BGH 19. Oktober 2023
V ZB 8/23
BGB §§ 891 Abs. 1, 892 Abs. 1 S. 2; GBO § 35 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2

Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ggü. dem Grundbuchamt; Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers; Ungeeignetheit des eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks zum Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers

letzte Aktualisierung: 11.1.2024
BGH, Beschl. v. 19.10.2023 – V ZB 8/23

BGB §§ 891 Abs. 1, 892 Abs. 1 S. 2; GBO § 35 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2
Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ggü. dem
Grundbuchamt; Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers; Ungeeignetheit des
eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks zum Nachweis der Befugnis des
Testamentsvollstreckers

1a. Das Grundbuchamt darf zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers
nach § 35 Abs. 2 Hs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GBO ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder
Europäisches Nachlasszeugnis nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes
wegen Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des
Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können.
1b. Ist ein nachlassgerichtliches Verfahren anhängig, in dem das Nachlassgericht Zweifeln an der
Testierfähigkeit des Erblassers bei Errichtung des Testaments oder sonstigen Einwänden gegen die
Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nachgeht, muss das Grundbuchamt die beantragte
Eintragung der durch eine Verfügung des Testamentsvollstreckers bewirkten Rechtsänderung davon
abhängig machen, dass dessen Verfügungsbefugnis durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder
Europäisches Nachlasszeugnis nachgewiesen wird.
2. Der in dem Grundbuch eingetragene Testamentsvollstreckervermerk nach § 52 GBO soll
lediglich negativ die Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Erben kundtun und auf diese Weise
verhindern, dass ein Dritter in Unkenntnis der Testamentsvollstreckung das Eigentum an dem
Grundstück gutgläubig von dem oder den Erben erwirbt. Er ist daher nicht geeignet, gegenüber
dem Grundbuchamt den nach § 35 Abs. 2 GBO erforderlichen Nachweis der Befugnis des
Testamentsvollstreckers zur Verfügung über das Nachlassgrundstück zu erbringen, und vermittelt
keinen guten Glauben an das Bestehen oder Fortbestehen der Verfügungsbefugnis des
Testamentsvollstreckers über das Nachlassgrundstück.

Gründe:

I.
Der Beteiligte zu 1 ist in dem notariellen Testament der früheren Eigentümerin
des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks (nachfolgend
Erblasserin) aus dem Jahr 2013 zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Die
Erblasserin verstarb im Januar 2020. Sie hatte testamentarisch drei Personen zu
Erbinnen eingesetzt (nachfolgend testamentarische Erbinnen), die im Mai 2020
als Eigentümerinnen des Grundstücks in Erbengemeinschaft in das Grundbuch
eingetragen wurden. Zugleich wurde in das Grundbuch der Vermerk eingetragen,
dass die Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Mit notariellem Vertrag vom
4. November 2020 verkaufte der Beteiligte zu 1 als Testamentsvollstrecker ohne
Beteiligung der testamentarischen Erbinnen das Grundstück an den Beteiligten
zu 2, für den in der Folge eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch einge-
tragen wurde. Im Februar 2021 übersandte das Nachlassgericht dem Grundbuchamt
auszugsweise einen Schriftsatz, mit dem der Rechtsanwalt des Bruders
der Erblasserin für diesen die Erteilung eines Erbscheins beantragt hatte mit der
Begründung, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments testierunfähig
gewesen und die im Testament enthaltenen letztwilligen Verfügungen würden
angefochten. Im Mai 2021 beantragte der hierzu bevollmächtigte Notar die Umschreibung
des Grundstückseigentums auf den Beteiligten zu 2.

Mit Zwischenverfügung vom 30. Juli 2021 hat das Grundbuchamt dem
Notar aufgegeben, zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1
ein Testamentsvollstreckerzeugnis gemäß § 2368 BGB einzureichen. Die gegen
diese Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hat
das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde
verfolgt der Beteiligte zu 1 den Eigentumsumschreibungsantrag weiter.

