BGH 09. September 2020
IV ZB 9/20
KV GNotKG Nr. 21102 Ziff. 2

Gebühr für die Teilaufhebung eines Vertrags

letzte Aktualisierung: 01.10.2020
BGH, Beschl. v. 9.9.2020 – IV ZB 9/20

KV GNotKG Nr. 21102 Ziff. 2
Gebühr für die Teilaufhebung eines Vertrags

Die ermäßigte Gebühr nach Nr. 21102 Ziff. 2 KV GNotKG für Beurkundungsverfahren, deren
Gegenstand die Aufhebung eines Vertrags ist, findet auf Teilaufhebungen keine Anwendung.

Gründe:

I. Der Kostengläubiger (i.F.: Notar) beurkundete am 21. Juli 2014
die schenkweise Überlassung eines Grundstücks der Beteiligten zu 4 an
ihre Tochter, die Beteiligte zu 1. Für die Beteiligte zu 4 und ihren Sohn,
den Beteiligten zu 3, sollten Nießbräuche an dem Grundstück bestellt
werden. Der Ehemann der Beteiligten zu 4, der Beteiligte zu 2, verzichtete
dieser gegenüber auf Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen in dieser
Urkunde oder in der Vergangenheit gemachter Zuwendungen. Außerdem
hoben die Beteiligten zu 2 und zu 4 sämtliche Vereinbarungen in
allen zwischen ihnen bestehenden Erbverträgen auf, soweit sie den Verfügungen
in dieser Urkunde entgegenstanden. Die Beteiligten zu 2 und 4
hatten sich erbvertraglich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt.

In seiner Kostenrechnung vom 27. Dezember 2018 erhob der
Notar für diese Beurkundung eine 2,0 Gebühr nach Nr. 21100 KV
GNotKG aus einem Geschäftswert von 1.001.045,50 € in Höhe von
3.630 € netto; dabei blieb die Aufhebung erbvertraglicher Regelungen
ohne Wertansatz. Die Notarkasse beanstandete diese Rechnung und
vertrat die Auffassung, dass für die Teilaufhebung der Erbverträge ebenfalls
eine 2,0 Gebühr gemäß Nr. 21100 KV GNotKG angefallen sei.
Auf Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde hat der Notar eine
gerichtliche Entscheidung über die Kosten verlangt. Er hat beantragt, die
Kostenrechnung um den Ansatz einer zusätzlichen 1,0 Beurkundungsverfahrensgebühr
nach Nr. 21102 KV GNotKG aus einem Geschäftswert
von 572.026 € in Höhe von 1.095 € netto zu ergänzen. Das Landgericht
hat mit Beschluss vom 30. September 2019 die Kostenrechnung dahingehend
abgeändert, dass die Beurkundungsverfahrensgebühr nach Nr.
21100 KV GNotKG mit einem 2,0 Gebührensatz aus einem Geschäftswert
von 1.573.071 € in Höhe von 5.390 € netto anzusetzen ist. Die hiergegen
gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2 mit dem Antrag, die
Kostenrechnung zu bestätigen, ist erfolglos geblieben. Die Beschwerde
des Notars, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt hat,
hat das Oberlandesgericht ebenfalls zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Notars, mit der er
die Bestätigung der Kostenrechnung vom 27. Dezember 2018, hilfsweise
die Ergänzung der Kostenrechnung wie in der Vorinstanz beantragt, begehrt.

