Grundstücksbegriff nach Grundstückverkehrsgesetz bzw. Reichssiedlungsgesetz
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 4wlw31_10
letzte Aktualisierung: 31.8.2012
OLG Zweibrücken, 24.6.2010 - 4 WLw 31/10
Grundstücksbegriff nach Grundstückverkehrsgesetz bzw. Reichssiedlungsgesetz
Dem Grundstückverkehrsgesetz liegt ein rechtlicher und dem Reichssiedlungsgesetz ein
wirtschaftlicher Grundstücksbegriff zugrunde. Soweit beide Gesetze zur Anwendungen
kommen, ist dem wirtschaftlichen Grundstücksbegriff der Vorrang einzuräumen.
Gründe
I.
Mit von dem Notar Dr. B... B..., B..., beurkundeten und durch jeweils vollmachtlose Vertreter
abgeschlossenen Vertrag vom 23. Februar 2009 - URNr. B... - kaufte die Beteiligte zu 2) von
dem am 1. April 2009 verstorbenen P... F... , zuletzt wohnhaft ..., ..., fünfzehn weinbaulich
genutzte Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 10 687 m² (= 1,0687 ha) zu einem Gesamtkaufpreis von ... €; für die einzelnen Grundstücke sind keine Einzelkaufpreise aufgeführt. Der
Vertrag wurde von P... F... mit Erklärung vom 6. März 2009 und von der Beteiligten zu 2) mit
Erklärung vom 12. März 2009 genehmigt.
Im Einzelnen sind verkauft:
Grundbuch des Amtsgericht Bernkastel-Kues von ... Bl. ...
1.
Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 1419 m²;
2.
Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 1428 m²;
3.
Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 1726 m²;
4.
Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 1362 m²;
5.
Bestandsverzeichnis laufende Nr... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 218 m²;
6.
Bestandsverzeichnis laufende Nr. .. Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 98 m²;
7.
Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 630 m²;
8.
Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 514 m²
9.
Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 88 m²;
10. Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 440 m²;
11. Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
847 m²;
12. Bestandsverzeichnis laufende Nr. 4.. Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer
Größe von 17 m²;
13. Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 625 m².
14. Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 394 m²;
15. Bestandsverzeichnis laufende Nr. ... Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe
von 881 m².
Der beurkundende Notar legte den Grundstückskaufvertrag vom 23. Februar 2009 der Beteiligten zu 3) mit Schreiben vom 20. März 2009 vor und ersuchte um die Genehmigung des Vertrages nach dem Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG). Die Beteiligte zu 3) teilte dem Notar mit
Schreiben vom 8. April 2009 nach
um einen weiteren Monat bis zum 20. Mai 2009 verlängere. Mit Bescheid vom 12. Mai 2009
erklärte die Beteiligte zu 3) die Genehmigung der Veräußerung der Grundstücke mit Ausnahme
von vier Grundstücken, deren Fläche jeweils größer als 10 a (= 1 000 m²) ist. Als Begründung
für die teilweise Versagung der Genehmigung wurde angeführt, dass 3 hauptberufliche Winzer
aus ... an diesen Grundstücken ihr Interesse bekundet hätten und auch bereit seien, den ortsüblichen Kaufpreis zu zahlen. Die hauptberuflichen Winzer besäßen zur Verbesserung ihrer
Lebensgrundlage je einen aufstockungswürdigen und aufstockungsbedürftigen landwirtschaftlichen Betrieb. Diesem Bescheid war eine Rechtsmittelbelehrung dahin beigefügt, dass die
Beteiligten gemäß
auf gerichtliche Entscheidung stellen könnten, der entweder schriftlich bei der Kreisverwaltung
B... in W... als Untere Landwirtschaftsbehörde oder beim Amtsgericht in Wittlich, Landwirtschaftsgericht, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts eingehen müsse.
