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14292 6.9.2007
GUTACHTEN Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:
EGBGB Int. Gesellschaftsrecht Brasilien: Abtretung von Anteilen an einer Limitada
I. Sachverhalt Es geht um die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer brasilianischen Gesellschaft in der Rechtsform einer ,,Limitada" (GmbH). Ein zu 20 % am Kapital dieser Gesellschaft beteiligter Gesellschafter hat seine Anteile durch schriftlichen Vertrag abgetreten. Er hat zudem auch auf Stimmrechte verzichtet. II. Fragen 1. 2. Welches Recht ist auf die Abtretung anwendbar? Welche Wirksamtkeitsvoraussetzungen hat die Abtretung von Anteilen an einer brasilianischen GmbH (Limitada) nach brasilianischem Recht?
III. Zur Rechtslage 1. Auf die Abtretung anwendbares Recht a) Dingliche Abtretung Die Abtretung von nicht verbrieften Anteilen an einer Kapitalgesellschaft unterliegt dem für die betroffene Objektgesellschaft geltenden Gesellschaftsstatut. Soweit im vorliegenden Fall die Gesellschaft in Brasilien ihren Sitz hat, wäre insoweit also brasilianisches Recht anzuwenden. b) Schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft Von der Verfügung zu trennen ist das der Verfügung zugrunde liegende Kausalgeschäft. Das hierauf anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 27 ff. EGBGB. Vorrangig maßgeblich ist danach eine von den Vertragsbeteiligten ausdrücklich oder zumindest hinreichend klar erkennbare Rechtwahlvereinbarung, Art. 27 Abs. 1 EGBGB. Haben die Beteiligten in einem internationalen Vertrag eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung getroffen, so gilt gem. Art. 28 Abs. 1 EGBGB das Recht des Staates, mit dem der Vertrag am engsten verbunden ist. Regelmäßig ist dies das Recht des Staates, in dem die Beteiligten bzw. der Vertragsbeteiligte, der die charakteristische Leistung zu erbringen hat (im vorliegenden Fall also der Verkäufer, weil er die Geschäftsanteile
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abtreten muss), seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB). Insoweit wäre im vorliegenden Fall also der Sachverhalt noch einmal genauer zu ermitteln. 2. Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen nach brasilianischem Recht Die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer sociedade limitada nach brasilianischem Recht erfolgt unter Lebenden durch schriftlichen Vertrag gem. Art. 1057 des neuen brasilianischen Código Civil (NCC). Eine Abtretung an Mitgesellschafter ist dabei stets und ohne Einschränkung möglich (vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag). Die Abtretung an Dritte, also Personen, die noch nicht Gesellschafter sind, ist hingegen nur möglich, wenn hiergegen von den Mitgesellschaftern nicht mit 25 % des Gesellschaftskapitals Widerspruch erhoben wird. Die Abtretungsvereinbarung ist von den zustimmenden Gesellschaftern zu unterzeichnen und beim Handelsregister einzureichen. Sie wird erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam (siehe Curschmann/Jolowicz, in: Süß/Wachter, Handbuch des internationalen GmbH-Rechts, 1. Aufl. 2006, Länderbericht Brasilien Rn. 67; Figureido/Ferreira/ Weinzenmann, Das Notariat in Brasilien, Notarius International 2006, 86, 94). 3. Zur Wirksamkeit des Kausalgeschäfts Offenbar ist im brasilianischen Recht die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen nicht abstrakt. Voraussetzung für die wirksame Übertragung ist daher, dass zugleich auch ein wirksames Kausalgeschäft vorliegt. Insoweit wäre daher das zugrunde liegende Kausalgeschäft insbesondere darauf zu untersuchen, ob die erforderliche Form eingehalten worden ist. Dabei ergibt sich die Formwirksamkeit gem. Art. 11 Abs. 1 EGBGB dann, wenn entweder das auf den Schuldvertrag anwendbare Schuldvertragsstatut eingehalten worden ist (Geschäftsrecht, Art. 11 Abs. 1 Fall 1 EGBGB), ebenfalls aber auch dann, wenn das Ortsrecht, also das Recht des Staates, in dem der Vertrag abgeschlossen worden ist, eingehalten worden ist (Art. 11 Abs. 1 Fall 2 EGBGB). Sollte der Vertrag in Deutschland abgeschlossen worden sein und zugleich sich gem. Art. 27 ff. EGBGB das deutsche Recht als Vertragsstatut ergeben, wäre der Vertrags ausschließlich bei Einhaltung der sich aus dem deutschen Recht ergebenden Formerfordernisse wirksam. Dann wäre gem. § 15 Abs. 4 GmbHG die notarielle Beurkundung erforderlich (vgl. hierzu BGH DNotI-Report 2005, 25 = DNotZ 2005, 306 = DB 2004, 2631 = RIW 2005, 144; Merkt, Internationaler Unternehmenskauf, 2. Aufl. 2002, Rn. 406; einschränkend für ausländische Gesellschaftsformen eine neuere Auffassung, die Art. 11 Abs. 1 EGBGB um weitere Alternativen erweitern möchte: OLG München ZIP 1993, 508).