31. Dezember 2000
GBO § 23

Löschungsklausel bei Rückauflassungsvormerkung

Löschungsklausel bei Rückauflassungsvormerkung - GBO § 23

I. Sachverhalt

Im Rahmen eines Übergabevertrages zur Regelung der vorweggenommenen Erbfolge ist den Übergebern ein Rückforderungsrecht eingeräumt worden. Dieses wird gesichert durch eine Rückauflassungsvormerkung. Im Übergabevertrag ist dabei vereinbart:

"Das Rückforderungsrecht erlischt mit dem Tode beider Übergeber. Es ist durch eine Vormerkung im Grundbuch zu sichern, deren Eintragung im Grundbuch hiermit bewilligt und beantragt wird. Die Vormerkung ist löschbar gegen Todesnachweis für beide Übergeber".

Das Grundbuchamt verweigert die Eintragung dieser Löschungserleichterungsklausel.

II. Frage

Ist die genannte Löschungserleichterungsklausel nach § 23 Abs. 2 GBO bei der Vormerkung eintragbar?

III. Rechtslage

1. Löschungserleichterung

Die Eintragung einer Löschungserleichterungsklausel beruht auf § 23 Abs. 2 GBO. Generell ist zur Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts nach § 19 GBO die Bewilligung durch den eingetragenen Berechtigten erforderlich. Hiervon macht § 22 Abs. 1 GBO eine Ausnahme, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist. Der Nachweis der Unrichtigkeit kann insbesondere bei Rechten, die ersichtlich auf Lebenszeit des Berechtigten befristet sind, durch die Beibringung einer Sterbeurkunde (als öffentliche Urkunde) geführt werden.

Von § 22 GBO macht wiederum § 23 Abs. 1 GBO eine Gegenausnahme. Selbst bei auf Lebenszeit beschränkten Rechten darf die Löschung, sofern Rückstände möglich sind, nur durch Bewilligung des Rechtsnachfolgers durchgeführt werden, wenn entweder die Löschung innerhalb eines Jahres nach dem Tod des Berechtigten oder nach Widerspruch des Rechtsnachfolgers durchgeführt werden soll. In diesem Fall reicht also der Unrichtigkeitsnachweis durch Beibringung einer Sterbeurkunde nicht aus, weil dem Rechtsnachfolger im Hinblick auf möglicherweise ausstehende Rückstände der Rang gewahrt werden soll.

Von dieser Gegenausnahme zu § 22 GBO macht wiederum § 23 Abs. 2 GBO eine Unterausnahme. Trotz desWiderspruchs des Rechtsnachfolgers bzw. vor Jahresfrist darf danach aufgrund bloßen Unrichtigkeitsnachweises, also aufgrund Beibringung der Sterbeurkunde, gelöscht werden, wenn das Recht mit einer Löschungserleichterungsklausel versehen wurde.

Aus diesem Regelungszusammenhang folgt, daß der gesamte Schutz des Rechtsnachfolgers, und damit die gesamte Regelung des § 23 Abs. 1 GBO samt Gegenausnahme in § 23 Abs. 2 GBO, ohnehin nur dann einschlägig ist, sofern nach dem Inhalt des dinglichen Rechts Leistungsrückstände bei Tod des Berechtigten möglich sind.

2. Beispiele

a) Als Beispiel für die Anwendung des § 23 Abs. 2 GBO mag die Reallast zur Absicherung einer Lebenszeitrente dienen. Die Rentenberechtigung ist ein auf Lebenszeit des Berechtigten befristetes Recht. Denkbar sind jedoch (vererbliche) Rückstände, wenn beispielsweise der Verpflichtete im Zeitraum vor dem Tod des Berechtigten die monatlich zu erbringenden Rentenleistungen nicht erbracht hat. Die im Grundbuch eingetragene Reallast soll dann den auf den Erben übergegangenen Nachzahlungsanspruch absichern.

b) Ein Beispiel gegen die Anwendung des § 23 Abs. 2 GBO, und zwar gegen eine Anwendung des § 23 GBO insgesamt, ist das Wohnungsrecht, wenn nach dem vertraglichen Inhalt jeder Übergang zu einer Geldrente ausgeschlossen ist (s. Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 11. Aufl. 1997, Rn. 1269). Ist das Wohnungsrecht als reine Duldungsverpflichtung des Eigentümers des belasteten Grundstücks ausgestaltet, erledigt sich das Wohnungsrecht mit Zeitablauf bzw. mit dem Tod des Berechtigten von selbst. Rückstände sind dann nicht denkbar. Dies führt verfahrenstechnisch dazu, daß die Löschung des Wohnungsrechts nach § 22 Abs. 1 GBO durch Beibringung der Sterbeurkunde als Unrichtigkeitsnachweis möglich ist und eine Anwendung des § 23 Abs. 1 GBO zugunsten des Rechtsnachfolgers von vornherein ausscheidet. Das Wohnungsrecht kann in diesem Fall nicht mit einer Löschungserleichterungsklausel versehen werden; dies aber nicht etwa deswegen, weil die Bewilligung des Rechtsnachfolgers in diesem Fall zwingend erforderlich wäre, sondern vielmehr, weil in jedem Fall das Wohnungsrecht ohne dessen Bewilligung aufgrund Unrichtigkeitsnachweis gelöscht werden kann.