Entsprechend dieser Belehrung stellte die Beteiligte zu 2), nachdem ihr der Bescheid am 14. Mai
2009 zugegangen war, am 28. Mai 2009 beim Amtsgericht Wittlich einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel der gesamten Genehmigung des notariellen Kaufvertrages vom
23. Februar 2009. Das Amtsgericht Wittlich erklärte sich mit Beschluss vom 21. Juli 2009 zu
Recht für örtlich unzuständig und gab das Verfahren an das zuständige Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Bernkastel-Kues ab.
Das Amtsgericht Bernkastel-Kues hat in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2009 die
Rechtsauffassung vertreten, dass ein Vertrag, der sich auf mehrere einzelne Grundstücke
beziehe, nur als Ganzes genehmigt oder nicht genehmigt werden könne. Dafür hat es sich auf
eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Mai 1998, BLw 42/97 und auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 3. März 2009, 3 WLw 20/08 berufen.
Aufgrund dieser mitgeteilten Rechtsauffassung des Gerichts hat die Beteiligte zu 3) nochmals
bei den drei hauptberuflichen Winzern hinsichtlich des Umfanges ihres jeweiligen Erwerbsinteresses nachgefragt. Alle drei Interessenten antworteten, dass sie zum Erwerb sämtlicher
Grundstücke bereit seien. Insbesondere die Weingüter K...-K... und B...-K... bekundeten, dass sie
an allen Weinbergsparzellen aus dem Nachlass von P... F... interessiert und auch bereit seien, den
ortüblichen Preis zu zahlen.
In der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2010 lehnte das erstinstanzliche Gericht es ab,
die von der Beteiligten zu 3) benannten und zum Termin erschienen Kaufinteressenten zur Frage
eines dringenden Aufstockungsbedarfes zu hören.
Die Beteiligte zu 2) hat geltend gemacht,
dass der Bescheid der Beteiligten zu 3) vom 12. Mai 2009 in seinem genehmigenden Teil
bestandskräftig und bindend sei. Eine vollständige Versagung der Genehmigung sei deshalb aus Rechtsgründen nicht mehr möglich. Infolge der Bestandskraft des genehmigenden
Teils komme nur noch eine vollumfängliche Genehmigung des notariellen Kaufvertrages
in Betracht. Dies habe seinen Grund darin, dass der Vertrag nur einheitlich genehmigt oder
nicht genehmigt werden könne.
Ferner sei der Vortrag der Beteiligten zu 3) zu einer Versagung der Genehmigung wegen
ungesunder Verteilung von Grund und Boden im Sinne von
unsubstantiiert. Die Beteiligte zu 3) habe nicht nachgewiesen, dass für die Kaufinteressenten ein
dringendes Aufstockungsbedürfnis bestehe und dass diese bereit seien, die Grundstücke entsprechend den Bedingungen des notariellen Kaufvertrages zu erwerben. Im Übrigen dürfe sie, die
Beteiligte zu 2), nicht deswegen diskriminiert werden, weil sie gegenwärtig noch keine Vollerwerbslandwirtin sei. Ein Nichtlandwirt könne sonstigen leistungsfähigen landwirtschaftlichen
Betrieben jedenfalls dann gleichgestellt werden, wenn konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten bestünden, eine leistungsfähige Nebenerwerbslandwirtschaft auszuüben.
Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,
den Versagungsteil des Bescheides der Beteiligten zu 3) vom 12. Mai 2009 aufzuheben
und den Grundstückskaufvertrag vom 23. Februar 2009 (URNr. B... ) des Notars Dr. B...
B... in B... insgesamt genehmigen
hilfsweise
die Antragsgegnerin zu verurteilen, den Genehmigungsantrag unter Berücksichtigung der
Auffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Beteiligte zu 3) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dass
die Genehmigung des Grundstückkaufvertrages mit Blick auf
versagen sei. Die Veräußerung bedeute eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden.
