15. September 2013

Hongkong: Gründung einer Ltd. & Co. KG mit einer Kapitalgesellschaft aus Hongkong

DNotI

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Deutsches Notarinstitut

G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s Abruf-Nr.: 126282 l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 1 7 . S e pt e m b e r 2 0 1 3

Internationales Gesellschaftsrecht Hongkong: Gründung einer Ltd. & Co. KG mit einer Kapitalgesellschaft aus Hongkong

I. Sachverhalt Es geht um die Gründung einer Kommanditgesellschaft. Eine in Hongkong registrierte E.T. Limited soll Komplementärin einer neu zu gründenden Kommanditgesellschaft werden. Drei deutsche natürliche Personen sollen als Kommanditisten beitreten. Das Stammkapital der Limited Company beträgt derzeit 450 Hongkong-Dollar (ca. 40 ). Es soll auf 10.000 Hongkong-Dollar erhöht werden. Geschäftsgegenstand der deutschen Kommanditgesellschaft soll der Import von und der Handel mit in China hergestellten Waren sein. II. Frage Kann eine in Hongkong registrierte Limited Company Komplementärin einer Limited & Co. KG werden? Bestehen ggf. besondere Haftungsrisiken? III. Zur Rechtslage 1. Zur Zulässigkeit der ausländischen GmbH & Co. KG Die Frage, ob statt einer GmbH nach deutschem Recht auch eine nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft Komplementärin einer deutschen KG werden kann, war früher umstritten. Bedenken gegen die ,,Ausländische Kapitalgesellschaft & Co. KG" ­ insbesondere der englischen Limited Company ­ werden allerdings nur noch selten erhoben (z. B. bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 56 VII 2; AG Oeynhausen, GmbHR 2005, 692 ­ aufgehoben durch LG Bielefeld, GmbHR 2006, 89). Kindler (MünchKommBGB/Kindler, 5. Aufl. 2010, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 576 f.) stellt seine Bedenken gegen die ,,Normenvermischung", die den Rechtsverkehr erschwere, nur für solche Gesellschaften zurück, die in einem EU-Mitgliedsstaat gegründet worden sind und daher nach dem AEUV niederlassungsberechtigt seien. Inzwischen ist vielmehr allgemein anerkannt, dass auch eine ausländische Kapitalgesellschaft sich als Komplementärin an einer Kommanditgesellschaft deutschen
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Rechts beteiligen kann (so bereits BayObLG NJW 1986, 3029 ­ Landshuter Druckhaus; OLG Saarbrücken, NJW 1990, 647; OLG Stuttgart, WM 1995, 928; OLG Frankfurt, NZG 2006, 830; OLG Dresden, NZG 2008, 265; Werner, GmbHR 2005, 288; Wachter, GmbHR 2006, 79). Nach alledem kann also von der grundsätzlichen Zulässigkeit ausgegangen werden. 2. Zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit Eine im Ausland errichtete Kapitalgesellschaft kann in Deutschland nur dann als rechtsfähige Gesellschaft und juristische Person anerkannt werden, wenn ihr nach dem für sie einschlägigen Personalstatut, also dem Gesellschaftsstatut, die Rechtsfähigkeit zuerkannt wird. Das Gesellschaftsstatut wiederum bestimmt sich aus deutscher Sicht nach der sog. Sitztheorie. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist danach der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft. Der statutarische (Satzungs-)Sitz der Gesellschaft ist für die Bestimmung des Gesellschaftsstatuts bedeutungslos. Nach der vom BGH rezipierten sog. Sandrock'schen Formel befindet sich der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung der Gesellschaft am ,,Tätigkeitsordnung der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also dem Ort, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden" (BGHZ 97, 269, 271 = NJW 1986, 2194). Zwar haben sich in der Zwischenzeit zahlreiche Ausnahmen für die Anknüpfung an die Sitztheorie ergeben. Dies gilt insbesondere für Gesellschaften aus einem EU-Mitgliedsstaat, aus einem EWRMitgliedsstaat und für Gesellschaften aus den USA. Dennoch hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Trabrennbahn (BGHZ 178, 192 = NJW 2009, 289) ausdrücklich festgestellt, dass für nicht privilegierte Gesellschaften von der Fortgeltung der Sitztheorie auszugehen sei. Für Gesellschaften, die nach dem Recht von Hongkong gegründet sind, wird teilweise aus dem Kapitalschutzabkommen mit Hongkong vom 31.1.1996 (BGBl. 1997 II, S. 1848) abgeleitet, dass sich eine Verpflichtung zur Anerkennung nach dem Recht von Hongkong gegründeter Gesellschaften auf der Basis der Gründungstheorie ergebe (so z. B. Servatius, in: MünchHdbGesR Bd. VI, 4. Aufl. 2013, § 12 Rn. 25, § 13 Rn. 48 etc.). Eine Verpflichtung zur Anerkennung der Gesellschaften, die nach dem Recht von Hongkong errichtet worden sind, folgt hieraus allerdings nur für den Fall, dass sich der tatsächliche Hauptverwaltungssitz der Gesellschaft in Hongkong oder im Ausland befindet. Gesellschaften mit tatsächlichem Hauptverwaltungssitz in Deutschland sind nämlich nach den Vorschriften des Kapitalschutzabkommens als ,,deutsche Gesellschaften" definiert (so MünchKomm-BGB/Kindler, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 329 m. ausführl. Nachw.). Daraus ergibt sich, dass die nach dem Recht von Hongkong gegründete Gesellschaft nur dann als rechtsfähige Kapitalgesellschaft nach dem Recht von Hongkong und eigenständige juristische Person anerkannt werden kann, wenn sie ihren Hauptverwaltungssitz in Hongkong oder in einem Drittstaat hat. Sobald die Gesellschaft ihren tatsächlichen Hauptverwaltungssitz nach Deutschland verlegt, ist diese nach deutschem Recht zu beurteilen. Mangels Gründung als Kapitalgesellschaft nach den Vorschriften des GmbHG oder des Aktiengesetzes wäre sie dann nicht mehr als rechtsfähige Kapitalgesellschaft anzuerkennen, sondern ­ sollten die Aktien an der Limited Company von mehreren Personen gehalten werden ­ allenfalls als OHG oder GbR deutschen Rechts.

