03. Juli 2020
MaBV § 3 Abs. 2; BGB § 650u; BGB § 650m Abs. 2

Notwendigkeit einer Vertragserfüllungssicherheit, wenn ein Bauträger insgesamt nur zwei Teilbeträge (erste Rate i. H. v. 96,5% des Erwerbspreises) anfordern möchte

BGB §§ 650u, 650m Abs. 2; MaBV § 3 Abs. 2
Notwendigkeit einer Vertragserfüllungssicherheit, wenn ein Bauträger insgesamt nur zwei Teilbeträge (erste Rate i. H. v. 96,5% des Erwerbspreises) anfordern möchte

I. Sachverhalt
Ein Bauträger veräußert neu errichtete Eigentumswohnungen. Der jeweilige Erwerber soll insgesamt nur zwei Teilbeträge zahlen, und zwar 96,5 % nach Bezugsfertigkeit (Zug-um-Zug gegen Besitzübergabe) sowie 3,5 % nach vollständiger Fertigstellung. Der Bauträger ist der Ansicht, dass in dieser Konstellation eine Sicherheit gem. § 650m Abs. 2 BGB nicht erforderlich sei.

II. Frage
Ist die Sicherheit gem. § 650m Abs. 2 BGB bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen?

III. Zur Rechtslage
1. Sinn und Zweck der Sicherheit gem. § 650m Abs. 2 BGB
Nach § 650m Abs. 2 BGB (vormals § 632a Abs. 3 BGB a. F.) muss ein Unternehmer (Bauträger) bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel in Höhe von fünf Prozent seines Vergütungsanspruchs stellen, wenn der Besteller (Erwerber) ein Verbraucher ist und der Vertrag die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat. Es handelt sich hierbei nicht um eine Gewährleistungs-, sondern um eine Vertragserfüllungssicherheit (woraus vor allem folgt, dass sie die fristgerechte und abnahmefähige Herstellung des versprochenen Werkes sichert, nicht aber Mängelansprüche nach Abnahme; vgl. etwa BeckOGK-BGB/Mundt, Std.: 1.4.2020, § 650 Rn. 44 f. sowie inbsesondere [zur Vertragserfüllungsbürgschaft] BeckOGK-BGB/Madaus, Std.: 1.6.2020, § 765 Rn. 321 ff.). Zum Sicherungszweck führt der Gesetzgeber in der Begründung zum Forderungssicherungsgesetz aus:

„Der Sicherungszweck der dem Besteller zu stellenden Sicherheit ist dahingehend konkretisiert, dass Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel zu leisten ist. Das setzt die Abnahmereife, somit ein vollständiges, von unwesentlichen Mängeln abgesehen mangelfreies Werk voraus. Die Sicherheit soll somit alle Ansprüche abdecken, die darauf beruhen, dass die Unternehmerleistung hinter der vertraglich vorausgesetzten Tauglichkeit oder Werthaltigkeit zurückbleibt. Erfasst sein sollen darüber hinaus aber auch die durch Überschreitung der Bauzeit entstehenden Ansprüche, da dem Verbraucher gerade bei Krisen von Bauunternehmern und Bauträgern Schäden häufig dadurch entstehen, dass das Bauwerk nicht rechtzeitig bezogen werden kann. Die Bürgschaft als Vertragserfüllungsbürgschaft sichert die bis zur Abnahme entstandenen Ansprüche. Nach der Abnahme ist die Bürgschaft zurückzugeben, es sei denn, die bei Abnahme vorbehaltenen Mängel sind noch nicht beseitigt (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1998, 554).“

(BT-Drs. 16/511, S. 15; Hervorhebung durch DNotI)

Die Notwendigkeit der Stellung einer solchen Sicherheit besteht u. E. so lange, wie der Sicherungszweck noch nicht entfallen ist (s. auch zur Rückgabe der Sicherheit BeckOGK-BGB/Mundt, § 650m Rn. 49; Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl. 2018, § 650m Rn. 35). Die Antwort auf die Frage, ob und wie lange eine Sicherheit gem. § 650m Abs. 2 BGB zu stellen ist, kann hierbei nur aus jenem Anspruch hergeleitet werden, der besichert werden soll. Dies ist vorliegend der werkvertragliche Herstellungsanspruch des Erwerbers. Demgegenüber ist die Zusammenfassung von mehreren in § 3 Abs. 2 S. 2 MaBV genannten Bauabschnitten zu einer großen Abschlagszahlung nicht von Belang, da sie einen gänzlich anderen Anspruch, nämlich den Vergütungsanspruch des Bauträgers betrifft.

