OLG Saarbrücken 12. Februar 2020
5 W 83/19
ErbbauRG §§ 2, 5, 7

Vereinbarung eines Zustimmungserfordernisses für bauliche Veränderungen als Inhalt eines Erbbaurechts

letzte Aktualisierung: 29.10.2020
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.2.2020 – 5 W 83/19

ErbbauRG §§ 2, 5, 7
Vereinbarung eines Zustimmungserfordernisses für bauliche Veränderungen als Inhalt eines
Erbbaurechts

Die Vereinbarungen, wonach eine Änderung des vereinbarten Verwendungszwecks und wesentliche
bauliche Veränderungen der Bauwerke und Nebenanlagen bzw. deren teilweiser oder ganzer
Abbruch der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Grundstückseigentümers bedürfen, können
mit dinglicher Wirkung zum Inhalt eines Erbbaurechts gemacht werden.

Gründe:

I.
Durch notariellen Erbbaurechtsvertrag vom 14.12.2016 bestellte die Gemeinde
Riegelsberg dem Antragsteller ein Erbbaurecht. In Ziffer II § 1 Abs. 3 ist bestimmt:
„Eine Änderung des in Abs. 1 vereinbarten Verwendungszwecks bedarf der vorherigen
schriftlichen Zustimmung des Grundstückseigentümers.“. In Ziffer II § 2 Abs. 4 ist
bestimmt: „Wesentliche bauliche Veränderungen der Bauwerke und Nebenanlagen
bzw. deren teilweiser oder ganzer Abbruch bedürfen der vorherigen schriftlichen
Zustimmung des Grundstückseigentümers.“ Ziffer II § 9 Abs. 2 regelt, dass die
Zustimmung zur Veräußerung oder Belastung des Erbbaurechts nur aus einem in § 7
Erbbaurechtsgesetz entsprechenden Grund versagt werden kann. Nach Ziffer IX kann
der Grundstückseigentümer eine Zustimmung nach Ziffer II § 9 verweigern, wenn ein
Sonderrechtsnachfolger des Erbbauberechtigten nicht alle Verpflichtungen aus dem
Vertrag vom XX.XX.XXXX übernimmt.

Der Antragstellervertreter beantragte mit Schreiben vom 6.5.2019 u.a. die Eintragung
des Erbbaurechts.

Das Amtsgericht – Grundbuchamt – Saarbrücken wies mit Zwischenverfügung vom
14.11.2019 darauf hin, der Eintragung stehe als Hinderungsgrund entgegen, dass
Ziffer II § 1 Abs. 3 und Ziffer II § 2 Abs. 4 nicht als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts
vereinbart und im Grundbuch eingetragen werden könnten. Außerdem wird in der
Zwischenverfügung auf einen Widerspruch zwischen Ziffer II § 9 Abs. 2 und Ziffer IX
hingewiesen, der aufgelöst werden möge.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer legte dagegen mit Schriftsatz
vom 26.11.2019 Beschwerde ein.

II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

(1.)
Das Saarländische Oberlandesgericht ist gemäß § 72 GBO für die Entscheidung über
die Beschwerde zuständig. Die Beschwerde gegen eine auf den Eintragungsantrag
hin ergangene Zwischenverfügung ist zulässig (§§ 71 Abs. 1, 18 Abs. 1 GBO).
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet allein das vom Grundbuchamt
angenommene Eintragungshindernis, auf das sich die angefochtene Verfügung
bezieht.

(2.)
Die Beschwerde ist auch begründet. Die in der angefochtenen Zwischenverfügung
vom Amtsgericht Saarbrücken – Grundbuchamt – angenommenen
Eintragungshindernisse bestehen nicht.

