Erbteilsverpfändung; Wirkung einer Erbauseinandersetzung
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Abruf-Nr.: 144313
letzte Aktualisierung: 17. Mai 2019
BGB §§ 2033, 1273, 1278, 1287
Erbteilsverpfändung; Wirkung einer Erbauseinandersetzung
I. Sachverhalt
Ein Grundstück stand im Eigentum einer Erbengemeinschaft. Einer der Miterben verpfändete
im Jahr 1994 seinen Miterbenanteil an ein örtliches Kreditinstitut. Im Grundbuch des vorbezeichneten
Grundstücks wurde ein Verpfändungsvermerk betreffend die Erbteilsverpfändung
eingetragen.
Der Miterbe, der seinen Erbteil verpfändet hatte, wurde im Rahmen einer Erbauseinandersetzung
als Alleineigentümer infolge einer Auflassung eingetragen. Der Verpfändungsvermerk
steht unverändert in Abt. II des Grundbuchs. Abt. III des Grundbuchs ist derzeit lastenfrei.
Nunmehr soll der jetzige Alleineigentümer an dem Grundstück eine Grundschuld bestellen.
II. Frage
Hat sich das Pfandrecht des Erbteilsverpfändungsgläubigers kraft Gesetzes am Grundstückseigentum
fortgesetzt oder hat der Verpfändungsgläubiger lediglich einen Anspruch
auf Bestellung eines Grundpfandrechts an diesem Grundstück?
III. Zur Rechtslage
1. Verpfändung eines Erbteils
Die nach
seiner Verfügungsbefugnis hinsichtlich der einzelnen zur Erbengemeinschaft gehörenden
Vermögensgegenstände beschränkt ist (
Abs. 2 BGB; vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 974; Soergel/Wolf,
BGB, 13. Aufl. 2002, § 2033 Rn. 19). Die Erbteilsverpfändung ist in das Grundbuch einzutragen
(Schöner/Stöber, a. a. O.; vgl. auch BGH
2. Erbauseinandersetzung
a) Ohne Zustimmung des Pfandgläubigers
Verfügungen über einen Nachlassgegenstand der Erbengemeinschaft sind nicht
absolut, sondern nur gegenüber dem betroffenen Pfandgläubiger des Erbteils gegenüber
relativ unwirksam, wenn dieser der Verfügung nicht zugestimmt hat (§ 135
Abs. 1 S. 1 BGB; vgl. BGH
KG HRR 1934 Nr. 1095; BeckOGK-BGB/Leinenweber, Std.: 1.10.2018, § 1274
Rn. 98; MünchKommBGB/Damrau, 7. Aufl. 2017, § 1274 Rn. 44;
Burandt/Rojahn/Flechtner, Erbrecht, 3. Aufl. 2019,
vorher oder nachträglich zu, wird sie auch ihm gegenüber wirksam (Stöber,
Forderungspfändung, 16. Aufl. 2013, Rn. 1679; zu Grundstücken ausdrücklich
BayObLG
die Verfügung über das Grundstück nur gegenüber demjenigen unwirksam ist, dessen
Schutz sie auch bezweckt (
1781; OLG Hamm
Formularbuch ErbR, 4. Aufl. 2019, J. VII. 5. Anm. 4).
Eine Erbauseinandersetzung ohne Mitwirkung des Pfändungsgläubigers ist somit
diesem gegenüber relativ unwirksam, weil damit sein Erbteilspfandrecht hinfällig würde
(vgl.
Staudinger/Löhnig, BGB, 2016, § 2033 Rn. 30).
