BGB § 168; GBO §§ 19, 35
Grundbuchberichtigung durch Eintragung der Erbfolge aufgrund Berichtigungsbewilligung des transmortal bevollmächtigten Alleinerben?
I. Sachverhalt
Der verstorbene Grundstückseigentümer hat eine postmortale Vorsorgevollmacht (notariell beurkundet, klassischer Inhalt) erteilt. Bevollmächtigt wurde die alleinige Erbin (einziges Kind, gesetzliche Erbfolge). Ein Erbschein wurde bisher nicht beantragt, was aus Kostengründen auch möglichst vermieden werden soll.
II. Fragen
1. Kann die Erbin aufgrund der Vorsorgevollmacht die erforderliche Grundbuchberichtigung vornehmen?
2. Wäre der Fall anders zu beurteilen, wenn die Bevollmächtigte nicht die alleinige Erbin wäre?
III. Zur Rechtslage
1. Grundsätzliche Überlegungen zum Einsatz einer trans- oder postmortalen Vollmacht
a) Der trans- oder postmortal Bevollmächtigte handelt aus vom Erblasser abgeleitetem Recht. Er kann dabei alle Rechtsgeschäfte so vornehmen, wie der Erblasser dies selbst hätte tun können (OLG Hamburg DNotZ 1967, 31; Zinger, in: Bengel/Reimann/Holtz/Röhl, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 8. Aufl. 2023, § 1 Rn. 62). Der transmortal Bevollmächtigte vertritt also zwar den oder die Erben (BGHZ 87, 19, 25; OLG München ZEV 2012, 376; OLG Frankfurt DNotZ 2012, 140), handelt aber – wie gesehen – aus vom Erblasser (Vollmachtgeber) abgeleitetem Recht.
b) Erteilt ein Erblasser eine post- oder transmortale Vollmacht, so tritt nach seinem Tod lediglich eine Änderung in der Person der Vertretenen ein (nämlich nunmehr der Erben), nicht aber hinsichtlich des Umfangs und Inhalts der Vollmacht. Daher erfasst die durch eine transmortale Vollmacht verliehene Vertretungsmacht anerkanntermaßen nur den Nachlass, dagegen nicht das sonstige Vermögen (Eigenvermögen) der Erben (s. Grüneberg/Weidlich, BGB, 83. Aufl. 2024, Vor § 2197 Rn. 10; MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl. 2021, § 168 Rn. 38; Staudinger/Dutta, BGB, 2021, Vor § 2197 Rn. 71; Zinger, § 1 Rn. 62; Gutachten DNotI-Report 2017, 156). Infolgedessen kann bspw. eine Erbauseinandersetzung (also der schuldrechtliche Vertrag) hinsichtlich des Nachlasses des Vollmachtgebers grundsätzlich nicht aufgrund einer transmortalen Vollmacht abgeschlossen werden, weil diese Erbauseinandersetzung ein Rechtsgeschäft der Miterben persönlich darstellt. Dieses betrifft die Erbteile als solche, also das Eigenvermögen der Miterben. Der Erblasser selbst hätte das Rechtsgeschäft nicht in gleicher Weise vornehmen können (s. bereits Gutachten DNotI-Report 2017, 156 f.).
Bereits diese allgemeinen Überlegungen deuten darauf hin, dass eine Grundbuchberichtigung durch Eintragung der Erbfolge aufgrund einer trans- oder postmortalen Vollmacht ausscheidet: Der Erblasser hätte eine derartige Grundbuchberichtigung selbst zu Lebzeiten nicht vollziehbar beantragen können.
2. Stellungnahmen zur Grundbuchberichtigung durch Eintragung der Erbfolge aufgrund einer trans- oder postmortalen Vollmacht
Rechtsprechung und Literatur hatten schon mehrfach Gelegenheit, sich konkret mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Grundbuchberichtigung durch Eintragung der Erbfolge aufgrund Berichtigungsbewilligung des transmortal bevollmächtigten Erben möglich ist. Diese Frage wurde dabei stets einhellig verneint und der Erbe auf die Führung des Erbnachweises in der Form des § 35 GBO verwiesen (aus der Rspr.: BayObLG Rpfleger 1994, 410, 412; OLG Stuttgart ZEV 2012, 430; LG Heidelberg NJW 1973, 1088; aus der Lit.: Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl. 2021, § 35 Rn. 29; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 3571 m. Fn. 1671; Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, § 35 Rn. 9).
