Form der Aufhebung eines Treuhandvertrags mit aufschiebend bedingter Abtretung eines Geschäftsanteils an Treugeber; Bestimmtheitsgrundsatzes nach Teilung bereits bedingt abgetretener Geschäftsanteile
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 178834
letzte Aktualisierung: 30. Oktober 2020
Form der Aufhebung eines Treuhandvertrags mit aufschiebend bedingter Abtretung
eines Geschäftsanteils an Treugeber; Bestimmtheitsgrundsatzes nach Teilung bereits
bedingt abgetretener Geschäftsanteile
I. Sachverhalt
In einer Treuhandvereinbarung über zwei GmbH-Geschäftsanteile hat der Treuhänder (und
alleiniger Gesellschafter) diese Geschäftsanteile aufschiebend bedingt auf die Beendigung des
Treuhandverhältnisses an den Treugeber abgetreten. Nach Begründung des Treuhandverhältnisses
und Beurkundung dieser aufschiebend bedingten Abtretung wurden die Geschäftsanteile
durch Gesellschafterbeschluss geteilt. Im Anschluss an diese Teilung hat der Treugeber „50
Prozent der treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile“ an den Treuhänder überlassen. In
Erfüllung dieser Überlassung wurde das Treuhandverhältnis hinsichtlich der überlassenen
Geschäftsanteile einvernehmlich aufgehoben und die vorgenannte aufschiebend bedingte Abtretung
an den Treuhänder hinsichtlich dieser Geschäftsanteile aufgehoben. Das verbliebene
Treuhandverhältnis wurde nunmehr durch Kündigung des Treugebers wirksam beendet, sodass
die aufschiebende Bedingung, unter der die vorgenannte Abtretung an den Treugeber vereinbart
wurde, eingetreten ist.
II. Fragen
1. Bedurfte die „Überlassung“ bzw. die Aufhebung des Treuhandvertrags der notariellen
Beurkundung?
2. Steht die zwischenzeitliche Teilung der abgetretenen Geschäftsanteile der Wirksamkeit der
Abtretung, insbesondere vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes, entgegen?
III. Zur Rechtslage
1. Beurkundungsbedürftigkeit der „Überlassung“
U. E. dürfte die „Überlassung“ einiger der treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile vom
Treugeber an den Treuhänder beurkundungsbedürftig gewesen sein. Die Formbedürftigkeit
eines Treuhandvertrags nach
in ihm regelmäßig eine Verpflichtung zur Anteilsabtretung oder schon eine Abtretung selbst
enthalten ist. Vorliegend waren die jeweiligen Treuhandverträge jedenfalls deswegen formbedürftig,
weil in ihnen zugleich die Geschäftsanteile an die Treugeber aufschiebend bedingt
rückabgetreten wurden.
Inwieweit auch die Aufhebung von Treuhandverträgen notariell beurkundungsbedürftig
sein kann, ist in Rechtsprechung und Literatur – soweit ersichtlich – bisher noch nicht behandelt
worden. Es entspricht aber allgemeiner Meinung, dass die Vereinbarung, durch welche
ein obligatorischer Vertrag auf Abtretung eines Geschäftsanteils aufgehoben wird, nicht
der notariellen Form bedarf (Löbbe, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl. 2019,
§ 15 Rn. 72 m. w. N.). Demgegenüber bedarf die Aufhebung eines dinglichen Vertrages
über die Abtretung eines Geschäftsanteils der notariellen Form des
(Löbbe, § 15 Rn. 133; Scholz/Seibt, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 15 Rn. 91). Denn die Aufhebung
einer Abtretung beinhaltet letztlich die Rückabtretung eines Geschäftsanteils. Die
Formpflichtigkeit der Rückabtretung des Geschäftsanteils wird etwa angenommen, wenn zu
Sicherungs- oder Treuhandzwecken übertragen war, da nach Erfüllung des Zwecks und
vereinbarter Aufhebung der Treuhänderstellung der Geschäftsanteil grundsätzlich nicht von
selbst an den Übertrager zurückfällt.
