Vereinbarung eines Agios anlässlich einer Kapitalerhöhung auf bloß schuldrechtlicher Basis
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 3zbr35_02
Erstelldatum: 15.04.2002
Kapitalerhöhung auf bloß schuldrechtlicher Basis
Anmeldung einer Kapitalerhöhung gegen Einlage gemäß
erstreckt sich auch auf die Frage, ob der gesamte Vorgang gesetzes- und
satzungsgemäß abgelaufen ist. Bestehen Zweifel, so hat das Gericht von
Amts wegen Ermittlungen anzustellen und Beweise zu erheben.
2. Wird im Rahmen einer Kapitalerhöhung durch Vereinbarung zwischen
den Aktionären (Investors-Agreement) eine Zuzahlungspflicht der
Neuaktionäre begründet, so kann das Registergericht die Vorlage dieser
Vereinbarung fordern, um zu prüfen, ob eine Pflicht zur Leistung einer
Einlage über den geringsten Ausgabebetrag hinaus begründet worden ist.
Gründe
I.
Die Hauptversammlung der betroffenen Aktiengesellschaft beschloss am 27.6.2001 insgesamt
vier Barkapitalerhöhungen, deren Eintragung in das Handelsregister vom
verfahrensbevollmächtigten Notar beantragt wurde. Beschlossen wurden Erhöhungen des
Grundkapitals der Gesellschaft von 677.200 DM um 3.175 DM (Barkapitalerhöhung I), um
weiteren 1.435 DM (Barkapitalerhöhung II), um weitere 42.060 DM (Barkapitalerhöhung III)
sowie um weitere 62.940 DM jeweils durch Ausgabe neuer, auf den Namen lautender
Stückaktien. Zuvor hatten sich die Erwerber der neuen Aktien aus den beiden letztgenannten
Kapitalerhöhungen in einem Investors-Agreement gegenüber den bisherigen Aktionären zur
Zahlung eines Aufpreises auf den Nennbetrag der Aktien verpflichtet.
Das Amtsgericht bat mit Zwischenverfügung vom 27.9.2001 um Vorlage des InvestorsAgreements. Mit Schreiben vom 15.11.2001 erläuterte das Amtsgericht seine
Zwischenverfügung dahingehend, das aufgrund der schuldrechtlich getroffenen Absprachen von
der Vereinbarung eines Aufgeldes zum Nennbetrag der Aktien ausgegangen werde, so dass an
der Wirksamkeit der Kapitalerhöhungsbeschlüsse Zweifel bestünden.. Es müsse mit
Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden, wenn der gerichtlichen Anforderung nicht
binnen gesetzter Frist entsprochen werde.
Gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts in der Fassung des Schreibens vom 15.11.2001
legte der verfahrensbevollmächtigte Notar namens und im Auftrag der Betroffenen Beschwerde
ein. Er beantragte ferner Teilvollzug der Kapitalerhöhungsbeschlüsse I und II. Hierzu werde
versichert, dass diese Kapitalerhöhungen ohne dingliches oder schuldrechtliches Agio, also
ausschließlich zu pari, vorgenommen worden seien.
Das Amtsgericht gab dem Antrag auf Teilvollzug statt; im übrigen wurde der Beschwerde nicht
abgeholfen. Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen mit Beschluss vom 20.12.2001
zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Betroffenen.
II.
Die weitere Beschwerde der Gesellschaft ist zulässig. Der Urkundsnotar ist gemäß § 29 Abs. 1
Satz 3 FGG postulationsfähig.
III.
Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, ohne die Vorlage des
Investors-Agreements könne nicht ausgeschlossen werden, dass die dort begründeten
Verpflichtungen der neuen Aktionäre als gewollte Einlagen zu betrachten seien. Nach der
Gesamtkonstruktion der beschlossenen Kapitalerhöhungen liege dies sogar nahe. Erzielte
Aufgelder aber seien von der Gesellschaft gemäß
Kapitalrücklagen auszuweisen. Durch die Verschleierung der den Rücklagen zuzuführenden
Forderungen, die als Sacheinlagen zu behandeln seien, sei die Erfüllung der bilanzrechtlichen
Anforderungen nicht mehr gewährleistet. Darüber hinaus widerspreche die eingeschlagene
Verfahrensweise den Grundsätzen der Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse der
Gesellschaft. Auch die Kontrolle der Einhaltung des
gewährleistet. Die Anforderung des
die entsprechende Anmeldeverpflichtung aus
dass vorliegend offensichtlich ein echtes Agio vereinbart worden sei, könne auf die genannten
Erfordernisse auch nicht verzichtet werden. Die Einwilligung der betroffenen (Alt-)Aktionäre
könne hier nicht rechtfertigend wirken. Im übrigen würden durch die Duldung von
“Dunkelzonen“ bei der Zeichnung neuer Aktien unkontrollierbaren Vermögenszuständen der
Gesellschaft Räume eröffnet.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (
ZPO) im Ergebnis stand.
a) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Erstbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des
Registergerichts als zulässig angesehen (vgl. Keidel/Kahl FGG 14. Auf l. § 19 Rn. 16). Die
Zwischenverfügung beanstandet eine Anmeldung zum Handelsregister und greift damit in die
Rechte der Betroffenen ein.
b) Das Registergericht war befugt, die Vorlage des Investors-Agreements zu fordern.
aa) Die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft kann mit qualifizierter Mehrheit die
Erhöhung des Grundkapitals gegen Einlagen beschließen (
Kapitalerhöhung kann nur durch Ausgabe neuer Aktien ausgeführt werden (§ 182 Abs. 1 Satz 4
AktG). Sollen neue Aktien für einen höheren Betrag als den geringsten Ausgabebetrag
Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals festzusetzen (
Sacheinlage, also eine Einlage, die nicht durch Einzahlung des Ausgabebetrages der Aktien zu
leisten ist (
Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der bei der
Sacheinlage zu gewährenden Aktien, im Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals
festgesetzt werden (
Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft haben die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals
zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (
Das Registergericht hat in diesem Falle zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die beantragte
Eintragung vorliegen. Die Prüfungspflicht betrifft die Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung,
bezieht sich daneben aber auch auf die Frage, ob der gesamte Vorgang der Kapitalerhöhung den
Vorschriften des Gesetzes und der Satzung gemäß abgelaufen ist (vgl.
Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG § 188 Rn. 54; Hüffer AktG 4. Aufl. § 188 Rn. 20 i.V.m.
§ 181 Rn. 12). Bestehen Zweifel, so hat das Gericht nach
Ermittlungen anzustellen und Beweise zu erheben (Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff § 188 Rn.
56). Die Auflistung der einer Anmeldung beizufügenden Unterlagen in
nicht abschließend (vgl. Hüffer § 188 Rn. 12).
bb) Im vorliegenden Fall ist das vom Registergericht angeforderte Investors-Agreement für die
Eintragung der beschlossenen Kapitalerhöhung rechtlich von Bedeutung, so dass sich die
Verfahrensweise des Registergerichts aus
folgt schon daraus, das ohne eine Vorlage des Dokuments nicht abschließend geklärt werden
kann, wie die Verpflichtung der neuen Aktionäre zur Zahlung den Ausgabepreis der Aktien
übersteigender Beträge rechtlich einzuordnen ist. Zwar weist die Betroffene zu Recht darauf hin,
das die Gesellschaft schon nach Sinn und Zweck des Agreements bei sachgerechter
Ausgestaltung regelmäßig kein eigenes Forderungsrecht gegen die neuen Aktionäre erwerben
wird. Zwingend ist dies aber keineswegs. Der Senat schließt sich deshalb der Rechtsauffassung
des Landgerichts an, dass ohne eine Vorlage des Investors-Agreements nicht abschließend
beurteilt werden kann, ob die darin begründeten Verpflichtungen als gewollte Einlagen zu
betrachten sind. Letzteres hätte zur Folge, dass sie u.a. im Kapitalerhöhungsbeschluss (§ 182
Abs. 3 AktG), aber auch im Zeichnungsschein (vgl.
berücksichtigt werden müssen. Bei Fehlen entsprechender Angaben wäre jedenfalls der
Zeichnungsschein nichtig (
behandeln (vgl. dazu
Voraussetzungen des
Ob registerrechtliche Konsequenzen auch dann in Betracht kommen, wenn die neuen Aktionäre
keine Einlagepflicht gegenüber der Gesellschaft, sondern lediglich eine schuldrechtlich
begründete Zuzahlungspflicht gegenüber ihren Mitaktionären übernommen haben, ist für die
vorliegende Entscheidung ohne Belang. Der Senat neigt insoweit der in der Literatur
herrschenden Auffassung zu, dass es im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich möglich ist,
Zuzahlungen zum geringsten Ausgabebetrag auch im Verhältnis der Aktionäre zueinander, also
auf anderer als korporativer Grundlage zu vereinbaren (vgl. Großkommentar/Henze AktG 4.
Aufl. § 54 Rn. 53 ff., 55 und 77 ff./freiwillige Mehrleistungen; KölnerKomm/Lutter AktG 2.
Aufl. § 54 Rn. 26).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BayObLG
Erscheinungsdatum:26.02.2002
Aktenzeichen:3Z BR 37/01
Rechtsgebiete:
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Aktiengesellschaft (AG)
FGG § 12; AktG §§ 182, 183, 188