BGH 15. März 2024
V ZR 115/22
BGB §§ 134, 138

Grundstückskaufvertrag; Rechtsfolge einer Schwarzgeldabrede in der Absicht, Steuern zu hinterziehen; Hauptzweck des Vertrages

letzte Aktualisierung: 3.5.2024
BGH, Urt. v. 15.3.2024 – V ZR 115/22

BGB §§ 134, 138
Grundstückskaufvertrag; Rechtsfolge einer Schwarzgeldabrede in der Absicht, Steuern zu
hinterziehen; Hauptzweck des Vertrages

a) Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern
zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der
Vertrag in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht
alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der
Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des
Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist
(Bestätigung von Senat, Urteil vom 17. Dezember 1965 – V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil
vom 5. Juli 2002 – V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527).
b) Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur
Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von
Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 1. August 2013 –
VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141; Urteil vom 10. April 2014 – VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1; Urteil
vom 11. Juni 2015 – VII ZR 216/14, BGHZ 206, 69; Urteil vom 16. März 2017 – VII ZR 197/16,
BGHZ 214, 228).

Entscheidungsgründe:

A.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich ein Anspruch der Klägerin
gegen den Beklagten auf Zustimmung zur Löschung des im Grundbuch eingetragenen
Widerspruchs aus § 894 BGB. Die Klägerin sei durch die Auflassung
und Eintragung in das Grundbuch Eigentümerin der Wohnungs- und Teileigentumseinheit
geworden; der Beklagte habe die Eintragung des Widerspruchs zu
Unrecht erwirkt. Zwar sei der beurkundete Kaufvertrag wegen der bewusst falschen
Kaufpreisangabe nach § 117 Abs. 1 BGB als Scheingeschäft nichtig. Das
verdeckte Rechtsgeschäft, der mündlich geschlossene Kaufvertrag zu einem
Kaufpreis von 150.000 €, sei aber wirksam. Durch die Auflassung und Eintragung
der Klägerin in das Grundbuch sei der Formmangel gemäß § 313b Abs. 1 Satz 2
BGB geheilt worden. Der Kaufvertrag verstoße nicht gegen ein gesetzliches Verbot
oder die guten Sitten (§§ 134, 138 Abs. 1 BGB), da die mit der falschen Kaufpreisangabe
einhergehende Hinterziehung von Grunderwerbsteuer nicht Hauptzweck
des Vertrags gewesen sei. Vielmehr hätten die Parteien den vertraglich
vereinbarten Leistungsaustausch ernstlich gewollt. Die Rechtsprechung des
VII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs zu sogenannten „Ohne-Rechnung-Abreden“
bei Werkverträgen lasse sich auf Immobilienkaufverträge nicht übertragen.

B.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

I. Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass die Klägerin von
dem Beklagten die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs verlangen kann,
weil sie rechtswirksam Eigentümerin geworden und das Grundbuch somit in Bezug
auf den eingetragenen Widerspruch unrichtig ist.

1. Das Berufungsgericht leitet den Grundbuchberichtigungsanspruch der
Klägerin zutreffend aus § 894 BGB ab. Gläubiger des aus dieser Norm folgenden
Berichtigungsanspruchs ist zwar gewöhnlich der nicht eingetragene wahre Berechtigte,
Schuldner der zu Unrecht eingetragene Buchberechtigte. Die Vorschrift
gilt aber entsprechend für den eingetragenen wahren Berechtigten, der die Löschung
eines Widerspruchs erreichen möchte, dessen Eintragung der vermeintliche
Berechtigte (materiell) zu Unrecht erwirkt hat (vgl. Senat, Urteil vom
5. Mai 2006 - V ZR 236/05, NJW-RR 2006, 1242 Rn. 5).

2. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungs- und Teileigentumseinheit
und damit wahre Berechtigte im Sinne von § 894 BGB, denn sie hat mit der Auflassung
und Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch gemäß § 873 Abs. 1,
§ 925 Abs. 1 BGB das Eigentum an der Einheit erworben. Anders läge es nur,
wenn der Kaufvertrag nichtig wäre und der Wirksamkeitsmangel auch die Auflassung
als dingliches Erfüllungsgeschäft erfasste. Bereits ersteres verneint das Berufungsgericht
zurecht. Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist
wirksam.
a) Der Kaufvertrag ist nicht formunwirksam. Zwar war der beurkundete
Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 120.000 € nicht gewollt und als Scheingeschäft
nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig, während der gewollte, lediglich mündlich
geschlossene Vertrag mit einem Kaufpreis von 150.000 € gemäß § 117 Abs. 2,
§ 311b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB zunächst formnichtig war. Der Formmangel
wurde aber durch die in dem notariellen Vertrag erklärte Auflassung und
die Eintragung der Klägerin in das Grundbuch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB
geheilt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Mai 1970 - V ZR 20/68, BGHZ 54, 56, 63; Urteil
vom 13. Mai 2016 - V ZR 265/14, NJW-RR 2017, 114 Rn. 29).