II.
Das Beschwerdegericht meint, das Grundbuchamt habe zu Recht die Vorlage
eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangt. Zwar könne nach § 35
Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 GBO zum Nachweis der Verfügungsbefugnis
eines Testamentsvollstreckers genügen, wenn er in einer öffentlich beurkundeten
Verfügung von Todes wegen ernannt sei und dieses dem Grundbuchamt nebst
Eröffnungsprotokoll mit einem Nachweis über die Annahme des Amtes vorgelegt
werde. Ergäben sich allerdings ernsthafte, auf Tatsachen gegründete Zweifel bei
der Prüfung der die Bestimmung zum Testamentsvollstrecker enthaltenden letztwilligen
Verfügung, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers
oder über tatsächliche Verhältnisse geklärt werden könnten, könne die
Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangt werden. So liege es
hier, weil der Bruder der Erblasserin vor dem Nachlassgericht genügende Anhaltspunkte
für deren Testierunfähigkeit vorgetragen habe. Zwar habe der von
dem Nachlassgericht beauftragte Sachverständige die Testierunfähigkeit der
Erblasserin nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen können. Der Bruder der
Erblasserin habe aber eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens verlangt.
Zudem habe er im Erbscheinsverfahren die Anfechtung des Testaments
nach § 2078 BGB erklärt, zu der das Nachlassgericht noch weitere Ermittlungen
anstelle. Der Nachweis der Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 sei auch
nicht deshalb entbehrlich, weil im Grundbuch ein Testamentsvollstreckervermerk
eingetragen sei. Denn weder beziehe sich die Vermutung aus § 891 Abs. 1 BGB
auf einen solchen Vermerk noch werde der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis
des Testamentsvollstreckers durch § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB geschützt,
so dass der Beteiligte zu 2 die für ihn eingetragene Auflassungsvormerkung nicht
gutgläubig erworben habe.

III.
Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78
Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Zwischenverfügung des Grundbuchamts
sei zu Recht ergangen, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Das Grundbuchamt durfte die beantragte Eintragung davon abhängig
machen, dass der antragstellende Notar zum Nachweis der Verfügungsbefugnis
des Beteiligten zu 1 ein Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB einreicht.
a) Die beantragte Eigentumsumschreibung setzt nach §§ 19, 20 GBO den
Nachweis der Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Rechts-
übergang (§ 925 Abs. 1 BGB) und der Bewilligung des in seinem Recht Betroffenen
in der Form des § 29 GBO voraus. Dabei korrespondiert die Befugnis zur
Abgabe der Eintragungsbewilligung mit der materiellen Verfügungsbefugnis. Erklärt
ein Testamentsvollstrecker Auflassung und Bewilligung in Bezug auf ein
Nachlassgrundstück, hat das Grundbuchamt daher seine Verfügungsbefugnis zu
prüfen. Die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen
Nachlassgegenstand ist nach § 35 Abs. 2 Hs. 1 GBO nur auf Grund des in § 2368
BGB vorgesehenen Testamentsvollstreckerzeugnisses oder eines - hier nicht relevanten
- Europäischen Nachlasszeugnisses (vgl. hierzu Art. 63 Abs. 1 und
Abs. 2 lit. c EuErbVO sowie Staudinger/Herzog, BGB [2023], § 2368 Rn. 8) als
nachgewiesen anzusehen. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von
Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es nach
§ 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 GBO, wenn an Stelle des Zeugnisses
die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt
werden. Erachtet das Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis durch diese Urkunden
nicht für nachgewiesen, so kann es nach § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1
Satz 2 Hs. 2 GBO die Vorlegung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangen.
Die Regelungen entsprechen somit weitgehend denen über den Nachweis
der Erbfolge durch Erbschein bzw. Verfügung von Todes wegen in § 35
Abs. 1 GBO (siehe hierzu Senat, Beschluss vom 17. Februar 2022 - V ZB 14/21,
NJW-RR 2022, 657 Rn. 5).

b) Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass das Grundbuchamt die
Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 durch das notarielle Testament der Erblasserin,
das Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts und die beglaubigte Abschrift
der Bestätigung des Nachlassgerichts über die Annahme des Amtes zu
Recht als nicht hinreichend nachgewiesen angesehen hat, weil Zweifel an der

Testierfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des die Anordnung der Testamentsvollstreckung
enthaltenden Testaments und damit an dessen Wirksamkeit
bestanden, ist nicht zu beanstanden.