Vorliegend ist die Abtretung des Geschäftsanteils aufschiebend bedingt vereinbart worden;
die Bedingung läge in der Beendigung des Treuhandvertrags. Eine Aufhebung mit dem Ziel,
den Treuhänder jetzt auch zum wirtschaftlichen Eigentümer der Geschäftsanteile zu machen,
müsste also die Rückgängigmachung der aufschiebend bedingten Abtretung beinhalten.
Es stellt sich also die Frage, ob auch eine solche Aufhebung formpflichtig ist. Insofern
ist zu berücksichtigen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BGH im Fall der aufschiebend
bedingten Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils der aus der Bedingung begünstigte
Veräußerer einseitig durch formfreie, empfangsbedürftige Erklärung, die nicht
einmal einer Annahme bedürfe, auf die Bedingung verzichten kann (vgl. nur BGH DNotZ
1999, 420, 425;
diese Möglichkeit eines formfreien Verzichts auf die der Abtretung beigefügte Bedingung
anzuerkennen, weil darin keine der Form des
zu sehen sei und unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit der Nachweis eines Verzichts
in der Regel keine größeren Schwierigkeiten bereiten werde als der Nachweis des Eintritts
der Bedingung.
Der Verzicht auf die Bedingung führt letztlich dazu, dass die Abtretung nunmehr als unbedingt
zu begreifen ist, mit der Folge, dass die Abtretung mit dem Verzicht wirksam wird.
Dass umgekehrt formlos vereinbart werden könnte, dass eine Bedingung nicht mehr eintreten
kann, wird, soweit ersichtlich, nicht erörtert. Die Auffassung des BGH, nach der die
dingliche Wirkung der Abtretung ohne Weiteres herbeigeführt werden kann, legt u. E. aber
nahe, dass die Aufhebung der – wenn auch bedingten – Abtretung nicht formlos möglich
ist. Weil darin insoweit also eine die dingliche Verfügung über den Geschäftsanteil betreffende
Vertragsänderung zu sehen ist, greift u. E.
Gesellschafterliste hätte damals dennoch nicht erstellt und eingereicht werden müssen; denn
Voraussetzung ist schon dem Wortlaut des
Hieran fehlt es aber vorliegend, da der Treuhänder unverändert Gesellschafter ist, sich die
Aufhebung der Rückabtretung dagegen auf eine Veränderung bezieht, die erst in Zukunft
wirksam geworden wäre.
2. Abtretung nach Teilung; Bestimmtheitsgrundsatz
Sollte die Überführung auch des wirtschaftlichen Eigentums an einigen der nach Teilung
neu zerlegten Geschäftsanteile vom Treugeber auf den Treuhänder beurkundet worden sein
(wie es u. E. erforderlich gewesen wäre), würden wir davon ausgehen, dass in dieser Übertragungsurkunde
die „freigegebenen“ Geschäftsanteile konkret bezeichnet wurden (etwa:
„Die nach Teilung entstandenen Geschäftsanteile mit den Nummern 5-10…“). In diesem
Fall würden wir meinen, dass die aufschiebend bedingte Abtretung des vormaligen
(ungeteilten) Geschäftsanteils nicht allein dadurch beeinträchtigt wird, dass dieser
Geschäftsanteil nunmehr geteilt wurde. Die schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung
des Geschäftsanteils mit einem konkreten Nennbetrag kann u. E. ohne Weiteres so ausgelegt
werden, dass die an die Stelle des früheren Geschäftsanteils getretenen, durch Teilung
entstandenen Geschäftsanteile übertragen werden sollen. Ob dies dem sachenrechtlichen
Bestimmtheitsgrundsatz für die dingliche Verfügung, wie hier die Abtretung, gleichermaßen
genügt, erscheint jedoch nicht selbstverständlich. Der BGH hatte in der Vergangenheit
(
falschen Stückelung angegeben wurden, den Bestimmtheitsgrundsatz als erfüllt angesehen,
wenn nur ein eindeutiges Auslegungsergebnis möglich ist. Daher neigen wir dazu, auch hier
eine wirksame bedingte Abtretung einer Teilmenge der durch Teilung neu entstandenen
Geschäftsanteile anzunehmen, sofern diese hinreichend identifizierbar sind, was dann der
Fall wäre, wenn die „freigegebenen“ Geschäftsanteile, wie geschildert, ihrerseits hinreichend
bestimmt bezeichnet worden sein sollten.
