FG Münster 20. Mai 2021
8 K 973/20 GrE,F
GrEStG §§ 5 Abs. 2 u. 3, 17 Abs. 2, 19 Abs. 2 Nr. 4

Minderung der Beteiligungsquote des Grundstückseigentümers an einer Gesamthandsgemeinschaft nach Übertragung seines Grundstücks auf diese Gesamthandsgemeinschaft; grunderwerbsteuerliche Folgen

letzte Aktualisierung: 9.12.2021
FG Münster, Urt. v. 20.5.2021 – 8 K 973/20 GrE,F

GrEStG §§ 5 Abs. 2 u. 3, 17 Abs. 2, 19 Abs. 2 Nr. 4
Minderung der Beteiligungsquote des Grundstückseigentümers an einer Gesamthandsgemeinschaft nach Übertragung seines
Grundstücks auf diese Gesamthandsgemeinschaft; grunderwerbsteuerliche Folgen

1. In Fällen, in denen sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke in den Bezirken
verschiedener Finanzämter bezieht, stellt gem. § 17 Abs. 2 Var. 2 GrEStG das Finanzamt, in dessen
Bezirk der wertvollste Grundstücksteil oder das wertvollste Grundstück oder der wertvollste
Bestand an Grundstücksteilen oder Grundstücken liegt, die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest.
Eine zusätzliche, ungeschriebene Voraussetzung, dass weder nachvollziehbare Einzelkaufpreise
vereinbart wurden noch dass § 8 Abs. 2 GrEStG unanwendbar ist, besteht nicht.
2. Es liegt keine Anzeige nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG vor, wenn der Notar den Vertrag zwar an
das Finanzamt, nicht jedoch an die Grunderwerbsteuerstelle übersendet.
3. Wird ein Grundstück auf eine Kommanditgesellschaft, an der der Eigentümer zu 100 % beteiligt
ist, gegen Gewährung von Gesellschafterrechten übertragen und mindert sich später sein Anteil an
der Gesellschaft im Jahr der Übertragung, so wirkt sich dies auf die quotale Nichterhebung der
Grunderwerbsteuer nach § 5 Abs. 2 und 3 GrEStG aus. Für den Zeitpunkt der Verminderung des
Anteils am Gesamthandsvermögen kommt es auf die tatsächliche Einschränkung der
Gesellschafterstellung und nicht auf die zugrunde liegende schuldrechtliche Vereinbarung an.

(Leitsätze der DNotI-Redaktion)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und
verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung
(FGO).

Die Klage ist auch gegen den Feststellungsbescheid gerichtet. Zwar nennt die Klageschrift
als angefochtene Bescheide nur die Grunderwerbsteuerbescheide vom 18.07.2019. Auf
die Aufforderung des Gerichts, eine Abschrift der angefochtenen Bescheide und
Einspruchsentscheidungen zu übersenden, hat die Klägerin aber (auch) den Bescheid
vom 07.05.2019 und die dazu gehörige Einspruchsentscheidung übersandt und damit
deutlich gemacht, dass sich die Klage auch gegen den Feststellungsbescheid richtet. Es
ist unerheblich, dass die damit erfolgte Klarstellung des Klagegegenstands erst am
23.04.2020 und damit nach Ablauf der Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfolgt ist. Die
Einspruchsentscheidung über den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid datiert auf
den 26.02.2020 (einen Mittwoch). Nach der Drei-Tages-Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1
Abgabenordnung (AO) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der – wie diese
Einspruchsentscheidung – durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Inland
am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies wäre am
29.02.2020 (Schaltjahr), einem Samstag, und mithin gemäß § 108 Abs. 3 AO (zu dessen
Anwendbarkeit auf die Drei-Tages-Frist nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO BFH, Urteil vom
09.12.1999, III R 37/97, BStBl. II 2000, 175; BFH, Beschluss vom 05.05.2014, III B 85/13,
BFH/NV 2014, 1186 m.w.N.). am 02.03.2020. Die Frist begann mithin am 03.03.2020
(§ 108 Abs. 2 AO) und endete am 02.04.2020 (§ 108 Abs. 1 AO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2
Bürgerliches Gesetzbuch).