aa) Nach nahezu einhelliger Ansicht darf das Grundbuchamt einen Erbschein
bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis (nur) verlangen, wenn sich bei
der Prüfung der Verfügung von Todes wegen Zweifel tatsächlicher Art ergeben,
die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die
tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können (vgl. BayObLG, ZEV 2000,
233, 234; OLG Köln, FGPrax 2000, 89, 90; OLG Hamm, FGPrax 2001, 9; OLG
Frankfurt, NJW-RR 2005, 380, 381; OLG Schleswig, FGPrax 2006, 248; OLG
München, MittBayNot 2009, 53, 54; OLG Zweibrücken, FGPrax 2011, 176; OLG
Düsseldorf, NJOZ 2012, 1531, 1532; OLG Naumburg, NJOZ 2014, 5; BeckOK
GBO/Wilsch [1.8.2023], § 35 Rn. 148; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 35 Rn. 39,
Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 117, 187; DNotI-Report 14/2006,
S. 111). Dabei sollen, wovon auch das Beschwerdegericht ausgeht, entfernte
abstrakte Möglichkeiten, die das aus der Verfügung hervorgehende Erbrecht
bzw. - hier - die in der Verfügung getroffene Anordnung der Testamentsvollstreckung
nur unter ganz besonderen Umständen in Frage stellen, ebenso wenig
ausreichen wie bloße Behauptungen oder Vermutungen (vgl. etwa OLG Schleswig,
aaO S. 249; OLG Naumburg, aaO S. 6; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 35
Rn. 39; aA wohl nur Burandt/Rojahn/Egerland, GBO, 4. Aufl., § 35 Rn. 12: Grundverlangen).
Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers sind nach herrschender
Meinung nicht schon durch die generelle Gefahr begründet, dass letztwillige Verfügungen
wegen Testierunfähigkeit unwirksam sein können (vgl. § 2229 Abs. 4
BGB); ebenso wenig reichten auch insoweit bloße Behauptungen oder Vermutungen.
Anlass, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen, bestehe vielmehr
erst dann, wenn auf Tatsachen gegründete konkrete Zweifel an der Testierfähigkeit
des Erblassers, etwa aufgrund eines fachärztlichen Gutachtens oder eines
Urteils, gegeben seien (vgl. OLG München, NJW-RR 2015, 138 Rn. 7; OLG
Oldenburg, FamRZ 2017, 1431, 1432; OLG Düsseldorf, FGPrax 2018, 252, 253;
OLG Schleswig, DNotZ 2023, 356 Rn. 11; Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl.,
§ 35 Rn. 135 f.; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 35 Rn. 39a; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht,
8. Aufl., § 35 GBO Rn. 111; BeckOK GBO/Wilsch [1.8.2023], § 35
Rn. 124; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 788; Kroiß/Horn/
Solomon/Imre, Nachfolgerecht, 2. Aufl., § 35 GBO Rn. 50). Das Oberlandesgericht
Celle hat in einer älteren Entscheidung noch weitergehend angenommen,
das Grundbuchamt sei nur dann berechtigt, die Beibringung eines Erbscheins zu
verlangen, wenn durch ein erstinstanzliches gerichtliches Urteil die Nichtigkeit
des Testaments festgestellt sei (NJW 1961, 562). Diese Entscheidung ist jedoch
vereinzelt geblieben.

bb) Der herrschenden Meinung ist insoweit zuzustimmen, als die bloße
abstrakte Möglichkeit, dass der Erblasser bei der Errichtung des Testaments testierunfähig
gewesen sein könnte, für sich genommen kein hinreichender Grund
dafür ist, die Vorlage eines Erbscheins bzw. Testamentsvollstreckerzeugnisses
zu verlangen.

(1) Wortlaut und Systematik von § 35 Abs. 1 und 2 GBO sprechen dafür,
dass es nicht gänzlich im Belieben des Grundbuchamtes steht, die Vorlage eines
Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses zu verlangen. Allerdings
kann nach dieser Vorschrift der Nachweis der Erbfolge und der Verfügungsbefugnis
des Testamentsvollstreckers - von der hier nicht einschlägigen Ausnahme
in § 35 Abs. 3 GBO abgesehen -
mentsvollstreckerzeugnis geführt werden. Die Vorlage dieser Urkunden stellt
also die Regel und der Nachweis der Verfügungsbefugnis durch Verfügung von
Todes wegen und Niederschrift über die Eröffnung die Ausnahme dar. Indem das
Gesetz vorsieht, dass das Grundbuchamt die Vorlegung eines Erbscheins, Europäischen
Nachlasszeugnisses oder Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangen
kann, wenn es die Erbfolge bzw. Verfügungsbefugnis durch die Verfügung
von Todes wegen nicht für nachgewiesen hält, wird ihm lediglich die Möglichkeit
eröffnet, zu der Regel zurückzukehren und den Nachweis zu fordern, der im
Grundsatz ohnehin zu erbringen ist. Zudem ist dem Grundbuchamt sowohl auf
Tatbestandsseite der Regelung über die Rückausnahme (§ 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m.
Abs.
rmessen
ist allerdings pflichtgemäß auszuüben. Das Grundbuchamt darf nicht
ohne nachvollziehbaren Grund einen Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis
verlangen. Das Grundbuchamt darf daher zum Nachweis der Verfügungsbefugnis
des Testamentsvollstreckers nach § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1
Satz 2 Hs. 2 GBO ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäisches Nachlasszeugnis
nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes
wegen Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über
den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden
können.

