Pfändungsbeschluß gegenüber GbR als Drittschuldner
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Deutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 724
letzte Aktualisierung: 10. August 1998
a) Aus
einen Gesamtschuldner in der Regel nur die gegen diesen gerichtete Forderung
gepfändet wird.
b) Steht auf der Drittschuldnerseite eine Gesamthandsgemeinschaft, muß der
Pfändungsbeschluß jedem Gesamthandsschuldner zugestellt werden; die Pfändung wird
erst mit der letzten Zustellung wirksam.
c) Handelt es sich bei der Gesamthand um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kann
die Pfändung alternativ dadurch bewirkt werden, daß dem geschäftsführenden
Gesellschafter ein Pfändungsbeschluß zugestellt wird, in welchen den Gesellschaftern
verboten wird, an den Schuldner zu zahlen.
d) Zur Pfändung der Forderung gegen den einzelnen, auch persönlich haftenden
BGB-Gesellschafter bedarf es der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an ihn.
OLG Stuttgart
LG Stuttgart
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 380/96
Verkündet am:
18. Mai 1998
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Tatbestand:
Der Kläger ist Gläubiger der W. GmbH. Die Beklagten beauftragten als Mitglieder einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts dieW. GmbH durch Vertrag vom 1. Juli 1993, ein Gebäude in
D. zu sanieren. Als Gegenleistung wurde eine Pauschalvergütung von 600.000,-- DM vereinbart.
Nachdem die W. GmbH bereits einen Teil der Arbeiten ausgeführt hatte, geriet sie in
wirtschaftliche Schwierigkeiten und war nicht mehr in der Lage, die von ihr beauftragten
Subunternehmer zu bezahlen. Die Arbeiten wurden eingestellt. Am 16. März 1994 vereinbarte
die W. GmbH mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, daß der Werklohn, welcher aufgrund
der bisherigen teilweisen Erfüllung des Vertrages noch geschuldet wurde, unmittelbar an die
Subunternehmer gezahlt werden sollte, soweit deren Forderungen reichten.
Aufgrund eines Vollstreckungstitels über 132.000,-- DM erwirkte der Kläger gegen die
Beklagten einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, der dem Beklagten zu 2 am 15. März
1994 und dem Beklagten zu 1 am 11. April 1994 zugestellt wurde.
Der Kläger fordert von den Beklagten, den Betrag von 132.000,-- DM zu begleichen. Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der
Beklagten die Klage abgewiesen, in Höhe von 79.419,16 DM allerdings mit der Einschränkung,
daß sie derzeit unbegründet sei. Dabei hat es angenommen, für die geleisteten Arbeiten sei nur
noch ein restlicher Werklohn in Höhe von 79.419,16 DM offen, wobei jedoch nicht feststehe, auf
welchen Betrag sich die Forderungen der Subunternehmer beliefen. Mit der Revision erstrebt der
Kläger die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 79.419,16 DM.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Am 16. März 1994 entfaltete der zugunsten des Klägers ergangene Pfändungs- und
Überweisungsbeschluß gegenüber der Gesamthand noch keine Wirkung. Infolgedessen konnten
die W. GmbH und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts an diesem Tage vereinbaren, daß die
Gesamthandsschuld nicht gegenüber der W. GmbH, sondern gegenüber den Subunternehmern zu
erfüllen sei, soweit deren Ansprüche reichen. Der Kläger muß diese Abrede hinnehmen, soweit
es sich um den Beklagten zu 1 handelt.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Schuld einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei
keine Gesamtschuld, sondern eine Gesamthandsschuld. Daher sei die Forderungspfändung
gemäß
allen Gesamthandsschuldnern oder dem Geschäftsführer der Gesellschaft zugestellt worden sei.
Der Beschluß sei aber vor dem 16. März 1994 nur dem Beklagten zu 2 zugestellt worden. Daß
dieser Geschäftsführer der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewesen sei, sei weder ersichtlich
noch vorgetragen. Deshalb stehe der Wirksamkeit der am 16. März 1994 getroffenen Abrede die
zu seinen Gunsten vorgenommene Pfändung nicht entgegen. Hiergegen wendet sich die Revision
im Ergebnis ohne Erfolg.
2. Sie macht geltend, daß die Beklagten persönlich und als Gesamtschuldner für die
Werklohnverbindlichkeit einzustehen hätten, welche sie als Gesellschafter bürgerlichen Rechts
eingegangen seien. Entgegen der - nicht näher begründeten - Ansicht der Revision folgt hieraus
aber nicht, daß die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Beklagten
zu 2 auch gegenüber dem Beklagten zu 1 wirkte. Mangels einer anderweitigen gesetzlichen oder
gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintritt. Daher wird mit der Zustellung eines
Pfändungsbeschlusses an einen Gesamtschuldner nur die gegen diesen gerichtete Forderung
gepfändet (
Gesichtspunkt ist der Beklagte zu 1, dem der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erst am 11.
April 1994 zugestellt worden ist, nicht gehindert, dem Kläger die am 16. März 1994 mit der W.
GmbH getroffene Vereinbarung entgegenzuhalten, soweit er persönlich auf Zahlung des
restlichen Werklohns in Anspruch genommen wird.
3. Der Beklagte zu 1 haftet auch nicht deswegen weitergehend, als von dem Berufungsgericht
festgestellt, weil er Mitglied einer Gesamthandsgemeinschaft ist.