Die Klägerin durfte jedoch nach Ablauf der Klagefrist Ergänzungen zum Klagegegenstand
und zu den angefochtenen Verwaltungsakten machen und hat zulässigerweise klargestellt,
auch den Feststellungsbescheid vom 07.05.2019 angefochten zu haben. Dass ein Kläger
den Inhalt der Klage durch die nachträgliche Ergänzung klarstellen darf, ergibt sich aus der
Regelung des § 65 Abs. 2 Satz 1 FGO, die sich auf § 65 Abs. 1 FGO bezieht. Nach § 65
Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des
Klagebegehrens und bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die
Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Aus der Regelung
des § 65 Abs. 2 FGO, wonach der Vorsitzende oder der Berichterstatter den Kläger zu der
erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern hat, wenn die
Klage diesen Anforderungen nicht entspricht, ergibt sich, dass die Angaben in § 65 Abs. 1
Satz 1 FGO nicht innerhalb der Klagefrist erfolgen müssen. Nur wenn die die Klage den
Anforderungen des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO vollständig entspricht, indem sie den
Anfechtungsgegenstand eindeutig bezeichnet, ist eine Benennung weiterer
Verwaltungsakte nach Ablauf der Klagefrist nicht zulässig (BFH, Urteil vom 05.09.1989, VII
R 15/87, BFH/NV 1990, 580; BFH, Beschluss vom 10.09.1997, VIII B 55/96, BFH/NV
1998, 282). Die hiesige Klageschrift enthält keine eindeutige Bezeichnung des
Klagegegenstands und der angefochtenen Verwaltungsakte. Zwar wird der Gegenstand
unter „wegen“ allein mit „Grunderwerbsteuer 2013 Bescheid vom 18.07.2019
Steuernummer: 1 und 2 “ bezeichnet. Dies ist schon insofern uneindeutig, weil es zu
diesen Steuernummern jeweils einen (Grunderwerbsteuer-)Bescheid gibt. Abgesehen
hiervon ist der Feststellungsbescheid ebenfalls unter der Steuernummer 2 ergangen.
Zudem verweist die Klägerin auf den Beschluss vom 24.01.2020, der allein zum
Feststellungsbescheid vom 07.05.2019 ergangen ist. Zuletzt ist bei der Auslegung auch zu
berücksichtigen, dass die Klägerin bereits im Einspruch vom 24.07.2019 gegen die
Grunderwerbsteuerbescheide vom 18.07.2019 den Feststellungsbescheid vom 07.05.2019
(sozusagen untechnisch) als „Grunderwerbsteuerbescheid“ bezeichnet hat.
Der Feststellungsbescheid vom 07.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
26.02.2020 ist rechtmäßig.

Der Beklagte stützt den Bescheid über die gesonderte Feststellung verfahrensrechtlich zu
Recht auf § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG. Danach stellt in Fällen, in denen sich ein
Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezieht, die in den Bezirken verschiedener
Finanzämter liegen, das Finanzamt, in dessen Bezirk der wertvollste Grundstücksteil oder
das wertvollste Grundstück oder der wertvollste Bestand an Grundstücksteilen oder
Grundstücken liegt, die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest. Die Voraussetzungen
dieser Vorschrift liegen vor, weil Grundstücke im Bezirk des Beklagten und des Finanzamts
E-Stadt liegen, wobei der wertvollste Teil im Bezirk des Beklagten liegt. Diesbezüglich
besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit.