Zu solchen Ermittlungen ist nicht das Grundbuchamt, sondern allein das
Nachlassgericht befugt. In dem Antragsverfahren beim Grundbuchamt können
nach § 29 Abs. 1 GBO die für die Eintragung erforderlichen Erklärungen nur
durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden, andere Eintragungsvoraussetzungen,
soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, nur
durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. Das Grundbuchamt ist daher
zur Anstellung eigener Ermittlungen weder berechtigt noch verpflichtet (vgl. Senat,
Beschluss vom 13. Juli 1959 - V ZB 6/59, BGHZ 30, 255, 258; Beschluss
vom 28. April 1961 - V ZB 17/60, BGHZ 35, 135, 139; Beschluss vom 11. Oktober
2012 - V ZB 2/12, BGHZ 195, 120, Rn. 16; Beschluss vom 13. Juni 2013
- V ZB 94/12, ZWE 2013, 402 Rn. 10; Beschluss vom 2. Juni 2016 - V ZB 3/14,
DNotZ 2016, 934 Rn. 11; Beschluss vom 10. Februar 2022 - V ZB 87/20, NJWRR
2022, 1241 Rn. 30; zur Berücksichtigung von Erfahrungssätzen im Grundbuchverfahren
Senat, Beschluss vom 15. Juni 2023 - V ZB 12/22, NZM 2023,
641 Rn. 20).

(2) Die durch einen Dritten - etwa einen gesetzlichen Erben - aufgestellte
schlichte Behauptung oder Vermutung, der Erblasser sei testierunfähig gewesen,
begründet für sich genommen keine Zweifel an der Testierfähigkeit, macht keine
weiteren Ermittlungen erforderlich und kann daher das Verlangen nach einem
Erbschein oder Testamentsvollstreckerzeugnis nicht rechtfertigen. Anderenfalls
wäre die durch § 35 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 (i.V.m. Abs. 2 Hs. 2) GBO eröffnete
Möglichkeit, die Erbfolge bzw. Verfügungsbefugnis durch die genannten Unterlagen
nachzuweisen, faktisch entwertet (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Februar
2022 - V ZB 14/21, WM 2023, 396 Rn. 11 f., 18). Zudem ist der Grundsatz,
dass die Störung der Geistestätigkeit und damit die Testierunfähigkeit die Ausnahme
und die Testierfähigkeit die Regel ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November
2011 - IV ZR 49/11, ZEV 2012, 100 Rn. 21), auch im grundbuchrechtlichen
Antragsverfahren zu beachten. Deswegen darf das Grundbuchamt einen
Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis nur verlangen, wenn konkrete,
durch Tatsachen untermauerte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der
Erblasser bei der Errichtung des Testaments testierunfähig war. Solchen Anhaltspunkten
nachzugehen und weitere Ermittlungen zur Testierfähigkeit des
Erblassers anzustellen, ist nicht Aufgabe des Grundbuchamtes im Verfahren
über einen Eintragungsantrag. Bestehen konkrete, auf Tatsachen gestützte
Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bei der Errichtung des Testaments,
kann eine abschließende Klärung nur durch das Nachlassgericht erfolgen,
namentlich in einem Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses,
oder - hier nicht relevant - durch das Zivilgericht in
einem Erkenntnisverfahren, in dem die Unwirksamkeit des Testaments geltend
gemacht wird.

cc) Ist ein nachlassgerichtliches Verfahren anhängig, in dem das Nachlassgericht
Zweifeln an der Testierfähigkeit des Erblassers bei Errichtung des
Testaments oder sonstigen Einwänden gegen die Wirksamkeit der letztwilligen
Verfügung nachgeht, muss das Grundbuchamt die beantragte Eintragung der
durch eine Verfügung des Testamentsvollstreckers bewirkten Rechtsänderung
davon abhängig machen, dass dessen Verfügungsbefugnis durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis
oder ein Europäisches Nachlasszeugnis nachgewiesen
wird.

(1) Sieht sich das Nachlassgericht in einem bei ihm anhängigen Verfahren,
etwa - wie hier - über den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins mit einer von
dem Testament abweichenden Erbfolge, veranlasst, Ermittlungen zur Testierfähigkeit
des Erblassers oder zur Wirksamkeit einer erklärten Anfechtung der letztwilligen
Verfügung anzustellen, entspricht es der Verteilung der Aufgaben und
funktionellen Zuständigkeiten zwischen Nachlassgericht und Grundbuchamt,
dass dieses, wenn es Kenntnis von dem nachlassgerichtlichen Verfahren und
den dort erhobenen Einwänden erlangt, dessen Ausgang und die damit verbundene
Klärung der Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung abwartet.

(a) Wird im Erbscheinsverfahren die Testierunfähigkeit des Erblassers eingewandt,
hat das Nachlassgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht aus
§ 26 FamFG nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu befinden, ob hinreichende
Anhaltspunkte für die Testierunfähigkeit bestehen und welche Ermittlungsansätze
ggf. am ehesten Erfolg versprechen (zutreffend OLG Karlsruhe,
FamRZ 2015, 1926, 1927; BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel
[1.8.2023], § 26 Rn. 19c; vgl. zum Betreuungsrecht BGH, Beschluss vom 29. Juli
2020 - XII ZB 106/20, NJW 2021, 63 Rn. 14). Nichts Anderes gilt im Verfahren
über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, auf das nach § 2368
Satz 2 Hs. 1 BGB, § 354 FamFG die Regelungen über das Erbscheinsverfahren
Anwendung finden. Auch in diesem Verfahren ist die Gültigkeit der Verfügung
von Todes wegen, mit der die Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, zu
prüfen, namentlich auch die Wirksamkeit einer erklärten Anfechtung nach den
§§
(vgl. MüKoBGB/Grziwotz, 9. Aufl., § 2368 Rn. 12).