Am Erwerb der streitgegenständlichen Grundstücke seien hauptberufliche Winzer interessiert. Diese seien auch willens, den ortsüblichen Kaufpreis zu zahlen. Diese Winzer
besäßen zur Verbesserung ihrer Lebensgrundlage je einen aufstockungswürdigen und aufstockungsbedürftigen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Beteiligte zu 2) bewirtschafte
selbst keine Weinbergsflächen im Geltungsbereich des GrdstVG und verfüge über keine
Hofstelle. Ein schlüssiges Betriebskonzept mit konkreten Planungen würde nicht
existieren. Damit sei die Beteiligte zu 2) als Nichtlandwirt im Sinne des GrdstVG anzusehen.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat mit Beschluss vom 18. Februar 2010 den
Bescheid der Beteiligten zu 3) vom 15. Mai 2009 hinsichtlich des darin enthaltenen Versagungsteils aufgehoben und den Kaufvertrag vom 23. Februar 2009 auch hinsichtlich der weinbaulich genutzten Grundstücke mit einer Fläche von jeweils über 1 000 m² genehmigt.
Hiergegen hat die Beteiligte zu 1) form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Beteiligte zu 1) macht geltend,
dass das erstinstanzliche Gericht bei der Sachbehandlung anscheinend von einem kontradiktorisch ausgestalteten Verfahren ausgegangen sei. Weil es sich tatsächlich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handele, hätte das Landwirtschaftsgericht jedoch
von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen zur Feststellung der für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen durchführen und deshalb den Sachverhalt eigenständig und
unabhängig von dem Prüfungsumfang der Genehmigungsbehörde aufklären müssen.
Gegen dieses Aufklärungsgebot habe das erkennende Gericht verstoßen. Im Übrigen hätte
die Genehmigung nach
zu 2) als Nichtlandwirt zu behandeln sei und bezüglich sämtlicher Grundstücke drei
Erwerbsinteressenten vorhanden seien, welche die Grundstücke zum ortsüblichen Preis
erwerben wollten. Wegen der Unteilbarkeit des Vertrages sei von einer fehlenden
Bestandskraft der Teilgenehmigung auszugehen.
Die Beteiligte zu 1) beantragt,
das Verfahren unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie des ihn ergänzenden
Beschlusses des Amtsgerichts Bernkastel-Kues vom 3. März 2010 an das Gericht des
ersten Rechtszuges zurückzuverweisen
hilfsweise:
1. den angefochtenen Beschluss sowie den ergänzenden Beschluss des Amtsgerichts Bernkastel-Kues vom 3. März 2010 aufzuheben.
2. Die Genehmigung des vor dem Notar Dr. B... B... in B... am 23. Februar 2009 geschlossenen Kaufvertrages zu versagen.
Die Beteiligte zu 2) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die von ihr für zutreffend gehaltene Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien in
beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze und beigefügten Unterlagen sowie auf den Beschluss
des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Bernkastel-Kues vom 18. Februar 2010 Bezug
genommen.
II.
A.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Die Beteiligte zu 1) ist als Obere Landwirtschaftsbehörde beschwerdeberechtigt, § 32 Abs. 2
Satz 2 LwVG i. V. m. § 1 Abs. 1 lit. b AVO-GrdstVG RP (Landesverordnung zur Ausführung
des Grundstückverkehrsgesetzes vom 21. Dezember 1961, GVBl. S. 267, zuletzt geändert durch
das Landesgesetz vom 12. Oktober 1999, GVBl. S. 325).
2. Das Verfahren und der Rechtsmittelzug richten sich in der vorliegenden Sache entgegen der
Auffassung der Beteiligten zu 1) und 2) noch nicht nach den Bestimmungen des Gesetzes über
das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
(FamFG), sondern weiterhin nach den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), sodass gegen die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts
vom 18. Februar 2010 nicht die befristete Beschwerde gemäß den §§ 9 LwVG, 58, 63 Abs. 3 Nr.
