VGH Mannheim 29. Oktober 2019
2 S 465/18
GG Art. 20 Abs. 3; BauGB §§ 125 Abs. 1 lit. a u. Abs. 3 Nr. 2, 130 Abs. 2, 183e; KAG §§ 20 Abs. 2, 33 S. 1 Nr. 1, 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 36 S. 1, 37, 41, 49 Abs. 6

Beitragsfähige Erschließungsanlagen

letzte Aktualisierung: 28.05.2020
VGH Baden-Würtemberg, Beschl. v. 29.10.2019 – 2 S 465/18

GG Art. 20 Abs. 3; BauGB §§ 125 Abs. 1 lit. a u. Abs. 3 Nr. 2, 130 Abs. 2, 183e; KAG §§ 20
Abs. 2, 33 S. 1 Nr. 1, 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 36 S. 1, 37, 41, 49 Abs. 6
Beitragsfähige Erschließungsanlagen

1. Grundsätzlich ist für den Begriff der beitragsfähigen Erschließungsanlage auf eine natürliche
Betrachtungsweise abzustellen. Rechtliche Gründe für eine Begrenzung der natürlichen
Betrachtungsweise bei Erschließungsanlagen können sich nur aus der Beitragsfreiheit eines
Teilstücks ergeben.

2. Nicht ausreichend für eine von der natürlichen Betrachtungsweise abweichende Bewertung ist das
Angrenzen an einen Teil, für den trotz Fertigstellung nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes
keine planerischen Festsetzungen für die Anbaustraße getroffen wurden und diese auch nicht nach
§ 125 BauGB entbehrlich sind, da in diesem Fall noch die gesamte Anlage abgerechnet werden kann.
Soll in diesem Fall der fertiggestellte und von einem Bebauungsplan erfasste Teil vorzeitig
abgerechnet werden, kann dies nur im Rahmen einer Abschnittsbildung erfolgen.

3. Zu den Voraussetzungen einer „vorhandenen Straße“ im ehemals württembergischen Landesteil.

4. Ein Gemeinderatsbeschluss, in dem lediglich die (technische oder endgültige) Herstellung eines
Straßenstücks festgestellt und die Widmung ausgesprochen wird, ist grundsätzlich nicht – auch nicht
konkludent – als Beschluss über die Bildung eines Abschnitts zu werten (Bestätigung von VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 22.05.2003 – 2 S 446/02 – juris).

5. Zu den Grundzügen der Planung von Erschließungsanlagen im Sinne von § 125 Abs. 3 BauGB
zählen vor allem diejenigen Elemente, die für die Erschließungsfunktion der jeweiligen Anlage von
wesentlicher Bedeutung sind. Dies hängt bei Anbaustraßen im Einzelnen von Art und Umfang des
Erschließungsgebiets, der sich hieraus ergebenden Verkehrsbelastung und den topographischen
Verhältnissen ab. Erschließungsstraßen sollen zum einen den Anliegergrundstücken eine
verkehrssichere Anbindung an das übrige Straßennetz bieten. Zum anderen gehört zur
Erschließungsfunktion auch die Aufnahme des über den reinen Anliegerverkehr hinausgehenden
Verkehrs. Dies setzt eine von Art und Umfang des Verkehrs abhängige Mindestbreite der Straße
oder wenigstens ausreichende Ausweichmöglichkeiten für Fahrzeuge und Fußgänger voraus.
6. Voraussetzung für einen Mehrkostenverzicht im Falle einer Planüberschreitung nach § 125 Abs. 3
Nr. 2 BauGB ist eine konstitutive Entscheidung der Gemeinde, sie werde die Mehrkosten nicht auf
die Beitragspflichtigen abwälzen. Dies bedeutet, dass es, auch wenn die Erklärung über den
Mehrkostenverzicht konkludent erfolgen kann, bei der erklärenden Gemeinde des Bewusstseins
bedarf, eine entsprechende Erklärung abzugeben.

7. Sind der Gemeinde für vor langer Zeit auf ihre Kosten durchgeführte Herstellungs- oder
Freilegungsarbeiten die Rechnungen nicht mehr zugänglich oder auffindbar, dann ist die Gemeinde
ausnahmsweise berechtigt, die tatsächlich entstandenen Kosten auf der Grundlage gesicherter
Erfahrungssätze zu schätzen. Anhaltspunkt hierfür sind die üblichen Preise, die in der fraglichen
Zeit für die Herstellung vergleichbarer Erschließungsanlagen oder Teileinrichtungen verlangt
worden sind.

Entscheidungsgründe

Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der
Beklagten ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage zu Unrecht stattgegeben, da die angefochtenen Bescheide
im Wesentlichen rechtmäßig sind und, soweit sie rechtswidrig sind, die Kläger nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz
1 VwGO in ihren Rechten verletzen. Die Beklagte hat die Kläger zu Recht zu einem Erschließungsbeitrag für
das abgerechnete Teilstück der Römerstraße herangezogen.

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen ist § 20 Abs. 2 KAG in Verbindung mit der
Erschließungsbeitragssatzung (im Folgenden: EBS) der Beklagten vom 28.07.2010, die am 06.08.2010 in
Kraft getreten ist. Im Hinblick auf die satzungsrechtlichen Grundlagen sind von den Klägern weder formelle
noch materielle Fehler geltend gemacht worden noch sind solche für den Senat ersichtlich.

Gemäß § 20 Abs. 2 KAG erheben die Gemeinden zur Deckung ihrer anderweitig nicht gedeckten Kosten für
die erstmalige endgültige Herstellung der in § 33 Satz 1 Nr. 1 und 2 KAG genannten Erschließungsanlagen
einen Erschließungsbeitrag. Erschließungsanlagen im Sinne des § 33 Satz 1 Nr. 1 KAG sind öffentliche zum
Anbau bestimmte Straßen und Plätze (Anbaustraßen).

A.

Bei der Römerstraße handelt es sich in dem von den Erschließungsbeitragsbescheiden zugrunde gelegten
Bereich - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - um eine einheitliche Erschließungsanlage im
Sinne des § 33 Satz 1 Nr. 1 KAG (dazu I.). Von einem anderen Umfang der Erschließungsanlage
Römerstraße ist auch nicht aus Rechtsgründen auszugehen (dazu II.).

I.

Der Begriff der beitragsfähigen Erschließungsanlage ist nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat für das landesrechtliche Erschließungsbeitragsrecht
ausdrücklich angeschlossen hat (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.08.2015 - 2 S 2301/14 - juris Rn. 20 f. und
vom 14.04.2016 - 2 S 2252/15 - juris Rn. 19), nicht ein Begriff des Erschließungs- oder Planungsrechts,
sondern ein solcher des Erschließungsbeitragsrechts (BVerwG, Urteil vom 15.02.1991 - 8 C 56.89 - juris Rn.
16). Dieser Begriff stellt auf eine „natürliche Betrachtungsweise“ ab; maßgebend ist das durch die
tatsächlichen Gegebenheiten nach Beendigung der Ausbauarbeiten geprägte Erscheinungsbild (z.B.
Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge, Straßenausstattung, topographische Besonderheiten), nicht
dagegen eine nur „auf dem Papier stehende“ planerische Festsetzung oder gar eine einheitliche
Straßenbezeichnung. Dabei kommt es darauf an, ob aufgrund des Gesamteindrucks, den die tatsächlichen
Verhältnisse im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten einem
unbefangenen Beobachter vermitteln, ein Straßenzug insgesamt eine einzelne Erschließungsanlage ist oder
ob bestimmte Straßenteile als abgegrenztes Element des Straßennetzes eine eigene Erschließungsanlage
bilden (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.09.2018 - 2 S 1116/18 - juris Rn. 28).

Unter Zugrundlegung dieses Maßstabs ist die Römerstraße grundsätzlich als eine einheitliche
Erschließungsanlage zu qualifizieren.

Der Senat konnte diese Überzeugung auch ohne Einnahme eines Augenscheins vor Ort gewinnen, weil
hinsichtlich des streitgegenständlichen Abschnitts der Römerstraße eine umfangreiche, anschauliche und
aussagekräftige Fotodokumentation aus den Jahren 2003 und 2019 vorliegt, welche mit den Beteiligten im
Rahmen der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörtert wurde und aufgrund derer sich die Frage der
räumlichen Erstreckung der Erschließungsanlage Römerstraße sicher beantworten lässt. Auf den Lichtbildern
sind die topographische Lage und der Verlauf der Römerstraße, deren Verkehrs- und Erschließungsfunktion
sowie deren Zustand im Jahr 2003 sowie der Zustand nach dem im Jahr 2007 erfolgten Ausbau zu erkennen.
Danach kommt der Römerstraße im streitgegenständlichen Bereich eine Erschließungsfunktion für die
angrenzenden Grundstücke zu, sie verschafft diesen durchgängig und einheitlich die notwendige
Verkehrsanbindung für Kraftfahrzeuge an das überörtliche Straßennetz. Die Straße verläuft - abgesehen von
einer leichten Kurve auf Höhe des FlSt.-Nr. 1584 - insgesamt nahezu gerade und weist keine trennenden
Abzweigungen oder Winkel auf; sie ist im hier streitgegenständlichen Abschnitt über die gesamte Länge im
Wesentlichen einheitlich und gleichförmig entsprechend der Merkmalsregelung in § 4 EBS ausgebaut.

II.

Eine andere Bewertung ist - abgesehen von dem von der Hauptstraße abzweigenden und bis zum heutigen
Feuerwehrgerätehaus (heutiges FlSt.-Nr. 1584) reichenden und von den Beteiligten übereinstimmend als
historisch eingestuften Teilstück - auch aus Rechtsgründen nicht geboten.