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
zunächst auf den Beschluss des Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht ist der Ansicht, dass Nr. 21102 Ziff. 2 KV GNotKG für
Vertragsänderungen nicht anwendbar sei, und zwar auch dann nicht,
wenn die Änderung aus der (teilweisen) Aufhebung der Bindungswirkung
bestehe. Für diese sei daher eine 2,0 Gebühr nach Nr. 21100 KV
GNotKG in Ansatz zu bringen gewesen. Ergänzend hat das Beschwerdegericht
ausgeführt, der Wortlaut der Kostenstelle spreche nur von "Aufhebung
eines Vertrages", nicht jedoch von der Aufhebung von Teilen des
Vertrages. Bestimmungen in Kostenvorschriften seien eng auszulegen,
vor allem, wenn sie Ausnahmen von den allgemeinen Vorschriften enthielten.
Es sei durchaus sachgerecht, die Aufhebung von Teilen eines
Vertrages gebührenrechtlich anders zu behandeln als die Aufhebung eines
ganzen Vertrages.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Die statthafte Rechtsbeschwerde ist als unbeschränkt zugelassen
anzusehen.
Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zwar nur insoweit
zugelassen, "als begehrt wird, dass keine zusätzliche, über eine aus
einem Geschäftswert von 572.026 € zu berechnende, über 1.095 € netto
hinausgehende Beurkundungsverfahrensgebühr nach KV-21102 zum
GNotKG geschuldet ist". Diese Beschränkung der Zulassung ist aber unzulässig
und damit wirkungslos.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann auf einen tatsächlich
und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamt -
streitstoffs beschränkt werden, wenn der davon betroffene Teil des
Streits in tatsächlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff
beurteilt werden kann und nach einer Zurückverweisung eine Änderung
des von der beschränkten Zulassung erfassten Teils nicht in die
Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil gerät (vgl. für
die Revision: Senatsbeschlüsse vom 13. März 2019 - IV ZR 124/18,
VersR 2019, 1134 Rn. 13; vom 9. September 2014 - IV ZR 99/12, VersR
2015, 126 Rn. 8; jeweils m.w.N.). Im Streitfall besteht die Gefahr widersprüchlicher
Entscheidungen, weil die Frage, ob für die Beurkundung der
Teilaufhebung der Erbverträge eine 2,0 Gebühr nach Nr. 21100 KV
GNotKG anzusetzen ist, wie das Beschwerdegericht angenommen hat,
unter anderem davon abhängt, ob diese Vertragsklausel und der Rest
der Urkunde verschiedene Beurkundungsgegenstände sind und daher
überhaupt eine Gebühr aus einem entsprechend erhöhten Geschäftswert
anfällt. Diese vom Beschwerdegericht konkludent bejahte Frage ist aber
ihrerseits erheblich für die nicht der beschränkten Rechtsbeschwerdezulassung
unterliegende Entscheidung, dass die Kostenrechnung mindestens
um eine 1,0 Gebühr nach Nr. 21102 Ziff. 2 KV GNotKG aus einem
zusätzlichen Geschäftswert von 572.026 € für diese Vertragsklausel zu
erhöhen ist. Es kann nicht darauf abgestellt werden, dass die Beschwerdeentscheidung
hinsichtlich dieser Gebühr in Rechtskraft erwachsen und
damit für das weitere Verfahren bindend zugrunde zu legen sein könnte.
Für die Frage, ob die Beschränkung der Rechtsbeschwerdezulassung
nach den genannten Grundsätzen wirksam ist, kommt es aus Gründen
der Rechtsmittelklarheit auf den Zeitpunkt der beschränkten Zulassung
des Rechtsmittels an (vgl. für die Revision Senatsbeschluss vom 13.
März 2019 aaO Rn. 14 m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass gegen
die Beschwerdeentscheidung keine Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet
ist. Es wäre zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen,
dass eine Zulassung der Rechtsbeschwerde im Übrigen ausnahmsweise
auf eine Anhörungsrüge oder befristete Gegenvorstellung - auch des Beteiligten
zu 2 - hätte nachgeholt werden können, wenn die Nichtzulassung
eine willkürliche Verletzung von Verfahrensgrundrechten des Beschwerdeführers
darstellte (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Dezember
2012 - IV ZB 26/12, NJW-RR 2013, 256 Rn. 6 m.w.N.). Dies hätte zu einer
erneuten Entscheidung über diesen Teil der Kostenrechnung führen
können.

b) Zulässiger Gegenstand der Rechtsbeschwerde des Notars ist
jedoch allein der Hilfsantrag, die Kostenrechnung (nur) um eine zusätzliche
1,0 Beurkundungsverfahrensgebühr nach Nr. 21102 KV GNotKG aus
einem Geschäftswert von 572.026 € in Höhe von 1.095 € netto zu ergänzen.
Der vom Notar erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellte
Hauptantrag, die Notarkostenrechnung vom 27. Dezember 2018 zu bestätigen,
ist unzulässig.

Eine Antragsänderung im Rechtsbeschwerdeverfahren ist im Allgemeinen
nicht gestattet (§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 74 Abs. 3
Satz 4 FamFG, § 559 ZPO). In Ausnahme von dieser Regel erachtet der
Bundesgerichtshof die Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags
als zulässig, soweit sich dies auf einen Sachverhalt stützt, der vom
Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (vgl. für die Revision Senatsurteil
vom 11. Juli 2018 - IV ZR 243/17, VersR 2018, 1119 Rn. 15 m.w.N.; für
die Rechtsbeschwerde BGH, Beschluss vom 11. Februar 2016 - V ZB
182/14, juris Rn. 10). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Der Hauptantrag der Rechtsbeschwerde zielt nicht auf eine Klarstellung,
Berichtigung oder Modifikation des Antrags des Notars ab, der
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war. Während dieser darauf gerichtet
war, den Ansatz einer 1,0 Gebühr anstelle einer 2,0 Gebühr für
die Beurkundung der Teilaufhebung der Erbverträge zu erreichen, geht
der Hauptantrag der Rechtsbeschwerde nunmehr dahin, eine Gebühr für
diesen Teil der Beurkundung vollständig auszuschließen. Die Frage, ob
die Teilaufhebung der Erbverträge den Geschäftswert erhöht und die Beurkundungsverfahrensgebühr
daher auch insoweit anfällt, war bisher
nicht Gegenstand des Rechtsmittels des Notars.
c) In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.

