Kostenrecht: Güterrechtliche Vereinbarung
letzte Aktualisierung: 5.6.2023
BGH, Beschl. v. 19.4.2023 – XII ZB 234/22
GNotKG § 100
Kostenrecht: Güterrechtliche Vereinbarung
Zum Geschäftswert bei der notariellen Beurkundung von güterrechtlichen Vereinbarungen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen eine
notarielle Kostenrechnung für die Beurkundung eines Ehevertrags.
Mit notarieller Urkunde vom 24. Oktober 2011 schlossen der Antragsteller
und seine Ehefrau eine Vereinbarung, durch die sie unter anderem ihr jeweiliges
Betriebsvermögen dem Zugewinnausgleich und den güterrechtlichen Verfügungsbeschränkungen
entzogen und einen wechselseitigen Erb- und Pflichtteilsverzicht
vereinbarten. Am 5. Mai 2020 beurkundete die Antragsgegnerin eine
weitere güterrechtliche Vereinbarung der Eheleute, durch welche diese unter anderem
den im Jahr 2011 geschlossenen Ehevertrag aufhoben, Gütertrennung
vereinbarten sowie wechselseitig auf Zugewinnausgleichsansprüche verzichteten.
Unter dem 7. Mai 2021 stellte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für
die Beurkundung dieser güterrechtlichen Vereinbarung einen auf der Grundlage
des § 100 Abs. 1 GNotKG aus dem Wert des gesamten Vermögens der Eheleute
(jeweiliges Betriebs- und Privatvermögen) berechneten Betrag von 57.199,39
in Rechnung.
Der hiergegen gerichtete Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung
ist beim Landgericht und beim Oberlandesgericht erfolglos geblieben.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die aufgrund der nach § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG, § 130 Abs. 3
Satz 1 GNotKG bindenden Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 70
Abs. 1 FamFG,
Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,
die von der Antragsgegnerin in Rechnung gestellten Gebühren seien aus
dem richtigen Geschäftswert berechnet. Bei der beurkundeten Vereinbarung einer
Gütertrennung handele es sich um einen Ehevertrag, der den Güterstand
strukturell ändere. Für derartige Beurkundungen seien die Notargebühren aus
dem nach § 100 Abs. 1 GNotKG zu ermittelnden Geschäftswert zu berechnen,
der sich nach der Summe des Wertes des Vermögens beider Eheleute richte.
Der von der Antragsgegnerin beurkundete Ehevertrag betreffe trotz der bereits
im Jahr 2011 vereinbarten Herausnahme der Betriebsvermögen beider Eheleute
aus dem Zugewinnausgleich nicht nur bestimmte Vermögenswerte im Sinne von
die Aufhebung des gesetzlichen Güterstands mit Vereinbarung von Gütertrennung
ziehe vielfältige familien-, erb- und steuerrechtliche Folgen für das gesamte
Vermögen der Eheleute nach sich und vermeide zudem Schwierigkeiten bei der
Abgrenzung von Betriebs- und Privatvermögen. Die Kosten seien auch nicht
nach
2. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.
a) Gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GNotKG bemisst sich
der Geschäftswert bei der Beurkundung von Eheverträgen im Sinne des
beschränken, auf die Summe der Werte der gegenwärtigen Vermögen beider
Ehegatten beziehungsweise, sofern der Vertrag nur das Vermögen eines Ehegatten
betrifft, auf den Wert seines Vermögens. Verbindlichkeiten werden bei der
Ermittlung des Vermögens bis zur Hälfte des nach Satz 1 oder 2 maßgeblichen
Werts in Abzug gebracht. Sind dagegen nur bestimmte Vermögenswerte oder
bestimmte güterrechtliche Ansprüche Gegenstand eines beurkundeten Ehevertrags,
ist gemäß
maßgeblich, höchstens jedoch der Wert nach Absatz 1.
Durch diese Wertbestimmungen wurden die zuvor in § 39 Abs. 3 Satz 1
bis 3 KostO enthaltenen Regelungen in ihrem Kerngehalt im Wesentlichen unverändert
in das Notar- und Gerichtskostengesetz übernommen (BT-Drucks.
17/11471 S. 181; vgl. auch Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Pfeiffer GNotKG
4. Aufl. § 100 Rn. 1; BeckOK KostR/Diehn [Stand: 1. Januar 2023] GNotKG
§ 100 Rn. 2 und 9; Korintenberg/Tiedtke GNotKG 22. Aufl. § 100 Rn. 18). Wie
bereits die Vorgängerregelung des § 39 Abs. 3 KostO (vgl. hierzu Bengel/Tiedtke
in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 18. Aufl. § 39 Rn. 108) sind auch
die speziellen Wertvorschriften in
Wertbestimmungen, insbesondere der Regelungen in § 97 Abs. 1 und
2 GNotKG, die an die Stelle von § 39 Abs. 1 KostO getreten sind (BT-Drucks.
17/11471 S. 180), auszulegen.
b) Der Geschäftswert richtet sich danach bei der notariellen Beurkundung
eines Ehevertrags, der die Wahl des Güterstands regelt und damit eine strukturelle
Änderung des Güterstands bewirkt, nach § 100 Abs. 1 GNotKG (vgl.
