Unzulässigkeit des Verzichts auf einen Wohnungs- oder Teileigentumsanteil
letzte Aktualisierung: 4.1.2023
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.10.2022 – 3 W 52/22
BGB §§ 892, 928
Unzulässigkeit des Verzichts auf einen Wohnungs- oder Teileigentumsanteil
1. Der Verzicht auf einen Wohnungs- oder Teileigentumsanteil ist unzulässig.
2. Der gute Glaube daran, dass das Eigentum an Grundbesitz durch den eingetragenen Verzicht
wirksam aufgegeben und dadurch herrenlos geworden sei, wird durch § 892 BGB nicht geschützt.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt seine Eintragung als Eigentümer des
verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes. Hierbei handelt es sich um einen … /1.000
Miteigentumsanteil an dem Grundstück eingetragen im Teileigentumsgrundbuch von …
Blatt .., verbunden mit dem Sondereigentum an der mit Nr. … bezeichneten Garage.
Der ursprünglich eingetragene Eigentümer des Grundbesitzes hat den Verzicht auf das
Eigentum erklärt. Dieser Verzicht ist am … 1979 in das Grundbuch eingetragen worden.
Mit notariell beurkundetem Kauf und Abtretung eines Aneignungsrechts des Notars …
(UR-Nr. …) vom 25. November 2020 verkaufte das Land Rheinland-Pfalz sein
Aneignungsrecht an dem Grundbesitz zum Preis von 1 € an den Antragsteller und trat ihm
dieses Aneignungsrecht ab. Der Antragsteller nahm dieses Recht an und die Beteiligten
waren sich darüber einig, dass das Aneignungsrecht auf den Käufer übergehen sollte. In
dieser Urkunde erklärte der Antragsteller gegenüber dem Grundbuchamt, dass er das
Aneignungsrecht ausübe und bewilligte und beantragte seine Eintragung als neuer
Eigentümer im Grundbuch.
Auf den Eintragungsantrag des Notars wies die Rechtspflegerin des Grundbuchamts darauf
hin, dass der Verzicht auf einen Sondereigentumsanteil nach der Rechtsprechung des BGH
(BGH, Beschluss vom 14. Juni 2007 – V ZB 18/07) unwirksam sei. Zudem sei die Garage,
für die das Sondereigentum bestehe, nicht errichtet worden. Mit dem angefochtenen
Beschluss hat sie den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Da die Garage nicht errichtet
worden sei, sei daran kein Sondereigentum entstanden, sondern es handele sich um isolierte
Miteigentumsanteile, die der WEG-Gemeinschaft zustünden. Überdies mangele es an der
Verwalterzustimmung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung führt er aus, es
gelte das Rückwirkungsverbot. Zum Zeitpunkt der Eintragung des Verzichts auf das
Eigentum im Jahr 1979 sei dies noch wirksam gewesen, da die entgegenstehende BGHRechtsprechung
erst danach ergangen sei. Ob die Garage tatsächlich gebaut worden sei,
dürfe für das Grundbuchamt nicht relevant sein. Die Verwalterzustimmung sei für die
Aneignung nicht erforderlich, da es hierfür anders als beim Kauf keine Rechtsgrundlage
gebe.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Ansicht, dass der Verzicht
unwirksam sei, sei jedenfalls vertretbar. Das Rückwirkungsverbot gelte nicht in jedem Fall.
Der Fiskus sei nicht gemäß
wirksam sein solle, fehle dennoch die Verwalterzustimmung.
II.
Die Beschwerde gegen den den Eintragungsantrag zurückweisenden Beschluss ist als
unbeschränkte Beschwerde gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Der Senat entscheidet gemäß § 119 GVG, § 4 Abs. 3 Nr. 2a GerOrgG Rheinland-Pfalz über
die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ….