2 FamFG eröffnet ist, sondern die sofortige Beschwerde gemäß § 22 Abs. 1 LwVG a. F. i.V.m.
beim Amtsgericht Bernkastel-Kues am 8. März 2010 gewahrt (
3. Dem Verfahren steht nicht entgegen, dass die Beteiligte zu 2) nicht innerhalb von 2 Wochen
beim zuständigen Amtsgericht ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 22 Abs. 1
GrdstVG gestellt hatte. Der am 28. Mai 2009 beim unzuständigen Amtsgericht Wittlich eingereichte Antrag ging erst am 23. Juni 2009 beim Amtsgericht Bernkastel-Kues ein. Eine
Wiedereinsetzungsentscheidung liegt nicht vor. Eine solche Entscheidung war indes nicht notwendig, da die Fristversäumung auf einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung beruhte. Eine
inhaltlich unzutreffende gesetzlich vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung macht ebenso wie
eine unterbliebene Rechtsmittelbelehrung die Zustellung als solche nicht unwirksam, setzt aber
die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels nicht in Gang (vgl. Barnstedt/Steffen, Gesetz über das
gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen, 7. Aufl., § 21 Rn. 64 m. w. N.; BGH Beschl. v.
3.5.2002 - VZB 36/01, zitiert nach Juris, Rn. 16; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 22 Rn. 9).
B.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) hat in der Sache jedenfalls einen vorläufigen Erfolg. Das
vom Amtsgericht eingeschlagene Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel, da das erstinstanzliche Gericht entgegen
für die zu treffende Sachentscheidung vorgenommen hat (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 12.
Aufl., § 25 Rn. 7 m. w. N.). Dies hat zur Folge, dass das erstinstanzliche Verfahren keine tragfähige Entscheidungsgrundlage bildet und rechtfertigt die Zurückverweisung der Sache in die
erste Instanz, um dort die erforderlichen Ermittlungen nachzuholen (vgl. etwa Senat, Beschl. v.
21.9.2009, 4 W 45/09, veröff. in Juris, Rn. 44 f m. w. N.)
Das erstinstanzliche Gericht hat nicht ausreichend geprüft und aufgeklärt, ob die Genehmigung
nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu versagen ist, weil die Veräußerung an die Beteiligte zu
2) eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden im Sinne von
bedeuten würde. Eine solche Prüfung wäre hier aber erforderlich gewesen. Denn entgegen der
vom erstinstanzlichen Gericht vertretenen Auffassung ist für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des vorgelegten Grundstückskaufvertrages in zeitlicher Hinsicht nicht auf die für die
Behörde normierte Genehmigungsfrist (
gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Das Gericht hat selbst zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Versagung vorliegen. Die für das verwaltungsbehördliche Verfahren vorgesehenen Fristen, einschließlich der Genehmigungsfiktion gemäß
lediglich bewirken, dass der Antragsteller frühzeitig eine positive oder negative Entscheidung
über seinen Genehmigungsantrag erhält. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Verfahrensbeteiligten die zwischen ihnen strittig gebliebenen Fragen möglichst früh durch die
Anrufung des zuständigen Gerichts klären lassen können. Damit ist aber keine Einschränkung
des gerichtlichen Prüfungsumfanges oder des Sachvortrage der Beteiligten verbunden. Daher ist
der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine ungesunde Verteilung von
Grund und Boden im Sinne von
der letzten Tatsacheninstanz. (vgl. Netz, Kommentar zum Grundstückverkehrsgesetz, 4. Aufl., S.
393).
Die vom erstinstanzlichen Gericht unterlassene Sachaufklärung war auch nicht wegen angeblicher Bestandskraft der von der Beteiligten zu 3) erklärten Teilgenehmigung (hinsichtlich des
notariellen Verkaufs von elf Grundstücken, die jeweils eine Größe unter 1 000 m² aufweisen)
und dem Grundsatz einer nur einheitlich vorzunehmenden Vertragsgenehmigung entbehrlich.
