OLG Hamm 02. August 2010
15 W 265/10
GBO § 19; BGB §§ 875, 1030, 1061

Löschung eines Nießbrauchs bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit des Berechtigten

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 15w265_10
letzte Aktualisierung: 14.10.2010
OLG Hamm, 2.8.2010 - 15 W 265/10
GBO § 19; BGB §§ 875, 1030, 1061
Löschung eines Nießbrauchs bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit des Berechtigten
1) Die Bewilligung der Löschung eines Nießbrauchs, die der Berechtigte bei der Bestellung
des Rechts („bereits jetzt“) aufschiebend bedingt für den Eintritt der Pflegebedürftigkeit in
der Form einer endgültigen und dauernden Heimunterbringung erklärt, ist grundbuchverfahrensrechtlich unwirksam.
2) Eine gleichzeitig erteilte Vollmacht zur Bewilligung der Löschung des Rechts, die unter
derselben aufschiebenden Bedingung erteilt ist, hat das Grundbuchamt auf den Eintritt der
Bedingung zu überprüfen. Es besteht in einem solchen Fall kein Anlass, von dem Erfordernis
des Nachweises des Eintritts in der Form des § 29 GBO abzusehen.


Erlassen gemäß § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG
durch Übergabe an die Geschäftsstelle
am 04. August 2010
gez., Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
des Oberlandesgerichts
O BERLANDESGERICHT H AMM
B ESCHLUSS
15 W 265/10 OLG Hamm
SI-9742-6 AG Siegen
NK: GBO § 19, BGB § 875, BGB § 1030, BGB § 1061
Leitsatz:
Stichworte: Löschung eines Nießbrauchs bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit des
Berechtigten
1) Die Bewilligung der Löschung eines Nießbrauchs, die der Berechtigte bei der
Bestellung des Rechts („bereits jetzt“) aufschiebend bedingt für den Eintritt der
Pflegebedürftigkeit in der Form einer endgültigen und dauernden
Heimunterbringung erklärt, ist grundbuchverfahrensrechtlich unwirksam.
2)
Eine gleichzeitig erteilte Vollmacht zur Bewilligung der Löschung des Rechts,
die unter derselben aufschiebenden Bedingung erteilt ist, hat das Grundbuchamt auf
den Eintritt der Bedingung zu überprüfen. Es besteht in einem solchen Fall kein
Anlass, von dem Erfordernis des Nachweises des Eintritts in der Form des § 29 GBO
abzusehen.
hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02.08.2010 auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 14.05.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Siegen vom 10.05.2010 durch
beschlossen:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den am 25.05.2010 in Abt. II lfd.
Nr. 8 und 9 des Grundbuchs eingetragenen vorläufigen Amtswiderspruch in der Veränderungsspalte als endgültig zu kennzeichnen.
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 2) und ihre Schwester L2 übertrugen mit notariellem Vertrag nebst
Auflassung vom 20.09.2007 – UR-Nr. 310/2007 des Notars I in T2 – ihre jeweils
hälftigen Miteigentumsanteile an den eingangs genannten Grundstücken auf den
Beteiligten zu 1). Zugleich behielten sie sich ein lebenslanges und unentgeltliches
Nießbrauchrecht an sämtlichen Räumlichkeiten des Hauses vor. Der Beteiligte zu 1)
wurde am 23.10.2007 als alleiniger Grundstückseigentümer in das Grundbuch
eingetragen. Die Eintragung des Nießbrauchrechts, löschbar bei Nachweis des
Todes, wurde am selben Tage in Abt. II Nr. 6 und 7 des Grundbuchs eingetragen.
