Einheits-GmbH & Co. KG; Vertretung der KG in der Gesellschafterversammlung der GmbH; Altgesellschaft ohne Regelung im KG-Vertrag
HGB §§ 170 Abs. 2, 161 Abs. 2, 124; GmbHG §§ 47, 53
Einheits-GmbH & Co. KG; Vertretung der KG in der Gesellschafterversammlung der GmbH; Altgesellschaft ohne Regelung im KG-Vertrag
I. Sachverhalt
Die X-Einheits-GmbH & Co. KG ist vor dem 1.1.2024 gegründet worden. An ihr ist neben der Komplementär-GmbH eine einzige Kommanditistin beteiligt. Weder der KG-Vertrag noch die GmbH-Satzung regeln die Vertretung in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH. Bisher wurde die KG stets von der Komplementärin vertreten. Nunmehr – nach Inkrafttreten des MoPeG – soll eine Sitzverlegung beurkundet werden.
II. Fragen
1. Wer handelt in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH? Handelt evtl. die Kommanditistin im eigenen Namen?
2. Ist aufgrund der bisherigen Handhabung von einer abweichenden Vereinbarung i. S. d.
III. Zur Rechtslage
1. Grundproblem: innergesellschaftliche Willensbildung in der Einheits-KG
Die Einheits-GmbH & Co. KG zeichnet sich durch eine wechselseitige Beteiligung aus: Neben die Beteiligung der Komplementär-GmbH an der KG tritt die Alleinbeteiligung der KG an der GmbH (vgl. allg. Blath, ZPG 2023, 133 f.; MünchKommHGB/Grunewald, 5. Aufl. 2022, § 161 Rn. 99). Diese Verknüpfung bringt Probleme bei der innergesellschaftlichen Willensbildung mit sich. Grundsätzlich nicht problematisch ist allerdings die Willensbildung auf Ebene der KG: Hier handeln zuvörderst die Kommanditisten, die Komplementärin regelmäßig nicht, da sie i. d. R. kapitalanteilslos beteiligt ist und sich zugleich das Stimmrecht in der KG-Versammlung nach der Kapitalquote richtet. Kompliziert stellen sich jedoch – bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze – die Verhältnisse in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH dar: Da einzige Gesellschafterin der GmbH die KG selbst ist, diese aber wiederum durch die Komplementär-GmbH und diese wiederum durch ihren Geschäftsführer vertreten wird, handelt im Ergebnis in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH die Komplementär-GmbH selbst.
2. Bisherige Rechtslage
Nach bisheriger Rechtslage blieb es dennoch im Prinzip bei dieser „In-sich-Vertretung“ (vgl. BGH
3. Rechtslage seit Inkrafttreten des MoPeG
a) Schaffung des
Mit dem MoPeG ist
b) Meinung der Literatur
Die vorhandene Literatur geht teilweise (wohl überwiegend) davon aus, dass die Kommanditisten in der Gesellschafterversammlung der GmbH – dispositiv – als organschaftliche Vertreter der KG handeln (Ebenroth/Boujong/Oepen, HGB, 5. Aufl. 2024, § 170 Rn. 20 f.: organschaftliche Vertretung formell im Außenverhältnis, aber materiell im Innenverhältnis der Außengesellschaft; Wertenbruch, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Std.: 4/2024, Teil I, § 58 Rn. 3937: partielle gesetzliche Vertretungsmacht; Henssler/Strohn/Gummert, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2024,
Demgegenüber steht die Ansicht, dass beim Handeln der Kommanditisten ein echter organisationsrechtlicher Durchgriff stattfindet, dass also jeder Kommanditist in der GmbH-Gesellschafterversammlung so abzustimmen berechtigt ist, als sei er (unmittelbar) an der GmbH beteiligt – dies schließt ein Handeln in Vertretung der KG im Ergebnis aus (dafür Scholz/K. Schmidt/Bochmann, Anh. § 45 Rn. 87 f.; Koch/Ceesay, Personengesellschaftsrecht, 2024,
Rechtsprechung zu
c) Exkurs: Art der Kommanditistenvertretung bei Annahme einer Vertretung
Des Weiteren nicht abschließend geklärt ist unter Zugrundelegung der Vertretungsprämisse, ob „Vertretung“ die Gesamtvertretung durch sämtliche Kommanditisten meint (Schäfer/Habersack, § 4 Rn. 9; Heckschen/Freier/Salomon, § 4 Rn. 152), die Einzelvertretung durch jeden Kommanditisten (Heckschen/Nolting,
4. Vorliegender Fall
Im vorliegenden Fall geht es um eine „Altgesellschaft“ aus der Zeit vor dem MoPeG, die keinerlei gesellschaftsvertragliche Regelung zur Vertretung in der Gesellschafterversammlung der GmbH enthält. Zunächst wird man festhalten können, dass bei fehlender gesellschaftsvertraglicher Regelung grundsätzlich ohne Weiteres die neue Bestimmung des
Gilt demnach für die KG der
Will man angesichts der noch ungeklärten Rechtslage auch der „organschaftlichen Lösung“ Rechnung tragen, so kann man den Kommanditisten zugleich (ggf. hilfsweise) im eigenen Namen handeln lassen. Ebenso spricht u. E. nichts dagegen, den Komplementärgeschäftsführer in der GmbH-Gesellschafterversammlung zusätzlich nach altem Muster handeln zu lassen. Mit Blick auf die Zukunft dürfte eine eindeutige Regelung im KG-Vertrag zu empfehlen sein, mag sie auch deklaratorisch sein.
208615
Erscheinungsdatum:27.12.2024
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Kommanditgesellschaft (KG)
GmbH
HGB § 170 Abs. 2; HGB § 124; GmbHG § 53; HGB § 161 Abs. 2; GmbHG § 47