BGH 10. Mai 2023
XII ZB 30/23
VersAusglG §§ 5 Abs. 4, 20 Abs. 1

Bemessung des Ausgleichswerts einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente

letzte Aktualisierung: 31.8.2023
BGH, Beschl. v. 10.5.2023 – XII ZB 30/23

VersAusglG §§ 5 Abs. 4, 20 Abs. 1
Bemessung des Ausgleichswerts einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente

Der Ausgleichswert einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente bemisst sich nach dem Ehezeitanteil der
tatsächlich ausgezahlten Rente.

Gründe:

I.
Auf den am 29. Juli 2005 zugestellten Antrag wurde die am 21. Mai 1977
geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin
(im Folgenden: Ehefrau) durch Urteil des Familiengerichts vom 21. November
2007 geschieden. Nach den im Scheidungsurteil getroffenen Feststellungen
erwarben beide Ehegatten während der Ehezeit (1. Mai 1977 bis 30. Juni
2005; § 1587 Abs. 2 BGB aF, jetzt § 3 Abs. 1 VersAusglG) Anrechte in der gesetzlichen
Rentenversicherung, darüber hinaus die Ehefrau ein Anrecht bei dem
Versorgungswerk der Apothekerkammer Nordrhein (im Folgenden: Beteiligter)
und der Ehemann ein Anrecht bei der Schweizerischen Ausgleichskasse. Im Hinblick
auf das bei dem ausländischen Versorgungsträger begründete Anrecht,
dessen Wert nicht ermittelt werden konnte, blieb der gesamte Versorgungsausgleich
dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten.

In der Folgezeit ist das in der Schweiz erworbene Anrecht nach Maßgabe
Schweizerischen Rechts unter den Ehegatten geteilt worden.
Der Ehemann bezieht seit dem 1. Oktober 2015, die Ehefrau seit dem
1. Februar 2017 eine Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Beide Ehegatten erhalten außerdem Versorgungsbezüge aus dem geteilten
Schweizerischen Anrecht.

Mit seinem am 13. September 2017 eingegangenen Antrag hat der Ehemann
die (nachträgliche) interne Teilung des bei dem Beteiligten bestehenden
Anrechts und hilfsweise die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs
hinsichtlich dieses Anrechts nebst entsprechender Teilabtretung der
laufenden Versorgung an ihn beantragt. Nach den neu eingeholten Versorgungsauskünften
erwarb der Ehemann während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung
2,6519 Entgeltpunkte mit einem vorgeschlagenen Ausgleichswert
von 1,3260 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert
von 7.645,66 ; die Ehefrau erwarb 1,9992 Entgeltpunkte mit einem vorgeschlagenen
Ausgleichswert von 0,9996 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden
Kapitalwert von 5.763,65 . In der berufsständischen Versorgung erwarb sie
nach der Versorgungsauskunft des Beteiligten ein ehezeitliches Anrecht in Höhe
von 186.511,30 an Versorgungsbeiträgen als Bezugsgröße, was einer ehezeitlich
erworbenen Rentenanwartschaft von monatlich 2.670,19 entsprach. Private
Krankenversicherungsbeiträge leistete die Ehefrau in Höhe von monatlich
552,35 7), 552,61 18), 571,17 19 und 2020), 641,04 21)
und 643,44 .

Aus der berufsständischen Versorgung bezieht die Ehefrau von dem Beteiligten
seit dem 1. November 2012 eine Rente, die wegen Vorverlegung des
Rentenbeginns um 46 Monate um 22 % gekürzt ist. Von dem tatsächlich ausgezahlten
Rentenbetrag entfallen 2.046,30
die Kürzung wegen vorgezogenen Rentenbeginns erhielte die Ehefrau aus dem
Ehezeitanteil eine Rente von 2.623,46 t.

Auf den Hilfsantrag hat das Familiengericht die Ehefrau verpflichtet, an
den Ehemann ab dem 1. April 2021 eine monatliche schuldrechtliche Ausgleichsrente
in Höhe von 1.027,33 laufenden Versorgungsanspruch
gegen den Beteiligten an den Ehemann abzutreten. Ferner
hat es die Ehefrau verpflichtet, an den Ehemann für die Zeit vom 1. Oktober 2017
bis 31. März 2021 eine rückständige Ausgleichsrente von insgesamt 43.287,45
zu zahlen.