Sollten dagegen die „freigegebenen“ Geschäftsanteile nicht hinreichend bestimmt bezeichnet
worden sein (etwa, weil die Vereinbarung ausschließlich dahin lautete „50 Prozent der
Geschäftsanteile“ abzutreten, ohne die Geschäftsanteile näher zu benennen), halten wir
zwar weiterhin für möglich, die schuldrechtliche Rückübertragungsverpflichtung
dahingehend auszulegen, dass sie sich auch auf jene Teilmenge der durch Teilung neu
entstandenen Geschäftsanteile beziehen soll, die nicht „freigegeben“ wurde; dinglich wäre
dann aber der Bestimmtheitsgrundsatz nicht gewahrt, weil für einen außenstehenden
Dritten nicht erkennbar wäre, welche konkreten Geschäftsanteile „freigegeben“ und welche
weiterhin treuhänderisch gehalten werden sollten. Die Verletzung des
Bestimmtheitsgrundsatzes hätte die Nichtigkeit des Abtretungsvertrages zur Folge (vgl.
BGH
Rn. 6). Wir weisen allerdings darauf hin, dass es im Schrifttum auch liberalere Stimmen gibt,
die eine Einschränkung des Bestimmtheitsgrundsatzes vertreten, wenn die für die Abtretung
in Frage kommenden Geschäftsanteile identisch sind (gleicher Inhaber und Nennwert,
gleiche Entstehung und gleiche Verfügungs- und Belastungshistorie, keine individuelle
Bezeichnung in der Gesellschafterliste), so etwa Seelinger (
„Der Veräußerer, der seinen GmbH-Geschäftsanteil von
25.000 € in zwei GmbH-Geschäftsanteile von jeweils 12.500 €
teilt, kann daher einen der beiden GmbH-Geschäftsanteile an
einen Erwerber abtreten und den anderen der beiden GmbHGeschäftsanteile
behalten (oder an einen anderen Erwerber abtreten),
ohne dass eine (in der Praxis übliche) nähere Bezeichnung
durch Ziffern oder Definitionen erforderlich ist.“
Dies halten wir jedenfalls dann für nicht überzeugend, wenn – wie hier nach erfolgter Teilung
von Geschäftsanteilen – aufgrund der hiermit verbundenen Veränderung i. S. d. § 40
Abs. 1 GmbHG ohnehin eine aktualisierte Gesellschafterliste hätte erstellt werden müssen,
aus der heraus sich konkrete Identifizierungsmerkmale der jeweiligen Geschäftsanteile ergeben.
Erwägenswert wäre ein solches liberales Verständnis nur in den aber ohnehin streitigen
Fällen der sog. „Teilung durch Veräußerung von Teilgeschäftsanteilen mit Zustimmung der
Gesellschafter“ (für die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens BGH
Rn. 25), wenn die „Teilung durch Veräußerung von Teilgeschäftsanteilen“ zur Entstehung
von zwei neuen Geschäftsanteilen mit identischem Nennbetrag führt, von denen nur einer
übertragen wird (in diesem Sinne für eine Liberalisierung des Bestimmtheitsgrundsatzes
auch Verse,
zur Entstehung von zwei neuen Geschäftsanteilen mit identischem Nennbetrag
führt, von denen nur einer übertragen wird [zB Abtretung eines Teilgeschäftsanteils
im Nennbetrag von 12.500 EUR aus dem bisher bestehenden Geschäftsanteil im Nennbetrag
von 25.000 EUR], stellt sich die Frage, ob es zur Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes
und damit für die Wirksamkeit der Veräußerung zwingend erforderlich ist, in
den Abtretungsvertrag zusätzliche Angaben zur Unterscheidbarkeit des übertragenen von
dem nicht übertragenen Geschäftsanteil aufzunehmen. Die Frage ist zu verneinen, da die
Unterscheidbarkeit der Geschäftsanteile gerade erst durch die Veräußerung hergestellt
wird.“). Für den zu begutachtenden Fall dürften diese Ansätze aber nicht fruchtbar gemacht
werden können.
178834
Erscheinungsdatum:30.10.2020
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:GmbH
Normen in Titel:GmbHG § 15