Korintenberg/Tiedtke GNotKG 22. Aufl. § 100 Rn. 13 ff.; Felix
528). Die Aufhebung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft
(§ 1363 BGB) und die Vereinbarung von Gütertrennung (§ 1414 BGB) stellen
sich, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat und auch die Rechtsbeschwerde
nicht grundsätzlich in Zweifel zieht, als derartige Änderung des Güterstands
dar (vgl. Korintenberg/Tiedtke GNotKG 22. Aufl. § 100 Rn. 13; Felix
mwN; Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Pfeiffer GNotKG 4. Aufl. § 100 Rn. 7; vgl. bereits
Vogt
Dagegen ist
nach dem klaren Wortlaut der Regelung nur dann zugrunde zu legen, wenn einzelne
- bestimmte oder zumindest bestimmbare - Vermögenswerte oder bestimmte
güterrechtliche Ansprüche Gegenstand der Beurkundung sind (vgl.
Korintenberg/Tiedtke GNotKG 22. Aufl. § 100 Rn. 18; Schneider/Volpert/
Fölsch/Fackelmann Gesamtes Kostenrecht 3. Aufl.
Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Pfeiffer GNotKG 4. Aufl. § 100 Rn. 12 mwN;
Toussaint/Uhl Kostenrecht 52. Aufl.
Diehn [Stand: 1. Januar 2023] GNotKG § 100 Rn. 9 mwN).
c) Das Oberlandesgericht hat danach jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen,
dass die vorliegend in Rechnung gestellte Beurkundung der vom
Antragsteller und seiner Ehefrau vereinbarten Aufhebung der Zugewinngemeinschaft
und Wahl von Gütertrennung eine strukturelle Gestaltung des Güterstands
im Sinne von § 100 Abs. 1 GNotKG zum Gegenstand hatte und sich gerade nicht
lediglich auf einzelne Vermögensgegenstände der Eheleute bezog. Denn mit
der beurkundeten Vereinbarung wurde der Güterstand als solcher mit allen familien-,
erb- und steuerrechtlichen Konsequenzen für die Vermögen der Eheleute
insgesamt geändert und entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gerade
nicht nur die zusätzliche Herausnahme des Privatvermögens der Eheleute
aus dem Zugewinnausgleich geregelt.
Anderes folgt insbesondere nicht daraus, dass die Eheleute bereits mit
dem Ehevertrag vom 24. Oktober 2011 die dem Betriebsvermögen beider Ehegatten
zugehörigen Vermögensgegenstände dem Zugewinnausgleich entzogen,
die Verfügungsbeschränkungen - insbesondere § 1365 BGB - diesbezüglich aufgehoben
sowie einen Erb- und Pflichtteilsverzicht vereinbart hatten (vgl. hierzu
Diehn Notarkostenberechnungen 8. Aufl. Rn. 1596 f.). Bereits aufgrund der von
der Antragsgegnerin am 5. Mai 2020 beurkundeten Aufhebung dieses Ehevertrags
und der gleichzeitigen Wahl des Güterstands der Gütertrennung durch den
Antragsteller und seine Ehefrau war das zuvor dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft
entzogene beiderseitige Betriebsvermögen Gegenstand der verfahrensgegenständlichen
Beurkundung und daher bei der Bemessung des Geschäftswerts
nach
der Rechtsbeschwerde, die verfahrensgegenständliche Beurkundung betreffe
das Betriebsvermögen nicht, trifft somit nicht zu.
d) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen ist das
Oberlandesgericht schließlich davon ausgegangen, dass auch eine Niederschlagung
der Kosten nach
Sachbehandlung im Sinne von
offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen materielloder
verfahrensrechtlicher Art oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist
sowie dann, wenn der Notar von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten
die teurere wählt (
war hier bereits deshalb nicht der Fall, weil durch die von der Antragsgegnerin
gewählte Vertragsgestaltung Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Privat- und
Betriebsvermögen vermieden wurden. Dass es zum Beurkundungszeitpunkt
gleich sichere, aber kostengünstigere Gestaltungsmöglichkeiten gegeben hätte,
ist nicht ersichtlich.
Mit dem vom Antragsteller im landgerichtlichen Verfahren erhobenen und
bereits in der Beschwerde fallengelassenen Einwand, die Antragsgegnerin habe
pflichtwidrig eine gebührenmäßig ungünstige Vertragsgestaltung gewählt und sei
daher verpflichtet, ihn von der Gebührenforderung freizustellen, kann der Antragsteller
im Verfahren nach §§ 127 ff. GNotKG von vornherein nicht gehört werden
(vgl.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus
mit
bedarf es nicht, weil hierfür gemäß Nr. 19120 KV GNotKG eine Festgebühr
anfällt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:19.04.2023
Aktenzeichen:XII ZB 234/22
Rechtsgebiete:
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Eheliches Güterrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
NJW-RR 2023, 136-138
Normen in Titel:GNotKG § 100