Rechtliche Gründe für eine Begrenzung der natürlichen Betrachtungsweise bei Erschließungsanlagen können
sich grundsätzlich nur aus der Beitragsfreiheit eines Teilstücks ergeben (VGH Bad.-Württ., Urteil vom
19.09.2018 - 2 S 1116/18 - juris Rn. 32 und Urteil vom 20.08.2015 - 2 S 2301/14 - juris Rn. 21). Dies ist
beispielsweise anzunehmen beim Angrenzen einer Erschließungsanlage an eine vorhandene Straße im Sinne
des § 49 Abs. 6 KAG, an den beiderseits der Straße beginnenden Außenbereich oder an eine unter Geltung
des Bundesbaugesetzes oder Baugesetzbuches endgültig hergestellte Straße, für die die sachlichen
Beitragspflichten bereits entstanden sind und die entweder bereits abgerechnet wurden oder wegen des
Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr abgerechnet werden können. Nicht ausreichend für eine
abweichende Bewertung ist das Angrenzen an einen Teil, für den trotz Fertigstellung nach Inkrafttreten des
Bundesbaugesetzes keine planerischen Festsetzungen für die Anbaustraße getroffen wurden und diese auch
nicht nach § 125 BauGB entbehrlich sind, da in diesem Fall - zu einem späteren Zeitpunkt - noch die gesamte
Anlage abgerechnet werden kann. Soll in diesem Fall der fertiggestellte und von einem Bebauungsplan
erfasste Teil vorzeitig abgerechnet werden, kann dies nur im Rahmen einer Abschnittsbildung erfolgen (Göppl
in Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, 1. Aufl., E Rn. 201; dies., Leitfaden zum
Erschließungsbeitragsrecht in Baden-Württemberg, S. 52 f.).

Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 07.03.2017 (- 9 C 20.15 - juris Rn. 14)
entschieden, dass die Frage nach dem durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägten Erscheinungsbild
einer Erschließungsanlage auch eine zeitliche Dimension habe. Insbesondere der Umstand, dass eine Anlage
lange Zeit - im konkret entschiedenen Fall 15 Jahre - nicht weitergebaut werde, könne zu dem Schluss
zwingen, dass die seinerzeitigen Ausbauarbeiten endgültig beendet worden seien mit der Folge, dass eine
etwaige spätere Verlängerung nur als neue, selbständige Erschließungsanlage in Betracht komme.

Der mit den streitgegenständlichen Bescheiden abgerechnete Teil der Römerstraße stellt weder ganz noch
teilweise eine vorhandene Straße im Sinne des § 49 Abs. 6 KAG dar (dazu 1.). Auch der von dem
Bebauungsplan „Östliche Römerstraße“ erfasste Teil ist nicht die Verlängerung einer unter Geltung des
Bundesbaugesetzes oder Baugesetzbuches endgültig hergestellten Straße, für die die sachlichen
Beitragspflichten bereits entstanden sind (dazu 2.). Schließlich ist die Römerstraße - auch hinsichtlich des bis
zum FlSt.-Nr. 2153/1 reichenden Abschnitts - nicht durch Zeitablauf in die Eigenschaft als eigenständige
Erschließungsanlage hineingewachsen (dazu 3.).

1. Zu Unrecht meinen die Kläger, die Beitragspflicht sei gemäß § 49 Abs. 6 KAG ausgeschlossen, weil ihr
Grundstück an eine bereits vorhandene Straße angrenze. Gemäß § 49 Abs. 6 KAG kann für eine vorhandene
Erschließungsanlage, für die eine Erschließungsbeitragsschuld auf Grund der bis zum 29.06.1961 geltenden
Vorschriften nicht entstehen konnte, auch nach den Bestimmungen dieses Gesetzes kein
Erschließungsbeitrag erhoben werden.

a) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat und zwischen den Beteiligten insoweit auch unstreitig
ist, liegt hier - abgesehen von dem von der Hauptstraße abzweigenden und bis zum heutigen
Feuerwehrgerätehaus (heutige FlSt.-Nr. 1584) reichenden Teilstück - mangels einer entsprechenden
Bebauung zum maßgeblichen Zeitpunkt am 31.12.1872 keine sogenannte historische Straße vor, da die
Entwicklung der Römerstraße nicht spätestens bei Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung am
01.01.1873 (RegBl. S. 305) hinsichtlich ihres Ausbau- und Verkehrszustands für den inneren örtlichen Verkehr
von Haus zu Haus und für den regelmäßigen Anbau im Wesentlichen abgeschlossen war.
60 b) Es handelt sich bei der abgerechneten Anlage nicht - auch nicht hinsichtlich des hinter dem heutigen
Feuerwehrgerätehaus beginnenden und bis zum heutigen FlSt.-Nr. 2798 (ehemals Feldweg Nr. 139)
reichenden Teilstücks wie von den Klägern vorgetragen - um eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes
vorhandene Straße.

Nach dem für die Beurteilung dieser Frage allein maßgebenden Landesrecht (s. BVerwG, Urteile vom
13.08.1976 und 21.09.1979, Buchholz 406.11, § 132 BBauG Nrn. 21 und 28 sowie st.Rspr. des Senats, vgl.
Urteil vom 18.4.1991 - 2 S 2888/89 - nicht veröffentlicht) konnte im ehemals württembergischen Landesteil, zu
dem auch die Beklagte gehörte, nach dem Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung bzw. der
Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (RegBl. S. 333) sowie dem Aufbaugesetz vom 18.08.1948
(RegBl. S. 127) eine Straße die Bestimmung zum Anbau und damit den Charakter einer „Baustraße“ (vgl. Art.
7 Abs. 5 BauO 1910) nur erhalten, wenn sie nach Maßgabe eines verbindlichen Ortsbauplans, Baulinienplans
oder Bebauungsplans ausgebaut wurde. Nur ein solcher Plan konnte einer Straße die Bestimmung zum
Anbau vermitteln. Eine ohne Plan neu hergestellte Straße konnte keine Ortsstraße im Rechtssinne werden,
unabhängig von ihrem technischen Ausbauzustand und unabhängig davon, ob an ihr Gebäude errichtet
wurden oder nicht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.1993 - 2 S 3019/91 - juris Rn. 27; Urteil vom
26.10.1995 - 2 S 120/93 - juris Rn. 25). Ob eine planerische Festsetzung getroffen wurde, kann bei Fehlen
des Originalplans mit Hilfe anderer Dokumente, die die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben,
nachgewiesen werden (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 - juris Rn. 21). Grundsätzlich
war ab Inkrafttreten der Württembergischen Bauordnung die ausdrückliche Festsetzung einer Straße durch
Aufteilung der Straßenfläche in Teileinrichtungen - wie § 5 der Verfügung des Ministeriums des Innern zum
Vollzug der Bauordnung vom 10.05.1911 (im Folgenden: Vollzugsverfügung) zeigt - vom Gesetzgeber
gewollter Standard (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom17.08.2009 - 2 S 1380/09 - nicht veröffentlicht).
Unabhängig von der Frage, ob ab Inkrafttreten der Württembergischen Bauordnung die Festsetzung einer
Ortstraße allein durch zwei Baulinien ausreichend war (so wohl VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.1993 - 2 S
3019/91 - juris Rn. 29), reicht jedenfalls die Festsetzung einer einseitigen Baulinie nicht aus, um eine
Ortsstraße verbindlich festzusetzen, da es in diesem Fall - abgesehen von Ausnahmefällen aufgrund
topographischer Besonderheiten - an einer flächenmäßigen Begrenzung des Straßenraums fehlte (VGH Bad.-
Württ., Urteil vom 26.10.1995 - 2 S 120/93 - juris Rn. 28; VG Stuttgart, Urteil vom 07.06.2011 - 2 K 4529/09 -
juris Rn. 27).

War ein Plan vorhanden, so war eine neue Ortsstraße erst mit ihrem plangemäßen Ausbau als
Erschließungsanlage im Sinne des § 133 Abs. 4 BBauG bereits „hergestellt“ bzw. im Sinne des § 180 Abs. 2
BBauG „vorhanden“ (st.Rspr. des VGH Bad.-Württ. seit 1970, vgl. etwa Urteil vom 18.04.1991 - 2 S 2888/89 -
nicht veröffentlicht und Urteil vom 23.09.1993 - 2 S 3019/91 - juris Rn. 27; Buhl, VBlBW 1984, S. 270 ff.).

aa) Danach ist davon auszugehen, dass es bis zum Jahr 1929 an einer festgesetzten Ortsstraße fehlte.
Anhand der vorliegenden Unterlagen und nach den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort lässt sich zur
Überzeugung des Senats sicher ausschließen, dass bereits 1896 beiderseits der heutigen Römerstraße
Baulinien ausgewiesen wurden.

Dies folgt zunächst aus einem Lageplan aus Dezember 1896, in dem ab dem heutigen FlSt.-Nr. 2214/1
ausschließlich an der nördlichen Straßenseite eine als „genehmigt“ bezeichnete Baulinie eingezeichnet ist.
Über die Länge der Baulinie in östlicher Richtung lassen sich dem Plan keine Angaben entnehmen. Eine
Baulinie auf der südlichen Straßenseite ist nicht eingezeichnet. Die Römerstraße wird in diesem Plan als
„Feldweg“ bezeichnet.