Der Senat folgt nicht der früher seitens der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung,
wonach § 17 Abs. 2 GrEStG nur bei Vorliegen der zusätzlichen, ungeschriebenen
Voraussetzung anzuwenden ist, dass weder nachvollziehbare Einzelkaufpreise vereinbart
wurden (wenn also kein Gesamtkaufpreis auf mehrere Grundstücke aufzuteilen ist) noch
§ 8 Abs. 2 GrEStG nicht zur Anwendung gelangt (vgl. koordinierter Ländererlass vom
19.03.2001, DB 2001, 672; gleich lautender Erlass vom 18.07.2007, juris; FG Nürnberg,
Urteil vom 16.03.2004, IV 55/2003, EFG 2004, 1388; Heine in: Wilms/Jochum,
ErbStG/BewG/GrEStG, § 17 GrEStG Rn. 40; Loose in: Boruttau, § 17 GrEStG Rn. 42 a.E.;
Heine in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 17 GrEStG Rn. 40). Die
Finanzverwaltung hat diese Auffassung aufgegeben (vgl. gleich lautende Erlasse der
obersten Finanzbehörden der Länder zur Durchführung der gesonderten Feststellung nach
§ 17 GrEStG vom 01.03.2016, BStBl I 2016, 282; zustimmend Egner/Stößel in: GrEStGeKommentar,
§ 17 Rn. 12; Brühl/Joisten/Scheinbacher, DStR 2016, 1503, 1504 f.;
Bruschke, UVR 2018, 176, 178; Pahlke, GrEStG § 17 Rn. 21; Hofmann GrEStG, § 17
Rn. 10). Nach der früheren Verwaltungsauffassung wäre § 17 Abs. 2 GrEStG nicht
anwendbar, weil ein Fall des § 8 Abs. 2 GrEStG vorliegt.

Der früheren Verwaltungsauffassung ist zu Recht entgegengehalten worden, dass das
Tatbestandsmerkmal des Gesamtkaufpreises dem Gesetz nicht zu entnehmen und auch
nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erforderlich ist (Brühl/Joisten/Scheinbacher,
DStR 2016, 1503, 1504 f.). Die gesonderte Feststellung dient nicht nur der Aufteilung
eines Gesamtkaufpreises, sondern soll auch vermeiden, dass bei einer zweifelhaften
grunderwerbsteuerlichen Bewertung eines Vorgangs der in Anspruch Genommene
mehrere Verfahren führen muss (FG Köln, Urteil vom 26.05.2014, 5 K 1872/13, EFG 2014,
1608). Auch kann im Einzelfall durchaus strittig sein, ob die Zuordnung von
Einzelkaufpreisen „nachvollziehbar“ ist, wie es nach früherer Verwaltungsauffassung für
ein Absehen von der gesonderten Feststellung erforderlich war (Hofmann GrEStG, § 17
Rn. 10; Brühl/Joisten/Scheinbacher, DStR 2016, 1503, 1504 f.).

Der Feststellungsbescheid durfte am 07.05.2019 noch erlassen werden. Die
Feststellungsfrist war nicht abgelaufen. Nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gelten für die
gesonderte Feststellung die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung
sinngemäß. Die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist beginnt, wenn eine
Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten
ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder
die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das
auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (§§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2,
170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 AO). Die durch den Vertrag 1 im Jahr 2013 bewirkten
Änderungen im Gesellschafterbestand waren nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG
anzeigepflichtig; diese Anzeige ist nach § 19 Abs. 5 Satz 1 GrEStG eine Steuererklärung
im Sinne der Abgabenordnung. Die Festsetzungsfrist begann daher erst mit Ablauf des
Jahres 2016 und endete mit Ablauf des Jahres 2020. Dass der Notar dem Beklagten den
Vertrag 1 übersandt hat, ändert nichts an der Verletzung der Anzeigepflicht. Denn die
Übersendung erfolgte nicht an die Grunderwerbsteuerstelle, sodass eine Anzeige nach
§ 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG nicht vorlag.

Wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, erfüllt die Übertragung der
Grundstücke (jeweils) den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.