(b) In dem Verfahren über den Antrag auf Vornahme einer Eintragung in
das Grundbuch (vgl. § 13 GBO) gilt § 26 FamFG hingegen nicht (vgl. Demharter,
GBO, 33. Aufl., § 1 Rn. 66; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 13 GBO
Rn. 18; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Einl. C Rn. 95). Das Grundbuchamt ist
- wie oben dargestellt (Rn. 12) - zu eigenen Ermittlungen weder verpflichtet noch
berechtigt. Es hat demzufolge auch die Entscheidungen des Nachlassgerichts
über das Ob und Wie der Sachaufklärung in Bezug auf die Wirksamkeit der letztwilligen
Verfügung nicht zu überprüfen. Das Grundbuchamt hat namentlich nicht
etwa zu hinterfragen, ob das Nachlassgericht zu Recht entschieden hat, ein
schriftliches Sachverständigengutachten zur Testierfähigkeit des Erblassers einzuholen,
dem Sachverständigen nach Vorlage des Gutachtens ergänzende Fragen
vorzulegen oder Zeugen zu der Frage zu vernehmen, ob der Erblasser über
den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung im Irrtum war oder zu der Verfügung
widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Vielmehr muss das Grundbuchamt
dem Antragsteller in diesem Fall im Wege der Zwischenverfügung (§ 18
GBO) aufgeben, zum Nachweis der Erbfolge einen Erbschein bzw. - wie geschehen
- zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ein
Testamentsvollstreckerzeugnis vorzulegen. Dem Antragsteller steht es sodann
frei, ob er dem nachkommt oder den Ausgang des nachlassgerichtlichen Verfahrens
und die damit verbundene Klärung der Wirksamkeit des Testaments abwartet.
Wartet der Antragsteller den Ausgang des nachlassgerichtlichen Verfahrens
ab, gibt die abschließende Entscheidung des Nachlassgerichts sodann die
Richtung für das weitere Antragsverfahren beim Grundbuchamt vor. Versagt das
Nachlassgericht die Erteilung des Erbscheins mit einer von dem Testament abweichenden
Erbfolge, weil es das Testament für wirksam hält, kommt dieser Entscheidung
zwar nicht der öffentliche Glaube zu, der dem Erbschein nach den
§§ 2366, 2367, 2368 Satz 2 Hs. 1 BGB beiwohnt; die Entscheidung entfaltet
keine unmittelbare Bindungswirkung für das Grundbuchverfahren. Regelmäßig
werden die Zweifel an der Testierfähigkeit aber auch für das Grundbuchamt ausgeräumt
sein und kann die Eintragung auf der Grundlage der letztwilligen Verfügung
vorgenommen werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 GBO). Erteilt das Nachlassgericht
den Erbschein hingegen abweichend von dem Testament, weil es
dieses für unwirksam hält, entfaltet die Entscheidung jedenfalls Tatbestandswirkung
für das Grundbuchverfahren (vgl. Bauer/Schaub/Bauer, 5. Aufl., GBO § 13
Rn. 90 mwN). Die Eintragung einer Rechtsänderung, die auf einer Verfügung der
testamentarischen Erben oder des im Testament bestimmten Testamentsvollstreckers
beruht, kommt dann aufgrund der anderweitig festgestellten Erbfolge
bzw. der Unwirksamkeit des Testaments nicht mehr in Betracht.