Der Umstand, dass nur eine Baulinie an der nördlichen Straßenseite festgesetzt wurde, wird durch die
vorliegenden Pläne aus dem Jahr 1929 und insbesondere die farbige Ablichtung des Lageplans vom
10.05.1929 bestätigt. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Vollzugsverfügung waren in einem Lageplan die
genehmigten Baulinien mit braunem und die neu festzustellenden mit rotem Band darzustellen. Nach der
farblichen Ablichtung des Lageplans vom 10.05.1929 war ausschließlich an der nördlichen Straßenseite eine
Baulinie beginnend ab dem heutigen Gebäude Römerstraße 15 bis zum Feldweg 139 braun eingezeichnet.
Diese Baulinie war gleichzeitig mit dem Zusatz „oberamtlich genehmigte Baulinie vom 10. Mai 1896“
versehen. Die Verlängerung der nördlichen Baulinie bis einschließlich des heutigen FlSt.-Nr. 2153/1 wurde
hingegen rot eingezeichnet. Entsprechendes gilt für die hinter dem heutigen Feuerwehrgerätehaus
beginnende und bis zur Mitte des damaligen FlSt.-Nr. 1516 reichende südliche Baulinie der Römerstraße. Aus
dem Umstand, dass im Plan von 1929 südlich der Straße eine Baulinie festgesetzt sowie beginnend am
damaligen Feldweg 139 in östlicher Richtung bis zum FlSt.-Nr. 2152 (heutige FlSt.-Nr. 2152/1) eine
beiderseitige Baulinie entlang der Straße festgesetzt und am 22.06.1929 genehmigt wurde, lässt sich
ebenfalls schließen, dass die Planungen von 1896 eine solche Festsetzung nicht enthielten. Denn es hätte im
Jahr 1929 keiner Festsetzungen bedurft, wenn entsprechende planerische Festlegungen bereits im
Baulinienplan 1896 enthalten gewesen wären. Für das Fehlen einer südlichen Baulinie ist auch kein Grund,
wie beispielsweise topographische Besonderheiten oder eine natürliche oder bereits vorhandene künstliche
Barriere, wie etwa eine bestehende Eisenbahntrasse, erkennbar.

Dafür, dass im Baulinienplan von 1896 nur eine nördliche Baulinie festgesetzt war, spricht überdies auch der
aus dem Lageplan von 1929 erkennbare Umstand, dass zwischen 1896 und 1929 eine Bebauung nur nördlich
der Straße erfolgte, und zwar exakt auf der Linie und in der räumlichen Ausdehnung, wie sie im Lageplan aus
dem Jahr 1929 als 1896 genehmigte Baulinie dargestellt ist. Für die FlSt.-Nrn. 2164/1, 2163/1 2162/1 waren
projektierte Neubauten gestrichelt eingezeichnet.

Aufgrund der fehlenden planerischen beiderseitigen Begrenzung der Straße kommt es auf den
Ausbauzustand der Straße nicht an.
68 bb) Ab dem 22.06.1929 ist hingegen hinsichtlich des von dem Plan von 1929 erfassten Teilstücks der heutigen
Römerstraße von einer festgesetzten Ortsstraße auszugehen.

Soweit in der Rechtsprechung des Senats Zweifel geäußert worden sind, ob seit Inkrafttreten der
Württembergischen Bauordnung ein ausschließlicher Baulinienplan zur Festsetzung einer Ortsstraße
ausgereicht habe, da bei der Beurteilung älterer Pläne zu berücksichtigen sei, dass sich die zum Zwecke einer
geplanten Ortserweiterung gebotenen Festsetzungen vielfach auf die Ausweisung von Baulinien
beschränkten, so dass die Abstände zwischen den beiderseitigen Baulinien einer Straße in jenen Plänen der
von der Gemeinde vorgesehenen Straßenbreite zwar entsprechen konnten, aber nicht entsprechen mussten
(VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.07.1973 - II 465/72 - nicht veröffentlicht), kommen diese Zweifel vorliegend
nicht zum Tragen, da sich die vorhandenen Pläne nicht nur auf die Festsetzung der Baulinien beschränkten,
sondern darüber hinaus Angaben zur eigentlichen Straßenbreite und ihrem Gefälle enthielten. So betrug der
Abstand zwischen den Baulinien durchgängig 16 Meter. Diese Breitenangaben lassen sich nicht nur durch das
Anlegen eines Lineals ermitteln, sondern sind ausdrücklich in den Plänen vermerkt. Im Übrigen erfolgte eine
Einteilung der zwischen den Baulinien verbleibenden Fläche in einen Bereich für die Straße und einen Bereich
für den Vorplatz und Vorgarten. Die für den eigentlichen Straßenraum vorgesehene Fläche war mittig durch
eine gepunktete und gestrichelte Linie geteilt; gleichzeitig wurde hinsichtlich der Fahrbahnbreiten ausdrücklich
deren Breite jeweils mit „6 Meter“ bzw. „4 Meter“ vermerkt.

Im Zeitraum zwischen 1929 bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 ist eine Herstellung
der Straße entsprechend diesen Festsetzungen unstreitig nicht erfolgt, da die Straße insbesondere in dem bis
zur Einmündung des ehemaligen Feldwegs 139 reichenden Abschnitt keine Ausbaubreite von 12 Metern
erreichte.

2. Der 2007 vorgenommene Ausbau der Römerstraße in dem von dem Bebauungsplan „Östliche
Römerstraße“ erfassten Bereich stellt auch nicht die Verlängerung einer unter Geltung des
Bundesbaugesetzes oder Baugesetzbuches endgültig hergestellten Straße, für die die sachlichen
Beitragspflichten bereits entstanden sind, dar (dazu a)). Das im Wesentlichen von den Ausbaumaßnahmen
zwischen 1972 und 1974 hergestellte Teilstück der Römerstraße ist auch nicht im Wege der Abschnittsbildung
verselbständigt worden (dazu b)).

a) Eine Erschließungsbeitragspflicht ist nicht gesondert für das zwischen 1972 und 1974 hergestellte Teilstück
der Römerstraße auf der Grundlage des Planes aus dem Jahr 1929 entstanden. Zwar bildete der Plan aus
dem Jahr 1929 bis zum Erlass der Bebauungspläne „Östliche Römerstraße“ und „Dorfbereich ... Teilbereich 4“
in den Jahren 1996 und 1999 die planungsrechtliche Grundlage für die Herstellung der Römerstraße, da
dieser Plan gemäß § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleitet wurde (dazu aa)), jedoch entsprach dieser
Ausbau - unabhängig vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen für die Entstehung der sachlichen
Erschließungsbeitragspflicht - nicht den Vorgaben des § 125 BBauG bzw. des § 125 BauGB (dazu bb)).

aa) Gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 BBauG setzte die Herstellung der öffentlichen Straßen, Wege, Plätze und
Grünanlagen einen Bebauungsplan voraus. Der am 22.06.1929 genehmigte Baulinienplan galt gemäß § 173
Abs. 3 Satz 1 BBauG als ein solcher Bebauungsplan. Denn nach dieser Vorschrift galten beim Inkrafttreten
des Bundesbaugesetzes bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne als
Bebauungspläne, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG bezeichneten Art enthielten. Gemäß §
9 Abs. 1 Nr. 3 BBauG setzte der Bebauungsplan, soweit es erforderlich war, die Verkehrsflächen durch
Zeichnung, Farbe, Schrift oder Text fest. Dabei ist zu beachten, dass der vorgenommenen Einteilung der
Straße in Fahrbahn, Gehweg usw. nach der Württembergischen Bauordnung von 1910 keine
satzungsrechtliche Verbindlichkeit zukam. Denn in Art. 11 Abs. 1 BauO war - was den Straßenkörper
anbelangt - nur von der den örtlichen Verhältnissen und Bedürfnissen entsprechend festzusetzenden Breite
der Ortsstraßen die Rede, was in Verbindung mit § 5 Abs. 1 der Vollzugsverfügung - worin lediglich über die
farbige Darstellung der Straßengrenzen eine Bestimmung getroffen war - zu der Annahme nötigt, dass die
einschlägigen Bestimmungen der Württembergischen Bauordnung als eine abschließende Regelung des
möglichen (satzungsrechtlich verbindlichen) Inhalts eines Ortsbauplanes zu verstehen waren (VGH Bad.-
Württ., Urteil vom 03.11.1971 - II 898/68 - nicht veröffentlicht; Reif in Gössel/Reif, Kommunalabgabengesetz
für Baden-Württemberg, § 49 Rn. 3.2.3.2, S. 24). Dies bedeutet, dass allein der Straßenbreite rechtliche
Verbindlichkeit zukam, nicht aber der nachrichtlichen Aufnahme der Flächen für die Vorplätze und Vorgärten.

Dies war bei dem Plan von 1929 der Fall, da sich dieser - wie oben ausgeführt - nicht nur auf die Festsetzung
der Baulinien beschränkte, sondern gleichzeitig auch noch ausdrückliche Angaben zur Straßenbreite und zum
Gefälle enthielt und die Straße mit Hilfe der gestrichelt und gepunktet dargestellten Linie in zwei Fahrbahnen
geteilt war. Auf die Frage der Überleitungsfähigkeit gemäß § 173 BBauG eines ausschließlichen
Baulinienplans nach altem württembergischen Recht (vgl. dazu VG Stuttgart, Urteil vom 13.05.2009 - 2 K
2399/08 - juris Rn. 22 und Urteil vom 07.06.2011 - 2 K 4529/09 - juris Rn. 27) kommt es vorliegend daher nicht
an.