Das BayObLG (Rpfleger 1994, 410, 412) urteilt knapp, die Berichtigung des Grundbuchs aufgrund Bewilligung sei im Fall der Erbfolge teilweise durch die Natur der Sache, im Übrigen (etwa bei Eintritt der Nacherbfolge zu Lebzeiten des Vorerben) durch die Sondervorschrift des § 35 Abs. 1 S. 1 GBO ausgeschlossen. Ausführlicher argumentiert das LG Heidelberg (NJW 1973, 1088): Aus seiner Sicht ermächtigt die vom Erblasser über den Tod hinaus erteilte Vollmacht den Antragsteller nicht, eine Bewilligung auf Eintragung der ungeteilten Erbengemeinschaft abzugeben. Der Bewilligung liege kein gewillkürtes Rechtsgeschäft zugrunde, eine Vertretung im Willen des Vollmachtgebers sei hierbei nicht möglich. Abgesehen davon hätte auch der Vollmachtgeber selbst zu Lebzeiten eine dahingehende Bewilligung nicht wirksam abgeben können, sodass der Bevollmächtigte hierzu ebenfalls nicht in der Lage sei, auch wenn der Erbfall nunmehr eingetreten sei. Darüber hinaus sei die Bewilligung zur Berichtigung des Grundbuchs auch aus anderen Gründen nicht ausreichend: Sei die bewilligte Eintragung inhaltlich zulässig, so könne eine Ablehnung durch das Grundbuchamt grundsätzlich nur erfolgen, wenn es wisse, dass mit der Eintragung das Grundbuch inhaltlich unrichtig würde. Eine Einschränkung gelte jedoch auch hier für den Fall, dass es sich um die Eintragung eines Rechts für Erben als solche handele. In diesem Fall sei das Grundbuchamt verpflichtet, den urkundlichen Nachweis des Erbrechts nach Maßgabe des § 35 GBO zu verlangen, da nach §§ 51, 52 GBO das Grundbuchamt bei Eintragung von Erben als solchen von Amts wegen für die Eintragung einer etwaigen Nacherbfolge und einer Testamentsvollstreckung Sorge zu tragen habe, sich also mit bloßen Erklärungen Beteiligter nicht begnügen dürfe. Ob derartige Eintragungen in Frage kämen, sei nur in der Form des § 35 GBO zu klären.
Wieder einen andersartigen Begründungsansatz für das identische Ergebnis vertritt das OLG Stuttgart (ZEV 2012, 430, 431): Im unterbreiteten Sachverhalt seien die Erben und damit die vom transmortal Bevollmächtigten Vertretenen unbekannt, solange die Erbfolge dem Grundbuchamt nicht urkundlich nachgewiesen werde. Zwar könnten sie infolgedessen nicht am Verfahren beteiligt werden und etwaige Einwendungen bezüglich des Fortbestands der Vollmacht oder eines Vollmachtsmissbrauchs erheben, die dann der Prüfungspflicht und der freien Beweiswürdigung des Grundbuchamts unterlägen. Dies könne aber dem transmortal Bevollmächtigten, der gerade den von ihm verlangten urkundlichen Nachweis der Erbfolge verweigere und damit das dem Notariat zustehende Prüfungsrecht hinsichtlich der Vertretungsmacht vereitele, nicht zum Vorteil gereichen und möglicherweise dazu führen, dass das Grundbuch durch die Eintragung der Eigentumsänderung unrichtig werden würde. Denn ein Berichtigungsantrag sei zurückzuweisen, wenn sich aus den mit der Berichtigungsbewilligung vorgelegten Urkunden oder aus anderen dem Grundbuchamt bekannten Umständen ergebe, dass das Grundbuch durch die der Bewilligung entsprechende Eintragung unrichtig werden würde.
Die oben angeführten Literaturfundstellen beschränken sich, soweit sie das einhellig vertretene Ergebnis nochmals begründen, auf ein zustimmendes Referat der vorliegenden Judikatur.