Das Oberlandesgericht hat die auf den Umfang des schuldrechtlichen
Ausgleichs beschränkte Beschwerde des Ehemanns mit der Maßgabe, dass die
vom Familiengericht ausgesprochenen Zahlungsverpflichtungen mit 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz ab näher bestimmten Zeitpunkten zu
verzinsen sind, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde
des Ehemanns.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Ausgehend von dem tatsächlich ausgezahlten, auf die Ehezeit entfallenden Rentenbetrag
von monatlich 2.046,30 Ausgleichswert 1.023,15 . Es
sei die um 22 % gekürzte Rente zugrunde zu legen, da der vorzeitige Bezug der
Altersrente Ehezeitbezug habe. Der schuldrechtliche Ausgleich erfordere tatbestandlich
die Existenz einer laufenden Versorgung. Deren tatsächliche Höhe bedürfe
keiner Prognose mehr, sondern sei unschwer ermittelbar. Im schuldrechtlichen
Ausgleich blieben nur solche nachehezeitlichen Umstände unberücksichtigt,
die das Anrecht im Vergleich zum ehezeitlichen Wert erhöht hätten, wie insbesondere
ein Karrieresprung.

Abzuziehen vom Ausgleichswert seien die von der Ehefrau aufgewendeten
Kosten der privaten Krankenversicherung. Einer Kürzung des Abzugs im Hinblick
darauf, dass die private Krankenversicherung ein über die gesetzliche Krankenversicherung
hinausgehendes Leistungsspektrum abdecke, bedürfe es hier
nicht, da die Ehefrau ihre Beitragslast bereits durch Vereinbarung einer Selbstbeteiligung
von 1.100 Die aufgewendeten Kosten
seien je hälftig der Rente aus der berufsständischen Versorgung und der Rente
aus der Schweizerischen Versorgung zuzuordnen. Die auf die berufsständische
Versorgung entfallende Hälfte sei mit der Quote zu berücksichtigen, die auf
den Anteil des Ausgleichswerts an der aus dem Anrecht bezogenen Gesamtrente
entfalle, nämlich (1.023,15 Gesamtrente =)
40,09 %. Abzuziehen vom Ausgleichswert seien somit monatlich 113,03
(2017), 113,08 9 und 2020), 131,17
131,67 .

Danach ergebe sich für den Ehemann kein günstigeres Ergebnis als vom
Familiengericht ausgesprochen, sodass die von ihm eingelegte Beschwerde, abgesehen
von der noch auszusprechenden Verzinsung, erfolglos bleibe.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Ehemann hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer
schuldrechtlichen Ausgleichsrente nach § 20 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG. Die
Höhe der schuldrechtlichen Ausgleichsrente entspricht dem Ausgleichswert, das
heißt der Hälfte des Ehezeitanteils der laufenden Bruttoversorgung, abzüglich
der hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge oder vergleichbarer Aufwendungen
(Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015 - XII ZB 586/13 - FamRZ
2016, 442 Rn. 14).

a) Bei der Ermittlung des Ausgleichswerts der schuldrechtlichen Ausgleichsrente
ist das Oberlandesgericht zutreffend von der tatsächlich ausgezahlten,
wegen vorzeitiger Inanspruchnahme um 22 % verminderten Rente ausgegangen.

aa) Die Auswirkungen der vorgezogenen Inanspruchnahme einer Altersrente
auf die Teilung des Anrechts sind für den Wertausgleich bei der Scheidung
und den Wertausgleich nach der Scheidung nicht einheitlich geregelt.
Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung werden bei der Scheidung
in der Bezugsgröße Entgeltpunkte geteilt. Diese Bezugsgröße bestimmt
einheitlich den Ausgleichswert und den Kürzungsbetrag im Versorgungsausgleich
und ist für jeden Ehegatten wirkungsneutral hinsichtlich des Zeitpunkts der
Inanspruchnahme der Altersrente. Nimmt ein Ehegatte die Altersrente vorzeitig
in Anspruch, berechnet sich der Rentenabschlag für ihn persönlich nach dem für
jeden Kalendermonat um 0,003 niedrigeren Zugangsfaktor (§ 77 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 lit. a SGB VI). Nimmt er die Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze
nicht in Anspruch, erhöht sich für ihn persönlich der Zugangsfaktor um 0,005 je
Kalendermonat (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b SGB VI). Der Zugangsfaktor wirkt
für jeden Ehegatten persönlich auf das ihm nach der Teilung verbleibende Anrecht.
Befindet sich das Anrecht bei der Teilung in der Leistungsphase und hat
der ausgleichspflichtige Ehegatte bereits Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen,
bleibt der Zugangsfaktor bei der Anrechtsteilung unberücksichtigt.
Zwar hatte der Senat für das bis zum 30. September 2009 geltende Versorgungsausgleichsrecht
angenommen, dass eine noch während der Ehezeit erfolgte vorzeitige
Inanspruchnahme der Altersrente zu einer Verkürzung des Ausgleichswerts
führe. Denn soweit die bereits zurückgelegten Kalendermonate vorzeitigen
Rentenbezugs in die Ehezeit fielen, stehe bereits fest, dass der Versicherte eine
gesetzliche Altersrente mit dem Zugangsfaktor 1,0 nicht mehr erreichen kann,
sodass eine fiktive Berechnung des Altersruhegeldes mit diesem Zugangsfaktor
dem wirklichen Wert seiner Versorgung am Ende der Ehezeit nicht entspreche.
Es sei dann mit dem Halbteilungsgrundsatz nicht in Einklang zu bringen, wenn
der Zugangsfaktor auch insoweit unberücksichtigt bleibe, als die für seine Veränderung
maßgeblichen Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs in die Ehezeit fallen (Senatsbeschluss
vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 23/08 - FamRZ 2012, 769
Rn. 15 mwN).