Steht auf der Drittschuldnerseite eine Gesamthandsgemeinschaft, muß der Pfändungsbeschluß
jedem Gesamthandsschuldner zugestellt werden; die Pfändung wird erst mit der letzten
Zustellung wirksam (vgl. Wieczorek/Rössler/Schütze, ZPO, 2. Aufl. § 829 C II b 4;
Baumbach/Hartmann, ZPO, 56. Aufl. § 829 Rdn. 44; Smid in MünchKomm., ZPO, § 829 Rdn.
28; Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht, 3. Aufl. S. 169; Rosenberg/Gaul/Schilken,
Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl. § 55 I 1, S. 849; vgl. auch
Miterbengemeinschaft). Handelt es sich bei der Gesamthand um eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, kann die Pfändung alternativ dadurch bewirkt werden, daß dem geschäftsführenden
Gesellschafter ein Pfändungsbeschluß zugestellt wird, in welchem der Gesellschaft und den
Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Gebundenheit verboten wird, an den Schuldner zu
zahlen (BGH, Urt. v. 25. Januar 1961 - VIII ZR 22/60, RPfleger 1961, 363 f.; Stöber aaO, Rdn.
59, 553; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl. § 829 Rdn. 56). Zur Pfändung der Forderung gegen
den einzelnen, auch persönlich haftenden BGB-Gesellschafter bedarf es - wie im Fall des OHGGesellschafters - der Zustellung eines Pfändungsbeschlusses an ihn.
Das Berufungsgericht stellt indes fest, es sei "nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen", daß
der Beklagte zu 2 Geschäftsführer der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewesen sei. Die
Revision nimmt dies hin. Überdies hätte die Zustellung an den Beklagten zu 2 nur gegen die
Gesamthand wirken können, wenn sich dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß zumindest
im Wege der Auslegung entnehmen ließe, daß er sich nicht nur an den Beklagten zu 2
persönlich, sondern auch an die Gesellschafter insgesamt wenden sollte (vgl. BGH, Urt. v. 25.
Januar 1961 - VIII ZR 22/60, aaO). Hierzu fehlt jeder Sachvortrag. In der von dem Kläger
vorgelegten Zustellungsurkunde des Gerichtsvollziehers wird allein der Beklagte zu 2 als
Drittschuldner genannt.
II. Die sich aus der Vereinbarung vom 16. März 1994 ergebende Einwendung kommt auch dem
persönlich in Anspruch genommenen Beklagten zu 2 zugute.
Das Recht, die Einwendungen geltend zu machen, welche die Gesellschaft erheben kann, ergibt
sich für den Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft unmittelbar aus dem Gesetz (§ 129
Abs. 1 HGB). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine entsprechende Anwendung der
grundsätzlich nicht in Betracht. Die unterschiedliche Ausgestaltung der Gesellschafterhaftung in
der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und in der Personenhandelsgesellschaft findet ihre
Rechtfertigung darin, daß die Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts einer Vielzahl
recht unterschiedlicher Personenverbindungen zur Verfügung steht, die unterschiedslose Strenge
der handelsrechtlichen Haftungsvorschriften zur Vielgestaltigkeit dieser Erscheinungsformen
wenig passend erscheint,
nicht geboten erscheint (BGHZ
117, 168, 176). Mit diesem Bestreben des Gesetzgebers, die Gesellschafter einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts vor der
unterschiedslosen Strenge der handelsrechtlichen Haftungsvorschriften zu bewahren, wäre es
nicht vereinbar, wenn ein solcher
Gesellschafter - sofern er nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts überhaupt
auch persönlich verpflichtet
wäre - schärfer als ein OHG-Gesellschafter haftete. Die durch das Schuldverhältnis begründete
persönliche Haftung der
Gesellschafter bürgerlichen Rechts dient der Sicherung der Gesellschaftsgläubiger. Daher kann
sie grundsätzlich nicht
weiterreichen als die Gesellschaftsschuld. Es wäre widersinnig, wenn ein Gläubiger die
Gesellschafter persönlich auch dann
noch in Anspruch nehmen könnte, wenn die im Namen der Gesellschaft eingegangene
Verbindlichkeit nicht oder so nicht mehr
besteht. Deshalb ist auch der Gesellschafter bürgerlichen Rechts nicht darauf beschränkt, nur
solche Einwendungen zu erheben,
die in seiner Person begründet sind oder die nach den Gesamtschuldregeln der §§ 422 bis 424
BGB für ihn wirken. Er kann
vielmehr alle Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Art in dem Umfang geltend machen,
in dem sie der Gesamthand zum
Zeitpunkt ihrer Erhebung durch den Gesellschafter zustehen (vgl. MünchKomm.-Ulmer, BGB,
3. Aufl. § 714 Rdn. 50; ebenso
mit im einzelnen unterschiedlicher dogmatischer Begründung Lindacher,
Soergel/Hadding, BGB, 11.
Aufl. § 714 Rdn. 37, und Habersack,
1994 folgende Einwendung
steht daher auch dem Beklagten zu 2 zu.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:18.05.1998
Aktenzeichen:II ZR 380/96
Erschienen in:
DNotI-Report 1998, 174-175
NJW 1998, 2904-2905
Rpfleger 1998, 435-436
BGB §§ 425 Abs. 1, 705 ff.; ZPO § 829 Abs. 3