b) Der Kaufvertrag ist nicht nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig. Weder
verstößt der Grundstückskaufvertrag selbst gegen ein gesetzliches Verbot oder
die guten Sitten noch führt eine etwaige isolierte Nichtigkeit der Abrede über die
Unterverbriefung, d.h. die Nichtbeurkundung eines Teils des Kaufpreises in Höhe
von 30.000 €, nach § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags.
aa) Allerdings wäre ein etwaiger Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot
nicht nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, denn die Heilung nach dieser Vorschrift
bezieht sich nur auf eine zunächst bestehende Formnichtigkeit eines
Grundstückskaufvertrags. Andere Nichtigkeitsgründe, insbesondere die der
§§ 134, 138 Abs. 1 BGB, werden von der Vorschrift nicht erfasst (vgl. Senat,
Urteil vom 13. Mai 2016 - V ZR 265/14, NJW-RR 2017, 114 Rn. 30).

bb) Die Schwarzgeldabrede führt aber nicht wegen eines Verstoßes gegen
ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB unmittelbar zur Nichtigkeit des Kaufvertrages.

(1) Mangels abschließender Feststellungen des Berufungsgerichts, welchen
genauen Zweck die Parteien mit der falschen Kaufpreisangabe in dem
notariellen Kaufvertrag verfolgt haben, ist für die Revisionsinstanz zugunsten des
Beklagten davon auszugehen, dass die Unterverbriefung dazu diente, den
Finanzbehörden einen geringeren Kaufpreis vorzuspiegeln, um hierdurch Steuern
zu hinterziehen. Dass der nicht beurkundete Kaufpreisanteil in bar gezahlt
wurde, hat für sich genommen keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des
Kaufvertrages. Dabei kann dahinstehen, ob sich aus dem Barzahlungsverbot des
§ 16a Abs. 1 Satz 1 GwG etwas anderes ergeben könnte, da diese Regelung auf
einen - wie hier - vor dem 1. April 2023 geschlossenen Vertrag keine Anwendung
findet (§ 59 Abs. 11 GwG).

(2) Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags
in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich
vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag nach der ständigen Rechtsprechung
des Senats, die bereits auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts
zurückgeht (vgl. RG, WarnRspr 1921, Nr. 89; RGZ 107, 357, 364; RG, JW 1935,
420; DR 1942, 40), in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht
alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts
ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch,
d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks
und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt
ist (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588,
589; Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527 mwN). Diese
Rechtsprechung steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung anderer
Senate des Bundesgerichtshofs, nach der ein Vertrag, mit dessen Abwicklung
eine Steuerhinterziehung verbunden ist, nur dann nichtig ist, wenn die Steuerhinterziehung
den Hauptzweck des Vertrags bildet (vgl. BGH, Urteil vom
26. Juni 1997 - II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 132; Urteil vom 21. Dezember 2000
- VII ZR 192/98, NJW-RR 2001, 380, 381; Urteil vom 2. Juli 2003 - XII ZR 74/01,
NJW 2003, 2742; Urteil vom 14. Dezember 2016 - IV ZR 7/15, DNotZ 2017, 295
Rn. 35).

(3) An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung
zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen des VII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs
zu Verstößen gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit
und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - Schwarz-
ArbG) fest. Diese zum Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidungen sind entgegen
anderslautender Stimmen in Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, NJW
2023, 1891, Rn. 30 ff.; LG Münster, Urteil vom 21. November 2014 - 16 O 68/14,
juris Rn. 31 ff.) und Literatur (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl., § 117 Rn. 31;
Staudinger/Singer, BGB [2021], § 117 Rn. 27) auf Schwarzgeldabreden bei
Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar.