(a)
Der Normzweck von § 2 ErbbauRG, der unter anderem bestimmt, dass zum Inhalt des
Erbbaurechts auch Vereinbarungen des Grundstückseigentümers und des
Erbbauberechtigten über die Errichtung, die Instandhaltung und die Verwendung des
Bauwerkes gehören können, besteht darin, auch Rechtsnachfolger des
Grundstückseigentümers und des Erbbauberechtigten an bestimmte wesentliche
Vereinbarungen zu binden. Dies geschieht dadurch, dass derartige Verpflichtungen
zum Inhalt des Erbbaurechts erklärt werden und dadurch dingliche Wirkung erhalten.
Voraussetzung für die dingliche Wirkung ist nach § 873 BGB die Einigung und
Eintragung im Grundbuch (Rapp in Staudinger, BGB, 2017, § 2 ErbbauRG Rn. 1ff;
Heller, Erbbaurechtsgesetz, 4.Aufl., § 2 Rn. 2).

Es begegnet danach keinen Bedenken, dass bauliche Veränderungen durch den
Erbbauberechtigten im Vertrag der Zustimmung des Grundstückseigentümers
unterworfen werden können; dies kann Inhalt des dinglichen Rechts sein (BayObLG,
NJW-RR 1987, 459; Rapp in Staudinger, BGB, 2017, § 2 ErbbauRG Rn. 12;
Heinemann in: MünchKomm(BGB), 2020, § 2 ErbbauRG Rn. 11). Damit wird eine
Vereinbarung über die Errichtung des Bauwerks im Sinne von § 2 Nr. 1 ErbbauRG
getroffen, nämlich für den Grundstückseigentümer der vereinbarte Status gesichert.
Gleiches gilt für die Zustimmungsbedürftigkeit beim Abbruch bestehender Gebäude
(BayObLG, NJW-RR 2002, 885; Heinemann in: MünchKomm(BGB), 2020, § 2
ErbbauRG Rn. 11). An der Regelung in § 2 Abs. 4 der dinglichen Bestimmungen für
das einzutragende Erbbaurecht bestehen deshalb keine Bedenken.

Nach § 2 Nr. 1 ErbbauRG können auch Vereinbarungen über die Verwendung des
Bauwerks mit dinglicher Wirkung zum Inhalt eines Erbbaurechts gemacht werden. Der
Begriff "Verwendung des Bauwerks" deckt Vereinbarungen, die die tatsächliche
Nutzungsart des Bauwerks betreffen. Bereits daraus folgt, dass eine
Zustimmungspflicht für den Erbbauberechtigten zur Änderung der Verwendung
bestimmt werden kann. Denn bei der Vereinbarung einer bestimmten Verwendung
könnte diese auch ohne eine solche Regelung nicht ohne die Zustimmung des
Grundstückseigentümers geändert werden.

Dies ist in der Entscheidung des BayObLG, NJW-RR 2002, 885 nicht anders gesehen,
sondern sogar vorausgesetzt worden, weil dort lediglich die Einflussnahme auf den
Abschluss konkreter Mietverträge durch eine Zustimmungspflicht für unzulässig
gehalten wurde, weil damit nicht die tatsächliche Verwendungsart betroffen sei.
§ 5 ErbbauRG betrifft dagegen nur Verfügungsbestimmungen, tritt also ergänzend
neben § 2 ErbbauRG (Wicke, in: Palandt, BGB, 2020, § 5 ErbbauRG Rn. 1).

(b)
Unabhängig von der Frage, welche Relevanz ein Widerspruch im Vertrag vom
14.12.2016 hätte, der lediglich eine schuldrechtliche Regelung der Vertragsparteien
betrifft, hat der Antragsteller Recht damit, dass zwischen den Regelungen in Ziffer II §
9 Abs. 2 und Ziffer IX des notariellen Vertrages vom 14.12.2016 kein Widerspruch
besteht. Der in Ziffer IX bestimmte Fall der fehlenden Übernahme der Verpflichtungen
aus diesem Vertrag durch den Sonderrechtsnachfolger des Erbbauberechtigten ist ein
Versagungsgrund nach § 7 ErbbauRG, weil in diesem Fall die Gewähr für eine
ordnungsgemäße Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden
Verpflichtungen nicht besteht.

(3.)
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§§ 22 und 25 GNotKG).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Saarbrücken

Erscheinungsdatum:

12.02.2020

Aktenzeichen:

5 W 83/19

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Erbbaurecht

Normen in Titel:

ErbbauRG §§ 2, 5, 7