Zwangsvollstreckung am Grundbesitz einer GbR
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Dokumentnummer: 13w5_11
letzte Aktualisierung: 11.11.2011
OLG Hamburg, 10.2.2011 - 13 W 5/11
Zwangsvollstreckung am Grundbesitz einer GbR
1. Ungeachtet der GbR-Rechtsfähigkeit berechtigt gemäß
gegen sämtliche Gesellschafter zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen. Dies gilt
jedoch nur, wenn der Titel wegen einer Gesellschaftsverbindlichkeit ergangen ist bzw. errichtet
worden ist (Anschluss an BGH
2. Ein Titel gegen sämtliche Gesellschafter ist grundsätzlich auch für die Zwangsvollstreckung in
den Grundbesitz der betroffenen GbR geeignet. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig (
I.
Der Gläubiger, Herr B. B., beantragt vertreten durch den Rechtsanwalt Herrn M. S. (
beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek, Grundbuchamt, auf dem Grundstück der Schuldner,
eingetragen im Grundbuch von X1. Blatt Flur- und Flurstücksnummer die Eintragung einer
Zwangssicherungshypothek. Als Wohnungseigentümer sind laut Blatt des Grundbuches Herr S.
B. und Frau L. K. „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ eingetragen.
Der Gläubiger hat bei Antragstellung ein Urteil gegen Herrn S. B. und Frau L. K. in vollstreckbarer Ausfertigung vorgelegt. Die vorgenannten Personen werden darin als Gesamtschuldner
verurteilt, an den Kläger Herrn B. B. € 5.500 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2009 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe
von € 285,24 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
19.11.2009 zu zahlen. Gleichzeitig mit dem Antrag auf Eintragung der Zwangssicherungshypothek beantragt der Gläubiger die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für das Vollstreckungsverfahren.
Mit Beschluss vom 30.12.2010 hat das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek den Antrag auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zurückgewiesen. Als Begründung führt das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek an, dass im Grundbuch von X1. Blatt als Eigentümerin eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, laut Grundbuch bestehend aus den Gesellschaftern S. B. und L. K.,
eingetragen sei. Der BGH habe durch Urteil vom 04.12.2008 (Gz.: V ZB 74/08) die Rechts- und
Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts festgestellt. Der mit dem Antrag auf
Eintragung der Sicherungshypothek eingereichte Titel laute auf die Gesellschafter und nicht auf
die als Eigentümerin eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Insoweit sei aus dem Titel
keine Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft möglich. Weiter führt das Amtsgericht aus,
dass eine Eintragung selbst bei auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts lautendem Titel nicht
möglich sei, da die Identität zwischen der Schuldner-GbR und der im Grundbuch eingetragenen
GbR nicht zuverlässig überprüft werden könne. Eine Eintragung einer Zwangssicherungshypothek käme daher nur noch in Betracht, wenn der Titel nach
Angaben über den Grundbesitz enthielte, in den vollstreckt werden soll. Im Übrigen sei bisher
durch höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht festgestellt worden, welche grundsätzlichen
Anforderungen an einen gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts lautenden Titel zu stellen
seien. Der BGH habe die Vollziehung zweier diesbezüglicher Entscheidungen des LG Kassel bis
zur Entscheidung über die eingelegte Rechtsbeschwerde ausgesetzt (BGH, Beschluss v.
14.07.2010, Gz. V ZB 86/10 und v. 12.10.2010, Gz. V ZB 253/10).
Gegen den Beschluss hat der Gläubiger am 7.01.2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung
hat der Gläubiger angeführt, er bestreite die Angabe, Grundstückseigentümerin sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus den Schuldnern des Verfahrens, mit Nichtwissen.
