Schleswig-Holstein: Genehmigungserfordernis bei Teilung eines Waldgrundstücks; Prüfungskompetenz des Grundbuchamts
letzte Aktualisierung: 12.5.2023
OLG Schleswig, Beschl. v. 29.3.2023 – 2 Wx 9/23
WaldG SG § 11 Abs. 1 S. 1
Schleswig-Holstein: Genehmigungserfordernis bei Teilung eines Waldgrundstücks;
Prüfungskompetenz des Grundbuchamts
1. Eine Genehmigung gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 WaldG SH ist nur dann erforderlich, wenn ein
Waldgrundstück geteilt wird und eines der dadurch entstehenden Teilgrundstücke kleiner als drei
Hektar ist. Die Teilung eines Waldgrundstückes setzt voraus, dass (erstens) ein
Grundbuchgrundstück geteilt wird und (zweitens) infolge der Abschreibung des Grundstücksteils
eine vorher zu einem Grundbuchgrundstück gehörende Waldfläche nun auf mehrere
Grundbuchgrundstücke verteilt wird.
2. Das Grundbuchamt kann die Vorlage einer Genehmigung – alternativ einer Erklärung, dass eine
Genehmigung nicht erforderlich ist (sog. Negativbescheinigung), durch die Forstbehörde verlangen,
wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Genehmigung erforderlich sein könnte. Liegen
tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass durch die Teilung eines Grundstückes ein
Waldgrundstück gemäß § 11 Abs. 1 WaldG SH geteilt wird, obliegt es nicht dem Grundbuchamt,
abschließend zu klären, ob durch die Abschreibung doch kein Waldgrundstück geteilt wird oder die
Genehmigungsbedürftigkeit gegebenenfalls aus anderen Gründen entfällt.
Gründe
I.
Die Antragsteller haben einen Vermächtniserfüllungsvertrag vom ...2022 (UVZ-Nr. …/2022 des
Notars T1 aus X) beim Grundbuchamt eingereicht, wonach sich der Antragsteller zu 1
verpflichtet hat, der Antragstellerin zu 2 ein Wohnungsrecht gem.
einem Einfamilienhaus bebauten Flurstück …6 der Flur … der Gemarkung Y, eingetragen unter
Bestandsnummer … im Grundbuch von Y Blatt … zu gewähren. Da nur das bebaute Flurstück
mit dem Wohnungsrecht belastet werden soll, haben die Antragsteller die Abschreibung des
Flurstückes …6 vom Bestand Nr. … und die Buchung unter eigener Bestandsnummer bewilligt
und beantragt.
Unter derselben Bestandsnummer ist im Grundbuch neben weiteren auch das Flurstück …8 der
Flur … der Gemarkung Y (ausweislich des Grundbuchs: eine Waldfläche) gebucht.
Mit Verfügung vom 02.12.2022 hat das Grundbuchamt die Vorlage einer Teilungsgenehmigung
des zuständigen Forstamtes nach § 11 WaldG SH gefordert.
Daraufhin haben die Antragsteller die Erklärung des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt
und ländliche Räume (LLUR) - untere Forstbehörde - vom 11.01.2023 eingereicht, wonach
durch den vorgelegten Vermächtniserfüllungsvertrag keine Waldteilung nach § 11 WaldG SH
vollzogen werde und daher auch keine Genehmigung nach § 11 WaldG SH erforderlich sei. Die
Erklärung ist nicht mit einem Dienstsiegel versehen.
Mit der angegriffenen Zwischenverfügung vom 31.01.2023 hat das Grundbuchamt des
Amtsgerichts Elmshorn den Antragstellern aufgegeben, eine gesiegelte Teilungsgenehmigung
bzw. ein gesiegeltes Negativattest des zuständigen Forstamtes gemäß § 11 WaldG SH
vorzulegen, da in dem zu teilenden Grundstück eine Waldfläche gebucht sei.
Hiergegen haben die Antragsteller am 08.02.2023 Beschwerde eingelegt. Die Erklärung sei nicht
mit einem Dienstsiegel versehen, weil das LLUR in der Zwischenzeit „umfirmiert" habe und die
neuen Dienstsiegel nach Auskunft des Sachbearbeiters noch nicht vorgelegen hätten.