Die rechtsgeschäftliche Veräußerung von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen
Grundstücken sowie Moor- und Ödland, das in landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche
Kultur gebracht werden kann, und der schuldrechtliche Vertrag hierüber bedürfen grundsätzlich
der Genehmigung durch die Untere Landwirtschaftsbehörde (
Abs. 1 lit. a AVO-GrdstVG RP). Ist ein schuldrechtlicher Vertrag genehmigt worden, so gilt
auch die in Ausführung des Vertrages vorgenommene Auflassung als genehmigt (§ 2 Abs. 1 S. 2
GrdstVG).
der generellen Genehmigungspflicht festzulegen. Das Land ... hat von dieser Möglichkeit
Gebrauch gemacht (vgl.
die Veräußerung eines Grundstückes keiner Genehmigung nach
größer als 10 Ar oder auf dem Grundstück befindet sich die Wirtschaftsstelle eines land- oder
forstwirtschaftlichen Betriebes. Dies hat zur Folge, dass im hier zu entscheidenden Fall der Verkauf lediglich der weinbaulich genutzten Grundstücke, die größer als 10 Ar (= 1 000 m²) sind
einer Genehmigung nach dem GrdstVG bedarf. Dabei handelt es sich um die im Grundbuch des
Amtsgerichts Bernkastel-Kues von ... Bl. ... Bestandsverzeichnis laufende Nrn. ... und ... aufgeführten Grundstücke. Die weiteren verkauften rechtlich selbständigen Grundstücke sind hingegen nach dem Gesetz genehmigungsfrei. Von daher kann die seitens der Beteiligten zu 3)
erklärte Genehmigung eines genehmigungsfreien Vorganges keine rechtlichen Wirkungen in
Ansehung der tatsächlich genehmigungspflichtigen Grundstücke haben.
Dem steht auch der vom erstinstanzlichen Gericht zitierte Beschluss des Bundesgerichtshofs
vom 8. Mai 1998, BLw 4/97 (
eine andere Fallkonstellation. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall hatte die Genehmigung eines Vertrages zum Gegenstand, der mehrere genehmigungsbedürftige Grundstücksgeschäfte umfasste. In einem solchen Fall kann die Genehmigung des Grundstückvertrages
gegenüber einem Nichtlandwirt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1GrdstVG nur versagt werden, wenn sich
das Erwerbsinteresse der Vollerwerbslandwirte auf sämtliche in dem Vertrag aufgeführten
(genehmigungsbedürftigen) Grundstücke bezieht. Dies wird damit begründet, das der Grundstücksvertrag in der Regel als Einheit gewertet werden muss und daher nur insgesamt genehmigungsfähig ist oder für ihn ein Versagungsgrund besteht. Von dieser Regel einer einheitlichen
Genehmigung wird aber abgewichen, wenn der Gesetzgeber - wie in R... - durch die Festlegung
von Genehmigungsfreigrenzen einen Teil der Grundstücke aus der Genehmigungsbedürftigkeit
herausnimmt. Dann sind bestimmte Grundstücksgeschäfte wegen ihrer geringfügigen Größe
bereits kraft Gesetzes vom Erfordernis einer einheitlichen Genehmigung ausgenommen.
So liegt der Fall hier.
Insofern ist im Streitfall bei der Prüfung der Genehmigung das Interesse der Vollerwerbslandwirte nur zu berücksichtigen, wenn diese bereit sind, alle vom Vertrag erfassten genehmigungspflichtigen Grundstücke zu dem im Vertrag vereinbarten Kaufpreis zu erwerben. Dies schließt
aber nicht aus, dass die Vollerwerbslandwirte auch ihr Interesse an den nicht genehmigungsbedürftigen Grundstücken erklären.
