OLG München 25. Oktober 2016
9 U 34/16 Bau
BGB §§ 134, 305c Abs. 2, 623a Abs. 3 S. 1, 640, 641; MaBV §§ 3 Abs. 2, 12

Unwirksamkeit des gesamten Ratenplans wegen unzulässiger Besitzübergaberegelung

letzte Aktualisierung: 12.4.2019
OLG München, Urt. v. 25.10.2016 – 9 U 34/16 Bau

BGB §§ 134, 305c Abs. 2, 623a Abs. 3 S. 1, 640, 641; MaBV §§ 3 Abs. 2, 12
Unwirksamkeit des gesamten Ratenplans wegen unzulässiger Besitzübergaberegelung

1. Eine Vertragsklausel in einem Bauträgervertrag, wonach die Fälligkeit einer Rate „nach
Bezugsfertigkeit unverzüglich nach Besitzübergabe und Fertigstellung der Fassadenarbeiten“ eintritt,
ist dann unwirksam, wenn die nachfolgende Klausel mit der Zwischenüberschrift „Besitzübergabe“
vorsieht, dass „nach der Abnahme des Sondereigentums unverzüglich gegen Zahlung der
entsprechenden Kaufpreisrate die Besitzübergabe erfolgt“.

2. Eine Klausel im Bauträgervertrag, die die Fälligkeit einer Rate vorsieht, „sobald das Werk ohne
wesentliche Mängel, d. h. abnahmefähig, hergestellt ist und soweit dies rechtzeitig erfolgt ist“, ist
ebenso unwirksam. Eine Rate, die an die rechtzeitige Abnahmefähigkeit anknüpft, ist in dem
gesetzlichen Katalog des § 3 Abs. 2 MaBV nicht vorgesehen und deshalb unzulässig.

3. Rechtsfolge des Abweichens zu Ungunsten des Erwerbers von der Ratenregelung des § 3 Abs. 2
MaBV ist die Unwirksamkeit der gesamten Ratenregelung und nicht des ganzen Bauträgervertrages.
4. An die Stelle der nichtigen Ratenzahlungsvereinbarung treten die allgemeinen
werkvertragsrechtlichen Bestimmungen, sodass gem. § 641 BGB erst mit der Abnahme die Zahlung
der Gesamtvergütung verlangt werden kann. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)

