Anwendbares Recht bzgl. Brautgabe nach marokkanischem Recht
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Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 6.2.2015
AG Büdingen , 6.3.2014 - 53 F 963/13 RI
Anwendbares Recht bzgl. Brautgabe nach marokkanischem Recht
Unterliegt eine nach marokkanischem Recht vereinbarte Brautgabe dem deutschen Recht,
handelt es sich um eine vermögensrechtliche Scheidungsfolge im Sinne des
bzw. um eine allgemeine Wirkung der Ehe im Sinne des
Die Brautgabe kann in der Regel weder dem Unterhaltsrecht, noch dem Güterrecht noch dem
Erbrecht zugewiesen werden.
G r ü n d e :
Die Beteiligten waren miteinander verheiratet. Ihre Ehe wurde durch Beschluss des Amtsgerichts
Friedberg vom 10. Januar 2012, rechtskräftig seit dem 10. Januar 2012, geschieden
(AZ: 710 F 659/11). Die Scheidung erfolgte nach deutschem Recht.
Anlässlich der Eheschließung am 11. Mai 1989 in Marokko vereinbarten die Ehegatten und
anderem folgendes:
„Die Geschiedenen: … haben zueinander gefunden nach der Scheidung, welche vom o.g.
Ehemann am 06 Rabis I (1408) entspricht dem 03.10.1987 ausgesprochen, in der
Beurkundungsabteilung des Gerichts der ersten Instanz … beurkundet und im
Aufbewahrungsregister …, Blatt … unter Nr. … und in der Geschäftsstelle unter der Nr. …
registriert wurde.
Für die Rücknahme der Frau wurde eine Brautgabe in Höhe von zehntausend Deutsche Mark
vereinbart. Der Ehemann hat einen Betrag in Höhe von 500 DM vor Ort geleistet. Der Rest
wurde gestundet und ist bei Tod oder Scheidung fällig. …“
Wegen des weiteren Inhalts wird Bezug genommen auf die Anlagen 3 und 4 zur Antragsschrift
(Bl. 6 bis 8 d.A.). Die Ehegatten hatten bei der zweiten Eheschließung ihren gewöhnlichen
Aufenthalt bereits in Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie beide nur die marokkanische
Staatsangehörigkeit. Schon vor der Zustellung des Scheidungsantrages, am 4. Mai 2010, hatten
beide Ehegatten auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Mit Schreiben vom 17. Januar
2012 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner auf, bis zum 31. Januar 2012 4.857,27 Euro
zu zahlen –wegen des Inhalts des Schreibens wird Bezug genommen auf die Anlage 5 zur
Antragsschrift (Bl. 9 und 10 d.A.).
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin 4.857,27 EUR nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2012 zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass vorliegend die vereinbarte Morgengabe dem
Unterhaltsrecht zuzuordnen sei. Ein Getrenntlebendenunterhaltsanspruch hätte aber vor der
Ehescheidung geltend gemacht werden müssen. Ein nachehelicher Unterhaltsanspruch scheitere
an der fehlenden Bedürftigkeit der Antragstellerin. Desweiteren sei ein Anspruch auch verwirkt,
da die Antragstellerin die Morgengabe seit der Eheschließung nicht gefordert habe.
Das Gericht hat die Akten des Amtsgerichts Friedberg mit dem AZ: 710 F 659/11 zu
Informationszwecken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Der Antrag ist begründet.
Die Antragstellerin kann vom Antragsgegner aufgrund der Vereinbarung vom 11. Mai 1989
noch 9.500,00 DM (=4.857,27 Euro) verlangen.
Die anlässlich ihrer zweiten Eheschließung getroffene Vereinbarung zwischen den Beteiligten
unterliegt dem deutschen Recht. Die vereinbarte Brautgabe stellt eine allgemeine Wirkung der
Ehe dar, für die nach dem für das vorliegende Verfahren noch anzuwendenden
das deutsche Recht gilt (vgl. BGH in:
dem neu gefassten
anzuwenden.
Nach
Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehört haben,
wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört. Bei der Eheschließung waren beide Ehegatten
zwar marokkanische Staatsangehörige und sind dies auch nach wie vor, sie haben jedoch beide
während der Ehe noch vor der Zustellung des Scheidungsantrages auch die deutsche
Staatsangehörigkeit erworben, so dass die allgemeinen Wirkungen der Ehe dem deutschen
Rechts unterlagen, seitdem beide Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatten.