Auch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Schleswig (Beschl. v. 3.3.2009, 3 WLw 20/08,
zitiert nach beck-online) und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Beschl. v. 26.2.2009, 5
W(Lw) 9/08, zitiert nach Juris) rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die von diesen Gerichten
entschiedenen Fälle betrafen jeweils eine Konstellation, in der neben dem Grundstückverkehrsgesetz noch das Reichssiedlungsgesetz (RSiedlG) und das darin normierte Vorkaufsrecht (§ 4
RSiedlG) zur Anwendung kamen. Die beiden eng miteinander verflochtenen Gesetze gehen
jeweils von einem unterschiedlichen Grundstücksbegriff aus. Dem Grundstücksverkehrsgesetz
liegt ein rechtlicher (vgl. Stavorinus,
oben genannten Gerichte die Notwendigkeit zur Klärung der Frage, welchem Grundstücksbegriff
beim Zusammentreffen der beiden Gesetze der Vorrang einzuräumen ist. Dies wurde dahingehend entschieden, dass in solchen Fallkonstellationen jeweils dem wirtschaftlichen Grundstücksbegriff der Vorrang zukommt. Den Entscheidungen kann aber nicht entnommen werden,
dass damit der rechtliche Grundstücksbegriff des Grundstückverkehrsgesetz aufgegeben wurde.
Diese Vorrangproblematik stellt sich im vorliegenden Verfahren gerade nicht, da die für die
Anwendung des Reichssiedlungsgesetzes notwendige Größe von zwei Hektar aufwärts (§ 4 Abs.
1 RSiedlG) auch bei einer Addition aller Flächen der 15 verkauften Grundstück nicht erreicht
wird. Insofern verbleibt es bei dem rechtlichen Grundstücksbegriff und der damit verbundenen
Genehmigungsfreigrenze nach § 1 AGGrdstVG RP.
Die bislang unterbliebene weitere Sachaufklärung wird das Ausgangsgericht nunmehr durchzuführen haben. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgende Aspekte hin:
1) Nach
ungesunde Verteilung von Grund und Boden bedeuten würde. Dies liegt in der Regel dann vor,
wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht (§ 9 Abs. 2
GrdstVG). Darunter fallen u. a. die Maßnahmen, die das Ziel des Erhaltes und der Stärkung von
landwirtschaftlichen Betrieben haben. Denn das Grundstückverkehrgesetz dient der Unterstützung und der Entwicklung einer lebensfähigen Landwirtschaft (vgl. BGH
237).
Daher liegt ein Versagungsgrund im Sinne von
Fläche zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und bereit und in der Lage ist, das
Land zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (vgl.
f.; 112, 86, 88; BGH, Beschl. v. 26.4.2002, BLW 36/01,
Das Erfordernis der Dringlichkeit des Aufstockungsbedarfes ist dabei nicht in erster Linie
zeitlich orientiert. Vielmehr ist dieser Begriff im Hinblick auf die Auswirkungen des Rechtsgeschäfts für die Agrarstruktur zu sehen. Allein darauf kommt es bei der Auslegung des § 9 Abs.
1 Nr. 1 GrdstVG an. Das bedeutet, dass der Zuerwerb für den Betrieb des Landwirts dringend
vor allem im Sinne einer gesteigerten Notwendigkeit sein muss (vgl. BGH Beschl. v. 26.4.2002,
BLW 2/02,
dringender Aufstockungsbedarf darin gesehen werden, dass der Zuerwerb das Ziel hat, das grobe
Missverhältnis zwischen Eigenland und Pachtland zu verringern. Die Vergrößerung des Eigenlandanteils dient der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebes und damit der Verbesserung der
Agrarstruktur. Dieses Bedürfnis ist insbesondere greifbar, wenn es sich bei der gekauften Fläche,
um eine von dem Interessenten aufgrund Pachtvertrages genutzte Fläche handelt (BGH Beschl.
v. 26.4.2002, BLW 36/01
Dem bisherigen Verfahrensstoff lässt sich nicht entnehmen, dass die von der Verwaltung
benannten Interessenten für die genehmigungspflichtigen Grundstücke (4 Grundstücke über
1000 m²) wegen des Zuschnitts ihrer Betriebe ein spezielles oder gar dringendes Aufstockungsbedürfnis haben. Somit müsste von Amts wegen durch Anhörung der Kaufinteressenten geklärt
werden, ob ein dringendes Aufstockungsbedürfnis in dem dargestellten Sinne tatsächlich besteht.