Entsprechendes gilt in dem Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.
Wird es erteilt und beim Grundbuchamt eingereicht, erfolgt
die Eintragung auf dieser Grundlage (§ 35 Abs. 2 Hs. 1 GBO). Das Grundbuchamt
ist an die Feststellungen in dem Zeugnis gebunden und zu einer eigenen
Prüfung sowie zu einer ergänzenden oder berichtigenden Auslegung der Verfügung
von Todes wegen nicht berechtigt (zutreffend BayObLG, NJW-RR 1990,
844, 845; OLG München, ZEV 2011, 195; KG, NJW-RR 2023, 162 Rn. 12 mwN;
BeckOK GBO/Wilsch [1.8.2023], § 35 Rn. 140; Meikel/Krause/Weber, GBO,
12. Aufl., § 35 Rn. 179; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 3463;
DNotI-Report 2011, 135, 136; siehe auch schon KG, OLGZ 16, 172, 173). Wird
die Erteilung des Zeugnisses rechtskräftig versagt, weil das Nachlassgericht die
Anordnung der Testamentsvollstreckung in der letztwilligen Verfügung für unwirksam
hält, steht aufgrund der Tatbestandswirkung einer solchen Entscheidung,
wenn sie dem Grundbuchamt in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO vorgelegt
wird, für das Grundbuchverfahren fest, dass der Testamentsvollstrecker zur Verfügung
nicht befugt war. Infolgedessen ist die beantragte Eintragung abzulehnen
(vgl. KG, OLGZ 16, 172, 174; NJW-RR 2015, 787 Rn. 16 zur Feststellung der
Beendigung der Testamentsvollstreckung durch das Nachlassgericht;
Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 188). Ist die Entscheidung des
Nachlassgerichts noch nicht rechtskräftig, so ist das Grundbuchamt nicht verpflichtet,
von der Ablehnung abzuweichen und kann die Beteiligten darauf verweisen,
die Entscheidung des Nachlassgerichts im Instanzenweg anzufechten
und ihm im Erfolgsfall das dann erlangte Zeugnis vorzulegen (vgl. KG, OLGZ 16,
172, 174; Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl. [1936], Bd. 1, § 35 Rn. 71).

Dies gilt ebenso in dem hier gegebenen Fall, dass das Nachlassgericht
eine Entscheidung - im Erbscheinsverfahren - noch nicht getroffen hat und weitere
Ermittlungen tatsächlicher Art zur Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung
anstellt. Auch dann ist das Grundbuchamt berechtigt, die Beteiligten darauf zu
verweisen, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten oder - was (wie hier) im
Wege der Zwischenverfügung aufgegeben werden kann - ein Testamentsvollstreckerzeugnis
vorzulegen, welches ggf. in einem gesonderten nachlassgerichtlichen
Verfahren zu erwirken wäre.

(2) Gegen die Annahme, dass das Grundbuchamt verpflichtet ist, vor der
Entscheidung des Nachlassgerichts die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung
und der darin getroffenen Anordnung der Testamentsvollstreckung eigenständig
zu prüfen und bejahendenfalls die beantragte Eintragung vorzunehmen, spricht
auch, dass dann absehbar widersprüchliche Entscheidungen des Grundbuchamtes
und des Nachlassgerichts entstehen könnten, die es möglichst zu vermeiden
gilt.

(a) So läge es etwa, wenn das Grundbuchamt, wie von der Rechtsbeschwerde
befürwortet, das in dem Erbscheinsverfahren gehaltene und ihm zur
Kenntnis gebrachte Vorbringen - hier des Bruders der Erblasserin - zur Testierunfähigkeit
für nicht hinreichend konkret hielte, und die beantragte Eigentumsumschreibung
auf der Grundlage der letztwilligen Verfügung vornähme, das Nachlassgericht
aber nach - ggf. umfangreicher - Beweisaufnahme zu der Feststellung
gelangte, dass die letztwillige Verfügung und die darin getroffene Anordnung der
Testamentsvollstreckung unwirksam sind. Solche sich widersprechenden Entscheidungen
des Nachlassgerichts und des Grundbuchamts sind nach Möglichkeit
zu vermeiden (vgl. KG, OLGZ 16, 172, 174; Meikel/Krause/Weber, GBO,
12. Aufl., § 35 Rn. 188).

(b) Besonders deutlich wird dies in der - hier nicht gegebenen - Konstellation,
dass die Bedenken gegen die Testierfähigkeit nicht in einem Erbscheinsverfahren,
sondern in dem Verfahren über die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses
nach § 2368 BGB erhoben werden und das Nachlassgericht in die-
sem Verfahren Beweis erhebt. Dann würde dieses Verfahren regelrecht umgangen,
wenn das Grundbuchamt in einem Antragsverfahren nach § 13 GBO das
Testament als hinreichenden Nachweis für die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers
ansehen müsste und die Beteiligten nicht darauf verweisen
dürfte, den Ausgang des nachlassgerichtlichen Verfahrens abzuwarten.

dd) Das Grundbuchamt durfte folglich schon im Hinblick auf das laufende
nachlassgerichtliche Erbscheinsverfahren von Zweifeln an der Wirksamkeit des
Testaments ausgehen und die begehrte Eintragung von der Vorlage eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses abhängig machen. Auf die Frage, ob - was im
Rechtsbeschwerdeverfahren ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar wäre - der
dem Grundbuchamt zur Kenntnis gelangte anwaltliche Schriftsatz des Bruders
der Erblasserin aus dem Erbscheinsverfahren für sich genommen hinreichend
konkrete Tatsachen enthielt, um das Verlangen des Grundbuchamts nach einem
Testamentsvollstreckerzeugnis zu rechtfertigen, kommt es somit nicht an.

c) Der Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers
war auch nicht deshalb entbehrlich, weil im Grundbuch ein Testamentsvollstreckervermerk
gemäß § 52 GBO eingetragen ist.

aa) Dieser Vermerk ist für sich genommen nicht geeignet, die Verfügungsbefugnis
des Beteiligten zu 1 über das Grundstück gegenüber dem Grundbuchamt
nachzuweisen.