Ausweislich des Vollstreckungsprotokolls hätten die Schuldner angegeben, Beteiligungen an
Gesellschaften nicht zu besitzen. Zudem hätten sie erklärt, Teileigentümer des Grundstücks zu
sein. Von daher sei nach Ansicht des Gläubigers eine kostenpflichtige Zurückweisung des
Antrags auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek nicht gerechtfertigt. Es könne nicht
sein, dass der Gläubiger im Vertrauen auf die Angaben der Schuldner Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleite, deren Kosten er letztlich zu tragen habe, weil die Schuldner falsche
Angaben gemacht hätten. Darüber hinaus sei übersehen worden, dass der Gläubiger die
Antragseinreichung von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht habe, so dass
die überraschende Entscheidung nicht nachvollzogen werden könne.
II.
Die gemäß
Zurückverweisung an das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek zur erneuten Entscheidung über den
Antrag. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek auf das im
Grundbuch von X1. Blatt eingetragene Grundstück zu Unrecht zurückgewiesen.
1.) Es liegt entgegen der Ansicht des Amtsgerichts-Wandsbek, Grundbuchamt, ein grundsätzlich
vollstreckbarer Titel vor, so dass diese Eintragungsvoraussetzung i. S. d. §§ 864 Abs. 1, 866
Abs. 1, 867 Abs. 1 S. 1 ZPO gegeben ist.
a.) Der Gläubiger hat bei Antragstellung ein i. S. d.
die beiden einzigen Gesellschafter der als Grundstückseigentümerin im Grundbuch von X1. Blatt
eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorgelegt. Das Urteil verurteilt diese als
Gesamtschuldner zur Zahlung an den Gläubiger.
Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek ist es für die Erfüllung der
Anforderungen des
Rechts selber, sondern nur ein Titel gegen die Gesellschafter vorliegt. In einem solchen Fall fehlt
es nicht an der für die Eintragung erforderlichen Identität zwischen den in dem Urteil bezeichneten Gesellschaftern und dem im Grundbuch von X1. Blatt als „Gesellschaft bürgerlichen
Rechts“ eingetragenen Eigentümer.
Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach
Gesellschaft ist gemäß dem Wortlaut des
Urteil erforderlich (BGH, Urteil v. 17.10.2006 - XI ZR 19/05; OLG Schleswig, Beschluss v.
20.12.2005 - 2 W 205/05; MüKo/Heßler, ZPO, 3. Auflage 2007, § 736 Rn. 1).
Zusätzlich bedarf es für die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nicht zwingend
eines einzelnen Vollstreckungstitels gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als solche (BGH
so zu verstehen, dass der Gläubiger nicht nur mit einem gegen die Gesellschaft als Partei
gerichteten Titel in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken kann. Vielmehr kann der Gläubiger
auch mit einem Titel gegen alle einzelnen Gesellschafter vollstrecken (BGH
265; BGH, Beschluss v. 16.07.2004 - IXa ZB 288/03; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Auflage
2001, § 736 Rn. 1; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Auflage 2010, § 726 Rn. 3; MüKo/Heßler, ZPO, 3.
Auflage 2007, § 736 Rn. 1; Schmidt,
für die Schulden der rechts- und parteifähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß §§ 128 ff.
HBG analog akzessorisch, untereinander gesamtschuldnerisch und grundsätzlich unbeschränkt
persönlich haften (BGH, Urteil v. 17.10.2006 - XI ZR 19/05).
So verhält es sich hier: Es liegt ein vollstreckbares Urteil gegen die beiden einzigen Gesellschafter in gesamtschuldnerischer Haftung vor.
b.) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nunmehr unter ihrem Namen in das Grundbuch eingetragen werden kann.