Entscheidungsgründe

I.
Die Parteien streiten um die Abnahme von Gemeinschaftseigentum und noch ausstehende Bauträgervergütung.
Mit der Berufung vom 05.01.2016 wendet sich die Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom
03.12.2015, Az.: 11 O 12198/15. Diesem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien haben am 05.02.2010 einen notariellen Bauträgervertrag (Anlage K 1) über zwei Wohnungen nebst
Tiefgaragenplätzen im Bauvorhaben K.str. 7 in G. bei M. geschlossen. Das Bauwerk ist zwischenzeitlich
bezugsfertig hergestellt. Da die Beklagten eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums u.a. unter Berufung auf
zahlreiche Mängel verweigern, verlangt die Klägerin dessen Abnahme. Im Übrigen begehrt sie aus den im
Bauträgervertrag unter § 4 Nr. 3 vereinbarten Raten Nr. 3 bis 6 und aus der Rate Nr. 7 unter Abzug von zwei
Minderungsbeträgen noch Bauträgervergütung von 190.636,00 €.
Hinsichtlich des Sach - und Streitstandes wird im Übrigen auf die ausführlichen, tatsächlichen Feststellungen im
Urteil des Landgerichts München I vom 03.12.2015 Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen. Da das Gemeinschaftseigentum derzeit nicht im Wesentlichen
vertragsgemäß sei, bestehe kein Anspruch auf dessen Abnahme. Ein fälliger Anspruch auf Zahlung der
eingeklagten Raten sei derzeit schon deshalb nicht gegeben, weil die im Bauträgervertrag vereinbarte
Fälligkeitsstaffel unwirksam sei.
Hiergegen wendet sich die Klägerin und rügt im Rahmen ihrer Berufungsbegründung vom 09.03.2016 (Bl.
158/164) sowohl unrichtige Tatsachenfeststellungen als auch Rechtsverletzungen des Erstgerichts. Im
Zusammenhang mit der begehrten Abnahme habe sie zu den Mängelbehauptungen bezüglich der
Grundwasserwärmepumpe und der Barrierefreiheit vorgetragen und Beweis angeboten. Sie bezweifelt, dass
vorliegend wesentliche Mängel, auf die sich die Beklagten berufen könnten, der Abnahme entgegen stehen.
Zumal gemäß S. 13 des Bauträgervertrages, 2. Absatz, Mängel nur dann die Abnahmefähigkeit hindern, wenn
die Gebrauchstauglichkeit dadurch fehle. Desweiteren rügt sie eine Rechtsverletzung im Zusammenhang mit der
vom Erstgericht angenommenen Nichtigkeit der im Bauträgervertrag vereinbarten Fälligkeitsstaffel. Aus der auf
S. 13 geregelten Abnahme des Sondereigentums ergebe sich keine Unwirksamkeit, da die MaBV dies nicht
verbiete und die Abnahme nichts Anderes als die vertragliche Anerkennung eines Zustandes eines
Bauvorhabens sei, der der Bezugsfertigkeit entspreche. Zur Fälligkeitsstaffel wurde auch seitens des
Streithelfers, Notar Dr. S., mit Schriftsätzen vom 10.03.2016 (Bl. 165/169) und vom 27.09.2016 (Bl. 216/219)
vorgetragen. Mit Schriftsatz vom 02.10.2016 (Bl. 220/222) trug die Klägerin noch zu neueren Entwicklungen bei
der Wohnungseigentümergemeinschaft des streitgegenständlichen Anwesens vor und legte unter anderem ein
Protokoll der Eigentümerversammlung vom 14.09.2016 (Anlage K 9) vor. Da nun von der Klägerin Vorschüsse
für die Kosten der Mängelbeseitigung seitens der Eigentümergemeinschaft angefordert und keine
Nachbesserungen mehr zugelassen werden sollen, befinde sich der Bauträgervertrag jetzt „im
Abwicklungsstadium“, so dass sich die Beklagten nicht mehr auf die fehlende Abnahme berufen könnten.
Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz (Bl. 158f./224):
Das Urteil des Landgerichts München I vom 03.12.2015 wird aufgehoben.
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, das Gemeinschaftseigentum des in Wohnungseigentum
aufgeteilten Anwesens K.straße 7, G. abzunehmen.
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, auf das Projektkonto der Klägerin bei der Kreissparkasse
M. - S. - E. IBAN DE … 190.636,00 € nebst Zinsen zu 5% über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2014 zu
zahlen.
Der Streithelfer Dr. S. beantragt (Bl. 165/225):
Das Urteil des Landgerichts München I, Az.: 11 O 12198/15 wird aufgehoben, soweit der Zahlungsantrag der
Klägerin als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist.
Die Beklagten beantragen ( 154/225),
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten vertieften mit Berufungserwiderung vom 12.04.2014 (Bl. 172/201) ihr erstinstanzliches Vorbringen
und verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
Zum Vortrag im Berufungsrechtszug im Einzelnen verweist der Senat auf die von den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen.

II.
Die gem. § 511 ff. ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend und mit
überzeugender Begründung hat das Erstgericht sowohl einen Anspruch auf Abnahme als auch einen
Zahlungsanspruch der Klägerin verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die
Ausführungen des Erstgerichts. Zu ergänzen ist folgendes:

1. Anspruch auf Abnahme des Gemeinschaftseigentum
Die Beklagten schulden derzeit eine Billigung des Bauwerks Gemeinschaftseigentum als im Wesentlichen
vertragsgemäß nicht.
Unstreitig bestehen noch Mängel mit einem Beseitigungswert von 30.800 €. Von einer Einforderung der Rate 8,
die an eine vollständige Fertigstellung geknüpft ist, hat die Klägerin angesichts noch bestehender Mängel
abgesehen. Die Beklagten behaupten darüber hinaus schlüssig und substantiiert unter Bezugnahme auf die
Liste Anlage K 36 a Mängel am Gemeinschaftseigentum mit zu erwartenden Mängelbeseitigungskosten im Wert
von 105.550 € netto zzgl. Aufschlag für Planung/ Ausschreibung/ Überwachung von 15%, für Mehrwertsteuer
von 19% sowie des Druckzuschlages, insgesamt 288.890,33 €, wovon auf die Beklagten bei einem
Miteigentumsanteil von 21.5% ein Anteil von 62.111,42 € entfiele. Sie berufen sich mithin auf ein
Abnahmeverweigerungsrecht wegen wesentlicher Mängel. In diesem Fall trägt nach den im Zivilprozess
geltenden Grundsätzen (so auch Kniffka, Bauvertragsrecht, § 640 BGB, Rn. 44f.) der Unternehmer die
Darlegungs- und Beweislast, dass die behaupteten Mängel unwesentlich sind. Schon die unstreitig noch
vorhandenen Mängel am Gemeinschaftseigentum mit einem Beseitigungswert von 30.800 € sind nicht
unwesentlich und stehen der Abnahme entgegen. Zu den übrigen Mängeln hat die Klägerin lediglich bezüglich
der Barrierefreiheit und bezüglich der Grundwasserwärmepumpe, auch über ihren Streithelfer H., näher
vorgetragen und Beweis angeboten. Das allein genügte jedoch nicht, da nach dem schlüssigen und
substantiierten Vortrag der Beklagten, ergänzt durch die insoweit vorgelegte und nachvollziehbare Mängelliste
(Anlage K 36), deutlich mehr Mängel behauptet werden. Das von der Klägerin insoweit noch ins Feld geführte
Kriterium der Gebrauchstauglichkeit, das auf S. 13 des Bauträgervertrages Erwähnung findet, ist kein Kriterium,
dass von der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung bei der Prüfung der Abnahmefähigkeit
eines Bauwerks zur Anwendung gebracht wird (Kniffka, Bauvertragsrecht, Rn. 40 m.w.N. zur Rechtsprechung,
Werner/ Pastor, Der Bauprozess, Rn. 1834). Insgesamt hat die Klägerin somit nicht hinreichend dargelegt bzw.
nachgewiesen, dass das Gemeinschaftseigentum derzeit im Wesentlichen vertragsgemäß ist bzw. dass
wesentliche Mängel nicht vorhanden sind.
Nur als obiter dictum sei noch angemerkt: Grundsätzlich ist bei Verweigerung der Abnahme durch den Erwerber
für eine Klage des Bauträgers auf Abnahme ein Rechtsschutzbedürfnis anzunehmen. Zweifelhaft ist dies hier
geworden, nachdem sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.10.2016 nunmehr auf die Entbehrlichkeit der
Abnahme vor dem Hintergrund des ihrer Meinung jetzt bestehenden Abrechnungsverhältnisses beruft. Würde
man ihrer Rechtsauffassung folgen, was der Senat nicht tut, bestünde kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage
auf Abnahme mehr.

2. Zahlungsanspruch
Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ist unbegründet, da der Klägerin aufgrund Unwirksamkeit der
Fälligkeitsstaffel des Vertrages derzeit kein fälliger Anspruch auf Bauträgervergütung zusteht.
Die mit den handschriftlichen Nummer 6 und 7 versehenen Fälligkeitsklauseln/ Raten in § 4 Nr. 3 des
Bauträgervertrages sind wegen Verstoßes gegen §§ 3 Abs. 2, 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB nichtig.