(1) Durch den im Grundbuch eingetragenen Vermerk gemäß
§ 52 GBO wird verlautbart, dass das Grundstück der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers
unterliegt und das Verfügungsrecht des Erben darüber ausgeschlossen
oder beschränkt ist (§ 2211 Abs. 1 BGB). Der Vermerk soll lediglich
negativ die Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Erben kundtun und auf
diese Weise verhindern, dass ein Dritter in Unkenntnis der Testamentsvollstreckung
das Eigentum an dem Grundstück gutgläubig von dem oder den Erben
erwirbt (§ 2211 Abs. 2 BGB, § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB; vgl. Bauer/Schaub/
Schaub, GBO, 5. Aufl., § 52 Rn. 1; BeckOK GBO/Zeiser, [1.8.2023], § 52 Rn. 2;
Burandt/Rojahn/Egerland, GBO, 4. Aufl., § 52 Rn. 1; Demharter, GBO, 33. Aufl.,
§ 52 Rn. 2; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl., § 52 Rn. 4; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl., Rn. 3465).

Der Testamentsvollstreckervermerk nach § 52 GBO hat somit eine rein
negative Wirkung und ist deshalb nach zutreffender - und wohl einhelliger - Ansicht
nicht geeignet, gegenüber dem Grundbuchamt den nach § 35 Abs. 2 GBO
erforderlichen Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Verfügung
über das Nachlassgrundstück zu erbringen (BayObLG, NJW-RR 1999,
1463 f.; BeckOK GBO/Wilsch [1.8.2023], § 35 Rn. 139; Burandt/Rojahn/Egerland,
GBO, 4. Aufl., § 35 Rn. 18; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 35
GBO Rn. 129; Kroiß/Horn/Solomon/Imre, Nachfolgerecht, 2. Aufl., § 35 GBO
Rn. 81; Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 173; Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 3462; sowie schon Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl.
[1936], Bd. 1, § 35 Rn. 70 und § 52 Rn. 2).

(2) Dies folgt - -
auch daraus, dass als Inhalt des Vermerks nur die Tatsache eingetragen wird,
dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist, nicht aber der Name des Testamentsvollstreckers
und der Umfang seiner Verfügungsbefugnis (vgl. hierzu
Bauer/Schaub/Schaub, GBO, 5. Aufl., § 52 Rn. 24; Demharter, GBO, 33. Aufl.,
§ 52 Rn. 12; Kroiß/Horn/Solomon/Imre, Nachfolgerecht, 2. Aufl., § 52 GBO
Rn. 20; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl. § 52 Rn. 29; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl., Rn. 3467). Etwaige Beschränkungen ergeben sich allein aus
der letztwilligen Verfügung bzw., wenn an deren Wirksamkeit - wie hier - Zweifel
bestehen, aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis, auf dessen Vorlage das
Grundbuchamt somit als Nachweis der Verfügungsbefugnis nicht verzichten
kann.

bb) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat das Grundbuchamt die
beantragte Eintragung auch nicht deshalb ohne Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses
vorzunehmen, weil der Beteiligte zu 2 aufgrund des eingetragenen
Testamentsvollstreckervermerks hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des
Beteiligten zu 1 über das Grundstück gutgläubig war und die zu seinen Gunsten
eingetragene Auflassungsvormerkung deshalb gutgläubig erworben hat.