(a) Nach der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats ist ein unter den Anwendungsbereich
des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes fallender Vertrag ohne
weiteres in seiner Gesamtheit nichtig, wenn darin Regelungen enthalten sind, die
dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich auf Grund der
nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten
nicht erfüllt. In subjektiver Hinsicht reicht es dafür aus, dass der Unternehmer
vorsätzlich gegen seine steuerlichen Pflichten verstößt und der Besteller den Verstoß
des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Die
Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit des Vertrags tritt dabei unabhängig von dem
verfolgten Hauptzweck des Vertrags ein (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom
1. August 2013 - VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141 Rn. 12 ff.; Urteil vom 10. April 2014
- VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rn. 12; Urteil vom 11. Juni 2015 - VII ZR 216/14,
BGHZ 206, 69 Rn. 10; Urteil vom 16. März 2017 - VII ZR 197/16, BGHZ 214, 228
Rn. 18).

(b) Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind
auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar.
Das Verbotsgesetz, gegen das durch eine solche Abrede verstoßen wird,
hat eine andere Zielrichtung.

(aa) Die Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 aF (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 nF)
SchwarzArbG verbietet unmittelbar den Abschluss von Verträgen, die auf die
Nichterfüllung steuerlicher Pflichten gerichtet sind. Dies beruht darauf, dass das
Ziel des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes gemäß § 1 Abs. 1 SchwarzArbG
die Bekämpfung von Schwarzarbeit ist. Zur Erreichung dieses Zwecks will das
Gesetz nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern
im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung und des redlichen Wettbewerbs
den zu Grunde liegenden Rechtsgeschäften ihre rechtliche Wirkung nehmen. Nur
so kann der Leistungsaustausch zwischen den Vertragspartnern schlechthin unterbunden
werden (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 6/13, BGHZ
198, 141 Rn. 17 ff.; Urteil vom 16. März 2017 - VII ZR 197/16, BGHZ 214, 228
Rn. 18).

(bb) Eine entsprechende Regelung existiert für Schwarzgeldabreden beim
Abschluss eines Grundstückskaufvertrags nicht. Eine solche Abrede kann zwar,
wenn sie mit der Absicht getroffen wird, Steuern zu hinterziehen, gegen § 370
Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) verstoßen. Nach dieser Vorschrift macht sich
strafbar, wer Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche
Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern
verkürzt. Der Schutzzweck dieser Norm liegt aber - anders als beim Verbot der
Schwarzarbeit - nicht (auch) in dem Schutz des redlichen Wettbewerbs, etwa
worauf
die Revision abstellen möchte - dem Schutz anderer Kaufinteressenten,
sondern allein in der Sicherung des staatlichen Steueraufkommens (vgl. BGH,
Urteil vom 30. April 2009 - 1 StR 342/08, BGHSt 53, 311 Rn. 32; BeckOK
OWiG/Merkt [1.10.2023], § 370 AO Vor Rn. 1; Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky/
Senge, Strafrechtliche Nebengesetze [Juli 2023], A 24., § 370 AO Rn. 2; Klein/Jäger,
Abgabenordnung, 16. Aufl., § 370 Rn. 2; MüKoStGB/Schmitz/Wulf, 4. Aufl.,
§ 370 AO Rn. 9). Dieser Zweck erfordert es nicht, dem Grundstücksgeschäft
selbst die Wirksamkeit zu versagen. Darin liegt ein entscheidender Unterschied
zu Zweck und Zielrichtung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes.

(cc) Allerdings hat die Vereinbarung der Falschangabe des Kaufpreises
zum Zwecke einer nachfolgenden Steuerhinterziehung rechtlich etwas Anstößiges
(vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588,
589). Sie schlägt aber auf den gesamten Vertrag nur durch und lässt diesen
selbst nur dann als rechtlich anstößig erscheinen, wenn die verbotene Steuerhinterziehung
den von den Parteien beabsichtigten Hauptzweck des Vertrags bildet.
Nur dann widerspricht das gesamte Rechtsgeschäft den der Rechtsordnung
selbst innewohnenden rechtsethischen Werten und Prinzipien und ist wegen eines
Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (wie hier
RGZ 63, 143, 145; Senat, Urteil vom 17. Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW
1966, 588, 589; BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, NJW
2005, 1490, 1491; BeckOGK/Rehberg, BGB [1.9.2023], § 117 Rn. 49; nicht zwischen
§§ 134, 138 Abs. 1 BGB differenzierend RGZ 78, 347, 353; Senat, Urteil
vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527, 1527; Staudinger/
Fischinger/Hengstberger, BGB [1.11.2022], § 134 Rn. 188 ff.; allein auf § 134
BGB gestützt MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl., § 138 Rn. 63). Ist der Leistungsaustausch
- Grundstückseigentum gegen Kaufpreis - ernstlich gewollt und die
Steuerhinterziehung nur Nebenzweck, besteht nach der Zielrichtung des § 370
AO über die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung, so sie denn tatsächlich erfolgt,
und die Beitreibung der hinterzogenen Steuern hinaus kein Grund dafür, dem
Grundstücksgeschäft selbst die Wirksamkeit zu versagen.