a.) Unwirksamkeit der Rate 6
Die Unwirksamkeit der Ratenzahlungsregelung Nr. 6 ergibt sich vor dem Hintergrund von § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2
des Bauträgervertrages.
Gemäß § 3 Abs. 2 MaBV kann der Bauträger Zahlung einer Rate „nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen
Besitzübergabe“ verlangen, er kann diese Rate mithin nur fordern, wenn das Objekt bezugsfertig ist und wenn er
gleichzeitig den Besitz einräumt. Bezugsfertigkeit liegt im Bauwesen nach allgemeiner Meinung vor, wenn ein
Bauobjekt ohne Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Bewohner auf Dauer bewohnt werden kann. Sie
ist nicht gleichzusetzen mit Abnahmereife.
§ 4 Nr. 3 des Bauträgervertrages (S. 11) sieht eine Fälligkeit der Rate 6 „nach Bezugsfertigkeit unverzüglich nach
Besitzübergabe und Fertigstellung der Fassadenarbeiten“ vor, steht als solches mithin im Einklang mit § 3 Abs. 2
MaBV.
Der Begriff der Besitzübergabe wird in § 5 Nr. 2 des Bauträgervertrages (S. 13) dann aber nochmals
aufgegriffen. Unter der Zwischenüberschrift „Besitzübergabe“ heißt es dort: „Nach der Abnahme des
Sondereigentums erfolgt unverzüglich gegen Zahlung der entsprechenden Kaufpreisrate die Besitzübergabe.
Lasten sowie die mit dem Vertragsobjekt verbundene Haftung und Verantwortung gehen bereits mit der
Abnahme des Sondereigentums auf den Erwerber über. Die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen
Verschlechterung geht für abgenommene Teile des Vertragsobjektes jeweils mit der Abnahme über.“ § 5 Nr. 2
bestimmt - abgesehen von dem Lasten-, Haftungs - und Verantwortungsübergang auf den Erwerber mit der
Abnahme und vor Besitzübergang - mithin, dass die Abnahme des Sondereigentums Voraussetzung für die
Besitzübergabe ist. Eine Abnahme ist ein Mehr gegenüber der bloßen Besitzübertragung, da sie „die körperliche
Entgegennahme im Rahmen der Besitzübertragung, verbunden mit der Anerkennung des Werks als in der
Hauptsache vertragsgemäß“ beinhaltet (Kniffka, Bauvertragsrecht, § 640 BGB, Rn. 3; Palandt - Sprau, § 640
BGB, Rn. 3). Sie ist nicht nur, wie die Klägerin auf S. 5 ihres Schriftsatzes vom 09.03.2016 (Bl. 164) ausführt,
„die vertragliche Anerkennung eines Zustandes eines Bauvorhabens, der der Bezugsfertigkeit entspricht“.
Fraglich ist, in welchem Verhältnis § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2 des Bauträgervertrages stehen. Bei der Ermittlung des
Vertragsinhalts ist dabei auf den objektiven Empfängerhorizont eines juristischen Laien abzustellen. Für diesen
drängt sich ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2 des Bauträgervertrages auf. Der
Begriff der Besitzübergabe findet sich in § 4 Nr. 3, wenig später wird diesem unter der Überschrift
„Besitzübergabe“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Eine Interpretation dahingehend, dass die Fälligkeit der Rate 6,
der sog. Bezugsfertigkeitsrate, über die Vorgaben des § 3 Abs. 2 MaBV hinaus nicht nur an die Zug um Zug zu
erfolgende Besitzübergabe, sondern zusätzlich an die von dem Erwerber vorab zu erklärende Anerkennung des
Sondereigentums als in der Hauptsache vertragsgemäß geknüpft ist, liegt damit überaus nahe. Damit ginge
gegenüber § 3 Abs. 2 MaBV eine Verschärfung der Fälligkeitsvoraussetzungen und eine gewichtige
Beschränkung der Bauträgerpflicht im Sinn von § 12 MaBV einher, denn dem Erwerber wird zugemutet das
Sondereigentum abzunehmen (dass eine gesonderte Abnahme des Sondereigentums grundsätzlich verlangt
werden kann, steht hier nicht in Frage), bevor er noch den Besitz daran erlangen kann. Im Zusammenhang mit
der Rate 6 soll eine vorherige Abnahme des Sondereigentums erzwungen werden, da es andernfalls keine
Besitzübergabe gibt.
Selbst wenn man der soeben dargestellten Vertragsauslegung nicht folgen wollte, bleibt zumindest unklar, wie
das Verhältnis zwischen § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2 Bauträgervertrag zu verstehen ist. Unstreitig wurden jedenfalls
die auf S. 11 des Bauträgervertrages aufgeführten Ratenklauseln von der Klägerin in
Mehrfachverwendungsabsicht gestellt. Demzufolge gehen Unklarheiten bei der Auslegung zu Lasten des
Verwender, § 305 c Abs. 2 BGB, so dass auf die verwenderfeindlichste Interpretation abzustellen ist.