Diese Rechtsprechung des Senats hat der Gesetzgeber jedoch im Rahmen
der Strukturreform des Versorgungsausgleichs ausdrücklich nicht aufgreifen
und in das neue Recht übertragen wollen (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 80). Weil
der ehezeitliche Versorgungserwerb nach neuem Versorgungsausgleichsrecht
auf der Basis der jeweiligen Bezugsgröße auszugleichen ist, bleibt eine Berücksichtigung
des Zugangsfaktors im Versorgungsausgleich vielmehr ausgeschlossen
(Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 480/13 - FamRZ 2016, 1343
Rn. 12).

bb) Wie bei der gesetzlichen Rente handelt es sich auch bei der berufsständischen
Versorgung des Beteiligten um ein unmittelbar zu bewertendes Anrecht,
denn für die Höhe der laufenden Versorgung ist die Summe der entrichteten
Beiträge bestimmend (§ 39 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG).

Wird ein bei dem Beteiligten bestehendes Anrecht bei der Scheidung geteilt,
werden nach § 30 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Satzung des Beteiligten in der
hier anwendbaren Fassung die auf die Ehezeit entfallenden Versorgungsbeiträge
des Mitglieds um die Hälfte gekürzt und diese Hälfte dem Ausgleichsberechtigten
zugeteilt. Nach vollzogener Teilung sind die Rentenansprüche beider Ehegatten
aufgrund der gekürzten bzw. zugefallenen Versorgungsbeiträge neu zu berechnen
(§ 30 Abs. 4 der Satzung). Auch diese Teilung ist grundsätzlich wirkungsneutral
hinsichtlich des Zeitpunkts der Inanspruchnahme der Altersrente. Denn
die Höhe der Altersrente bestimmt sich nach den Beiträgen des einzelnen Mitglieds
(§ 34 Abs. 1 der Satzung), vermindert oder erhöht im Falle vorgezogener
oder hinausgeschobener Inanspruchnahme der Altersrente durch das Mitglied
(§ 27 Abs. 3 und 5 der Satzung). Damit wirken diese Zu- und Abschläge für jeden
Ehegatten wie in der gesetzlichen Rentenversicherung persönlich auf das ihm
nach der Teilung verbleibende bzw. zugefallene Anrecht.

cc) Beim Versorgungsausgleich nach der Scheidung bemisst sich die
schuldrechtliche Ausgleichsrente zwar ebenfalls nach dem Ausgleichswert zum
Stichtag Ehezeitende (Erman/Norpoth/Sasse BGB 16. Aufl. § 20 VersAusglG
Rn. 13), wobei rechtliche und tatsächliche Veränderungen, die auf den Ehezeitanteil
zurückwirken, ebenso zu berücksichtigen sind wie allgemeine Wertanpassungen
(§ 5 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 VersAusglG).