aa) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass für
die Beurkundung der teilweisen Aufhebung der Erbverträge eine 2,0 Beurkundungsverfahrensgebühr
nach Nr. 21100 KV GNotKG entstanden ist.
Die ermäßigte Gebühr nach Nr. 21102 Ziff. 2 KV GNotKG für Beurkundungsverfahren,
deren Gegenstand die Aufhebung eines Vertrages ist,
findet auf Teilaufhebungen keine Anwendung.

(1) Dies entspricht dem Wortlaut des Gebührentatbestands in
Nr. 21102 Ziff. 2 KV GNotKG. Die "Aufhebung eines Vertrages" ist dessen
vollständige Beseitigung. Mit diesem Inhalt wird der Begriff auch in
anderen gesetzlichen Vorschriften gebraucht, insbesondere um den
Rechtszustand nach einer Kündigungserklärung wie etwa in § 648 Satz 2
Halbsatz 2 BGB oder § 651l Abs. 3 Satz 1 BGB zu beschreiben. Entgegen
der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch aus erbrechtlichen
Vorschriften kein anderes Verständnis des Wortlauts. So wird in §
2290 BGB, der die Aufhebung von Erbverträgen durch Vertrag regelt,
ausdrücklich angeordnet, dass "ein Erbvertrag sowie eine einzelne vertragsmäßige
Verfügung […] aufgehoben werden" kann; dies zeigt, dass
letzteres gerade nicht ohne ausdrückliche Erwähnung von der Aufhebung
eines Erbvertrages mit umfasst ist.
Damit übereinstimmend erfasst auch nach einhelliger Ansicht der
Literatur der Gebührentatbestand der Nr. 21102 Ziff. 2 KV GNotKG nur
die Aufhebung des gesamten Vertrages und nicht die Aufhebung einzelner
Vertragsregelungen (vgl. Rohs/Wedewer/Wudy, GNotKG Anl. 1
KV/Teil 2 21100-21102 Rn. 407, 409 [Stand: März 2020]; Korintenberg/
Tiedtke, GNotKG 21. Aufl. KV 21102 Rn. 17; Fackelmann in
Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht 2. Aufl. KV GNotKG
Nr. 21100-21102 Rn. 86; ders. in Fackelmann/Heinemann, GNotKG KV
Nr. 21100-21102 Rn. 107; BeckOK KostR/Felix, GNotKG § 102 Rn. 14
[Stand: 1. Juni 2020]; Wilsch in Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht 2.
Aufl. Abschn. 25 Rn. 341; Sommerfeldt in Bormann/Diehn/Sommerfeldt,
GNotKG 3. Aufl. KV 21102 Rn. 16; Deecke in Renner/Otto/Heinze,
Leipziger Gerichts- und Notarkosten-Kommentar, 2. Aufl. Nr. 21102 KV
Rn. 5; Heinemann in Burandt/Rojahn, Erbrecht 3. Aufl. Abschn. 96
GNotKG Rn. 101; Bormann, ZEV 2013, 425, 426; Diehn, DNotZ 2013,
406, 432).

(2) Die Gesetzessystematik spricht nicht für eine erweiternde Auslegung
des Begriffs der Aufhebung eines Vertrages.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sieht das KV
GNotKG keine Privilegierung für den Widerruf eines gemeinschaftlichen
Testaments vor, die aus systematischen Gründen etwa auch auf die
Teilaufhebung eines Erbvertrages erstreckt werden könnte. Gemeinschaftliche
Testamente sind (Erb-)Verträgen vielmehr gemäß GNotKG
Vorb. 2.1.1 Ziff. 2 gebührenrechtlich gleichgestellt; Nr. 21201 Ziff. 1
GNotKG findet daher auf sie keine Anwendung.