Wird auf das Recht des Staates verwiesen, dem eine Person angehört, und gehört sie mehreren
Staaten an, so ist nach
anzuwenden, mit dem die Person am engsten verbunden ist, insbesondere durch ihren
gewöhnlichen Aufenthalt oder durch den Verlauf ihres Lebens. Und ist die Person auch
Deutscher, so geht nach
Beide Beteiligten haben nicht nur schon vor Zustellung des Scheidungsantrages die deutsche
Staatsangehörigkeit erworben sondern waren auch schon zu Beginn ihrer zweiten Ehe dem
deutschen Recht am engsten verbunden. Sie hatten beide schon damals ihren gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland.
Bei der zwischen den Beteiligten bei ihrer Wiederheirat vereinbarten Morgengabe handelt es
sich um ein im deutschen Recht nicht vorgesehenes Rechtsinstitut. Der danach begründete
Anspruch ist als eine allgemeine Wirkung der Ehe zu qualifizieren.
Eine Brautgabe kann je nach Fallgestaltung aus der Sicht des deutschen Rechts
Berührungspunkte mit dem ehelichen bzw. nachehelichen Unterhaltsrecht, dem Ehegüterrecht,
dem Scheidungs- und Erbrecht aufweisen (vgl. BGH a.a.O.). Es lässt sich aber weder generell
noch für den vorliegenden Fall schwerpunktmäßig einem dieser Institute zuordnen.
Die Brautgabe wurde nach dem Wortlaut der Vereinbarung für die „Rücknahme der Frau“
vereinbart und diente daher zunächst als eine Art Gegenleistung für die Eingehung der Ehe also
eine Art Hochzeitsgeschenk. Da die Brautgabe jedoch zu 95% gestundet wurde und erst beim
Tod des Antragsgegners oder bei einer erneuten Scheidung fällig werden sollte, weist die
Brautgabe auch einen Bezug zum nachehelichen Unterhaltsrecht, zum Güterrecht und zum
Erbrecht auf.
Nach Art. 17 Abs. 1 EGBG (in der seit dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung) unterliegen die
vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen, die nicht von anderen Vorschriften des dritten
Abschnitts des EGBGB erfasst sind, dem nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die
Scheidung anzuwendenden Recht. Da die vereinbarte Brautgabe zu 95% bis zum Tod des
Antragsgegners oder der Scheidung gestundet war, spricht viel dafür, den Anspruch nicht nur als
eine allgemeine Wirkung der Ehe sondern darüber hinaus auch als eine vermögensrechtliche
Scheidungsfolge zu qualifizieren.
Da nach
geltenden Fassung nur dann anzuwenden ist, wenn das Verfahren auf Ehescheidung nach dem
28. Januar 2013 eingeleitet worden ist, ist
nicht anwendbar. Der Scheidungsantrag, aufgrund dessen die Ehe geschieden wurde, wurde
bereits am 24. Februar 2010 bei Gericht eingereicht.
Darüber hinaus wäre aber auch nach
Recht anzuwenden. Die Scheidung unterlag sowohl nach dem alten als auch dem neuen
Kollisionsrecht dem deutschen Recht. Nach
dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die
allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend war. Die allgemeinen Wirkungen der Ehe
unterlagen - wie bereits ausgeführt - bei der Zustellung des Scheidungsantrages, dem 4. Mai
2010, dem deutschen Recht. Und nach Art. 8 Buchst. a) der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010
unterliegt die Ehescheidung dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der
Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, wenn die Ehegatten keine
Rechtswahl nach Art. 5 der VO vereinbart haben. Beide Ehegatten hatten seit der Eheschließung
immer ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und leben auch nach wie vor in
Deutschland. Auch eine Rechtswahl haben die Ehegatten nicht getroffen.
Die zwischen den Ehegatten vereinbarte Brautgabe ist nach deutschem Recht als eine
unbenannte Zuwendung und somit als ein Vertrag sui generis zu qualifizieren (vgl. OLG
Frankfurt, Urt. v. 11.03.2010 – 1 UF 146/08).