In dem notariellen Vertrag vom 20.09.2007 ist zu dem Nießbrauchrecht unter anderem folgendes ausgeführt:
„Die Erschienenen zu 1 und 2 [die Berechtigten] bewilligen bereits jetzt
unwiderruflich die Löschung des ihnen jeweils zustehenden Nießbrauchrecheine endgültige und dauernde Heimunterbringung der Erschienenen zu 1 oder
zu 2 erfolgt und infolge dessen eine Rückkehr in die dem Nießbrauchrecht
unterliegenden Räumlichkeiten des Hauses I-Str. 40 ausgeschlossen ist.
Die Erschienenen zu 1 und 2 erteilen insoweit, jeder für sich selbst, dem Erschienenen zu 3 [dem Beteiligten zu 1)] die Vollmacht, beim Eintritt vorstehender Bedingung, der dem Grundbuchamt durch ein entsprechendes
ärztliches Attest nachzuweisen ist, die Löschung des Nießbrauchrechts im
Grundbuch von T2 Blatt 9742 in Vollmacht und im Namen der Erschienenen
zu 1 und 2 zu bewilligen und zu beantragen. Die Vollmacht gilt jeweils seitens
der Erschienenen zu 1 und 2 unabhängig voneinander zu Gunsten des
Erschienenen zu 3 erteilt.“
Am 18.10.2009 verstarb Frau L2. Für die Beteiligte zu 2) wurde in dem bei dem
Amtsgericht Siegen geführten Betreuungsverfahren – 33 XVII K 1513 – am
27.01.2010 Frau B zur Betreuerin bestellt. Der Aufgabenkreis der Betreuerin umfasst
unter anderem die „Klärung des Nießbrauchsrechts“. Derzeit lebt die Beteiligte zu 2)
in dem Alten- und Pflegeheim Haus „P“ in T2.
Der Beteiligte zu 1) beantragte am 23.03.2010 in notariell beglaubigter Form – URNr. 34/2010 des Notars M in T2 – die Löschung der Nießbrauchsrechte wie folgt:
„Der Eigentümer, Herr L, des im Grundbuch von T2 Blatt 9742 verzeichneten
Grundbesitzes beantragt hiermit Bezugnahme auf die Löschungsbewilligungen
der Berechtigten in dem notariellen Übertragsvertrag des Notars I in T2 vom
20.09.2007 – UR-Nr. 310/2007, und unter Überreichung der Sterbeurkunde
der Frau L2 sowie des ärztlichen Attestes des Dr. med. I2 in T2 vom
22.02.2010 betr. Frau L3, die Löschung der in Abt. II lfd. Nr. 6 u. 7 jeweils für
die Berechtigten, Frau L2 und Frau L3, eingetragenen Nießbrauchrechte.“
In dem in Bezug genommenen Attest vom 22.02.2010 war ausgeführt, dass die
Beteiligte zu 2) „aufgrund einer Demenz vom Alzheimertyp, eines Diabetes mellitus,
der Betreuung und der Unterbringung im Pflegeheim“ bedürfe.
Mit Schriftsatz vom 24.03.2010 reichte der Notar den Antrag nebst in Bezug genommener Anlagen bei dem Amtsgericht – Grundbuchamt – Siegen ein und stellte
den Löschungsantrag nach § 15 GBO. Das Grundbuchamt nahm daraufhin die
Löschung der Nießbrauchrechte am 29.03.2010 vor.
Dem trat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom
09.04.2010 entgegen und regte die Eintragung eines Amtswiderspruchs an. Denn
eine endgültige und dauernde Heimunterbringung stehe nicht fest; eine Rückkehr in
die Räumlichkeiten des Hauses I- Straße 40 sei nicht ausgeschlossen.
Mit Beschluss vom 10.05.2010 lehnte das Grundbuchamt die Eintragung eines
Amtswiderspruchs gegen die eingetragene Löschung ab. Hiergegen richtet sich die
Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 14.05.2010, der das Grundbuchamt nicht
abgeholfen hat.
Auf den mit der Beschwerde gestellten Antrag nach § 76 GBO hat der Senat mit Beschluss vom 20.05.2010 die Eintragung eines vorläufigen Amtswiderspruchs zugunsten der Beteiligten zu 2) angeordnet, soweit die erfolgte Löschung ihr Nießbrauchsrecht betroffen hat. Diese Eintragung hat das Grundbuchamt am 25.05.2010 vorgenommen.