Auch aus der Verwendung des Begriffs der Aufhebung eines Vertrages
in anderen Vorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes
ergibt sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kein anderes
Verständnis von Nr. 21102 Ziff. 2 KV GNotKG. Ein solches folgt insbesondere
nicht aus § 109 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GNotKG, nach dem die
"Aufhebung eines Erbvertrags" derselbe Beurkundungsgegenstand ist
wie die gleichzeitige Neuerrichtung einer Verfügung von Todes wegen.
Dies wird weithin so verstanden, dass Gegenstandsidentität auch bestehen
soll, soweit es sich nur um die Aufhebung und Neuerrichtung einzelner
Verfügungen handelt (vgl. Korintenberg/Diehn, GNotKG 21. Aufl. §
109 Rn. 84; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG 3. Aufl. §
109 Rn. 56; BeckOK KostR/Bachmayer, GNotKG § 109 Rn. 69a [Stand:
1. Juni 2020]). Diese Auslegung beruht jedoch auf Erwägungen zur allein
auf den erbrechtlichen Zusammenhang beschränkten Begünstigung des
Geschäftswertes für solche gleichzeitigen und quasi spiegelbildlichen
Aufhebungs- und Neuerrichtungsverfügungen, die nicht auf den für Verträge
im Allgemeinen geltenden Gebührentatbestand der Nr. 21102 Ziff.
2 KV GNotKG übertragbar sind (vgl. Korintenberg/Diehn aaO; Bormann
in Bormann/Diehn/Sommerfeldt aaO).

(3) Auch die Gesetzgebungsgeschichte lässt keinen Schluss darauf
zu, dass die Aufhebung eines Vertrages über den Wortlaut hinaus
die Aufhebung einzelner Vertragsbestimmungen erfassen soll.
Die für Verträge im Allgemeinen geltenden Gebührentatbestände
in Nr. 21100, 21102 KV GNotKG haben für den Erbvertrag die speziellen
Gebührenregelungen in § 46 KostO für Verfügungen von Todes wegen
ersetzt. Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 KostO fiel für die Aufhebung
eines Erbvertrages nur eine halbe Gebühr an. Entgegen der Ansicht der
Rechtsbeschwerde kann die Auslegung dieses aufgehobenen Gebühren-
tatbestandes jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf das
Verständnis von Nr. 21102 Ziff. 2 GNotKG übertragen werden. Es kommt
daher nicht darauf an, ob nach einer Entscheidung aus dem Jahr 1962,
die "im Falle der gleichzeitigen Beurkundung einer neuen Verfügung von
Todes wegen" auch die teilweise Aufhebung des alten Erbvertrages unter
§ 46 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 KostO fassen wollte (vgl. BayObLG
BayObLGZ 1962, 390, 394), und der dieser zustimmenden Teile der Literatur
(vgl. Hartmann, Kostengesetze 42. Aufl. § 46 KostO Rn. 5; Assenmacher/
Mathias, KostO 16. Aufl. Abschn. E 1.3) das frühere Kostenrecht
in diesem Sinne zu verstehen war. Diese Auslegung passte nur die Gebühren
für Erbverträge an die Systematik der Kostenordnung im Übrigen
an, die für jede Änderung von Verträgen im Allgemeinen eine gebührenrechtliche
Privilegierung in § 42 KostO vorsah. Dieses System ist aber
mit der Neuregelung des Notarkostenrechts obsolet geworden, denn
nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Privilegierung der Vertragsänderung
aus § 42 KostO gerade nicht in das Gerichts- und Notarkostengesetz
übernommen werden (vgl. BT-Drucks. 17/11471, S. 219).
(4) Auch aus dem Zweck des Gebührentatbestands der Nr. 21102
Ziff. 2 KV GNotKG kann nichts Anderes abgeleitet werden. Zu den Zielen
des Notarkostenrechts gehört die Gewährleistung leistungsgerechter
Gebühren (vgl. BT-Drucks. 17/11471, S. 139). Mit seiner gesamten
Struktur will das Gerichts- und Notarkostengesetz einen Zusammenhang
zwischen Aufwand des Notars und Höhe der Gebühren herstellen (vgl.
BeckOK KostR/Hagedorn, GNotKG KV 21102 Rn. 1a [Stand: 1. Juni
2020]). Die Halbierung der Beurkundungsverfahrensgebühr für Verträge,
deren Gegenstand die Aufhebung eines Vertrages ist, soll damit dem reduzierten
Aufwand des Notars für diese Beurkundung entsprechen. Dieser
geringere Aufwand für die rechtliche Prüfung liegt bei der vollständigen
Aufhebung eines Vertrages auf der Hand. Dagegen gibt es keinen
Anhaltspunkt dafür, dass dies generell auch für die Aufhebung einzelner
Vertragsregelungen gilt; diese macht grundsätzlich eine Prüfung der
rechtlichen Auswirkungen der Teilaufhebung auf den verbleibenden
Restvertrag erforderlich. Ob im Einzelfall auch eine Teilaufhebung mit
einem sehr geringen Prüfungsaufwand einhergehen könnte, ist für den
auf zulässigen Generalisierungen beruhenden Gebührentatbestand ohne
Bedeutung.