2. Würdigung des mitgeteilten Sachverhalts
Nach § 640 Abs. 1 S. 1 BGB besteht der werkvertragliche Herstellungsanspruch bis zur Abnahme des Werkes durch den Besteller fort (vgl. statt aller MünchKommBGB/Busche, 8. Aufl. 2020, § 640 Rn. 51). Nach unserem Dafürhalten gilt dies entsprechend für den zuvor beschriebenen Sicherungszweck, sodass die Sicherheit bis zur vollständigen Fertigstellung und vollumfänglichen Abnahme des Bauvorhabens aufrechtzuerhalten ist (s. auch Lenkeit, § 650 Rn. 28: Sicherheit betrifft Erfüllungsintersse, das i. d. R. mit der abnahmereifen Erbringung der geschuldeten Werkleistung endet). Hieran vermag auch eine in Bauträgerverträgen üblicherweise vereinbarte Teilabnahme des nach Bezugsfertigkeit erreichten Bautenstands nichts zu ändern, da das zu sichernde Erfüllungsinteresse des Erwerbers auch nach einer teilweisen Abnahme des Bauvorhabens noch nicht vollständig befriedigt ist. In tatsächlicher Hinsicht mag es zwar sein, dass nach einer erfolgten Teilabnahme keine „größeren“ Leistungsstörungen mehr zu erwarten sind. Das Gesetz sieht allerdings ein sukzessives Abschmelzen der Höhe der Sicherheit mit fortschreitendem Bauvorhaben und dessen Teilabnahme nicht vor. In dem Fehlen einer gesetzlichen Abschmelzungsregelung kommt zum Ausdruck, dass die Sicherheit gem. § 650m Abs. 2 BGB nicht an eine bestimmte Wahrscheinlichkeit der Schadensverwirklichung und -höhe anknüpft (vgl. Monreal, DNotZ 2015, 173, 184). Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Teilabahme zu einem Zeitpunkt stattfindet, zu dem der Erwerber die Bezugsfertigkeitsrate bereits gezahlt hat, denn der Ratenzahlungsplan gem. § 3 Abs. 2 S. 2 MaBV knüpft nicht an das rechtsgeschäftliche Ereignis der Abnahme, sondern an den tatsächlichen Bautenstand an (vgl. auch OLG München MittBayNot 2019, 137, das annimmt, der Bauträger dürfe die Besitzverschaffung nicht davon abhängig machen, dass der Erwerber die [Teil-]Abnahme erklärt; a.A. KG MittBayNot 2020, 240, wonach der Bauträger die Besitzübergabe von der Abnahme des Sondereigentums abhängig machen dürfe).

Basty (in: Der Bauträgervertrag, 9. Aufl. 2017, Rn. 456) weist mit Blick auf die Dauer der gem. § 650m Abs. 2 BGB zu gewährenden Sicherheit darauf hin, dass die in Bauträgerverträgen häufig anzutreffende Differenzierung zwischen bezugsfertiger und vollständiger Fertigstellung keine Rolle bezüglich des Erfüllungsinteresses des Erwerbers spiele und deshalb die Sicherheit bis zur vollständigen Fertigstellung zu gewähren sei (a. A. wohl Schiffner, in: Reithmann/Terbrack, Kauf vom Bauträger, 8. Aufl. 2018, Teil C Kap. VI Rn. 495 mit nicht überzeugendem Hinweis darauf, dass der Sicherungszweck bereits mit bezugsfertiger Fertigstellung entfalle, weil der Erwerber bei Mängeln hinsichtlich der Restarbeiten einen Einbehalt gem. §§ 320, 641 Abs. 3 BGB in Ansehung der letzten Abschlagszahlung [Fertigstellungsrate i. H. v. 3,5 %] geltend machen könne).

Nach unserem Dafürhalten entfällt die Notwendigkeit einer Sicherheit gem. § 650m Abs. 2 BGB nur dann, wenn eine Endfälligkeit des Erwerbspreises dergestalt vereinbart wird, dass der gesamte Vergütungsanspruch erst nach vollständiger Fertigstellung und Abnahme zu entrichten ist. Sofern die Beteiligten keine Endfälligkeit des Erwerbspreises gem. §§ 641 Abs. 1 S. 1, 650g Abs. 4 Nr. 1 BGB vereinbaren, handelt es sich um „Abschlagszahlungen“ i. S. v. § 650v BGB mit der Konsequenz, dass sowohl § 3 MaBV als auch § 650m Abs. 2 BGB zu berücksichtigen sind.

3. Ergebnis
Bei der Gestaltung eines Bauträgervertrages ist die Sicherheit gem. § 650m Abs. 2 BGB auch dann zu berücksichtigen, wenn die bis zur Bezugsfertigkeitsrate vorgesehenen Bauabschnitte gem. § 3 Abs. 2 S. 2 MaBV zu einer „großen“ Abschlagszahlung zusammengefasst werden. Die Sicherheit gem. § 650m Abs. 2 BGB dient dem Erfüllungsinteresse des Erwerbers und hat somit eine andere Schutzrichtung als der Ratenzahlungsplan des § 3 Abs. 2 MaBV, der gewährleisten soll, dass der jeweiligen Abschlagszahlung des Erwerbers eine adäquate Leistung des Bauträgers gegenübersteht (zum Ganzen sowie insbesondere auch zur unterschiedlichen Wirkungsweise der beiden Sicherungssysteme auch Monreal, DNotZ 2015, 173).

Gutachten/Abruf-Nr:

176431

Erscheinungsdatum:

03.07.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Bauträgervertrag und Werkvertrag

Erschienen in:

DNotI-Report 2020, 97-99

Normen in Titel:

MaBV § 3 Abs. 2; BGB § 650u; BGB § 650m Abs. 2