Der Plan von 1929 unterfiel auch nicht der Regelung des § 173 Abs. 4 BBauG, wonach die
Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmen konnten, dass die in Absatz 3 Satz 1 genannten
Bebauungspläne längstens für die Dauer von fünf Jahren als Bebauungspläne im Sinne des § 30 BBauG
galten, auch wenn sie keine Festsetzungen über die örtlichen Verkehrsflächen enthielten, weil die für diese
Festsetzungen erforderlichen vermessungstechnischen Unterlagen nicht mehr vorhanden waren. Zum einen
enthielt der Plan von 1929 - wie oben ausgeführt - Festsetzungen über die örtlichen Verkehrsflächen und zum
anderen hat Baden-Württemberg von der Ermächtigungsgrundlage des § 173 Abs. 4 BBauG keinen Gebrauch
gemacht (vgl. Bielenberg in Ernst/Zinkhahn, BBauG - Stand April 1974, § 173 Rn. 63; Heitzer/Oestreicher,
BBauG, 4. Aufl., § 173 Anm. 3).

bb) Jedoch entsprach der insbesondere in den Jahren 1972 bis 1974 vorgenommene Ausbau der
Erschließungsanlage nicht den Vorgaben des § 125 Abs. 1 Satz 2 BBauG, wonach sich die Herstellung nach
den Festsetzungen des Bebauungsplans zu richten hatte, da insbesondere in dem bis zum ehemaligen
Feldweg Nr. 139 reichenden Abschnitt nicht der nach dem Plan von 1929 erforderliche 12 Meter breite
Straßenausbau erfolgte.

Von diesen Festsetzungen durfte auch nicht unter den Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 BBauG abgewichen
werden, da § 125 Abs. 2 BBauG - genauso wenig wie heute § 125 Abs. 2 BauGB - für Erschließungsanlagen
galt, für die in einem Bebauungsplan Festsetzungen getroffen waren. In diesem Fall hat sich die Herstellung
der Erschließungsanlage gemäß § 125 Abs. 1 BBauG nach den Festsetzungen zu richten (vgl. VGH Bad.-
Württ., Beschluss vom 29.12.1988 - 2 S 2236/88 - nicht veröffentlicht).

Eine Planabweichung war erst seit Inkrafttreten des § 125 Abs. 1a BauGB am 01.08.1979 möglich. Diese
Vorschrift, die gemäß § 183e BauGB sowohl auf Bebauungspläne anzuwenden war, die vor dem 01.08.1979
rechtsverbindlich geworden waren, als auch auf Erschließungsanlagen, die vor dem 01.08.1979 hergestellt
worden waren, ist auch auf gemäß § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitete Baulinienpläne anwendbar (vgl. VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 11.02.1993 - 2 S 696/11 - juris Rn. 22 und Beschluss vom 01.10.1990 - 2 S 696/90 -
nicht veröffentlicht - beide Entscheidungen insoweit jedoch ohne Begründung). Allein der Umstand, dass das
ehemalige württembergische Recht keinen abweichenden Ausbau erlaubte, spricht nicht entscheidend gegen
eine Anwendung des § 183e BauGB, da auch die bundesrechtliche Regelung bis zur Einführung des § 125
Abs. 1a BauGB zunächst keinen abweichenden Ausbau vorsah. Der Gesetzesbegründung zu § 183e BauGB
lässt sich insoweit keine Einschränkung entnehmen (BT-Drs. 8/2451 vom 29.12.1978, S. 33). Schließlich
ergibt sich auch aus dem Wortlaut insoweit keine Einschränkung. Dies gilt insbesondere für § 183e Satz 2
BauGB, der allein auf die Herstellung einer Erschließungsanlage vor dem 01.08.1979 verweist.

Allein diese Rechtsänderung führte jedoch nicht zu einer Rechtmäßigkeit der Herstellung trotz der
Planabweichung, denn - unabhängig vom Vorliegen der einzelnen Voraussetzungen des § 125 Abs. 1a
BauGB - verlangte eine nach § 125 Abs. 1a BauGB rechtmäßige Herstellung einer Erschließungsanlage eine
Entscheidung des jeweils nach dem Kommunalverfassungsrecht der Länder zuständigen Gemeindeorgans
über die Planabweichung (vgl. Ernst/Griwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 125 Rn. 17;
Jaeger in Spannowsky/Uechtritz, Beck’scher Online-Kommentar BauGB, § 125 Rn. 22). Eine solche
Entscheidung lag erst mit dem Beschluss des Gemeinderates vom 10.04.1991 vor.

Zu diesem Zeitpunkt endete die Römerstraße bei natürlicher Betrachtungsweise jedoch nicht mehr in dem von
dem Plan von 1929 erfassten Bereich, sondern wurde wegen der zwischenzeitlich auf der Grundlage des
Bebauungsplanes „Hindenburgstraße/F.W.52“ errichteten Wohnbebauung entlang der südlichen Straßenseite
(Römerstraße 56 bis 62) bereits in östlicher Richtung fortgeführt, so dass dieser Teil - unabhängig davon, ob
am 10.04.1991 die Voraussetzungen des zu diesem Zeitpunkt geltenden § 125 Abs. 3 BauGB vorlagen, was
zwischen den Beteiligten im Hinblick auf den von der Beklagten für erforderlich gehaltenen
Mehrkostenverzicht streitig ist - bei natürlicher Betrachtungsweise einzubeziehen war. Unerheblich ist
insoweit, dass im Jahr 1991 in dem vom Bebauungsplan „Östliche Römerstraße“ erfassten Bereich weder
eine planungsrechtliche Grundlage noch eine vollständige Herstellung der Straße gegeben war.

b) Für eine vorzeitige Abrechnung des vom Plan aus dem Jahr 1929 erfassten Teilstücks wäre nach den oben
gemachten Ausführungen eine Abschnittsbildung erforderlich gewesen. Der Beschluss vom 10.04.1991 ist
jedoch nicht als Bildung eines Abrechnungsabschnitts gemäß dem zu diesem Zeitpunkt Anwendung
findenden § 130 Abs. 2 BauGB auszulegen, weil dieser Beschluss für eine Abschnittsbildung nicht hinreichend
bestimmt ist.

Gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann der beitragsfähige Erschließungsaufwand für die einzelne
Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Abschnitte
einer Erschließungsanlage können gemäß § 130 Abs. 2 Satz 2 BauGB nach örtlich erkennbaren Merkmalen
oder nach rechtlichen Gesichtspunkten (z.B. Grenzen von Bebauungsplangebieten, Umlegungsgebieten,
förmlich festgelegten Sanierungsgebieten) gebildet werden.

Ob die Gemeinde eine solche Abschnittsbildung vornimmt, liegt in ihrem Ermessen (BVerwG, Urteil vom
09.01.2013 - 9 B 33.12 - juris Rn. 7); die Ausübung dieses Ermessens muss in dem Beschluss der Gemeinde
unmissverständlich zu erkennen sein (Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl., § 130 Rn. 21).
Wenn die Gemeinde von der vom Gesetzgeber eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen will, den Abschnitt
einer Erschließungsanlage als Ermittlungsraum zu wählen, bedarf es einer besonderen darauf ausgerichteten
Willensentscheidung der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist. Der Beschluss des Gemeinderats
muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die Abschnittsbildung bezieht sich auf (Teile von)
Erschließungsanlagen. Diese müssen, damit der Beschluss inhaltlich hinreichend bestimmt ist, in dem
Beschluss genau bezeichnet und begrenzt werden. Ein Gemeinderatsbeschluss, in dem lediglich die
(technische oder endgültige) Herstellung eines Straßenstücks festgestellt und die Widmung ausgesprochen
wird, ist grundsätzlich nicht - auch nicht konkludent - als Beschluss über die Bildung eines Abschnitts zu
werten. Gleiches gilt für einen Gemeinderatsbeschluss, der sich nur mit der technischen Durchführung des
Straßenbaus oder mit der Herstellung von Teilstrecken befasst, ohne die abrechnungsmäßige
Verselbständigung für Zwecke des Erschließungsbeitragsrechts festzustellen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom
22.05.2003 - 2 S 446/02 - juris Rn. 38). Enthält ein - nicht zu veröffentlichender - Beschluss des
Gemeinderates keinerlei Hinweis, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Straße abgerechnet
werden soll, kann ein entsprechender Wille dem Gemeinderat auch nicht unterstellt werden (VGH Bad.-Württ.,
Urteil vom 25.07.1979 - II 1314/78 - nicht veröffentlicht).

Der Beschluss vom 10.04.1991 erschöpft sich darin, den damaligen Ausbauzustand der Römerstraße in ... als
endgültigen Ausbauzustand festzustellen. Der Beschluss selbst enthält keinen Hinweis, dass damit
gleichzeitig ein Abrechnungsabschnitt gebildet werden sollte. Dies ergibt sich auch nicht aus der
Beschlussvorlage vom 27.02.1991. Diese verhält sich nicht zu dem von dem seit 1989 im
Aufstellungsverfahren befindlichen Bebauungsplan „Östliche Römerstraße“ betroffenen Teilstück oder zu der
tatsächlich vorhandenen Straße. Die bereits bestehenden Planungen für eine Erweiterung der Römerstraße in
östlicher Richtung werden mit keinem Wort erwähnt. Ein Bewusstsein, dass aufgrund dieser Planungen, der
bereits bestehenden Wohnbebauung entlang der südlichen Straßenseite und der tatsächlich vorhandenen
Straße eine Abschnittsbildung in Betracht zu ziehen gewesen wäre, lässt sich der Beschlussvorlage nicht
entnehmen.