Nach dem klaren Wortlaut der Vereinbarung hat der Antragsgegner sich gegenüber der
Antragstellerin zur Zahlung von 10.000,00 DM verpflichtet, wovon ihm 9.500,00 DM bis zu
seinem Tod oder bis zur Scheidung gestundet wurden. Mit Rechtskraft der Scheidung ist der
Antragsgegner aufgrund dieser Vereinbarung verpflichtet, der Antragstellerin 9.500,00 DM (=
4.857,27 Euro) zu zahlen (
vorträgt, er könne aus der arabischen Fassung der Heiratsurkunde keine Stundung herauslesen,
ist der Vortrag unsubstanziiert. Die Antragstellerin hat eine beglaubigte Übersetzung der
Urkunde vorgelegt, so dass es dem Antragsgegner oblegen hätte, nicht nur den Inhalt dieser
Übersetzung einfach zu bestreiten, sondern seinerseits eine beglaubigte Übersetzung
einzureichen.
Da die Ehegatten bei der Vereinbarung ausdrücklich den Fall einer Scheidung bedacht haben,
kommt eine Anpassung des Vertrages nach
nicht in Betracht.
Dem Anspruch steht auch eine fehlende Bedürftigkeit der Antragstellerin nicht entgegen. Wie
oben bereits ausgeführt, ist die vereinbarte Brautgabe nicht mit einem Unterhaltsanspruch nach
deutschem Recht gleich zu setzen. Vereinbart wurde die Brautgabe als eine Art
Hochzeitsgeschenk, wobei sie aber durch die vereinbarte Stundungsabrede auch einen Bezug
zum Güterrecht und zum Erbrecht aufweist.
Aber auch dann, wenn die Brautgabe dem Unterhaltsrecht zuzuweisen wäre, wären die
deutschen Unterhaltsvorschriften nicht anwendbar. Auch soweit gesetzliche Unterhaltspflichten
bestehen, kann ein (zusätzlicher) Unterhaltsanspruch auf einer rein vertraglichen Grundlage
vereinbart werden. Die Ehegatten haben die Brautgabe ohne Rücksicht auf eine
Leistungsfähigkeit des Antragsgegners und ohne Rücksicht auf eine Bedürftigkeit der
Antragstellerin vereinbart. Es würde sich –unterhaltsrechtlich- betrachtet also um eine
eigenständigen Unterhaltsanspruch handeln, der sogar neben einem etwaigen Unterhaltsanspruch
nach den gesetzlichen Vorschriften von der Antragstellerin geltend gemacht werden könnte.
Anhaltspunkte für eine Verwirkung oder Verjährung des Anspruchs sind nicht ersichtlich. Der
Anspruch wurde erst mit Rechtskraft der Scheidung, also dem 10. Januar 2012 fällig. Bis zum
10. Januar 2012 war die Verjährung daher nach
2012 konnte die Antragstellerin den Anspruch auch nicht geltend machen, so dass der
Antragsgegner auch nicht darauf vertrauen durfte, dass die Antragstellerin die vereinbarte
Brautgabe nicht werde geltend machen. Unmittelbar nach Eintritt der Fälligkeit hat die
Antragstellerin den Anspruch auch mit Schreiben vom 17. Januar 2012 gegenüber dem
Antragsgegner geltend gemacht.
Soweit der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 11. Februar 2014 erklärt hat, er habe dieses
Schreiben nicht bekommen, ist der Vortrag widersprüchlich und damit unbeachtlich. Sein
Verfahrensbevollmächtigter hat mit Schreiben vom 31. Januar 2012 auf das Schreiben vom
17. Januar 2012 geantwortet, so dass es ihm auch zugegangen sein muss. Der Zugang des Schreibens
vom 17. Januar 2012 bei seinem Vertreter gilt als Zugang beim Antragsgegner (
Nach den
laufen. Da seitdem noch keine drei Jahre (
nicht verjährt sein. Darüber hinaus wurde die Verjährung auch durch die Einreichung der
Antragsschrift am 2. Dezember 2013 nach
Entscheidung, Urteil
Gericht:AG Büdingen
Erscheinungsdatum:06.03.2014
Aktenzeichen:53 F 963/13 RI
Rechtsgebiete:Allgemeines Schuldrecht
Normen in Titel:EGBGB Art. 14 a. F., Art. 17 n. F; BGB § 313