In der Sache hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Der
Beschwerdeführer hat das Eigentum an dem WEG-Anteil nicht wirksam erworben, so dass
er auch nicht als Eigentümer eingetragen werden konnte. Der Beschwerdeführer hat
nämlich kein Aneignungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz erworben. Voraussetzung
hierfür wäre nämlich, dass der in Rede stehende Grundbesitz herrenlos gewesen wäre, damit
dem Land auch ein Aneignungsrecht nach
Herrenlos wird ein Grundbesitz nur durch einen wirksamen Verzicht des Eigentümers.
Hierzu führt das Amtsgericht zutreffend aus, dass ein Verzicht auf Wohnungseigentum
nicht zulässig ist.
Nach der Definition in
dem Sondereigentum an einer Wohnung bzw. an nicht zu Wohnzwecken dienenden
Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentum an dem gemeinschaftlichen
Eigentum, zu dem es gehört. Gemeinschaftliches Eigentum ist nach
das Grundstück. Das Miteigentum daran (§ 1008 BGB) ist die Grundlage des Wohnungsund
Teileigentums; das ergibt sich aus den Regelungen über das Entstehen dieser
Eigentumsformen in
ZB 9/67 –,
gemeinschaftlichen Grundstück gibt es kein Wohnungs- und Teileigentum (vgl.
Ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück kann nicht entsprechend § 928 Abs. 1 BGB
durch Verzicht des einzelnen Miteigentümers aufgegeben werden (BGH, Urteil vom 7. Juni
1991 – V ZR 175/90 –,
Im Hinblick auf die Regelung in
einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück schon begrifflich auf Schwierigkeiten und
das Miteigentum erschöpft sich nicht in der sachenrechtlichen Beziehung, sondern hat
zugleich die Beteiligung an einer wechselseitige Rechte und Pflichten begründenden
Miteigentümergemeinschaft zum Inhalt, an die jeder Teilhaber bis zu deren
gesetzeskonformer Aufhebung gebunden ist. Der Ausschluss des Verzichts auf den
Miteigentumsanteil steht nicht in Widerspruch zu der Entstehungsgeschichte der Vorschrift
des
BGB nicht in unzulässiger Weise (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2007 – V ZB 18/07 –,
5, juris). Kann aber ein einzelner Miteigentümer sein Miteigentum an einem Grundstück
nicht durch Verzicht aufgeben, führt das dazu, dass auch Wohnungs- und Teileigentum
nicht durch Verzicht aufgegeben werden können (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2007 – V
ZB 18/07 –,
Rede stehenden Verzicht ergangen ist, vermag an der Beurteilung der Rechtslage nichts zu
ändern.
Mangels wirksamen Verzichts war der Grundbesitz nicht herrenlos, so dass dem Land
Rheinland-Pfalz kein Aneignungsrecht nach
konnte das Aneignungsrecht auch nicht wirksam auf den Beschwerdeführer übertragen
werden, so dass ihm kein Aneignungsrecht zustand, mittels dessen er hätte Eigentum
erwerben können.
Der Beschwerdeführer hat das Eigentum auch nicht gutgläubig erwerben können. Soweit er
meint, es gelte das Rückwirkungsverbot, muss er sich entgegenhalten lassen, dass es kein
Rückwirkungsverbot für Grundbucheintragungen gibt, sondern nur für Gesetze.
Grundbucheintragungen genießen allenfalls Gutglaubensschutz. Allerdings kann die
Eintragung des Verzichts aus dem Jahr 1979 nicht Grundlage eines gutgläubigen
Eigentumserwerbs werden. Gemäß § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt zwar der Inhalt des
Grundbuchs für denjenigen als richtig, welcher gutgläubig darauf vertrauend ein Recht an
Die Aneignungserklärung des Beschwerdeführers bewirkte damit keinen Eigentumserwerb,
so dass die Zurückweisung des Eintragungsantrages durch das Grundbuchamt nicht zu
beanstanden war.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 84 FamFG. Der Beschwerdewert wurde mangels
entgegenstehender Anhaltspunkte mit dem Auffangwert des
bemessen. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 GBO besteht kein Anlass, da
die Voraussetzungen nicht vorliegen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Zweibrücken
Erscheinungsdatum:07.10.2022
Aktenzeichen:3 W 52/22
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 892, 928