Allerdings besteht beim Versorgungsausgleich nach der Scheidung
die Besonderheit, dass der Ausgleichswert nicht wie bei der Scheidung in der für
das Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße anzugeben (§ 5 Abs. 1
VersAusglG), sondern stattdessen der Rentenbetrag zu berechnen ist (§ 5 Abs. 4
Satz 1 VersAusglG). Da im Falle eines Ausgleichs nach der Scheidung kein eigenständiges
Versorgungsanrecht für den Ausgleichsberechtigten begründet
wird, bemisst sich die Höhe seiner Versorgung von vornherein nicht nach seinen
auf die Bezugsgröße wirkenden persönlichen Verhältnissen - etwa nach seinen
biometrischen Faktoren -, sondern nur nach den Verhältnissen der ausgleichspflichtigen
Person. Der Ausgleichsberechtigte partizipiert hälftig an
dem Ehezeitanteil der vom Ausgleichspflichtigen tatsächlich bezogenen Versorgung
(Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 660; Götsche in Götsche/
Rehbein/Breuers Versorgungsausgleichsrecht 3. Aufl. § 20 VersAusglG Rn. 25;
MünchKommBGB/Ackermann-Sprenger 9. Aufl. § 20 VersAusglG Rn. 46).
Die abweichende Anknüpfung des Ausgleichswerts an den Rentenbetrag
einer tatsächlich bezogenen Versorgung anstatt an die Bezugsgröße des Versorgungssystems
bedingt auch eine eigenständige Qualifizierung derjenigen rechtlichen
oder tatsächlichen Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf
den Ehezeitanteil zurückwirken (§ 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG). Denn der vorgezogene
oder hinausgeschobene Bezug des Altersruhegeldes ist hier kein Bemessungsfaktor,
der wie im Falle einer Teilung bei der Scheidung unabhängig
von der Bezugsgröße des Versorgungssystems individuell für beide Ehegatten
auf das ihnen jeweils verbleibende und verselbständigte Teilanrecht angewendet
werden könnte. Er wirkt vielmehr unmittelbar und einheitlich auf die vom Ausgleichspflichtigen
tatsächlich bezogene Versorgung und damit auf den Rentenbetrag
als Ausgleichswert im Sinne des § 5 Abs. 4 Satz 1 VersAusglG (vgl. Wick
Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 663; Erman/Norpoth/Sasse BGB 16. Aufl.
§ 20 VersAusglG Rn. 13 sowie zum früheren Recht bereits Senatsbeschluss vom
11. Juni 2008 - XII ZB 154/07 - FamRZ 2008, 1512 Rn. 21).

Gleichzeitig ergibt sich bei vorgezogenem Altersrentenbezug aus einem
nach der Scheidung zu teilenden Anrecht grundsätzlich von Beginn an auch für
den ausgleichsberechtigten Ehegatten die Möglichkeit einer vorgezogenen Teilhabe
daran durch schuldrechtliche Ausgleichsrente, sobald er selbst die persönlichen
Voraussetzungen nach § 20 Abs. 2 VersAusglG erfüllt. Kann aber der Ausgleichsberechtigte
in einem solchen Fall grundsätzlich auch bereits vorgezogen
an einer Altersrente zu Lasten des Ausgleichspflichtigen teilhaben, ergibt sich
kein Grund, seine Teilhabe nicht auch an den damit einhergehenden Abschlägen
auszurichten. Umgekehrt bestünde kein Anlass, dem Ausgleichsberechtigten
eine Teilhabe an den Zuschlägen zu verwehren, die die ausgleichspflichtige Person
erwirbt, wenn sie den Beginn des Altersrentenbezugs und damit zugleich den
Einsatz der schuldrechtlichen Ausgleichsrente hinausschiebt.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Ausgleichsberechtigte im konkreten
Einzelfall tatsächlich ab dem Beginn des Rentenbezugs durch den
Ausgleichspflichtigen entweder im Unterhaltswege oder im Wege der schuldrechtlichen
Ausgleichsrente daran teilhat (aA Johannsen/Henrich/Althammer/
Holzwarth Familienrecht 7. Aufl. § 20 VersAusglG Rn. 43). Vielmehr teilt der Ausgleichsberechtigte
das Schicksal der auszugleichenden Versorgung allein wegen
der Möglichkeit seiner Teilhabe daran, und zwar nicht nur hinsichtlich der anzuwendenden
Rechnungsgrundlagen, sondern ebenso hinsichtlich des Rentenbeginns
und der sich daraus ergebenden Zu- und Abschläge.

Dieses Verständnis steht auch im Einklang mit der Versorgungssituation
nach dem Versterben des Ausgleichspflichtigen. Nach § 25 Abs. 1 VersAusglG
kann, wenn die ausgleichspflichtige Person stirbt und ein noch nicht ausgeglichenes
Anrecht besteht, die ausgleichsberechtigte Person vom Versorgungsträger
die Hinterbliebenenversorgung verlangen, die sie erhielte, wenn die Ehe bis zum
Tod der ausgleichspflichtigen Person fortbestanden hätte. Auch dieser verlängerte
Anspruch leitet sich, nach näherer Maßgabe der jeweiligen Versorgungsordnung,
grundsätzlich von den Rechnungsgrundlagen des auszugleichenden
Anrechts und denjenigen Zu- und Abschlägen ab, wie sie für den Ausgleichspflichtigen
anzuwenden waren.