II.
Die Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs ist nach §§ 71
Abs. 1, Abs. 2 S. 2, 73 GBO statthaft und formgerecht eingelegt. Die Beteiligte zu 2)
ist beschwerdeberechtigt, denn sie kann unter Zugrundelegung ihres Sachvortrags
einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB geltend machen; zu ihren
Gunsten müsste der Widerspruch gebucht werden.
Das zulässige Rechtsmittel ist auch begründet.
des Grundbuchs unterliegende Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. Beide Voraussetzungen sind kumulativ zu verstehen
(Senat FGPrax 2005, 192 = Rpfleger 2005, 532). Eine Gesetzesverletzung in diesem
Zusammenhang ist jede Fehlanwendung geltender Rechtsvorschriften. Erheblich
sind in gleichem Maße fehlerhafte Beurteilungen der Sachlage wie Rechtsanwendungsmängel im eigentlichen Sinne. Der Charakter der verletzten Norm ist dabei unerheblich. Materielles Recht ist ebenso zu beachten wie formelle Vorschriften; zwingende Normen ebenso wie Sollvorschriften. Als Gesetzesverletzung reicht eine objektive Verletzung aus; weitere subjektive Elemente wie etwa Verschulden sind nicht
erforderlich (Senat Rpfleger 1991, 59, 60; 1980, 229; 1960, 405; vgl. ferner jeweils m.
w. N.: Meincke in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., § 53, Rdnr. 57 f., 62; Demharter,
GBO, 27. Aufl., § 53, Rdnr. 20 f.). Eine durch die in diesem Sinne fehlerhafte Eintragung verursachte Unrichtigkeit des Grundbuchs ist gegeben, wenn der Inhalt des
Grundbuchs mitsamt der zulässig in Bezug genommenen Bewilligungen und die
wirkliche Rechtslage einander gegenwärtig widersprechen (BayObLG Rpfleger 1994,
343; 1987, 450; 1981, 190; Senat Rpfleger 2002, 565; OLG Düsseldorf Rpfleger
1977, 446, 447; Meincke, a. a. O., Rdnr. 52; Demharter, a. a. O., Rdnr. 26).
Diese Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die
Löschung des die Beteiligte zu 2) bestreffenden Nießbrauchs sind gegeben.
Eine Eintragung im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO ist auch die Löschung einer Eintragung (vgl. BGH Rpfleger 1988, 353; Senat OLGR 1997, 193). Diese ist vorliegend
unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfolgt. Denn das für die Beteiligte zu 2)
eingetragene Nießbrauchrecht kann nur gelöscht werden, wenn entweder die Beteiligte zu 2) als eingetragene Berechtigte die Löschung bewilligt hat oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist, §§ 19, 22 Abs. 1 S. 1 GBO. Der Nachweis
der Unrichtigkeit des Grundbuchs kommt in Bezug auf die Heimunterbringung der
Beteiligten zu 2) nicht in Betracht. Denn das Nießbrauchrecht ist lebenslang bestellt.
Die in der notariellen Urkunde vom 20.09.2007 unter der Bedingung der endgültigen
und dauernden Heimunterbringung erklärte Löschungsbewilligung der Beteiligten zu
2) ist nicht wirksam. Denn die Bewilligung nach § 19 GBO muss als eine dem Grundoder Zeitbestimmungen abhängig sein (vgl. Kössinger in Bauer/von Oefele, a. a. O.,
§ 19, Rdnr. 56; Demharter, a. a. O., § 19, Rdnr. 31; OLG Frankfurt Rpfleger 1975,
177; 1980, 291, 292 m. w. N.). Der Beteiligte zu 1) konnte die unwirksame Bewilligung der Beteiligten zu 2) vom 20.09.2007 deshalb nicht in Anspruch nehmen. Eine
eigene Löschungsbewilligung des Beteiligten zu 1) liegt nicht vor. Denn die Löschung