3. Schließlich ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht aufgrund der Zeitspanne
zwischen dem Abschluss der Bauarbeiten im Jahr 1974 und dem Beschluss des Gemeinderats der Beklagten
im Jahre 1989, die Römerstraße in östlicher Richtung zu beplanen, von einer von den tatsächlichen
Verhältnissen abweichenden Beurteilung der Erschließungsanlage auszugehen.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren Entscheidungen (zuletzt BVerwG, Urteil vom 07.03.2017
- 9 C 20.15 - juris Rn. 14, zuvor schon Urteil vom 25.02.1994 - 8 C 14.92 - juris Rn. 28) betont, dass die Frage
nach dem durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägten Erscheinungsbild einer Erschließungsanlage
auch eine zeitliche Dimension habe, und es für möglich gehalten, dass auch eine Straße, die sich bei
natürlicher Betrachtung als Abschnitt einer weitergehenden Erschließungsanlage darstelle - wie hier das
Teilstück der Römerstraße bis zum FlSt.-Nr. 2152 (heutige FlSt.-Nr. 2152/1) bzw. 15 m darüber hinaus in
Bezug auf die beschriebene gesamte Erschließungsanlage Römerstraße - durch Zeitablauf in die Eigenschaft
einer selbständigen Erschließungsanlage hineinwachse, wodurch sich eine ursprünglich vorgenommene
(rechtliche) Abschnittsbildung überhole. Insbesondere der Umstand, dass eine Anlage lange Zeit - im konkret
entschiedenen Fall 15 Jahre - nicht weitergebaut werde, könne zu dem Schluss zwingen, dass die
seinerzeitigen Ausbauarbeiten endgültig beendet worden seien mit der Folge, dass eine etwaige spätere
Verlängerung nur als neue, selbständige Erschließungsanlage in Betracht komme.

Wie der Senat bereits im Urteil vom 19.09.2018 (- 2 S 1116/18 - juris Rn. 31) dargelegt hat, liegt diesen
Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts jedoch jeweils die Sondersituation eines Wendehammers
zugrunde. Kennzeichnend in beiden Verfahren war, dass eine über Jahre hinweg bestehende (Stich-)Straße
mit Wendehammer, bei der es sich nicht um einen offensichtlich unvollendet gebliebenen Torso handelte, mit
guten Gründen als endgültig hergestellt angesehen werden konnte, der Straßenbau mit dem seinerzeitigen
Bau des Wendehammers erkennbar an sein Ende gekommen und eine Verwirklichung der ursprünglich
vorgesehenen weitergehenden Straßenplanung nicht absehbar war.

Der vorliegende Sachverhalt ist hiermit jedoch nicht zu vergleichen. Zu keiner Zeit konnte hier angenommen
werden, dass der in den 1970er-Jahren hergestellte Abschnitt der Römerstraße bis zum FlSt.-Nr. 2152
(heutige FlSt.-Nr. 2152/1) bzw. 15 m darüber hinaus endgültigen Charakter haben würde. Denn der im Jahr
1972 erlassene Bebauungsplan „Hindenburgstraße/F.W.52“ ermöglichte die Bebauung entlang der südlichen
Straßenseite der Römerstraße in östlicher Richtung. Auch wenn dieser Bebauungsplan selbst keine
Festsetzungen zur Römerstraße enthielt, ließ sich der Begründung ausdrücklich entnehmen, dass für den
verlängerten endgültigen Ausbau der Hindenburgstraße Erschließungskosten entstehen werden. Damit
musste mit einer bedarfsgemäßen Verlängerung der Straße gerechnet werden. Angesichts dieser
vorhandenen Bebauung und des durch den am 05.07.1989 gefassten Aufstellungsbeschlusses des
Bebauungsplans „Östliche Römerstraße“, der eine weitere Bebauung der Römerstraße auch auf der
gegenüberliegenden Straßenseite im Bereich der FlSt.-Nr. 2152/1 bis 2146/1 vorsah, konnte - auch wenn
dieser Bebauungsplan ebenfalls zunächst keine Festsetzungen hinsichtlich der Straße enthielt - kein
dahingehendes Vertrauen entstehen, dass die Römerstraße nicht weitergeführt werde.

Versteht man die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur zeitlichen Dimension der natürlichen
Betrachtungsweise hingegen so, dass hergestellte Teilabschnitte einer über Jahre hinweg nicht
weitergebauten, aber von vornherein weitergehend geplanten Erschließungsanlage nicht nur in der
vorstehend geschilderten Sondersituation eines Wendehammers, sondern ganz generell durch bloßen
Zeitablauf in die rechtliche Selbständigkeit hineinwachsen können, wenn auf der Grundlage eines jahrelangen
Stillstandes der Schluss gerechtfertigt ist, dass der Ausbau sein Ende gefunden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom
22.11.2016 - 9 C 25.15 - juris Rn. 26), so hat der Senat bereits mit Urteil vom 19.09.2018 (- 2 S 1116/18 - juris
Rn. 32) entschieden, dass der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für das landesrechtliche
Erschließungsbeitragsrecht jedenfalls nicht zu folgen ist, da der Gesetzgeber auf der Basis des § 37 KAG eine
vom Einzelanlagenbegriff abweichende Bestimmung der abrechenbaren Anlage nur in Form einer
ausdrücklichen Bildung von Abschnitten oder Abrechnungseinheiten zugelassen und zur Disposition der
Gemeinde gestellt hat. Umgekehrt würde es zu einer unzulässigen Umgehung der den Gemeinden durch das
Kommunalabgabengesetz in Gestalt der Bildung von Abschnitten oder Abrechnungseinheiten eingeräumten
Dispositionsbefugnis führen, wenn eine Erschließungsanlage unabhängig von diesen
Dispositionsmöglichkeiten - und ggf. gegen den Willen der Gemeinde - gleichsam durch die Hintertür infolge
Zeitablaufs in die Eigenschaft einer selbständigen Erschließungsanlage hineinwachsen könnte (Senatsurteil
vom 19.09.2018 - 2 S 1116/18 - juris Rn. 32). Eine Abschnittsbildung ist jedoch, wie oben ausgeführt, mit dem
Gemeinderatsbeschluss vom 10.04.1991 nicht vorgenommen worden.

Somit ist die Römerstraße - abgesehen von dem unstreitig als historisch anzusehenden Bereich - als
einheitliche Erschließungsanlage zu beurteilen und nicht aus Rechtsgründen in Abschnitte einzuteilen.

B.

Die Beitragsschuld für den mit den streitgegenständlichen Beitragsbescheiden abgerechneten Bereich der
Römerstraße ist gemäß § 41 KAG infolge des Ausbaus 2007 im Jahr 2011 entstanden, weil die Römerstraße
seit diesem Zeitpunkt sämtliche zu ihrer erstmaligen endgültigen Herstellung vorgesehenen Teileinrichtungen
im erforderlichen Umfang aufweist und diese den Merkmalen der endgültigen Herstellung (§ 34 Nr. 3 KAG)
entsprechen, ihre Herstellung die Anforderungen des § 125 BauGB erfüllt und die Anlage öffentlich genutzt
werden kann.

I.

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EBS sind Anbaustraßen endgültig hergestellt, wenn ihre Flächen im Eigentum der
Gemeinde stehen und sie neben den im Bauprogramm vorgesehenen flächenmäßigen Teileinrichtungen
(Fahrbahn, Gehwege, Radwege, Grünpflanzungen, Parkflächen usw.) über betriebsfertige Beleuchtungs- und
Entwässerungseinrichtungen verfügen. Die flächenmäßigen Teileinrichtungen sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 EBS endgültig hergestellt, wenn Fahrbahnen, Gehwege und Radwege eine Decke aus Asphalt, Beton,
Pflaster oder Platten aufweisen; die Decke kann auch aus einem ähnlichen Material neuzeitlicher Bauweise
bestehen.

Seit dem Ausbau im Jahr 2007 verfügt die Römerstraße im gesamten mit den streitgegenständlichen
Bescheiden abgerechneten Bereich über die vorgesehenen Teileinrichtungen einer Fahrbahn und dem
nördlichen Gehweg sowie über betriebsfertige Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen. Wie sich der
vorliegenden Fotodokumentation aus dem Jahr 2003 entnehmen lässt, verfügte die Römerstraße erst seit
dem Ausbau im Jahr 2007 und nicht bereits davor im letzten Abschnitt über eine seitliche Begrenzung der
Straße (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.2011 - 2 S 1294/11 - juris Rn. 86), eine ordnungsgemäße
Straßenentwässerung sowie eine Beleuchtung.

II.

Diese Herstellung entsprach zunächst nicht den Anforderungen des § 125 Abs. 1 BauGB (dazu unter 1.); für
die Rechtmäßigkeit der Herstellung bedurfte es gemäß § 125 Abs. 3 Nr. 2 BauGB im Hinblick auf den
planüberschreitenden Ausbau eines Mehrkostenverzichts (dazu unter 2.).

1. Planungsrechtliche Grundlage für die Herstellung der Römerstraße sind der Bebauungsplan „Dorfbereich ...
Teilbereich 4“ aus dem Jahr 1999 gemeinsam mit dem 1996 erlassenen Bebauungsplan „Östliche
Römerstraße“.

Der Bebauungsplan aus dem Jahr 1996, der das östliche Endstück der Römerstraße umfasst, enthält lediglich
hinsichtlich der Fahrbahnbreite eine ausdrückliche Festsetzung von 6,5 Metern, nicht jedoch hinsichtlich des
Gehwegs. Allerdings lässt sich den Vorplanungen eine Gehwegbreite von 1,5 Metern entnehmen. Da sich den
vorliegenden Unterlagen keine Anhaltspunkte entnehmen lassen, dass die Gehwegbreite im Rahmen des
Bebauungsplanverfahrens verändert werden sollte, und die zeichnerische Darstellung des Gehwegs
hinsichtlich der Breite keine Veränderungen zu den Planungsunterlagen aufweist, ist davon auszugehen, dass
unverändert eine Breite von 1,5 Metern festgesetzt werden sollte und diese Angabe lediglich durch ein später
eingefügtes Pflanzgebotszeichen überdeckt wird.