3. Löschungserleichterung bei Rückauflassungsvormerkung

Die Rechtslage zur Unzulässigkeit einer Löschungserleichterung bei einer Rückauflassungsvormerkung ergibt sich aus den Beschlüssen des BGH vom 26.3.1992, DNotZ 1992, 569 und 21.9.1995, MittBayNot 1996, 26 = DNotZ 1996, 453 (mit ausführlicher Besprechung Wufka, MittBayNot 1996, 156).

Zur Erläuterung der Rechtslage sind dabei verschiedene Gestaltungen im Hinblick auf den Rückauflassungsanspruch und die Vormerkung als dingliche Absicherung dieses Anspruchs zu unterscheiden:
a) Ein Auflassungsanspruch ist kraft Gesetzes zunächst einmal ein vererblicher Anspruch. Die erste zu berücksichtigende Gestaltung (im Rahmen von Rückauflassungsvormerkungen ist sie weitgehend rein theoretischer Natur, s. aber unten) besteht also darin, daß der Rückauflassungsanspruch als vererblicher Anspruch ausgestaltet wird und die Vormerkung auch nach dem Tod des Berechtigten fortbesteht und nunmehr den auf den Erben übergegangenen Rückauflassungsanspruch sichert. In dieser Konstellation kommt eine Löschung der Vormerkung aufgrund Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO schon deswegen nicht in Betracht, weil durch den Tod des Berechtigten weder Anspruch noch Vormerkung erloschen sind.

b) Im Beschluß aus dem Jahre 1992 hatte sich der BGH mit der Konstellation zu befassen, daß der Anspruch vererblich gestellt war, die Vormerkung jedoch mit dem Tod des Berechtigten erlöschen sollte, und zwar unabhängig davon, ob ein Rückauflassungsfall überhaupt eingetreten war und in welchem Stadium sich der Vollzug der Rückauflassung befand, insbesondere unabhängig davon, ob etwa der Rückauflassungsanspruch rechtshängig war. Dies war jedenfalls die vom vorlegenden Gericht gefundene Auslegung des Übergabevertrags. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Auslegung zutraf. Jedenfalls war der BGH aus prozessualen Gründen (§§ 78 GBO i. V. m. 561 Abs. 2 ZPO) an diese Auslegung gebunden. Der BGH hält in dieser Konstellation eine Anwendung des § 23 Abs. 2 GBO für ausgeschlossen, weil er bereits die Anwendung des § 23 Abs. 1 GBO für ausgeschlossen hält. Wenn nämlich die Vormerkung - ohne Rücksicht auf den Vollzug des Rückauflassungsanspruchs - zwingend mit dem Tod des Berechtigten erlischt, sind Rückstände bezüglich des dinglichen Sicherungsmittels "Vormerkung" ohnehin ausgeschlossen. Es verbleibt damit bei der schlichten Anwendung des § 22 Abs. 1 GBO, so daß die Vormerkung als dingliches Sicherungsmittel in jedem Fall (also auch bei Widerspruch des Rechtsnachfolgers bzw. vor Jahresfrist) schlicht durch Vorlage der Sterbeurkunde gelöscht werden kann. Daß der Rückauflassungsanspruch möglicherweise fortbesteht (wenn nämlich der Rückauflassungsfall eingetreten ist), steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls erlöschen in diesem Fall die Vormerkung und die aus ihr folgenden Sicherungswirkungen. Wenn aber die Eintragung einer Löschungserleichterungsklausel überflüssig ist, weil es auch ohne sie bei der Anwendung des § 22 GBO verbleibt, ist ihre Eintragung als überflüssige Eintragung unzulässig.

c) Als dritte Gestaltung ist der Fall zu nennen, daß der Rückauflassungsanspruch ohne Rücksicht auf das Eintreten des vereinbarten Rückauflassungsfalls mit dem Tod des Berechtigten erlöschen soll. Auch in diesem Fall verbleibt es bei der Anwendung des § 22 GBO, so daß von vornherein § 23 Abs. 1, damit aber auch § 23 Abs. 2 GBO unanwendbar sind. Rückstände über den Tod des Berechtigten hinaus sind nämlich nicht denkbar, wenn jeder Anspruch (auch wenn er sich bereits im Vollzugsstadium befindet oder sogar rechtshängig geworden ist) mit dem Tod des Berechtigten erlöschen soll.