bb) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Rechtsbeschwerde, die
Beschwerdeentscheidung sei entgegen § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG
i.V.m. § 72 Abs. 3 FamFG, § 547 Nr. 6 ZPO nicht mit Gründen versehen.
Dabei kann offenbleiben, ob die Gründe des angefochtenen Beschlusses
die Entscheidung tragen, soweit dies den Ansatz einer Beurkundungsverfahrensgebühr
für den Geschäftswert der Teilaufhebung der Erbverträge
dem Grunde nach betrifft. Diese Frage war, wie oben ausgeführt, nicht
Gegenstand der Beschwerde des Notars. Ob die Entscheidung zur Beschwerde
des Beteiligten zu 2, der eine Bestätigung der Kostenrechnung
mit dem dort angesetzten, niedrigeren Geschäftswert beantragt
hat, mit Gründen versehen ist, ist dagegen im Rechtsbeschwerdeverfahren
des Notars nicht zu überprüfen, da er insoweit nicht beschwert ist.

cc) Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht
dem Notar seine eigenen außergerichtlichen Kosten
sowie als
Gesamtschuldner mit dem Beteiligten zu 2 die
Gerichtskosten
des Beschwerdeverfahrens gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG
i.V.m. § 84 FamFG auferlegt hat. Eine Befreiung von den Gerichtskosten
nach § 130 Abs. 2 Satz 3 GNotKG kam nicht in Betracht. Unabhängig
davon, ob die vorgesetzte Dienstbehörde den Notar überhaupt zur Erhebung
der Beschwerde angewiesen hat , ist das Beschwerdegericht
rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Notar dieses Rechtsmittel
allein aus eigenem Recht eingelegt hat. Laut seiner Beschwerdeschrift
hat er selbst Beschwerde einlegen wollen, ohne dies "auf Weisung" zu
tun, und für deren Statthaftigkeit auf die eigene Beschwer durch einen
mit der landgerichtlichen Entscheidung verbundenen Eingriff in seine
Unabhängigkeit verwiesen.

III. Die Kostenentscheidung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beruht
auf § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 84 FamFG. § 130 Abs. 2
Satz 3 und 4 GNotKG findet keine Anwendung. Entgegen der Ansicht der
Rechtsbeschwerde hat die vorgesetzte Dienstbehörde den Notar nicht
zur Einlegung der Rechtsbeschwerde angewiesen. Zwar hat der Präsident
des Landgerichts in seinem Schreiben vom 19. September 2017
den Notar aufgefordert, "die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen,
sowie Beschwerde und ggf. Rechtsbeschwerde zu erheben". Dies ist
aber dahingehend auszulegen, dass Rechtsmittel nur eingelegt werden
sollten, soweit die vorinstanzliche Entscheidung die Beanstandungen der
Notarkasse bezüglich der Kostenrechnung nicht bestätigt hat. Die vorgesetzte
Dienstbehörde verweist in dieser Verfügung auf die unterschiedlichen
Rechtsansichten der Notarkasse und des Notars zum anzuwendenden
Gebührensatz. Die dort zitierte Position der Notarkasse ist in diesem
Fall aber als diejenige der vorgesetzten Dienst- und Aufsichtsbehörde
anzusehen, da die Prüfung der Kostenberechnung durch die Notarkasse
nach § 113 Abs. 17 Satz 9 BNotO die sonst gemäß § 93 Abs. 3 Satz 4
BNotO der Aufsichtsbehörde obliegende Prüfung ersetzt hat. Ohne eine
ausdrückliche Erklärung dieses Inhalts ist daher nicht anzunehmen, dass die
vorgesetzte Dienst- und Aufsichtsbehörde Rechtsmittel gegen eine Entscheidung
einlegen wollte, die diese Ansicht bestätigt hat.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

09.09.2020

Aktenzeichen:

IV ZB 9/20

Rechtsgebiete:

Erbvertrag
Notarielles Berufsrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Bauträgervertrag und Werkvertrag

Erschienen in:

RNotZ 2020, 593-596
BWNotZ 2020, 391-394

Normen in Titel:

KV GNotKG Nr. 21102 Ziff. 2