(4) An der somit fortgeltenden Senatsrechtsprechung gemessen ist der
zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag nicht nach §§ 134, 138 Abs. 1
BGB nichtig.

(a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lag der Hauptzweck
des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrags nicht in der Hinterziehung
von Steuern begründet. Stattdessen war der Leistungsaustausch von den
Parteien durch die Begründung rechtsverbindlicher Verpflichtungen ernstlich gewollt
und wurde sodann auch vollzogen. Während dem Beklagten durch die Unterverbriefung
kein Steuervorteil entstanden ist, lag die Ersparnis bei der - erst
durch den Erwerbsvorgang angefallenen - Grunderwerbsteuer für die Klägerin
bei 1.500 € und trat damit ersichtlich hinter ihrem Erwerbsinteresse zurück. Die
von der Revision hiergegen erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und
als nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird abgesehen
(§ 564 Satz 1 ZPO).

(b) Dass die Zahlung des nichtbeurkundeten Bargeldbetrags von 30.000 €
dem Abschluss des Kaufvertrags zeitlich vorausging, ändert entgegen der Auffassung
der Revision an dieser rechtlichen Beurteilung nichts. Zwar mag die quittungslose
Bargeldhingabe durch die Klägerin zeitlich vor dem Beurkundungstermin,
der den für den Rechtsbindungswillen maßgeblichen Zeitpunkt darstellt (vgl.
Senat, Urteil vom 13. Mai 2016 - V ZR 265/14, NJW-RR 2017, 114 Rn. 18), einen
gewissen Vollzugsdruck für den Vertragsschluss herbeigeführt haben. Dies ändert
aber nichts daran, dass der Eigentumserwerb durch die Klägerin Hauptzweck
des Grundstückskaufvertrags war. Der ernstliche Leistungsaustauschwille
der Parteien ist durch den Abschluss des Kaufvertrages und seinen Vollzug belegt.
cc) Der Kaufvertrag ist auch nicht deswegen nichtig, weil die Schwarzgeldabrede
für sich genommen nichtig ist und sich die Nichtigkeit nach § 139 BGB
auf den gesamten Kaufvertrag erstreckt.

(1) Nach dieser Vorschrift führt die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäftes
zur Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts, sofern nicht anzunehmen
ist, dass die Parteien das Rechtsgeschäft in seinem wirksamen Teil auch
ohne den nichtigen Teil geschlossen hätten. Zweck der Regelung ist es, zu verhindern,
dass den Parteien an Stelle eines als Ganzes gewollten Rechtsgeschäfts
ein Teil ihres Geschäfts aufgedrängt wird (Senat, Urteil vom 5. Juli 2002
- V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527 unter 1.b).

(2) Wie oben ausgeführt (Rn. 12), ist für das Revisionsverfahren davon
auszugehen, dass die Abrede der Parteien, einen Teil des Kaufpreises in Höhe
von 30.000 € vorab in bar zu zahlen und nicht zu beurkunden (Schwarzgeldabrede),
dazu diente, den Finanzbehörden einen geringeren Kaufpreis vorzuspiegeln,
um hierdurch Steuern zu hinterziehen. Diese Abrede diente somit der Vorbereitung
einer Straftat nach § 370 AO. Selbst wenn sie deswegen für sich genommen
nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig gewesen sein sollte, führte dies
nicht nach § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags, weil davon auszugehen
ist, dass die Parteien den Kaufvertrag auch ohne die Schwarzgeldabrede
geschlossen hätten. Dabei kann dahinstehen, ob, wie in der Literatur teilweise
vertreten wird, die isolierte Nichtigkeit der Schwarzgeldabrede bei Grundstückskaufverträgen
zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags führt, wenn die bezweckte
Steuerhinterziehung die Preisbildung wesentlich beeinflusst hat (vgl.
MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl., § 117 Rn. 31; Staudinger/Singer, BGB [2021],
§ 117 Rn. 27). Denn dies ist vorliegend nicht der Fall.

