, JuS 2016, 392, 396). Beides dürfte vorliegend
allerdings nicht gegeben sein.

Der Gesetzgeber hat die Normen der §§ 656c und 656d BGB gemeinsam eingeführt und
dabei offensichtlich eine gewollte Differenzierung in Bezug auf die Fälligkeitskriterien beibehalten.
Er hat die spezifischen Gefahren einer möglichen Umgehung durch unterschiedliche
Fälligkeitszeitpunkte explizit nur im Rahmen des § 656d BGB thematisiert (BT-Drs.
19/15827, S. 20). Hieraus lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber die Gefahren im
Rahmen des § 656c BGB nicht in gleicher Weise als bedeutsam angesehen und daher sich
dort bewusst gegen eine Regelung zur Fälligkeit entschieden hat. Daher dürfte schon die
planwidrige Regelungslücke nicht gegeben sein.

Jedenfalls fehlt es aber nach unserer Auffassung an einer vergleichbaren Wertungslage. Im
Rahmen des § 656d BGB geht es um Konstellationen, in denen die eine Hauptpartei (meist
der Veräußerer) im Kaufvertrag durchsetzt, dass die Gegenseite einen Teil der Provision zu
übernehmen hat. Der andere Partner des Hauptvertrages hat daher keinen Einfluss auf die
Regelungen im Maklervertrag, weil dieser allein zwischen ursprünglichem Vertragspartner
und Makler ausgehandelt wird. Im Rahmen des § 656c BGB ist dagegen ein Vertragsschluss
unmittelbar zwischen jeder der beiden späteren Parteien des Hauptvertrages und dem Makler
Voraussetzung. Infolgedessen kann der Maklerkunde selbst auf die Gestaltung des Vertrages
einwirken und somit auch die Voraussetzungen für die Fälligkeit der gegen ihn gerichteten
Forderung mitbestimmen. Lässt er sich auf einen früheren Fälligkeitszeitpunkt ein
oder trifft hierzu keine Regeln, so muss er sich später an dem von ihm selbst Vereinbarten
festhalten lassen. Der Kunde erscheint nicht in gleicher Weise schutzwürdig, wie wenn er
durch die Überwälzung an eine fremde Vertragsregelung gebunden wird. Vor diesem
Hintergrund betrifft § 656d Abs. 1 S. 2 BGB auch wertungsmäßig einem anderen Fall,
sodass eine analoge Anwendung deshalb gleichermaßen nicht in Betracht kommt. Zudem
passt auch die Rechtsfolge des § 656d Abs. 1 S. 2 BGB auf eine Konstellation, wie die mitgeteilte
nicht, weil die Norm die Vorleistungspflicht einer Seite gegenüber dem Makler
anordnet, wobei allerdings unklar wäre, welcher Teil des Hauptvertrages vorleistungspflichtig
sein soll, wenn beide Seiten einen eigenständigen Vertrag mit dem Makler
schließen.

Gutachten/Abruf-Nr:

184384

Erscheinungsdatum:

12.11.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Maklervertrag

Normen in Titel:

BGB § 656c; BGB § 656d