Eine Grundbuchsperre besteht nicht. Vielmehr hat das Grundbuchamt die Veräußerung
in das Grundbuch einzutragen, auch wenn sie dem Pfändungsgläubiger
gegenüber unwirksam ist. Dies gilt zumindest dann, wenn – wie auch im vorliegenden
Fall – die Erbteilspfändung im Grundbuch eingetragen sei und damit die Gefahr eines
gutgläubigen Erwerbs nicht gegeben ist (BayObLG
MünchKommBGB/Damrau, § 1276 Rn. 50). Es besteht so wie im Fall der Auflassungsvormerkung
lediglich ein relatives Veräußerungsverbot. Demzufolge ist es auch
möglich, weitere Rechte an einem Nachlassgrundstück zu bestellen und in das Grundbuch
einzutragen (OLG Hamm
b) Mit Zustimmung des Pfändungsgläubigers
Nach
das Pfandrecht an Gegenständen, welche an die Stelle des Anteils treten. Im vorliegenden
Fall tritt an die Stelle des Erbteils das dem Miterben im Rahmen der Auseinandersetzung
zugewiesene Alleineigentum am Grundstück. Es handelt sich dabei um
eine Surrogation. Die h.M. und der BGH gehen davon aus, dass mit der Auseinandersetzung
der Erbengemeinschaft der Pfändungsgläubiger ein Pfandrecht an allen dem
Pfandschuldner bei der Auseinandersetzung zugewiesenen Gegenständen kraft Gesetzes
gem.
zustimmt und sie somit ihm gegenüber wirksam ist (BGH
Soergel/Wolf,
Leinenweber, § 1274 Rn. 111 f.; G. Müller/Braun, in: Becksches Formularbuch
ErbR, J. VII. 5. Anm. 4).
Ein Teil der Literatur und Rechtsprechung (Stöber, Rn. 1693;
BayObLG
Pfandrecht an den Gegenständen „gebührt“, die an die Stelle des Anteils treten, dass das
Pfandrecht nicht im Wege der Surrogation kraft Gesetzes entsteht, sondern dass nur ein
Anspruch auf Verschaffung des Pfandrechts besteht. Die Entscheidung des BGH sei nur
beschränkt auf die Erlösteilung in Natur bei einer Zwangsversteigerung ergangen (so:
Stöber, a. a. O.). Diese Auffassung kann u. E. nicht überzeugen. Es leuchtet nicht ein,
warum eine dingliche Surrogation nur in den Fällen der Zwangsversteigerung und Erlös-
teilung wirksam sein soll.
ohne dass insoweit eine Unterscheidung zwischen freihändiger Verwertung und
einem Zwangsverkauf ersichtlich wäre (für dingliche Surrogation bei Auseinandersetzung
auch Soergel/Wolf, § 2033 Rn. 19). Außerdem hat sich der BGH zu Recht auf das
Argument gestützt, dass eine untragbare Schwächung des Pfandrechtsrechts eintreten
würde, wenn dem Pfandgläubiger nur ein schuldrechtlicher Anspruch zustände (BGH
der einem Erben ein Gegenstand der Erbengemeinschaft zugewiesen wird.
Noch nicht abschließend geklärt ist, welche Folgen bei der dingliche Surrogation bei einer
Erbteilspfändung hinsichtlich von Grundbesitz eintreten. Hierzu gibt es kaum ausdrückliche
Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur. Stöber führt hierzu aus:
„Wirkt der Gläubiger bei der rechtsgeschäftlichen Aufhebung der
Erbengemeinschaft durch Auseinandersetzung zwischen den Miterben
mit, so erlangt er nach h. M. entsprechend dem Surrogationsgrundsatz
ohne Weiteres ein Pfandrecht an den Gegenständen
(eine Sicherungshypothek an den Grundstücken), die
aus der Nachlassmasse dem Schuldner zugeteilt werden.“
(Stöber, Forderungspfändung, Rn. 1692; zust. BeckOGKBGB/
Leinenweber, § 1274 Rn. 112; so wohl auch Soergel/Wolf,
§ 2033 Rn. 19).
Das halten wir für zutreffend. Bei Grundstücken muss eine Sicherungshypothek entstehen.
Ein Pfandrecht i. S. d.