Gegen den vorstehend dargestellten Standpunkt der ganz h. M. ließe sich anführen, dass der Generalbevollmächtigte grundsätzlich unstreitig zur Abgabe von Berichtigungsbewilligungen für den verstorbenen Vollmachtgeber und damit nunmehr auch für die Erben berufen ist. Dies kommt beispielsweise bei der Ausgliederung aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns gem. § 152 UmwG im Betracht (dazu allg. Schöner/Stöber, Rn 995e f.). Im Allgemeinen genügt es zudem, wenn der Berichtigungsbewilligung eine schlüssige Darlegung der Unrichtigkeit des Grundbuchs angefügt wird (s. z. B. OLG Naumburg NotBZ 2015, 65; BayObLG DNotZ 1991, 598; Meikel/Böttcher, § 22 Rn 109 m. w. N.). Schlüssigkeit ist aber schon dann zu bejahen, wenn das tatsächliche Vorbringen als richtig unterstellt den Antrag rechtfertigt (Eickmann, Rpfleger 1981, 213, 217). Trotzdem halten wir das von der h. M. vertretene Ergebnis für angemessen: Die Wertung des § 35 GBO mit dem dort festgelegten Nachweistypenzwang sollte nicht durch Einsatz einer transmortalen Vollmacht umgangen werden können.
3. Erlöschen der Vollmacht wegen Konfusion nicht entscheidungserheblich
Der Fortbestand der vorliegenden Vorsorgevollmacht ist im unterbreiteten Sachverhalt ohnehin noch aus einem weiteren Grund problematisch: Nach der Sachverhaltsschilderung ist die Bevollmächtigte zugleich Alleinerbin des verstorbenen Vollmachtgebers geworden. Unter Berufung auf den Konfusionsgedanken ist das automatische Erlöschen einer an sich transmortal erteilten Vollmacht in der Rechtsprechung vor allem für die hier gegebene Fallgruppe vertreten worden, dass der Bevollmächtigte den Erblasser alleine beerbt (für ein Erlöschen in dieser Grundkonstellation: OLG Hamm RNotZ 2013, 382 = DNotI-Report 2013, 70). Seither ist zu diesem Problemkreis eine ausgedehnte Diskussion in Gang gekommen (Überblick zum Meinungsstand etwa bei MünchKommBGB/Leipold, 9. Aufl. 2022, § 1922 Rn. 103; BeckOGK-BGB/Huber, Std.: 1.11.2021, § 168 Rn. 62 ff.).
Im Anschluss an das OLG Hamm ist auch von anderen Gerichten ein Erlöschen der Vollmacht durch Konfusion befürwortet worden, wenn der Bevollmächtigte – wie hier – Alleinerbe des Vollmachtgebers geworden war (OLG München NJW 2016, 3381). Dagegen sollte nach einer ausdrücklichen Entscheidung des OLG Schleswig (ZEV 2015, 225) der grundbuchliche Vollzug eines Rechtsgeschäfts, das ein Bevollmächtigter aufgrund einer trans- oder postmortal wirkenden Vollmacht eines verstorbenen eingetragenen Berechtigten vornimmt, auch dann nicht von einem Erbnachweis nach § 35 GBO abhängig sein, wenn der Bevollmächtigte Miterbe ist.
Aus Sicht der Rechtsprechung sollte die Vollmacht unabhängig vom Konfusionsgedanken aufgrund der Wirkungen des § 172 BGB in jedem Fall verwertbar bleiben, solange der auftretende Bevollmächtigte nur mutmaßlich Alleinerbe des Vollmachtgebers geworden ist (OLG München NJW 2016, 3381). Schädlich soll es demgegenüber sein, wenn der Bevollmächtigte die Willenserklärung für den eingetragenen Eigentümer (= Vollmachtgeber und Erblasser) abgibt, jedoch gleichzeitig erklärt, Alleinerbe zu sein (OLG München NJW 2016, 3381; s. aus jüngerer Zeit noch weiter einschränkend KG DNotZ 2021, 703 m. Anm. Meier, OLG Bremen ErbR 2023, 948; OLG Nürnberg DNotI-Report 2024, 94 = ZEV 2024, 400).
Für den unterbreiteten Sachverhalt kann diese Streitfrage jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn nicht bereits der Konfusionsgedanke mit Ableben des Erblassers zum Erlöschen der zugunsten des Alleinerben erteilten Vollmacht führen würde, wäre diese Vollmacht jedenfalls für die hier erstrebte Grundbuchberichtigung durch Eintragung der Erbfolge aus den in Ziff. 2 genannten Gründen nicht verwendbar.
4. Ergebnis
Die Eintragung der Erbfolge aufgrund einer Berichtigungsbewilligung seitens der transmortal bevollmächtigten Erbin ist nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht möglich. Dies gilt unabhängig davon, ob die transmortal Bevollmächtigte Alleinerbin des Vollmachtgebers oder nur Miterbin ist.