Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Ablösung des allein vollstreckbar gestellten „zuletzt zu zahlenden Teilbetrages“
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 10712
letzte Aktualisierung: 29.03.2007
BGH, 29.03.2007 - V ZB 160/06
Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Ablösung des allein vollstreckbar gestellten "zuletzt zu zahlenden Teilbetrages"
Ist der Schuldner vollstreckbar verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück wegen
eines zuletzt zu zahlenden Teilbetrags einer Grundschuld zu dulden, ist zur Befriedigung des
Gläubigers im Sinne von
aber die vollständige Ablösung der Grundschuld erforderlich (Fortführung von Senat, BGHZ 108,
372).
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 160/06
vom 29. März 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
ZPO § 775 Nr. 5
Ist der Schuldner vollstreckbar verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück wegen eines zuletzt zu zahlenden Teilbetrags einer Grundschuld zu dulden, ist
zur Befriedigung des Gläubigers im Sinne von
erforderlich (Fortführung von Senat,
BGH, Beschl. v. 29. März 2007 - V ZB 160/06 - AG Reutlingen
LG Tübingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. März 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Tübingen vom 18. September 2006 wird auf
Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 2 bis 4 (Schuldner) sind zu je einem Drittel Miteigentümer des eingangs dieses Beschlusses bezeichneten mit einem Mietshaus
bebauten Grundstücks. Das Grundstück ist zugunsten der Beteiligten zu 1
(betreibenden Gläubigerin) mit zwei Briefgrundschulden belastet. Am 9. Dezember 2003 wurden die Schuldner - anstelle des Beteiligten zu 4 der Insolvenzverwalter über dessen Vermögen - inzwischen rechtskräftig verurteilt, wegen der beiden Grundschulden die Zwangsvollstreckung in das Grundstück
"aus dem jeweils zuletzt zahlbaren Teilbetrag in Höhe von je 20.000 €" zu dulden.
Das Vollstreckungsgericht hat am 16. Februar 2004 die Zwangsversteigerung des Grundstücks wegen der beiden Teilbeträge in Ansehung der Miteigentumsanteile der Beteiligten zu 2 und 3 und, nach Titelumschreibung infolge
Freigabe des Miteigentumsanteils des Beteiligten zu 4 durch den Insolvenzverwalter, am 26. Juli 2005 auch in Ansehung dieses Miteigentumsanteils angeordnet. Der Vater der Schuldner erkundigte sich am 22. Dezember 2005 in
deren Namen nach der Höhe der Forderung der betreibenden Gläubigerin. Das
Vollstreckungsgericht teilte ihm am 23. Dezember 2005 mit, dass sie insgesamt 46.358,64 € betrage. Nachdem der Vater der Schuldner der Gläubigerin
diesen Betrag überwiesen und dies nachgewiesen hatte, hat das Vollstreckungsgericht das Zwangsversteigerungsverfahren am 16. Januar 2006, soweit hier von Interesse, nach
möchte.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Zwangsvollstreckung habe einstweilen eingestellt werden müssen, weil die Schuldner die Zahlung des zu ihrer
Befriedigung erforderlichen Betrags an die betreibende Gläubigerin nachgewiesen hätten. Dabei handele es sich nur um den titulierten Teilbetrag von
40.000 € zuzüglich Kosten und nicht um den darüber hinausgehenden nicht
titulierten Betrag. Der Bundesgerichtshof habe zwar anerkannt, dass eine Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung wegen eines zuletzt zahlbaren Teilbetrags eine Tilgungsregelung enthalte, derzufolge alle Zahlungen zunächst
auf den nicht titulierten Teil der Forderungen anzurechnen seien. Bei der hier
vorliegenden Zahlung der Schuldner auf den Duldungstitel gelte das aber nicht.
Der Schuldner müsse feststellen können, durch welche Zahlung er eine Vollstreckung abwenden könne. Das sei nicht möglich, wenn seine Zahlung zuerst
auf den nicht titulierten Teil der Forderung verrechnet werde.
III.