§ 5 Abs. 2 GrEStG ist nicht mit einer höheren als der vom Beklagten angesetzten Quote
(10,89 %) anzuwenden. Denn gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG findet § 5 Abs. 2 GrEStG
insoweit keine Anwendung, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der
Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die
Gesamthand vermindert. Dies ist hier der Fall, wobei (wegen des Verböserungsverbots)
offen bleiben kann, ob sich die nunmehr zu berücksichtigende Steuerbefreiung auf 10 %
oder auf 10,89 % beläuft.

§ 5 GrEStG hebt allein auf die Beteiligung am Vermögen ab und nicht etwa auf die
Auseinandersetzungsquote oder auf die Beteiligung am Gewinn und Verlust der
Gesamthand (BFH, Beschluss vom 27.08.2009, II B 35/09, BFH/NV 2009, 2003 m.w.N.).
Ist der Anteil am Gesellschaftsvermögen durch eine Vereinbarung unter den
Gesellschaftern bestimmt – etwa bei der Vereinbarung unveränderlicher, fester
Kapitalkonten (meist Kapitalkonto I) – ist diese Vereinbarung maßgeblich (BFH, Urteil vom
31.05.1972, II R 9/66, BStBl. II 1972, 833; Viskorf in: Boruttau § 5 GrEStG Rn. 40 ff.), wenn
nicht (grundstücksbezogene) abweichende Vereinbarungen getroffen wurden, nach denen
das Vermögen der Gesellschaft oder einzelne Grundstücke den Gesellschaftern
abweichend von der Beteiligungsquote zugeordnet werden oder sie daran nicht beteiligt
sein sollen (BFH, Urteil vom 09.11.1988, II R 188/84, BStBl II 1989, 201; Hofmann, § 5
GrEStG Rn. 11; Pahlke, § 5 GrEStG Rn. 47 f.; Viskorf in: Boruttau § 5 GrEStG Rn. 27
m.w.N.). Solche abweichenden wirtschaftlichen Zuordnungen eines Grundstücks müssen
aufgrund der Zielsetzung des § 5 GrEStG berücksichtigt werden: Nach § 5 Abs. 1 und 2
GrEStG werden Übertragungen auf eine Gesamthand von der Besteuerung
ausgenommen, „soweit die Änderung der Rechtszuständigkeit des Grundstücks aufgrund
des der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsgeschäfts wirtschaftlich insoweit zu
keiner Veränderung führt, als der veräußernde Gesellschafter über seine
Gesamthandsberechtigung (auch) am Grundstück(swert) beteiligt bleibt. Es müssen
deshalb insbesondere die mit dem Eigentum am Grundstück verbundenen Chancen und
Risiken, die Wertveränderungen, Erträge oder Aufwendungen den einbringenden
Gesellschafter als Gesamthandsberechtigten treffen“ (BFH, Urteil vom 12.06.1996, II R
57/94, BFH/NV 1997, 199). Umgekehrt sind Verminderungen des Anteils des Veräußerers
am Vermögen der Gesamthand im Sinne des § 5 Abs. 3 GrEStG unschädlich und lassen
die Anwendung des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG unberührt, wenn dem Übertragenden das
Grundstück trotz einer Verminderung seines Anteils am Gesamthandsvermögen weiterhin
wirtschaftlich zuzuordnen ist.

Im Streitfall bestimmt sich nach § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin die
Beteiligung am Gesellschaftsvermögen nach dem Verhältnis der festen Kapitalkonten
(Kapitalkonto I). Im Jahr des Übergangs des Grundstücks auf die Gesamthand (2013) hat
sich der Anteil des Veräußerers (Herrn C.) von 100 % (Einlage als alleiniger Kommanditist
in Höhe von 100.000 EUR neben der nicht am Vermögen beteiligten Komplementär-
GmbH) im Ergebnis auf 10,89 % (Einlage von 11.000 EUR neben der Einlage der
eingetretenen weiteren Kommanditistin von 90.000 EUR) vermindert.