(a) Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin habe „unwidersprochen
vorgetragen, dass sie die Wohnung auch dann erworben hätte, wenn anstelle
eines Kaufpreises von 120.000 € ein solcher von 150.000 € beurkundet worden
wäre“. Es geht folglich davon aus, dass diese Tatsache unstreitig ist. Hierbei handelt
es sich, auch wenn die Ausführungen in den Entscheidungsgründen enthalten
sind, um eine tatbestandliche Feststellung, die der Senat seiner Entscheidung
zugrunde zu legen hat (§ 559 Abs. 1 ZPO). Da der Beklagte kein eigenes
Interesse an der Unterverbriefung hatte, ist somit davon auszugehen, dass die
Parteien den Kaufvertrag auch ohne die Schwarzgeldabrede, also bei Beurkundung
des gesamten Kaufpreises, zu den gleichen Konditionen abgeschlossen
hätten.

(b) Soweit die Revision meint, die von dem Berufungsgericht getroffene
Feststellung sei unzutreffend, das Vorbringen der Klägerin zu ihrem hypothetischen
Willen habe sich nicht auf den Zeitpunkt der notariellen Beurkundung, sondern
auf den Zeitpunkt der ersten Vertragsanbahnung bezogen, führt dies zu keiner
anderen Beurteilung. Denn eine solche Unrichtigkeit der von dem Berufungsgericht
getroffenen Feststellung hätte nur im Berichtigungsverfahren nach § 320
ZPO geltend gemacht werden und erfolgen können (vgl. Senat, Urteil vom
11. März 2022 - V ZR 77/21, NJW-RR 2022, 803 Rn. 19 mwN). Einen Tatbestandsberichtigungsantrag
hat der Beklagte jedoch nicht gestellt.

3. Da die Schwarzgeldabrede schon nicht zur Unwirksamkeit des Kaufvertrags
führt, kann dahinstehen, ob sie darüber hinaus zur Nichtigkeit der Auflassung
geführt hätte. Dies erscheint allerdings fraglich. Denn der Verstoß eines
Rechtsgeschäfts gegen ein Verbotsgesetz oder gegen die guten Sitten führt, abgesehen
von dem hier nicht einschlägigen Fall des § 138 Abs. 2 BGB, grundsätzlich
nur zur Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts, nicht auch zur Nichtigkeit
des Erfüllungsgeschäfts. Anders liegt es nur, wenn das Verbotsgesetz gerade
auch das Erfüllungsgeschäft verhindern will oder wenn der Verstoß gegen die
guten Sitten auch im Erfüllungsgeschäft selbst liegt (vgl. Senat, Urteil vom
17. September 2004 - V ZR 339/03, LKV 2005, 84, insoweit nicht abgedruckt in
BGHZ 160, 240). Die Regelung in § 370 AO schützt indes (allein) den staatlichen
Steueranspruch, d.h. das rechtzeitige und vollständige Steueraufkommen jeder
einzelnen Steuerart (siehe oben Rn. 18); ihr Ziel ist es nicht, die - für sich genommen
nicht anstößige - Übertragung von Grundeigentum zu verhindern.
4. Aufgrund des wirksamen Eigentumsübergangs auf die Klägerin ist in
der Folge die Eintragung des hiergegen gerichteten Widerspruchs zu Gunsten
des Beklagten im Grundbuch materiell zu Unrecht erfolgt, sodass die Klägerin
die Löschung des Widerspruchs entsprechend § 894 BGB von dem Beklagten
verlangen kann.

II. Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des Berufungsgerichts,
der Rechtsstreit habe sich hinsichtlich der erstinstanzlich begehrten Feststellung
des Annahmeverzugs des Beklagten erledigt. Nach den unangegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die von der Klägerin ausdrücklich
angebotene Rückzahlung bzw. nochmalige Zahlung der 120.000 € mit
Schreiben vom 11. November 2019 abgelehnt. Damit hat das wörtliche Angebot
der Klägerin ihn gemäß § 295 Satz 1 BGB in Annahmeverzug versetzt. Durch die
im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgte Zahlung des Notars an den
Beklagten in Höhe von 120.000 € gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen
die Klägerin ist der Zahlungsanspruch des Beklagten nach § 362 Abs. 1 BGB
erloschen. Damit ist zugleich auch das vormals wegen des angekündigten Zugum-
Zug-Antrags bestehende vollstreckungsrechtliche Interesse der Klägerin an
der Feststellung des Annahmeverzugs entfallen.

C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

15.03.2024

Aktenzeichen:

V ZR 115/22

Rechtsgebiete:

Unternehmenskauf
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 134, 138