Das hält rechtlicher Prüfung stand. Das Vollstreckungsgericht hat das
Zwangsversteigerungsverfahren mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht
einstweilen eingestellt.
1. Nach
vorlegt, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger eingezahlt worden ist. Das
gilt vor dem Versteigerungstermin, für den
auf Zahlungen an das Gericht beschränkte Regelung trifft, auch im Zwangsversteigerungsverfahren (Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 775 Rdn. 2; Hintzen in
Hintzen/Wolf, Handbuch Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und
Zwangsverwaltung, Rdn. 11.324; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 75 Anm. 2.1).
2. Die Voraussetzungen des
a) Der Vater der Schuldner hat den Verfahrensbevollmächtigten der
Gläubigerin 46.358,64 € überwiesen und dem Vollstreckungsgericht hierüber
einen Nachweis vorgelegt. Er handelte dabei nicht, wie die Beschwerde meint,
als am Verfahren nicht beteiligter Dritter, sondern als Vertreter der Schuldner,
die dem Vollstreckungsgericht entsprechende Vollmachten vorgelegt haben.
b) Seine Zahlung erfolgte auf den Vollstreckungstitel der betreibenden
Gläubigerin. Auf dem Überweisungsträger wird zwar das Kürzel "Grunds" für
Grundschuld verwandt. Das bedeutet aber auch aus der Sicht der Gläubigerin
nicht, dass, unabhängig von der Titulierung, schlechthin auf ihre Grundschulden gezahlt werden sollte. Auf dem Überweisungsträger sind nämlich zusätzlich die beiden Aktenzeichen und der Gegenstand des vorliegenden Zwangsversteigerungsverfahrens angegeben. Außerdem folgte die Zahlung auf das
Schreiben des Vollstreckungsgerichts vom 23. Dezember 2005 zur Höhe der
Forderung einschließlich der Kosten. Diese wiederum beruhte auf einer fernmündlichen Anfrage des Vaters der Schuldner vom 22. Dezember 2005 danach, "welcher Betrag gezahlt werden müsse, um den Termin aufheben zu
lassen". Hierüber hat das Vollstreckungsgericht die Gläubigerin zu Händen
ihrer Verfahrensbevollmächtigten unterrichtet und diese um Mitteilung ihrer
Kosten gebeten, was am 22. Dezember 2005 auch geschah. Der Zweck der
Überweisung war damit auch für die Gläubigerin eindeutig eine Zahlung auf
den Titel.
c) Die Zahlung umfasste den im Sinne von
aa) Der Überweisungsbetrag entsprach der Mitteilung des Vollstreckungsgerichts. Diese umfasste die in dem Titel bezeichneten beiden Teilbeträge von jeweils 20.000 € und die Kosten, die das Vollstreckungsgericht allerdings niedriger angesetzt hat als die Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin angegeben hatten. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Gläubigerin nicht angegriffen. Sie meint vielmehr, der Vater der Schuldner habe den zu
ihrer Befriedigung aus dem Titel erforderlichen Betrag nur durch vollständige
Ablösung der beiden Grundschulden zahlen können, hier also insgesamt
158.500,48 € zahlen müssen. Seine Zahlungen würden aufgrund der in dem
Titel verwandten Formulierung "wegen eines zuletzt zu zahlenden Teilbetrags"
erst auf den nicht titulierten Teil des Duldungstitels verrechnet.
bb) Dem kann nicht gefolgt werden.
(1) Richtig ist allerdings, dass der Senat die Bestellung einer Grundschuld mit einer Vollstreckungsunterwerfung nach
zuletzt zu zahlenden Teilbetrags" als zulässig anerkannt hat (
376 ff.). Es trifft auch zu, dass ein solcher Zusatz bedeutet, dass Teilzahlungen
zuerst auf den nicht titulierten Teil der Grundschuld angerechnet werden sollen
(Senat,
vorbehaltlich eines Einverständnisses des Gläubigers eine vollständige Zahlung notwendig ist (
dass diese Grundsätze auf eine Titulierung durch Urteil übertragbar sind (so
auch Wolfsteiner
keine Teilleistungen entgegennehmen muss und ihre Entgegennahme deshalb
mit Einschränkungen versehen kann.