Es ist auch keine von der Beteiligungsquote abweichende Zuordnung zu berücksichtigen.
Es wurde – im Hinblick auf die Grundstücke – kein abweichender Anteil am
Gesellschaftsvermögen vereinbart. Zwar erfolgte die Grundstücksübertragung in Vertrag 3
gegen die Einräumung von Gesellschafterrechten dergestalt, dass Herrn C. (neben der
Erhöhung seiner Kommanditeinlage um 1.000 EUR) ein Betrag von 1.600.000 EUR und
weitere Beträge (Buchwert/Teilwert) auf seinem personengebundenen Rücklagenkonto
(Rücklage gemäß § 264 Abs. 2 II Rücklagen HGB [Kapital II]) gutgeschrieben werden
sollten. Auch war vereinbart, dass die Veräußerung des Grundstücks seiner Zustimmung
bedurfte. Aus diesen Vereinbarungen ergibt sich aber nicht, dass das Grundstück weiterhin
Herrn C. zuzurechnen wäre. § 5 Abs. 2 GrEStG erfordert, dass die mit dem Eigentum am
Grundstück verbundenen Chancen und Risiken, die Wertveränderungen, Erträge und
Aufwendungen den bisherigen Eigentümer und nunmehrigen Gesamthandsberechtigten
treffen. Das bisherige Eigentum muss sich in der geschilderten Weise am
Gesamthandseigentum fortsetzen (BFH, Urteil vom 16.01.1991 II R 38/87, BStBl. II 1991,
374). Die vorgesehene Gutschrift auf dem Kapitalkonto II bewirkt jedoch nicht, dass Herrn
C. – über seine sich aus dem Kapitalkonto I ergebende Gesamthandsberechtigung hinaus
– die Grundstücke betreffende Wertzuwächse oder Wertminderungen zugeordnet werden.

Vielmehr bildet das Kapitalkonto II einen geldwerten Anspruch des Gesellschafters ab, der
mit einer Beteiligung an den zum Vermögen der Gesamthand gehörenden Gegenständen
nichts zu tun hat. Auch der Zustimmungsvorbehalt führt nicht zu einer vom Anteil am
Gesamthandsvermögen abweichenden Zuordnung der Grundstücke. Zwar kann Herr C.
verhindern, dass die Klägerin die Grundstücke veräußert. Dieser Umstand führt jedoch
nicht dazu, dass die mit den Grundstücke zusammenhängenden Chancen, Risiken und
Wertveränderungen allein ihm zuzuordnen sind. Vielmehr bewirkt dieses
„Bestimmungsrecht“, dass er – eine Veräußerungsabsicht der Klägerin unterstellt – über
den Zeitpunkt entscheiden kann, in dem sich Chancen und Risiken bei allen am
Gesamthandsvermögen (und damit an den Grundstücken) beteiligten Gesellschaftern
realisieren. Schließlich besteht auch keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung des
Inhalts, dass Herrn C. im Fall seines Ausscheidens oder für den Fall der Auflösung der
Klägerin die Grundstücke oder deren Wert als (nicht ausgleichspflichtige) Abfindung oder
als Vorabgewinn am Auflösungsvermögen zustehen.

Die Verminderung des Anteils des Herrn C. am Gesamthandsvermögen ist auch – anders
als die Klägerin meint – nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand erfolgt.
Die Frist begann am 21.03.2013. Entscheidend für den Beginn der Frist des § 5 Abs. 3
GrEStG ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung (vor Anwendung der § 5 Abs. 1 und 2
GrEStG – Pahlke, GrEStG § 17 Rn. 21; Hofmann, § 5 GrEStG Rn. 33; Viskorf in: Boruttau,
§ 5 GrEStG Rn. 121). Die Steuer entstand gemäß § 38 AO mit der Verwirklichung des
Tatbestands, mithin am 21.03.2013. Für den Zeitpunkt der Verminderung des Anteils am
Gesamthandsvermögen kommt es auf die tatsächliche Einschränkung der
Gesellschafterstellung und nicht auf die zugrunde liegende schuldrechtliche Vereinbarung
an (BFH, Urteil vom 06.06.2001, II R 56/00, BStBl II 2002, 96; Viskorf in: Boruttau, § 5
GrEStG Rn. 121). Die entscheidende dingliche Übertragung des Kommanditanteils erfolgte
aufschiebend bedingt durch die Eintragung im Handelsregister. Die Eintragung erfolgte am
16.08.2013 und mithin nach der Grundstücksübertragung am 21.03.2013.
Dementsprechend ist es entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, dass der
Vertrag über den Verkauf und die Abtretung des Kommanditanteils vom 19.03.2013 datiert
und zudem eine schuldrechtliche Rückbeziehung auf den 01.01.2013 enthält, während die
Steuer später (am 21.03.2013) entstand.