b.) Unwirksamkeit der Rate 7
§ 4 Nr. 3 des Bauträgervertrages (S. 11) sieht eine Fälligkeit einer Rate Nr. 7 vor, „sobald das Werk ohne
wesentliche Mängel, d.h. abnahmefähig, hergestellt ist und soweit dies rechtzeitig erfolgt ist“. Eine solche Rate
ist in § 3 Abs. 2 MaBV nicht vorgesehen und schon deshalb unzulässig. Die MaBV erlaubt dem Bauträger
nirgends eine vorletzte Rate zu vereinbaren, die an das Merkmal der „rechtzeitigen Abnahmefähigkeit“ geknüpft
ist. Deshalb kann auch offen bleiben, wie die offensichtlich unklare und auslegungsbedürftige Rate im Einzelnen
zu verstehen ist und ob sie einer sinnvollen Auslegung überhaupt zugänglich ist. Das auf S. 5 des Schriftsatzes
des Streithelfers Dr. S. vom 10.03.2016 (Bl. 169) vorgetragene Verständnis von dem Begriff der
Abnahmefähigkeit („Bezugsfertigkeit heißt Abnahmefähigkeit, also Herstellung ohne wesentliche Werkmängel“)
ist eine denkbare Auslegung. Dieses zumindest erstaunliche Verständnis bestätigt allerdings die im
Zusammenhang mit Rate Nr. 6 aufgezeigte Unklarheit und zeigt eine weitere, den Erwerber benachteiligende
Abweichung der Klausel Nr. 6 von § 3 Abs. 2 MaBV auf, wenn seitens des Verwenders der dort verwandte
Begriff der Bezugsfertigkeit eng angelehnt an den Begriff der Abnahme verstanden wird.
Die Befugnis eine solche Rate aufzunehmen, ergibt sich auch nicht aus § 632 a Abs. 3 S. 1 BGB. § 632 a BGB
findet auf Bauverträge, die dem Anwendungsbereich der MaBV unterliegen, keine Anwendung. Der Bauträger
darf, soweit er - wie hier - dem Anwendungsbereich der MaBV unterfällt, in Abweichung von den allgemeinen
Fälligkeitsregelungen Zahlungen von dem Erwerber nur unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 7 MaBV
entgegennehmen (BGH, Urteil vom 22.3.2007, VII ZR 268/05, Rn. 28). In § 4 Nr. 3 des Bauträgervertrages wird
bei der Rate Nr. 7 auch nicht etwa eine „Erfüllungsbürgschaft gem. § 632 a Abs. 3 BGB in Höhe von 5% der
Gesamtvergütung“ (S. 4 des Schriftsatzes des Streithelfer Dr. S. vom 10.03.2016, Bl. 168) geregelt, sondern es
werden nach dem Wortlaut des Vertrages Baufortschrittsraten für den Restkaufpreis „entsprechend den
Bestimmungen der Makler - und Bauträgerverordnung“ verlangt.