Grundstück im Sinne des § 11 WaldG SH sei nur das als „Waldfläche" im Grundbuch gebuchte
Flurstück, nicht aber das „Grundstück“ im grundbuchrechtlichen Sinne. Durch die bloße
Abschreibung eines Nicht-Waldflurstückes von einem Grundbuchbestand werde keine
Waldfläche im Sinne des WaldG SH geteilt.
Mit Beschluss vom 24.02.2023 hat das Grundbuchamt des Amtsgerichts Elmshorn der
Beschwerde nicht abgeholfen. Die Genehmigung sei erforderlich, da in § 11 WaldG SH klar
geregelt sei, dass die Teilung eines Grundstücks (nicht Flurstücks) der Genehmigung bedürfe.
Werde eine Genehmigung durch die zuständige Behörde nicht für erforderlich gehalten, müsse
eine entsprechende Erklärung (hier als Negativbescheinigung bezeichnet) vorgelegt werden.
Diese Erklärungen bedürften der Form des
handelt. Bislang sei lediglich eine ungesiegelte Erklärung der unteren Forstbehörde eingereicht
worden. In den Fällen, in denen wegen Umstrukturierung der Behörde kurzfristig kein Siegel
beigedrückt werden konnte, sei das neu erteilte Siegel nachgesetzt worden.
Mit Stellungnahme vom 08.03.2023 hat der Notar für die Beschwerdeführer dahingehend
Stellung genommen, die Forstbehörde habe bislang in jedem ihm bekannten Fall darauf
abgestellt, ob ein Flurstück geteilt worden sei, das als Wald bezeichnet worden sei. Soweit dies
nicht der Fall gewesen sei, habe die Forstbehörde stets mitgeteilt, dass es der vom
Grundbuchamt geforderten Teilungsgenehmigung nicht bedürfe. Träfe die Auffassung der
Forstbehörde zu, könnte das Grundbuchamt die Prüfung ebenso gut selbst vornehmen und
allen Beteiligten die überflüssige Einholung der „Negativbescheinigung" ersparen. Träfe die
Auffassung des Grundbuchamtes zu, müsste die Forstbehörde ihre gängige Praxis umstellen und
immer dann, wenn eine Waldfläche unter derselben Grundbuchnummer wie der
Vertragsgegenstand gebucht ist, eine Teilungsgenehmigung erteilen. Das gängige Verfahren der
„Negativbescheinigung" sei hingegen dogmatisch nicht begründbar.
II.
Die gemäß
Zwischenverfügung ist unbegründet.
Das Grundbuchamt hat den Antragstellern mit der angegriffenen Zwischenverfügung zu Recht
aufgegeben, eine gemäß
eine entsprechende gesiegelte Erklärung der Behörde, dass eine Genehmigung nicht erforderlich
ist (sog. Negativbescheinigung), vorzulegen.
Vorliegend hat das Grundbuchamt zu Recht auf eine Erklärung der Forstbehörde gemäß § 11
WaldG SH bestanden.
Das Grundbuchamt darf eine Eintragung in das Grundbuch erst dann vornehmen, wenn der
Genehmigungsbescheid oder ein Negativattest nachgewiesen ist, § 11 Abs. 3 WaldG SH (vgl.
Meikel-Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 7 Rn. 13; Lemke-Schneider, GBO, 3. Aufl., § 7 Rn. 46).
Dabei ist eine Genehmigung gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 WaldG SH nur dann erforderlich, wenn ein
Waldgrundstück geteilt wird und eines der dadurch entstehenden Teilgrundstücke kleiner als
drei Hektar ist. Die Teilung eines Waldgrundstückes setzt voraus, dass (erstens) ein
Grundbuchgrundstück geteilt wird und (zweitens) infolge der Abschreibung des
Grundstücksteils eine vorher zu einem Grundbuchgrundstück gehörende Waldfläche nun auf
mehrere Grundbuchgrundstücke verteilt wird (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht,
Beschluss vom 15. Juni 1977 – BReg 2 Z 17/76 –, Rn. 12, juris zu Art. 17 BayWaldG a.F.).