(1) Es kann dahinstehen, ob das Grundbuchamt verpflichtet wäre, den Beteiligten
zu 2 als neuen Eigentümer in das Grundbuch einzutragen, wenn in der
Form des § 29 GBO nachgewiesen oder offenkundig wäre, dass er die für ihn
eingetragene Auflassungsvormerkung unabhängig von der Verfügungsbefugnis
des Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstrecker gutgläubig erworben hat. Denn
dies ist nicht der Fall, weil der Testamentsvollstreckervermerk dem Beteiligten
zu 2 keinen guten Glauben an die Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 vermitteln
konnte und andere Gründe bzw. Nachweise für den guten Glauben nicht
in Rede stehen. Der in dem Grundbuch eingetragene Testamentsvollstreckervermerk
nach § 52 GBO vermittelt keinen guten Glauben an das Bestehen oder
Fortbestehen der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über das
Nachlassgrundstück (allg. Meinung, vgl. BeckOGK/Hertel, BGB [15.4.2021],
§ 891 Rn. 12; BeckOK BGB/H.-W. Eckert [1.8.2023], § 892 Rn. 16; Erman/Artz,
BGB, 17. Aufl., § 892 Rn. 40; Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl., § 892 Rn. 16;
Jauernig, BGB, 19. Aufl., § 891 Rn. 3; MüKoBGB/H. Schäfer, 9. Aufl., § 892
Rn. 64; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 891 Rn. 7; Staudinger/Picker, BGB
[2019], § 892 Rn. 238; Wilhelm, Sachenrecht, 7. Aufl., Rn. 704; Wiegand,
JuS 1975, 205, 207). Wie soeben erläutert (Rn. 27), hat der Vermerk nur
die Funktion, den gutgläubigen Erwerb des Dritten von dem nicht verfügungsbefugten
Erben zu verhindern, nicht aber die Funktion, die Verfügungsbefugnis des
Testamentsvollstreckers positiv zu verlautbaren, deren Umfang auch nicht Inhalt
des Vermerks ist. Da auch der Name des Testamentsvollstreckers nicht eingetragen
wird, kann der Dritte - hier der Beteiligte zu 2 - zudem aus dem Vermerk
selbst keinen guten Glauben dahin entwickeln, dass just die Person des Verfügenden
- hier der Beteiligte zu 1 - zur Verfügung über das Nachlassgrundstück
befugt ist.

(2) Die Rechtsbeschwerde erkennt insoweit an, dass der gute Glaube an
die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers sich mangels Angabe des
Namens nicht allein auf den Vermerk nach § 52 GBO stützen kann, meint aber,
zuzulassen, wenn dieser seine Verfügungsbefugnis nach Maßgabe von § 35
Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 GBO nachgewiesen habe. Hierbei werden zwei
Aspekte miteinander vermengt. Der gutgläubige Erwerb eines Rechts oder einer
im Grundbuch eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks vollziehen, dem
aber - wie gezeigt und von der Rechtsbeschwerde letztlich konzediert - keine
positive Publizität im Hinblick auf die Verfügungsbefugnis eines bestimmten
Testamentsvollstreckers zukommt. Der Nachweis der Verfügungsbefugnis nach
§ 35 GBO ist indes gegenüber dem Grundbuchamt zu führen. Hierfür reichen die
letztwillige Verfügung nebst Eröffnungsprotokoll und Amtsannahme nach dem
oben Gesagten nicht aus, wenn - wie hier - Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments
bestehen.

2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die somit
rechtsfehlerfrei ergangene Zwischenverfügung des Grundbuchamts nicht
deshalb aufgehoben hat, weil das zwischenzeitlich vom Nachlassgericht eingeholte
Sachverständigengutachten nicht zweifelsfrei die Testierunfähigkeit der
Erblasserin bei Errichtung des Testaments ergeben hatte.

a) Dieser, dem Beschwerdegericht zur Kenntnis gelangte Umstand war
zwar als neue Tatsache im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen (§ 74
GBO). Das Beschwerdegericht hat aber angenommen, dass es sich insoweit nur
um einen Zwischenstand handelt und das nachlassgerichtliche Verfahren nicht
abgeschlossen ist. Das Nachlassgericht habe Anlass gesehen, weitere Nachforschungen
anzustellen, insbesondere zur Anfechtung des Testaments durch den
Bruder der Erblasserin nach § 2078 BGB wegen Irrtums und Drohung. Namentlich
sollte auch der Ausgang eines Strafverfahrens gegen eine testamentarische
Erbin wegen gewerbsmäßiger Untreue in 105 Fällen abgewartet werden.

b) Dies lässt keine Rechtsfehler erkennen. Auch das Beschwerdegericht
darf den Abschluss des Verfahrens beim Nachlassgericht abwarten, in dem die
Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung abschließend geklärt wird. Eine eigene
Würdigung, ob das Vorbringen des Dritten - hier des Bruders der Erblasserin -
die Fortsetzung des nachlassgerichtlichen Verfahrens und die weitere Beweisaufnahme
rechtfertigt, ist ihm nicht abzuverlangen und steht ihm grundsätzlich
auch nicht zu, weil die funktionelle Zuständigkeit hierfür beim Nachlassgericht
liegt. Auch insoweit gilt, dass einander widersprechende Entscheidungen der Gerichte
im Grundbuchantrags- und im nachlassgerichtlichen Verfahren nach Möglichkeit
vermieden werden müssen.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Festsetzung des Gegenstandswerts
auf § 61 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 1, §§ 46, 47 GNotKG.

Der Senat hält es mit dem Beschwerdegericht für angemessen, als Gegenstandswert
den hälftigen Grundstückswert anzusetzen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

19.10.2023

Aktenzeichen:

V ZB 8/23

Rechtsgebiete:

Testamentsvollstreckung
Sachenrecht allgemein
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
Testierfähigkeit
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 891 Abs. 1, 892 Abs. 1 S. 2; GBO § 35 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2