c.) Folge der Unwirksamkeit der Raten 6 und 7 Weicht der Bauträgervertrag zu Ungunsten des Erwerbers von
der Ratenregelung des § 3 Abs. 2 MaBV ab, hat dies die Unwirksamkeit der gesamten Ratenregelung (nicht des
ganzen Bauträgervertrages) zur Folge (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 11. Teil, Rn. 514).
Hinsichtlich der Rate 6 ist noch anzumerken: Da zwischen § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2 des Bauträgervertrages,
jedenfalls bei einer sehr naheliegenden und denkbaren Auslegung, ein untrennbarer Zusammenhang besteht,
scheidet die vom Streithelfer Dr. S. auf S. 4 des Schriftsatzes vom 10.03.2016 (Bl. 168) vorgetragene Annahme
einer alleinigen Unwirksamkeit der in § 5 Nr. 2 statuierten Abnahmepflicht vor Besitzübergabe aus, da eine
insoweit geltungserhaltende Reduktion nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zulässig ist.
An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt nach h.M. und ständiger Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil
vom 22.3.2007, VII ZR 268/05, Rn. 17ff; Kniffka, Bauvertragsrecht, § 632 a BGB, Rn. 118) § 641 BGB, so dass
erst mit Abnahme Zahlung der Gesamtvergütung verlangt werden kann.
Die Klägerin kann die eingeklagten Raten auch nicht deshalb einfordern, weil sich ihrer Auffassung gemäß
Schriftsatz vom 2.10.2016 nach der Bauträgervertrag nunmehr „im Abwicklungsstadium“ befinde und mithin das
Erfordernis der Abnahme hinfällig sei. Sie beruft sich insoweit auf die von der Rechtsprechung geschaffene Figur
des sog. Abrechnungsverhältnisses, mit der man auch außerhalb des § 641 Abs. 1 BGB zur Fälligkeit der
Werklohnforderung gelangen kann. Erstmals in einer Entscheidung aus dem Jahr 1978 (BGH NJW 1979, 549,
550) hat der BGH dieses Konstrukt in einem Fall geschaffen, in dem ein Auftragnehmer statt der ursprünglichen
Mängelbeseitigung zu einer Schadensersatzforderung übergegangen war. Deshalb hätte jetzt eine „endgültige
Abrechnung über die Bauleistung des Klägerin und den Schadensersatzanspruch der Beklagten stattzufinden.
Auf die Frage, ob die Abnahme der Werkleistung Fälligkeitsvoraussetzung für den Vergütungsanspruch des
Auftragsnehmers sei, kommt es nicht an“. Auf die vorliegende Fallkonstellation ist diese Überlegung des BGH
jedenfalls nicht übertragbar. Vorgelegt wird ein Protokoll der Eigentümerversammlung vom 14.09.2016 (Anlage K
9), wo unter TOP 9 c und d beschlossen wurde, dass der Klägerin eine Frist zur Bezahlung eines
Mängelbeseitigungsvorschusses gestellt und dieser ggfs. eingeklagt werden soll. Ein Abrechnungsverhältnis, wie
auch immer man das genau definieren möchte, ist dadurch sicher nicht entstanden, denn erstens wurde noch
kein Kostenvorschuss gefordert und zweitens kann der Besteller von einem etwaigen Begehren nach
Kostenvorschuss im Gegensatz zu den Sekundarrechten, die im vom BGH entschiedenen Fall inmitten standen,
jederzeit abgehen und stattdessen noch Nacherfüllung verlangen (Palandt - Sprau, § 643 BGB, Rn. 4;
Schmid/Senders, Das Abrechnungsverhältnis im Werkvertragsrecht, NZBau 2016, 474, 475).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Die vorliegende Sache hat keine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung. Eine Entscheidung des
Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung geboten.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

25.10.2016

Aktenzeichen:

9 U 34/16 Bau

Rechtsgebiete:

Bauträgervertrag und Werkvertrag
AGB, Verbraucherschutz

Normen in Titel:

BGB §§ 134, 305c Abs. 2, 623a Abs. 3 S. 1, 640, 641; MaBV §§ 3 Abs. 2, 12