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Geht man im vorliegenden Fall von dem geringen Stammkapital der Limited Company (von 40 bzw. allenfalls 800 ) aus, so liegt die Vermutung nahe, dass sich die Funktion der Limited Company darin erschöpft, bei der Kommanditgesellschaft die Position des Komplementärs auszufüllen. Da die Kommanditgesellschaft aber ihren Sitz in Deutschland hat und offenbar auch überwiegend hier tätig werden wird, besteht die Gefahr, dass sich irgendwann der Hauptverwaltungssitz der Limited Company nach Deutschland verlagert, mit der Folge, dass sie aufgrund des damit eintretenden Statutenwechsels ihre Rechtspersönlichkeit verliert. Folge wäre dann z. B., dass die Aktionäre der Limited Company die vom Recht von Hongkong gewährte Abschirmwirkung gegen die Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (und damit auch der deutschen Kommanditgesellschaft) verlieren würden. Sollte freilich die Limited Company neben der Komplementärstellung noch erhebliches eigenes Geschäft in Hongkong wahrnehmen, insbesondere dort also eine eigene Niederlassung haben, könnte sie ihren Hauptverwaltungssitz in Hongkong trotz der Geschäftstätigkeit in Deutschland behalten. Freilich müsste dann immer darauf geachtet werden, dass diese Aktivitäten das Übergewicht haben. 3. Nachweis der Existenz und Vertretungsmacht Schließlich ergeben sich Probleme daraus, dass im Rahmen der Anmeldung der Kommanditgesellschaft zum deutschen Handelsregister der Nachweis der wirksamen Errichtung der Limited Company, der fortbestehenden rechtlichen Existenz und der wirksamen gesetzlichen Vertretung im Rahmen des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages gegenüber dem Handelsregister zu führen ist. Insoweit verweisen wir auf die Ausführungen im DNotI-Internetgutachten Nr. 96555 vom 14.8.2009, welches wir bereits zur Frage der organschaftlichen Vertretung und des Existenz- und Vertretungsnachweises für eine Limited Company mit Sitz in Hongkong erstellt haben. Zusätzliche Probleme treten auf, wenn das bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages für die Gesellschaft handelnde Mitglied des board of directors bzw. ein von diesem Bevollmächtigter zugleich auch der Kommanditgesellschaft als Kommanditist beitritt, so dass es zum Selbstkontrahieren i. S. v. § 181 BGB kommt. Insoweit wäre dann der Nachweis zu führen, dass das Recht von Hongkong einem entsprechenden Selbstkontrahieren nicht entgegensteht.

Gutachten/Abruf-Nr:

126282

Erscheinungsdatum:

15.09.2013

Rechtsbezug

International