des Nießbrauchrechts hat er ausdrücklich unter „Bezugnahme auf die Löschungsbewilligungen der Berechtigten in dem notariellen Übertragsvertrag“ beantragt. Er hat
indes nicht selbst, unter Inanspruchnahme der ihm erteilten Vollmacht, die Bewilligung der Löschung gegenüber dem Grundbuchamt erklärt.
Durch die Eintragung ist das Grundbuch auch unrichtig geworden, denn nach der in
diesem Zusammenhang maßgeblichen materiellen Rechtslage besteht das Nießbrauchrecht der Beteiligten zu 2) fort.
Materiell-rechtlich erlischt der Nießbrauch gemäß § 1061 S. 1 BGB mit dem Tode
des Nießbrauchers, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist. Danach kann der Nießbrauch auch in anderer Weise als durch die Lebenszeit des Berechtigten befristet
und auch auflösend bedingt sein. Ferner erlischt der Nießbrauch an Grundstücken
gemäß § 875 Abs. 1 BGB durch einseitige Aufgabeerklärung des Berechtigten und
entsprechende Grundbuchlöschung ( MünchKomm/Pohlmann, BGB, 5. Aufl. § 1030,
Rdnr. 108 f.; Palandt/Bassenge, BGB, Einf. v. § 1030, Rdnr. 6). Diese Voraussetzungen für eine Beendigung des für die Beteiligte zu 2) eingetragenen Nießbrauchrechts
sind nicht gegeben.
Der Nießbrauch besteht nicht etwa auflösend bedingt für den Fall der endgültigen
und dauernden Heimunterbringung der Berechtigten. Ein solcher Inhalt lässt sich
dem Recht nicht im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB beimessen. Gegenstand der materiellen Vereinbarung vom 20.09.2007 ist ausdrücklich ein lebenslanges Nießbrauchrecht. Weitere Regelungen zum Bestand des Rechts enthält die Vereinbarung an dieser Stelle nicht. Vielmehr schließt sie mit Bewilligung und Eintragungsantrag auf Seite 3 Absatz 3 der Urkunde zunächst ab. Der Eintragungsantrag
sieht die Grundbucheintragung mit dem Vermerk vor, dass zur Löschung des Rechts
Urkunde nimmt sodann eine etwaige Pflegebedürftigkeit der Berechtigten in den
Blick. Die dahingehenden Formulierungen lassen indes nicht die Feststellung zu,
dass eine auflösende Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB vereinbart werden
sollte. Das behauptet der Beteiligte zu 1) im Übrigen auch nicht. Dagegen spricht
überdies neben dem Wortlaut der Ausführungen gerade die Systematik der Vereinbarung. Deren auf den Bestand des Rechts gerichteter Gehalt war im vorhergehenden Absatz – Bewilligung und Eintragungsantrag – sachlich abgeschlossen. Es hätte
nahe gelegen, eine etwaige auflösende Bedingung bereits darin aufzunehmen und
zu regeln. Denn eine Bedingung ist für den Bestand eines Grundstücksrechts wesentlich und muss daher in den Eintragungsvermerk aufgenommen werden; eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung reicht hier nicht aus (Knothe in Bauer/von
Oefele, a. a. O., § 44, Rdnr. 41; Demharter, a. a. O., § 44, Rdnr. 20 m. w. N.).
Diese Erwägungen stehen letztlich auch der Annahme entgegen, in der verfahrensrechtlich unwirksamen Löschungsbewilligung (Seite 3 Absatz 4 der Urkunde) liege
eine materiell-rechtlich wirksame aufschiebend bedingte Aufgabe des Nießbrauchs.
Ein dahingehender Erklärungsgehalt, die dingliche Aufgabe des Rechts für den Fall
der endgültigen und dauernden Heimunterbringung, entspricht ersichtlich nicht dem
zu dieser Zeit gegebenen Interesse der Nießbrauchberechtigten. Für eine mit diesem