Der Folgebescheid vom 18.07.2019 zur Steuernummer 2 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 02.03.2020 ist nach dem Gesagten ebenfalls rechtmäßig.
Der ursprüngliche Bescheid vom 03.04.2013 war nach dem Erlass des
Feststellungsbescheids nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern. Dass er die bindenden
Feststellungen des Feststellungsbescheids nicht zutreffend umsetzt, ist nicht vorgetragen
und nicht ersichtlich. Die Steuer ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Klägerin
wendet sich insbesondere nicht gegen die (bislang geschätzten) Grundstückswerte.
Etwaige Einwendungen wären im gesonderten Verfahren zur Feststellung der
Grundbesitzwerte geltend zu machen.

Auch der (nicht als Folgebescheid ergangene) Grunderwerbsteuerbescheid vom
18.07.2019 zur Steuernummer 1 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2020
ist rechtmäßig.

Wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, erfüllt die Übertragung des
Grundstücks U-Straße 31 in M-Stadt durch den Vertrag 2 den Tatbestand des § 1 Abs. 1
Nr. 1 GrEStG.

Die Erhebung der Grunderwerbsteuer hat auch nicht nach § 5 Abs. 2 GrEStG über den
vom Beklagten berücksichtigten Teil von 10,89 % hinaus zu unterbleiben. Gemäß § 5
Abs. 2 GrEStG wird die Steuer, wenn ein Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine
Gesamthand übergeht, in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am
Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Diese Vorschrift ist nach § 5 Abs. 3 GrEStG
insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der
Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die
Gesamthand vermindert. Auf die obigen Ausführungen zur Anwendung des § 5 Abs. 3
GrEStG wird verwiesen. Die Vereinbarung im Vertrag 2, wonach die Übertragung des
Grundstücks auf die Klägerin mit wirtschaftlicher und steuerlicher Zuordnung zum
Kommanditanteil des Herrn C. und in eine persönlich gebundene Rücklage (Kapital II)
erfolgt, entspricht grunderwerbsteuerlich der Regelung im Vertrag 3. Der ursprüngliche, der
Klägerin am 02.04.2013 zugegangene Grunderwerbsteuerbescheid war gemäß § 175 Abs.
1 Nr. 2 AO zu ändern, nachdem sich die Beteiligung des Herrn C. am
Gesamthandsvermögen der Klägerin nach der Eintragung der neuen Kommanditistin im
Handelsregister vermindert hatte.

Die Steuer war bei Erlass des Bescheids am 18.07.2019 nicht festsetzungsverjährt und ist
der Höhe nach nicht zu beanstanden. Auch diesbezüglich wird auf die obigen
Ausführungen verwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil die
Frage, ob die Besteuerungsgrundlagen in Fällen wie den vorliegenden gesondert
festzustellen sind, höchstrichterlich nicht entschieden ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

FG Münster

Erscheinungsdatum:

20.05.2021

Aktenzeichen:

8 K 973/20 GrE,F

Rechtsgebiete:

Grunderwerbsteuer

Normen in Titel:

GrEStG §§ 5 Abs. 2 u. 3, 17 Abs. 2, 19 Abs. 2 Nr. 4