Anders als der Bebauungsplan „Östliche Römerstraße“ enthält der Bebauungsplan aus dem Jahr 1999 keine
ausdrücklichen Festsetzungen zur Straßenbreite. Im Rahmen der Auslegung ergibt sich jedoch, dass
durchgängig eine Straßenbreite von acht Metern festgesetzt wird.

Zwar ist den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans lediglich zu entnehmen, dass mit diesem Plan die
alten Baulinien beidseitig der Römerstraße und beidseitig des von der Römerstraße abzweigenden Wertwegs
aufgehoben werden. Eine ausdrückliche Aufhebung der Festsetzungen zur Straßenbreite erfolgt nicht.

Auch bei Durchführung einer Messung mit dem Lineal wird erkennbar, dass die zeichnerische Darstellung der
Römerstraße nicht durchgängig acht Meter beträgt, sondern sich insbesondere nach Osten verjüngt und
ungefähr ab der Höhe des FlSt.-Nr. 1522 bis zum vom Bebauungsplan von 1996 erfassten Abschnitt nur eine
Breite von 7,50 Metern aufweist. Unter alleiniger Zugrundelegung der zeichnerischen Festsetzungen würde
der heutige Ausbauzustand damit noch immer nicht den Festsetzungen entsprechen.

Grundsätzlich wäre denkbar, dass mit dem Plan die tatsächlich vorhandenen Straßenbreiten festgesetzt
werden sollten. Wie sich aus dem Mehrkostenverzicht der Beklagten jedoch entnehmen lässt, geht die
Beklagte von der Festsetzung einer durchgängigen Straßenbreite von 8 Metern aus; auch in dem Bereich, für
den ursprünglich eine Straßenbreite von 12 Metern vorgesehen war.

Für die Annahme einer Festsetzung von 8 Metern spricht, dass in der Sitzungsvorlage für den 1991 gefassten
Gemeinderatsbeschluss davon ausgegangen wird, dass der Ausbauzustand 8 Meter beträgt, denn dort heißt
es wörtlich „den jetzigen Ausbauzustand (Fahrbahn 6,50m, nördlicher Gehweg 1,50m) der Römerstraße als
endgültigen Ausbauzustand durch den Gemeinderat festzustellen“. Dem Bebauungsplan aus dem Jahr 1999
lassen sich weder in der Begründung noch in den textlichen Festsetzungen Angaben dazu entnehmen, dass
die Straße grundsätzlich überplant werden sollte. In der Begründung zum Bebauungsplan steht vielmehr, dass
die Straßen größtenteils vorhanden und voll ausgebaut seien. Gleichzeitig enthält die Begründung den
Hinweis auf die bestehende Befürchtung weiteren Verkehrs durch die geplante neue Bebauung, so dass es
auch vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich erscheint, dass die Verkehrsfläche stillschweigend weiter
reduziert werden sollte. Hätte die Beklagte somit eine abweichende Straßenbreite festsetzen wollen, wäre zu
erwarten gewesen, dass in diesem Fall ausdrückliche Festsetzungen in den Bebauungsplan zur Straßenbreite
aufgenommen worden wären. Die abweichende zeichnerische Darstellung im Bebauungsplan stellt daher nur
eine Ungenauigkeit im Verfahren dar.

Unter Zugrundelegung dieser Auslegung entsprach die Römerstraße nach ihrem Ausbau 2007 zunächst nicht
den Vorgaben der Bebauungspläne, da sie nach den vorliegenden Vermessungsunterlagen streckenweise
eine Breite von bis zu 8,50 Metern und zum Teil eine Breite von nur 7,82 Metern aufweist. Nur der
Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass bei der Annahme, dass mit dem Plan die tatsächlich
vorhandenen Straßenbreiten festgesetzt werden sollten, in diesem Bereich keine nach § 125 Abs. 3 BauGB
rechtfertigungsbedürftige Planabweichung vorgelegen hätte.

2. Diese Planabweichungen sind jedoch gemäß § 125 Abs. 3 BauGB unschädlich. Danach wird die
Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen durch Abweichungen von den Festsetzungen des
Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1. die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder 2. die
Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die
Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlichen beeinträchtigen.

Die vorliegenden Planabweichungen in Form einer Planunterschreitung von stellenweise 18 Zentimetern und
einer Planüberschreitung von streckenweise bis zu 50 Zentimetern sind mit den Grundzügen der Planung
vereinbar.

Zu den Grundzügen der Planung von Erschließungsanlagen zählen vor allem diejenigen Elemente, die für die
Erschließungsfunktion der jeweiligen Anlage von wesentlicher Bedeutung sind. Dies hängt bei Anbaustraßen
im Einzelnen von Art und Umfang des Erschließungsgebiets, der sich hieraus ergebenden Verkehrsbelastung
und den topographischen Verhältnissen ab. Erschließungsstraßen sollen zum einen den
Anliegergrundstücken eine verkehrssichere Anbindung an das übrige Straßennetz bieten. Zum anderen
gehört zur Erschließungsfunktion auch die Aufnahme des über den reinen Anliegerverkehr hinausgehenden
Verkehrs. Dies setzt eine von Art und Umfang des Verkehrs abhängige Mindestbreite der Straße oder
wenigstens ausreichende Ausweichmöglichkeiten für Fahrzeuge und Fußgänger voraus (vgl. VGH Bad.-
Württ., Urteil vom 29.10.1987 - 2 S 217/87 - nicht veröffentlicht; Reif, aaO, § 41 Rn. 3.3.4.2.3).

Der vorliegende planabweichende Ausbau der Römerstraße ist mit den Grundzügen der Planung
vereinbar.Die Römerstraße dient aufgrund der örtlichen Gegebenheiten vor allem dem Anliegerverkehr der
Anwohner, da sie am Ende in einen Feldweg übergeht und aufgrund der sich anschließenden Felder nicht mit
Durchgangsverkehr zu rechnen ist. Für den Anwohnerverkehr reicht die Straßenbreite von 8 Metern aus, denn
die Fahrbahnbreite von ungefähr 6,5 Metern ermöglicht den Begegnungsverkehr. Es ist weder für den Senat
erkennbar noch von den Beteiligten vorgetragen, dass die geringfügigen Planabweichungen der
Erschließungsanlage ein anderes Gepräge geben.

Die Rechtmäßigkeit der Herstellung ist schließlich auch nicht im Hinblick auf die streckenweise 8 Meter
überschreitende Straßenbreite berührt.

Gemäß § 125 Abs. 3 Nr. 2 BauGB dürfen die Erschließungsbeitragspflichtigen durch die Abweichungen von
den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden
und die Abweichungen dürfen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.
Letzteres ist vorliegend nicht erkennbar.

Eine Mehrbelastung der Erschließungsbeitragspflichtigen ist zu verneinen, wenn die Abweichung
kostenneutral ist oder die Gemeinde die anfallenden Mehrkosten nicht geltend macht (Reif, aaO, § 41 Rn
3.3.4.2.2). Darüber hinaus kann die Gemeinde die abweichende Herstellung auch durch eine Änderung des
Bebauungsplans nachträglich absichern. In diesem Fall entsteht die Erschließungsbeitragspflicht, sofern die
übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, erst mit der Abgabe dieser Erklärung oder der Änderung des
Bebauungsplans (Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl., § 125 Rn. 9). Eine Kompensation der
Mehrkosten einer Planüberschreitung durch mutmaßliche Minderkosten einer Planunterschreitung an anderer
Stelle ist nicht möglich (Ernst/Griwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 125 Rn. 16c). Eine
solche Verrechnung scheidet schon mit Blick auf die Systematik des § 125 Abs. 3 BauGB aus, weil diese
Bestimmung die Tatbestände der Planunterschreitung (Nr. 1) und der Planüberschreitung (Nr. 2) jeweils
selbständig behandelt und unterschiedlich regelt; obendrein liegt die Annahme fern, ein zweiter Verstoß gegen
die von einem Bebauungsplan ausgehende Bindung könne den ersten Verstoß folgenlos werden lassen (Bay.
VGH, Beschluss vom 25.08.2010 - 6 ZB 10.967 - juris Rn. 6). Voraussetzung für einen Mehrkostenverzicht ist
eine konstitutive Entscheidung der Gemeinde, sie werde die Mehrkosten nicht auf die Beitragspflichtigen
abwälzen. Dies bedeutet, dass es, auch wenn die Erklärung über den Mehrkostenverzicht konkludent erfolgen
kann (BVerwG, Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 - juris Rn. 24), bei der erklärenden Gemeinde des
Bewusstseins bedarf, eine entsprechende Erklärung abzugeben.

Die Beklagte ist im Rahmen des 2011 erklärten Mehrkostenverzichts davon ausgegangen, dass ihr durch den
planüberschreitenden Ausbau Mehrkosten in Höhe von 1.871,81 EUR entstanden sind. Ausgangspunkt dieser
Mehrkostenberechnung war ein Vergleich der bei plangemäßem Ausbau entstandenen Kosten und der durch
die Planabweichung entstandenen Kosten unter Nichtberücksichtigung des Minderausbaus. Für diese
vergleichende Betrachtung hat die Beklagte zum einen die Grundfläche der Straße berechnet, die sich bei
einem plangemäßen Ausbau ergeben hätte, und zum anderen die Grundfläche, die durch den
planüberschreitenden Ausbau entstanden ist. Für den Senat bestehen insoweit keine Anhaltspunkte, dass
durch den etwas breiteren Ausbau der Römerstraße noch höhere Mehrkosten als durch die Beklagte
angenommen entstanden sind. Sollten die angesetzten Mehrkosten zu hoch gewesen sein, fehlt es jedenfalls
an einer Rechtsverletzung der insoweit nicht belasteten Kläger.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass durch den geringfügigen Mehrausbau tatsächlich überhaupt keine
Mehrkosten angefallen sind, würde dies dazu führen, dass auch die Planüberschreitung der Rechtmäßigkeit
der Herstellung gemäß § 125 Abs. 3 Nr. 2 BauGB nicht entgegenstand und damit die sachlichen
Beitragspflichten für das abgerechnete Stück der Römerstraße - wie bei Zugrundelegung der Annahme, dass
mit dem Bebauungsplan Dorfbereich ...-... Teilbereich 4 die tatsächlich vorhandenen Straßenbreiten
festgesetzt werden sollten (vgl. dazu oben unter B. II. 1.), - bereits im Jahr 2007 - ohne das Erfordernis eines
Mehrkostenverzichts - entstanden wären.