Allerdings führt die Teilrechtsfähigkeit der GbR dazu, dass eine GbR auch Eigentum an
Grundstücken erwerben kann (BGH
Grundstück, als dessen Eigentümer mehrere natürliche Personen mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“ eingetragen sind, gerade nicht (gesamthänderisch gebundenes)
Eigentum dieser natürlichen Personen, sondern Eigentum der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(BGH
buchungsfähig, so dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nunmehr auch grundbuchfähig ist
(BGH
Um die GbR im Rechtsverkehr sicher identifizierbar zu machen und einen hinreichenden Nachweis der Vertretungsbefugnisse zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber als Reaktion auf die
Rechtsprechung des BGH durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs
und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-,
register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) vom 11.08.2009 (BGBl. I, 2713) aufgrund der Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechende Neuregelungen in den
Rechts in Bezug auf ein Grundstücksrecht einzutragen ist, sogar die Funktion eines Gesellschaftsregisters zukommen lassen. Demgemäß sind auch die Gesellschafter einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts im Grundbuch einzutragen, wenn ein Recht für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen werden soll. Zusätzlich wird in
Rechts vermutet, dass diejenigen Personen Gesellschafter sind, die nach
im Grundbuch eingetragen sind, und dass darüber hinaus keine weiteren Gesellschafter vorhanden sind. Der
von Gesellschaftern vor.
Diese Anpassungen des formellen und auch materiellen Rechts ändern jedoch nichts daran, dass
es für die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach der gerade unverändert
gebliebenen Vorschrift des
Diese unveränderte Anwendbarkeit des
bestätigt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Auflage 2011, § 736 Rn. 1;
Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Auflage 2010, § 736 Rn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 31. Auflage 2010, § 737 Rn. 2; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Auflage 2010, § 736 Rn. 3), auch der BGH hat
nach Änderung der Gesetzeslage bezogen auf die Vollstreckung aus einer Grundschuldbestellungsurkunde ausgeführt, dass die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nicht nur
aufgrund eines Titels gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern auch aufgrund eines
Titels gegen die Gesellschafter möglich ist (BGH, Beschluss v. 02.12.2010 - V ZB 84/10).
Soweit das Grundbuchamt darauf verweist, dass eine zuverlässige Feststellung zur Identität der
(Titel-)Schuldner-GbR und der eingetragenen Eigentümer-GbR nicht möglich sei, greift dies
nicht durch, da die gesetzliche Vermutung aus
dem Grundbuchamt gilt (Palandt-Bassenge, 70. Aufl. 2011, Rn. 7).
c.) Das Amtsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Prüfung unterlassen, ob
sich der Titel gegen die beiden einzigen Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
auch auf eine Verbindlichkeit der Gesellschaft selbst bezieht.
Für den Fall, dass alle Gesellschafter aufgrund einer Verbindlichkeit verurteilt wurden, für die
sie gesamtschuldnerisch haften, ohne dass eine Gesellschaftsschuld vorliegt, scheidet eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen jedoch aus (BGH
ZPO, 7. Auflage 2009, Kind/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, 1. Auflage 2010,
§ 736 Rn. 6; K. Schmidt,
2010, § 736 Rn. 4; MüKo/Heßler, ZPO, 3. Auflage 2007, § 736 Rn. 27; Zöller/Stöber, ZPO, 28.
Auflage 2010, § 736 Rn. 3; OLG Schleswig, Beschluss v. 20.12.2005 - 2 W 205/05 m. w. N.).
Die durch
Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, nur hinnehmbar, wenn Gegenstand der titulierten
Verpflichtung eine Verbindlichkeit ist, für die die Gesellschaft ebenso wie die in Anspruch
genommenen Gesellschafter haftet und alle Gesellschafter dem Vollstreckungszugriff unterworfen sind (BGH
2.) Da der bislang vorgelegten kurzen Ausfertigung des Vollstreckungstitels nicht entnommen
werden kann, ob es sich bei der Forderung auch um eine Gesellschaftsschuld handelt, ist die
Prüfung des letztgenannten Erfordernisses nachzuholen. Die Sache ist daher an das Amtsgericht
Hamburg-Wandsbek zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek zurückzuverweisen
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamburg
Erscheinungsdatum:09.02.2011
Aktenzeichen:13 W 5/11
Rechtsgebiete:
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Rpfleger 2011, 426-427
Normen in Titel:ZPO § 867; ZPO § 736; GBO § 29; GBO § 47; BGB § 899a