Danach könnte es vorliegend bereits an einer genehmigungsbedürftigen Teilung eines
Waldgrundstücks fehlen, weil ausweislich des Grundbuches nur ein Flurstück als Waldfläche im
Grundbuch ausgewiesen ist.
Das Grundbuchamt konnte gleichwohl die Vorlage einer Genehmigung - alternativ einer
Erklärung, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist (sog. Negativbescheinigung), durch die
Forstbehörde verlangen, weil vorliegend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Genehmigung
erforderlich sein könnte.
Liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass durch die Teilung eines Grundstückes ein
Waldgrundstück gemäß § 11 Abs. 1 WaldG SH geteilt wird, obliegt es nicht dem
Grundbuchamt, abschließend zu klären, ob durch die Abschreibung auch tatsächlich kein
Waldgrundstück geteilt wird oder die Genehmigungsbedürftigkeit gegebenenfalls aus anderen
Gründen entfällt.
Ist zumindest ein Flurstück eines Grundbuchgrundstückes als Waldfläche im Grundbuch
verzeichnet reicht dies regelmäßig aus, eine abschließende Klärung durch die zuständige
Fachbehörde zu verlangen. Schließlich ist es durchaus naheliegend, dass sich die vormals im
Grundbuch erfassten Nutzungsarten von den tatsächlichen aktuellen Gegebenheiten
unterscheiden. Wenn das Grundbuchamt gezwungen wäre, allein auf Grundlage der Angaben
zur Wirtschaftsart im Grundbuch zu entscheiden, dass keine Genehmigung erforderlich ist, wäre
dies wenig sachgerecht, zumal die Angaben im Grundbuch zur Wirtschaftsart ihre Bedeutung
verloren haben und häufig nicht mehr aktuell sind (vgl. insoweit Schöner/Stöber GrundbuchR,
Rn. 583b, beck-online). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn im Einzelfall
offenkundig und für das Grundbuchamt erkennbar kein Waldgründstück geteilt wird. Dies ist
im vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich.
Soweit die Beschwerdeführer meinen, das gängige Verfahren einer Negativbescheinigung sei
nicht begründbar, greift der Einwand zu kurz. Auch in einem Fall, wie dem hier zu
entscheidenden, in dem das Forstamt zu dem Ergebnis kommt, dass eine Genehmigung nicht
erforderlich ist, ist die Bescheinigung dieses Ergebnisses in Form eines „Negativbescheides“
eine sinnvolle Vorgehensweise. Anders als die Beschwerdeführer meinen, macht es einen
entscheidenden Unterschied, ob das Grundbuchamt die Frage eines
Genehmigungserfordernisses überprüft oder die Forstbehörde. Das Grundbuchamt hat
regelmäßig weder die erforderliche Fachkenntnis noch die erforderlichen Tatsachenkenntnisse
um etwaige Grenzfälle zu erkennen und richtig zu beurteilen. In den Forstämtern hingegen sind
Personen mit den entsprechenden Fachkenntnissen, die regelmäßig auch zusätzliches
tatsächliches Wissen haben oder darauf zugreifen können (etwa zusätzliches Daten-
/Kartenmaterial) und am besten geeignet sind, sich im Zweifel fehlende Erkenntnisse zu
beschaffen.
Schließlich ist die Vorlage eines Negativattests als Alternative zur Genehmigung allgemein
anerkannt (vgl. Meikel-Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 7 Rn. 13; Lemke-Schneider, GBO, 3. Aufl.,
§ 7 Rn. 46: Das Grundbuchgericht darf eine Eintragung in das Grundbuch erst dann
vornehmen, wenn der Genehmigungsbescheid oder ein Negativattest nachgewiesen ist, § 11
Abs. 3 WaldG SH).
Das vorgelegte Schreiben des LLUR vom 11.01.2023 ist nicht ausreichend, weil es nicht den
(Form-)Anforderungen des
fehlt es an einem entsprechenden Siegel oder Stempel.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Schleswig
Erscheinungsdatum:29.03.2023
Aktenzeichen:2 Wx 9/23
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
WaldG SG § 11 Abs. 1 S. 1