Unberücksichtigt beim Wertausgleich nach der Scheidung bleiben danach
im Wesentlichen nur solche nachehezeitlichen Veränderungen, die auf neu hinzugetretenen
individuellen Umständen beruhen, wie einem späteren beruflichen
Aufstieg des Versicherten oder einem zusätzlichen persönlichen Einsatz (vgl. Senatsbeschluss
vom 9. Dezember 2015 - XII ZB 586/13 - FamRZ 2016, 442
Rn. 19 mwN).

dd) Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde, dass die allgemeinen
Wertanpassungen entgegen § 5 Abs. 4 Satz 2 VersAusglG nicht berücksichtigt
worden seien. Denn der zuletzt erteilten Versorgungsauskunft sind die tatsächlich
an die Ehefrau gezahlten Rentenbeträge aus dem Ehezeitanteil zugrunde
gelegt, die ab dem Beginn der Rente zum 1. November 2012 nicht angepasst
worden sind, abgesehen von einer Erhöhung um 5,31
Überschussbeteiligung.

b) Auch die Behandlung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
durch das Oberlandesgericht hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

aa) Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG sind vom Ausgleichswert der laufenden
Bruttorente die hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge oder
vergleichbaren Aufwendungen abzuziehen. Vergleichbare Aufwendungen im
Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG sind ausweislich der Gesetzesmaterialien
insbesondere Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung
(Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015 - XII ZB 586/13 - FamRZ 2016, 442
Rn. 41 mwN).

bb) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, dass das Oberlandesgericht
seiner Berechnung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG die tatsächlich
von der Ehefrau erbrachten Versicherungsbeiträge zugrunde gelegt hat. Das gilt
hier schon deswegen, weil die Ehefrau ihre Beitragsbelastung durch die Vereinbarung
einer Selbstbeteiligung bereits deutlich gemindert hat (vgl. Senatsbeschluss
vom 9. Dezember 2015 - XII ZB 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 44
mwN).

cc) Auch lassen sich aus Rechtsgründen keine Bedenken dagegen erheben,
dass das Oberlandesgericht den auf den Ausgleichswert entfallenden Anteil
der privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ermittelt hat, indem
es die berücksichtigungsfähigen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
mit dem Quotienten aus dem Ausgleichswert und der Gesamtrente aus
dem Anrecht multipliziert hat (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015
- XII ZB 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 49).

dd) Der Anregung der Rechtsbeschwerde, im Wege einer Beschränkung
des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG die anteiligen Krankenversicherungskosten
der Ehefrau unberücksichtigt zu lassen, weil das Schweizerische
Anrecht des Ehemanns ohne Abzug seiner Krankenkassenbeiträge geteilt worden
ist, konnte schon deshalb nicht entsprochen werden, weil § 27 VersAusglG
als Rechtsfolge nur eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs kennt, nicht
aber dessen Erweiterung über das nach § 20 Abs. 1 VersAusglG angeordnete
Maß hinaus, wie es der Ehemann begehrt.

Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG dient grundsätzlich der
Verwirklichung des Halbteilungsgrundsatzes (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember
2015 - XII ZB 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 41, 44). Sie enthält jedoch
keine Öffnungsklausel, die es erlauben würde, vom Abzug der Krankenversicherungskosten
ausnahmsweise abzusehen, wenn der von der Regelung erstrebte
Zweck durch den Abzug nicht verwirklicht wird.

c) Ebenso entsteht dem Ehemann kein dem Halbteilungsgrundsatz widersprechender
Nachteil dadurch, dass ihm infolge der in der Schweiz vorgenommenen
Realteilung die Möglichkeit genommen worden sei, den auf die Ehezeit
entfallenden Anteil an der Rente nach Maßgabe des § 10 Abs. 1a Nr. 4 EStG
steuermindernd als Sonderausgaben geltend zu machen. Denn anders als bei
einem schuldrechtlichen Ausgleich ist es weder ersichtlich noch von dem Ehemann
hinreichend dargelegt, dass er zur Einkommensteuer auf den Teil des
Schweizerischen Anrechts, der direkt an die Ehefrau ausgezahlt wird, veranlagt
wird.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

10.05.2023

Aktenzeichen:

XII ZB 30/23

Rechtsgebiete:

Einkommens- und Körperschaftssteuer
Versorgungsausgleich

Normen in Titel:

VersAusglG §§ 5 Abs. 4, 20 Abs. 1