Inhalt weitreichende Erklärung bereits im Zeitpunkt der Bestellung des Rechts bestand überdies kein Bedürfnis. Insbesondere hätte es einer Bevollmächtigung des
Beteiligten zu 1), wie sie indes in dem nachfolgenden Absatz ausdrücklich enthalten
ist, nicht bedurft. Gerade diese Regelung spricht dafür, dass die Beteiligte zu 2) sich
lediglich schuldrechtlich für den Fall der Pflegebedürftigkeit in dem geregelten
Umfang zur Aufgabe des Nießbrauchs verpflichtet und zur Durchführung dieser
Verpflichtung dem Beteiligten zu 1) die Vollmacht erteilt hat. Es kann deshalb dahin
stehen, ob die dauernde und endgültige Heimunterbringung, wäre sie als auflösende
Bedingung vorgesehen, bereits eingetreten ist. Die hierzu vorliegenden ärztlichen
Bescheinigungen lassen dies jedenfalls nicht erkennen. So ist in dem Attest vom
22.02.2010 lediglich ausgeführt, dass die Beteiligte zu 2) krankheitsbedingt –
insbesondere aufgrund einer Demenz vom Alzheimertyp – der Betreuung und der
Unterbringung im Pflegeheim bedürfe, ohne dies nach Pflegebedarf und –dauer
näher zu konkretisierten. Das Attest vom 14.01.2010 schließt eine Rückkehr ins
sein könnte.
Die Ausführungen des Grundbuchamtes in dem angefochtenen Beschluss, die sich
auf den Nachweis der Bevollmächtigung des Beteiligten zu 1) beziehen – von der er
hier tatsächlich keinen Gebrauch gemacht hat – geben dem Senat Anlass zu
folgenden ergänzenden Hinweisen: Nach gefestigter Rechtsprechung, der der Senat
folgt, hat sich bei einer aufschiebend bedingten Vollmacht der Nachweis in der Form
des § 29 GBO auch auf den Eintritt der Bedingung zu erstrecken. Hiervon
abzuweichen besteht auch dann kein hinreichender Anlass, wenn der Eintritt der
Bedingung
an
eine
näher
beschriebene
gesundheitliche
Entwicklung
des
Vollmachtgebers geknüpft ist, die durch ein ärztliches Attest nicht geführt werden
kann, weil dieses der Form des § 29 GBO nicht entspricht. Eine Beweiserleichterung
kann hier nicht Platz greifen, weil die Beweissituation durch die inhaltliche Gestaltung
der Vollmacht willkürlich hervorgerufen wird. Die von § 29 GBO bezweckte Sicherheit
des Grundstücksverkehrs, die nicht zur privaten Disposition steht, hat demgegenüber
nicht zurückzutreten (vgl. etwa OLG Köln FGPrax 2007, 102; OLG Schleswig FGPrax
2010, 125). Eine andere Handhabung würde das Grundbuchamt zu tatsächlichen
Feststellungen im Wege einer Beweisaufnahme zwingen. Sich statt dessen auf eine
Wahrscheinlichkeitsbeurteilung unter Anwendung privater Lebenserfahrung zu
beschränken, führt zur Gefahr einer unrichtigen tatsächlichen Beurteilung im
Einzelfall mit möglichen Haftungsfolgen.
Eine Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ist im Hinblick auf den Erfolg des
Rechtsmittels nicht veranlasst, § 131 Abs. 1, Abs. 3 KostO.
Von einer Zulassung der Rechtsbeschwerde hat der Senat abgesehen, weil die
Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 GBO dafür nicht vorliegen.
mitgeteilt von Richter am Oberlandesgericht Helmut Engelhardt, Hamm

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

02.08.2010

Aktenzeichen:

15 W 265/10

Rechtsgebiete:

Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht

Erschienen in:

FGPrax 2011, 10-12
NJW-RR 2011, 95-97
NotBZ 2010, 415-417
Rpfleger 2011, 78-80

Normen in Titel:

GBO § 19; BGB §§ 875, 1030, 1061