III.

Es ist von den Beteiligten weder vorgetragen worden noch für den Senat in sonstiger Weise ersichtlich, dass
die öffentliche Nutzungsmöglichkeit der Erschließungsanlage nicht spätestens seit dem Ausbau 2007 gemäß
§ 5 Abs. 6 StrG gegeben war.

Da die Beitragspflicht nach den oben gemachten Ausführungen im Jahr 2011 entstanden ist, scheidet auch
deren Verjährung aus. Der Anspruch der Beklagten auf Geltendmachung des Erschließungsbeitrags verjährt
gemäß den nach § 3 Abs. 1 Nr. 4c KAG entsprechend anwendbaren Vorschriften der § 169 Abs. 2 und § 170
Abs. 1 AO nach Ablauf von vier Jahren seit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beitragsforderung
entstanden ist. Verjährung wäre hier also erst am 31.12.2015 und damit nach Erlass der
streitgegenständlichen Bescheide vom 07.11.2011 eingetreten. Selbst bei der Annahme einer Entstehung der
Beitragspflicht im Jahr 2007 wäre diese erst am 31.12.2011 und damit nach Erlass der streitgegenständlichen
Bescheide verjährt.

C.

Die angefochtenen Bescheide begegnen auch insoweit keinen Bedenken, als die Kläger die Rechtmäßigkeit
der Höhe der Erschließungskosten im Hinblick auf die Straßenentwässerungskosten und die Kosten für die
Herstellung der Straßenbeleuchtung bezweifelt haben.

Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KAG umfassen die beitragsfähigen Erschließungskosten unter anderem die
anderweitig nicht gedeckten Kosten für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen
einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und Beleuchtung.

Die beitragsfähigen Erschließungskosten für Erschließungsanlagen oder deren Teileinrichtungen können
gemäß § 36 Satz 1 KAG entweder nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen
ermittelt werden. Die Gemeinde muss die von ihr ausgewählte Ermittlungsmethode gemäß § 34 Nr. 2 KAG in
der Erschließungsbeitragssatzung festlegen. Nach § 3 Abs. 1 EBS werden die beitragsfähigen
Erschließungskosten nach den tatsächlichen Kosten ermittelt.

Ist eine Anbaustraße insgesamt oder eine ihrer Teilanlagen (etwa die Straßenentwässerung) auf der
gesamten Länge der Erschließungsanlage oder eines rechtmäßig gebildeten Abschnitts bereits durch eine
frühere Baumaßnahme endgültig hergestellt worden, ist die Gemeinde gehindert, die Anbaustraße oder die
Teilanlage im Zuge eines späteren Ausbaus wieder mit erschließungsbeitragsrechtlicher Auswirkung zu
ändern. Berücksichtigungsfähig sind dann vielmehr nicht die Änderungskosten eines späteren Ausbaus,
sondern ausschließlich diejenigen Kosten, die durch die erstmalige, seinerzeit bereits endgültige Fertigstellung
entstanden sind (BVerwG, Urteil vom 13.12.1985 - 8 C 66.84 - juris Rn. 31; VGH Bad.-Württ., Urteil vom
06.02.1997 - 2 S 1966/95 - nicht veröffentlicht).

Wie bereits oben ausgeführt, ist die Römerstraße mangels einer Abschnittsbildung für den bereits zwischen
1972 und 1974 hergestellten Teil erst im Jahr 2007 in ihrer gesamten Länge - auch hinsichtlich der Teilanlagen
Entwässerung und Beleuchtung - endgültig erstmalig hergestellt worden, so dass die Gemeinde nicht
gehindert war, die Römerstraße insgesamt oder eine ihre Teileinrichtungen im Zuge eines späteren Ausbaus
wieder mit erschließungsbeitragsrechtlicher Auswirkung zu ändern.

Die Einbeziehung der Kosten für eine (wieder beseitigte) provisorische Anlage in die Erschließungskosten ist
grundsätzlich nicht gestattet. Werden Teile einer früheren Herstellung für die endgültige Herstellung
beibehalten, so stellen sie kein Provisorium dar; ihre Kosten gehören zum Erschließungsaufwand (Reif, aaO,
§ 35 Rn. 4.5.3.2.3).

Im Sinne von § 36 Satz 1 KAG tatsächlich entstanden sind Kosten, wenn sie als Ausgabe im Sinne des § 35
KAG oder im Wege der Wertberechnung gemäß § 22 KAG angefallen sind (Reif, aaO, § 36 Rn. 2). § 35 Abs.
1 KAG i.V.m. § 36 KAG verpflichtet die Gemeinde grundsätzlich zu einer „cent-genauen“ Kostenermittlung.
Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos, da es Fälle gibt, in denen eine „cent-genaue“
Kostenermittlung praktisch unmöglich ist, ohne dass sich deshalb der Schluss rechtfertigt, die Gemeinde
könne den Aufwand überhaupt nicht geltend machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.07.2010 - 2 S 802/10 -
nicht veröffentlicht). Dabei muss berücksichtigt werden, dass auch im Abgabenrecht das Bedürfnis nach
Verwaltungspraktikabilität dem Grundsatz der cent-genauen Kostenermittlung eine Grenze setzt. Dies führt
dazu, dass die Gemeinden dann, wenn und soweit eine rechnerisch genaue Kostenermittlung nicht oder
allenfalls mit unvernünftigem und in diesem Sinne unvertretbarem Verwaltungsaufwand möglich wäre,
berechtigt sind, die beitragsfähigen Kosten bzw. Teile dieser Kosten mit Hilfe gesicherter Erfahrungssätze zu
schätzen. Diese Schätzungsbefugnis der Gemeinden ist notwendigerweise mit einem gewissen Spielraum,
d.h. mit einer sowohl den Weg der Schätzung als auch deren Ergebnis betreffenden Toleranz, verbunden.
Kommen insoweit mehrere Varianten in Betracht, muss die Gemeinde die für die Anlieger günstigere wählen.
Sind der Gemeinde für vor langer Zeit auf ihre Kosten durchgeführte Herstellungs- oder Freilegungsarbeiten
die Rechnungen nicht mehr zugänglich oder auffindbar, dann ist die Gemeinde ausnahmsweise berechtigt, die
tatsächlich entstandenen Kosten auf der Grundlage gesicherter Erfahrungssätze zu schätzen (BVerwG, Urteil
vom 15.11.1985 - 8 C 41.84 - juris Rn. 28; Reif, aaO, § 35 Rn. 4.2.5). Anhaltspunkt hierfür sind die üblichen
Preise, die in der fraglichen Zeit für die Herstellung vergleichbarer Erschließungsanlagen oder
Teileinrichtungen verlangt worden sind (Reif, aaO, § 35 Rn. 4.2.5).

Beim beitragsfähigen Aufwand hinsichtlich der Straßenbeleuchtungskosten hat die Beklagte zum einen die
Kosten berücksichtigt, die bei dem 2006 und 2007 erfolgten Ausbau für das vom Bebauungsplan „Östliche
Römerstraße“ erfassten Teilstück nachweislich entstanden sind, sowie die Kosten, die schätzungsweise im
Rahmen der 1972 bis 1974 durchgeführten Maßnahmen angefallen sind. Soweit die Kläger dagegen
einwenden, dass es an jeglichem Nachweis fehle, dass und in welchem Umfang in den Jahren 1973/1974
eine Straßenbeleuchtung erstmalig errichtet worden sei, dringen sie damit nicht durch. Zwar ergibt sich aus
dem Gemeinderatsprotokoll vom 07.10.1933, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine Straßenbeleuchtung
vorhanden war. Dem Protokoll lässt sich aber nicht entnehmen, dass die vorherige oder im Nachgang zu
diesem Beschluss errichtete Straßenbeleuchtung ausreichend gewesen wäre. Dagegen spricht das Protokoll
des Gemeinderates der Beklagten vom 04.05.1972, wonach die Straßenbeleuchtung „ziemlich dürftig“ sei und
in der Hindenburgstraße die Ortsbeleuchtung auf jeden Fall gleich mitgebaut werden sollte, wozu sie von der
Südseite auf die bebaute Nordseite zu verlegen wäre. In Übereinstimmung dazu befindet sich in einer
Rechnung vom 02.07.1974 auch die Rechnungsposition „Lichtmasten versetzen einschl. Rohr Ø 500, Beton
Kabeleinführung usw. 13 Stück“. Daraus lässt sich schließen, dass bei dem Ausbau 1972 bis 1974 tatsächlich
Arbeiten hinsichtlich der Straßenbeleuchtung ausgeführt worden sind, ohne dass dieser einzelnen Rechnung
der gesamte tatsächliche Aufwand entnommen werden könnte, da beispielsweise keine Kosten für die
Masten, Lampen und Leuchten ausgewiesen werden. Vor dem Hintergrund, dass es der Beklagten aufgrund
des Zeitablaufs und der nicht mehr vorhandenen Rechnungen nicht mehr möglich ist, im Einzelnen
nachzuvollziehen, wann welcher Lichtmast zu welchem Preis beschafft worden ist und welche Kosten somit
insgesamt für die Straßenbeleuchtung angefallen sind, erscheint die von der Beklagten vorgenommene
Schätzung gut vertretbar.