2) Das Landwirtschaftsgericht wird gegebenenfalls auch aufzuklären haben, wie die Angebote
der Interessenten zu verstehen sind, die sich nur zu einem Erwerb zum „ortsüblichen Preis“
bereit erklärt haben. In diesem Zusammenhang müsste ermittelt werden, ob der im notariellen
Kaufvertrag vom 23. Februar 2009 für alle Grundstücke genannte Gesamtkaufpreis von ... € dem
ortsüblichen Preis entspricht.
Denn die Interessenten müssen bereit sein, den sich aus dem Kaufvertrag ergebenden Kaufpreis,
der max. bis zu 50 % über dem ortsüblichen Preis für landwirtschaftliche Grundstücke liegen
kann, zu entrichten (Netz, a. a. O., S. 393). Durch das Grundstückverkehrsgesetz findet eine
Preisüberwachung nicht statt. Nur dann, wenn der vom Eigentümer ausgewählte Käufer einen
Kaufpreis zahlen will, der in einem groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks steht,
muss er sich entgegenhalten lassen, dass sich für den Erwerb Land- und Forstwirte interessieren,
die bereit sind, den vom GrdstVG nicht missbilligten Preis (
In diesem Zusammenhang ist auch zu ermitteln, ob die drei Interessenten weiterhin alle 15
Grundstücke erwerben wollen oder ob sie nur die vier streitgegenständlichen Grundstücke (was
rechtlich zulässig ist) erwerben wollen. Abhängig davon müsste gegebenenfalls weiter geklärt
werden, welcher - im Notarvertrag nicht einzeln ausgewiesener - Preis für diese 4 Grundstücke
von den Vertragsparteien zu Grunde gelegt wurde.
3) Zu erwägen sein wird ferner, dass nach der Rechtsprechung auch das Erwerbsinteresse einer
Person anerkannt, die zwar noch kein Landwirt ist, jedoch konkrete und in absehbarer Zeit zu
verwirklichende Absichten und Vorkehrungen zur Übernahme eines eigenen leistungsfähigen
landwirtschaftlichen Betriebes auf der Grundlage eines schlüssigen und umsetzbaren Betriebskonzepts aufweist und bereits erhebliche und ernsthafte Investitionen getroffen hat (vgl. OLG
Frankfurt
Die Beteiligte zu 2) betreibt derzeit keine Landwirtschaft und ist daher als Nichtlandwirtin anzusehen. Ein Nichtlandwirt kann aber einem Landwirt gleichgestellt werden, wenn er konkrete und
in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten und Vorkehrungen zur Übernahme einer
mindestens leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirtschaft getroffen hat. Diese Voraussetzungen
müssen im Einzelfall festgestellt werden, wobei bei der Prüfung der Absichten und Vorkehrungen der Käufer, die bisher keine landwirtschaftlichen Berufe ausgeübt haben, ein strenger
Maßstab angezeigt ist (vgl. BGH
Betriebskonzept vom 17. Dezember 2009.
Schließlich erscheint es angezeigt, dass am Fortgang des Verfahrens auch die Erben des am 1.
April 2009 verstorbenen Verkäufers P... F... beteiligt werden.
Wegen des nur vorläufigen Erfolges der Beschwerde war dem Landwirtschaftsgericht zugleich
die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gemäß § 24 Abs. 1
LwVG a. F. bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Zweibrücken
Erscheinungsdatum:24.06.2010
Aktenzeichen:4 WLw 31/10
Normen in Titel:GrdstVG § 9; RSiedlG § 4