Sachen oder an Rechten begründet werden. An Grundstücken entstehen nur
Grundpfandrechte, d. h. vorliegend eine Sicherungshypothek. Für das Entstehen einer
Sicherungshypothek spricht auch der Vergleich zur Pfändung des Eigentumsverschaffungsanspruchs.
Hier entsteht ebenfalls eine Sicherungshypothek (
vgl. nur MünchKommBGB/Damrau, § 1274 Rn. 33). So wie beim Eigentumsverschaffungsanspruch
ist der Pfändungsgläubiger durch eine Sicherungshypothek zu
schützen, wenn an die Stelle des Erbteils nach einer Erbauseinandersetzung ein Einzelgegenstand
tritt.
4. Konsequenzen für den vorliegenden Fall
Für den vorliegenden Fall ergeben sich aus den vorstehenden Ausführungen folgende Konsequenzen:
Hat der Gläubiger seine Zustimmung zur Auflassung und Erbauseinandersetzung erteilt,
hat sich das Pfandrecht am Grundstück als Surrogat fortgesetzt. In diesem Fall hätte
der Gläubiger wohl eine erstrangige Sicherungshypothek gem. §§ 1273 Abs. 2, 1258 Abs. 3
BGB erworben. Die nunmehr zu bestellende Grundschuld hätte den Rang hinter der
Sicherungshypothek.
Ob eine solche Zustimmung erteilt wurde, lässt sich dem mitgeteilten Sachverhalt und dem
Grundbucheintrag jedoch nicht entnehmen. Das Grundbuchamt hätte in einem solchen Fall
zwar eine Berichtigung von Amts wegen vornehmen und die Sicherungshypothek eintragen
können – dies allerdings nur, wenn die Zustimmung des Gläubigers in der Form des § 29
GBO vorgelegen hätte (vgl.
Für die Erteilung einer Zustimmung ist zumindest nach dem Grundbuchinhalt nichts
ersichtlich. Sollte die Zustimmung nicht erteilt worden sein, wäre der Eigentumserwerb
gegenüber dem Pfändungsgläubiger relativ unwirksam. Fraglich ist, ob sich etwas anderes
daraus ergibt, dass der Schuldner das Alleineigentum am Gegenstand erwarb, es also nicht
zu einer Entziehung kam. Dennoch verweist die Literatur zu Recht darauf, dass eine dingliche
Surrogation nur eintreten kann, wenn der Gläubiger seine Zustimmung zur Auseinandersetzung
erteilt hat (Staudinger/Löhnig, § 2033 Rn. 30). Eine Surrogation im Verhältnis
zum Pfandgläubiger kommt nur in Betracht, wenn die Auseinandersetzung wirksam
ist. Entscheidend ist, dass die formelle Rechtsposition des Gläubigers beeinträchtigt wird,
wenn ein Gegenstand der Gesamthandsgemeinschaft dem Pfandrecht entzogen wird. Die
Verwertung des Erbteils könnte erschwert sein, wenn einzelne Vermögensgegenstände
nicht mehr zum Vermögen der Erbengemeinschaft gehören. Auch wenn ein Gegenstand zu
Alleineigentum des Schuldners übertragen, ändert dies nichts daran, dass diese Übertragung
dem Pfandgläubiger gegenüber relativ unwirksam ist. Auch eine Sicherungshypothek am
Grundstück durch eine dingliche Surrogation kommt nicht in Betracht.
Wird nunmehr ein nachrangiges Grundpfandrecht bestellt, besteht die Gefahr, dass der Erwerb
des Grundpfandrechts ebenfalls gegenüber dem Pfandgläubiger des Erbteils unwirksam
ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass das Grundpfandrecht nicht bestandsfest ist.
144313
Erscheinungsdatum:17.05.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Erbteilsveräußerung
Normen in Titel:BGB § 2033; BGB § 1273; BGB § 1278; BGB § 1287