Im Ergebnis dringen die Kläger auch hinsichtlich der vorgebrachten Zweifel bezüglich der geschätzten
Entwässerungskosten nicht durch. Beim beitragsfähigen Aufwand hinsichtlich der
Straßenentwässerungskosten hat die Beklagte zum einen die Kosten, die bei dem 2006 und 2007 erfolgten
Ausbau für das vom Bebauungsplan „Östliche Römerstraße“ erfassten Teilstück angefallen sind, sowie Kosten
berücksichtigt, die bei einem angenommenen Ausbau im Jahr 1972 angefallen wären. Zwar ist den Klägern
zuzugeben, dass bereits in dem Lageplan von 1929 Wasser- und Kanalschächte eingezeichnet sind; jedoch
kann allein aus diesem Plan noch nicht hergeleitet werden, wann und in welchem Umfang eine ausreichende
Straßenentwässerung vorgelegen hat. Soweit in dem Bebauungsplan „Hindenburgstraße/F.W.52“ vom
27.04.1972 ausgeführt wird, dass ein Abwasserkanal und eine Wasserleitung vorhanden seien, führt dies
noch nicht dazu, dass keine später angefallenen Kosten berücksichtigt werden können. Nach den oben
gemachten Ausführungen kann die Gemeinde bis zur endgültigen erstmaligen Herstellung der Anlage die
Teileinrichtungen noch ändern, so dass sie grundsätzlich nicht gehindert war, den bestehenden Straßenkanal -
wie von ihr vorgetragen - im Jahr 1988 noch einmal insgesamt auszuwechseln. Wie die Beklagte ebenfalls
ausführt, hätte sie eigentlich die 1988 angefallenen Kosten berücksichtigen müssen. Vor dem Hintergrund der
Beitragserhebungspflicht erscheint zweifelhaft, ob das Vorgehen der Beklagten rechtmäßig ist. Aufgrund der
Baupreisentwicklung, die sich der Verwaltungsakte der Beklagten entnehmen lässt, führt eine diesbezügliche
Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides jedoch nicht zu einer Rechtsverletzung der Kläger, da dadurch im
Zweifel zu geringe Kosten angesetzt worden sind.

D.

Die Heranziehung der Kläger zu einem Erschließungsbeitrag verstößt auch nicht gegen den
verfassungsrechtlichen Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschlüssen vom 05.03.2013 (- 1 BvR 2457/08 - juris) und vom
03.09.2013 (- 1 BvR 1282/13 - juris) in Bezug auf die Rechtslage nach dem bayerischen bzw.
brandenburgischen KAG entschieden, dass eine vom einfachen Recht zugelassene zeitlich unbegrenzte
Festsetzung von Beiträgen lange nach Erlangung des mit dem Beitrag abzugeltenden Vorteils gegen das
Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (Art. 20
Abs. 3 GG) verstoße. Dem Gesetzgeber obliege es daher, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem
Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für gewährte Vorteile einerseits und dem Interesse des
Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem
Beitrag herangezogen werden kann.

Unter Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht dem
Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 06.09.2018 (- 9 C 5.17 - juris) die Frage zur Entscheidung
vorgelegt, ob § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes Rheinland-Pfalz in Verbindung mit § 169 Abs.
2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 AO mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der
Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) vereinbar ist, soweit er die Erhebung von
Erschließungsbeiträgen zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage erlaubt. Dieses Verfahren ist
derzeit noch anhängig. Auch das baden-württembergische Kommunalabgabengesetz enthält eine Regelung,
die eine Erhebung von Erschließungsbeiträgen zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage erlaubt.

Der Senat hat mit Urteil vom 19.09.2018 (- 2 S 1116/18 - juris) in Übertragung der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im
rechtlichen Ausgangspunkt auch der Erhebung eines Erschließungsbeitrags entgegenstehen kann, wenn
zwischen dem Eintritt der Vorteilslage und dem Vorteilsausgleich ein langer Zeitraum verstrichen ist.

Diese Bedenken kommen vorliegend aber nicht entscheidungserheblich zum Tragen, weshalb eine Vorlage an
das Bundesverfassungsgericht oder an den Verfassungsgerichtshof nicht geboten ist, sondern sogar nach Art.
100 Abs. 1 GG bzw. nach Art. 68 Abs. 1 Nr. 3 LV unzulässig wäre (vgl. Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl.,
Art. 100 Rn. 16 m.w.N.; Oebbecke in Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, B, Rn. 57).

Das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit schützt unter Abwägung des staatlichen Interesses
an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten nicht das Vertrauen, sondern das Interesse der
Bürger, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren
zu können. Die verfassungsrechtliche Grenze der Beitragserhebung setzt folglich keinen Vertrauenstatbestand
voraus, sondern knüpft allein an den seit der Entstehung der Vorteilslage verstrichenen Zeitraum an (BVerwG,
Vorlagebeschluss vom 06.09.2018 - 9 C 5.17 - juris Rn. 16).

Das Rechtsstaatsprinzip verlangt Klarheit darüber, ob ein Vorteilsempfänger die erlangten Vorteile durch
Beiträge auszugleichen hat, und damit eine für den Beitragsschuldner konkret bestimmbare Frist. Dieser muss
daher selbst feststellen können, bis zu welchem Zeitpunkt er mit seiner Heranziehung rechnen muss. Dies
wiederum setzt die Erkennbarkeit des Zeitpunktes voraus, in dem der beitragsrechtliche Vorteil entsteht und
die Frist für eine mögliche Inanspruchnahme zu laufen beginnt. Maßgeblich kommt es daher im
Erschließungsbeitragsrecht auf die tatsächliche - bautechnische - Durchführung der jeweiligen
Erschließungsmaßnahme, nicht jedoch darauf an, ob darüber hinaus auch die weiteren, für den Betroffenen
nicht erkennbaren rechtlichen Voraussetzungen - wie beispielsweise die Widmung der Straße oder die
Wirksamkeit der Beitragssatzung - für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht vorliegen.
Beurteilungsmaßstab hierfür ist die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Entscheidend ist,
ob diese sowohl im räumlichen Umfang als auch in der bautechnischen Ausführung nur provisorisch her- oder
schon endgültig technisch fertiggestellt ist, d.h. dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und
sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (BVerwG,
Beschluss vom 06.09.2018, aaO, juris Rn. 54 f.).

Danach kommt es in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die tatsächliche - bautechnische -
Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme an. Entscheidend ist deshalb unter anderem, ob diese
im räumlichen Umfang schon endgültig technisch fertiggestellt ist. Zwar wurde bereits zwischen 1972 und
1974 unmittelbar vor dem Grundstück der Kläger ein Teilstück der Römerstraße hergestellt. Dabei handelte es
sich aber lediglich um ein Teilstück der bei natürlicher Betrachtungsweise erst im Jahre 2007 technisch
endgültig fertiggestellten Erschließungsanlage. Dies war, wie bereits oben ausgeführt, aufgrund der
tatsächlichen Gegebenheiten auch für die Kläger erkennbar.

Die Frage, ob ein Teil einer Erschließungsanlage abweichend von der natürlichen Betrachtungsweise allein
durch Zeitablauf in eine selbständige Erschließungsanlage hereinwachsen kann, ist - genauso wie die Frage,
ob der Beschluss vom 10.04.1991 eine Abschnittsbildung darstellt, - ebenfalls bereits oben verneint worden.
Diese Fragen unterfallen nicht dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

Es ist offensichtlich, dass in einem solchen Fall, zumal bei noch laufender Verjährungsfrist, eine
verfassungsrechtlich gebotene zeitliche Höchstgrenze für die Heranziehung zu einem Beitrag unter keinem
denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt erreicht ist. Vor der rechtsirrigen Annahme, der Beitragstatbestand sei
schon vor vielen Jahren erfüllt worden - hier, weil die Kläger verfehlt davon ausgegangen sind, bei dem
Teilstück der Römerstraße handele es sich um eine selbständige Erschließungsanlage, für die die
Beitragspflicht aufgrund der Beschlussfassung des Gemeinderates schon längst entstanden sei - schützt das
Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nicht (Driehaus, KStZ 2014, S. 181 [184] m.w.N.).

E.

Soweit die Erschließungsbeitragsbescheide rechtswidrig sind, weil bei der Berechnung des beitragsfähigen
Erschließungsaufwandes zu geringe Kosten für die Straßenentwässerung und gegebenenfalls im Rahmen
des Mehrkostenverzichts die entstandenen Mehrkosten zu hoch angesetzt worden sind, liegt keine
Rechtsverletzung der Kläger vor, da diese durch die im Ergebnis zu niedrig berechneten Erschließungskosten
nicht belastet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 29. Oktober 2019

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG auf 3.642,66 EUR
festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

VGH Mannheim

Erscheinungsdatum:

29.10.2019

Aktenzeichen:

2 S 465/18

Rechtsgebiete:

Öffentliches Baurecht

Normen in Titel:

GG Art. 20 Abs. 3; BauGB §§ 125 Abs. 1 lit. a u. Abs. 3 Nr. 2, 130 Abs. 2, 183e; KAG §§ 20 Abs. 2, 33 S. 1 Nr. 1, 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 36 S. 1, 37, 41, 49 Abs. 6