Aufgrund der gesetzlich-akzessorischen Verknüpfung von schuldrechtlichem Anspruch und Vormerkung (Palandt/Bassenge, BGB, 59. Aufl. 2000, § 886 BGB Rn. 4) führt das Erlöschen des Anspruchs zur Unrichtigkeit des Grund-buchs, weil auch die Vormerkung erlischt. Damit kann auch in dieser Konstellation immer aufgrund Vorlage der Sterbeurkunde die Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch gelöscht werden.

d) In der Lit. wird als weiterer Fall die Möglichkeit diskutiert, daß sowohl Anspruch wie Vormerkung auf den Tod des Berechtigten auflösend bedingt sind. Eine solche doppelte Bedingung halten wir für überflüssig, weil sich schon aufgrund der Akzessorietät der Vormerkung dasselbe Ergebnis erreichen läßt, wenn nur der Anspruch auflösend bedingt wird. Jedenfalls wäre aber in dieser Konstellation wie in vorgenannter Konstellation c) zu entscheiden.

e) Die im Rahmen von Übergabeverträgen praktisch häufigste Variante besteht nun darin, daß der Rückauflassungsanspruch zwar grundsätzlich auflösend bedingt wird auf den Tod des Berechtigten; dies soll jedoch dann nicht gelten, wenn der Berechtigte bereits zu Lebzeiten das Rückforderungsrecht geltend gemacht hat. In diesem Fall soll der Anspruch vielmehr vererblich sein.

Auch im Anschluß an die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1992 hatte für diesen Fall ein Teil der Rspr. und Lit. die Anwendung des § 23 Abs. 1 und damit auch des § 23 Abs. 2 GBO bejaht (etwa OLG Köln MittRhNotK 1994, 147). Für einen solchen Anspruch sollte also die Eintragung einer Löschungserleichterungsklausel zulässig sein. Dieser Rechtsauffassung hat der BGH mit seinem weiteren Beschluß aus dem Jahre 1995 eine Absage erteilt. Der BGH stützt sich dabei auf zwei Überlegungen: Zum einen handele es sich bei dem auf den Erben übergegangenen Rückauflassungsanspruch (also um den Anspruch, der nach Eintritt des Rückforderungsfalles entsteht) nicht um einen Rückstand eines erloschenen Rechts, sondern schlicht um ein vererbliches Recht mit der Folge, daß hier wie oben bei a) zu entscheiden sei. Zum anderen könne § 23 GBO in dieser Konstellation auch deswegen nicht angewandt werden, weil der "Rückstand" nicht Ausfluß des dinglichen Rechts Vormerkung sei (die Vormerkung ist kein dingliches Recht, sondern nur ein dingliches Sicherungsmittel), sondern eines schuldrechtlichen Anspruchs.

M. a. W.: Bei den Fällen b) - d) war die Löschungserleichterungsklausel unzulässig, weil zwar § 22, nicht aber § 23 GBO einschlägig war. In dieser Konstellation ist die Löschungerleichterungsklausel unzulässig, weil regelmäßig schon § 22 GBO unanwendbar ist. Als Ausweg schlägt die Lit. Vollmachtslösungen vor, wonach der Übergeber dem Übernehmer eine Vollmacht über den Tod hinaus zur Löschung der Rückauflassungsvormerkung erteilt (Einzelheiten bei Wufka, MittBayNot 1996, 156). Möglich ist auch eine Befristung der Vormerkung (also oben Fall b), nicht aber auf den Tod, sondern auf ca. 1 bis 2 Jahre nach den Tod (Hertel, in: Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis, Teil 2, Rn. 611). Der Erbe hätte dann zwei Jahre Zeit, den Vollzug der Rückauflassung durchzuführen. Ein Nachteil: Gelingt ihm dies nicht, z. B., weil ein Prozeß nicht rechtzeitig entschieden wird, erlischt die Vormerkung von selbst. Denkbar wäre umgekehrt auch eine Art Schubladenlöschungsbewilligung, die der Erwerber/Übernehmer erst ein/zwei Jahre nach dem Tod des Übergebers erhält. Dies entspricht in etwa einer aufschiebend befristeten Vollmacht.

Theoretisch wäre denkbar, dem Rückauflassungsanspruch noch weitere Bedingungen hinzuzufügen, um somit wieder in den Anwendungsbereich des § 22 GBO zu gelangen. Die praktische Schwierigkeit besteht jedoch darin, daß die Bedingung lauten müßte: "Nichteintritt des Rückforderungsfalles bis zum Tod des Berechtigten". Eine solche Bedingung bzw. deren Ausfall ist jedoch im Grundbuchverfahren nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen; sie ist daher aus praktischen Erwägungen untauglich.

Erscheinungsdatum:

31.12.2000

Rechtsbezug

National

Erschienen in:

DNotI-Report 2000, 29-31

Normen in Titel:

GBO § 23