(2) Unter welchen Voraussetzungen der Schuldner nach der Entscheidung des Senats eine Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem so gefassten Titel erreichen kann, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird angenommen, der Schuldner habe die Grundschuld vollständig abzulösen (ohne
eigene Stellungnahme: Munzig in: Limmer/Hertel/Frenz/Mayer (Hrsg.), Würzburger
Notarhandbuch,
Teil 2
Rdn. 2628;
wohl
auch
MünchKommBGB/Eickmann, 4. Aufl., § 1150 Rdn. 32; unklar Deutsches Notarinstitut DNotIReport 1998, 53, 54). Nach einer Gegenmeinung sind Zahlungen des Schuldners in der Zwangsvollstreckung stets auf den titulierten Teil zu verrechnen
(Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschulden, 7. Aufl., Rdn. 321 a. E.).
Eine Zahlung auf den titulierten Teil führe daher zum Titelverlust (Amann in:
Brambring/Jerschke/Waldner, Beck’sches Notar-Handbuch, 4. Aufl., Rdn. A VI
30 f.; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2002], § 1150 Rdn. 24; Muth, Rpfleger
1990, 380; Wolfsteiner
(3) Richtig ist die zweite Meinung.
(a) Mit der Zwangsvollstreckungsunterwerfung oder einer Verurteilung
des Schuldners wegen eines zuletzt zu zahlenden Teilbetrags will der Gläubiger verhindern, dass der Schuldner gegen eine Vollstreckung mit der Vollstreckungsgegenklage frühere freiwillige Zahlungen einwendet (Senat, BGHZ 108,
372, 377). Sie verschafft dem Gläubiger keine über den eingeklagten Betrag
hinausgehenden Vollstreckungsmöglichkeiten. Sie bietet ihm lediglich die
Möglichkeit, zunächst weiterhin freiwillige Zahlungen des Schuldners auf seine
weitergehende Forderung entgegenzunehmen und von dem Titel erst, aber
dann ungeschmälert Gebrauch zu machen, wenn der Schuldner nicht mehr
freiwillig leistet. Nur bei freiwilligen Leistungen des Schuldners kommt die
Klausel zum Tragen. Denn nur diese sind Teilleistungen, die der Gläubiger
nicht hinnehmen muss und von der Einhaltung der Verrechnungsabrede abhängig machen kann, die in dem Zusatz liegt. Macht der Gläubiger aber von
dem Titel, sei es aus der Unterwerfungserklärung des Schuldners, sei es aus
dem gegen ihn erstrittenen Urteil, Gebrauch, geht es nicht mehr um an sich
unzulässige Teilleistungen des Schuldners und ihre Verrechnung. Vielmehr
macht der Gläubiger von sich aus eine Teilforderung geltend, deren Erfüllung
er dann auch annehmen muss (
4. Aufl., § 266 Rdn. 21). Deshalb gilt die Verrechnungsregelung aus dem Zusatz "zuletzt zu zahlender Teilbetrag" ihrem Sinn nach nur bei Zahlungen außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens (Senat,
(b) Im Zwangsvollstreckungsverfahren will der Gläubiger die titulierte
Teilforderung durchsetzen. Schon deshalb genügt zu seiner Befriedigung im
Sinne von
Betrachtung wird dem prozessualen Vorgehen des Gläubigers gerecht. Mit
dem Verlangen einer Vollstreckungsunterwerfung wegen eines zuletzt zu zahlenden Teilbetrags oder einer entsprechenden Klage will der Gläubiger Kosten
sparen und von der Titulierung des vollständigen (Duldungs-) Anspruchs gerade absehen. Über diesen Willen setzte sich eine Verurteilung entgegen § 308
ZPO hinweg, die dennoch eine Vollstreckung des ganzen Anspruchs ermöglichte (Wolfsteiner,
nicht erlauben festzustellen, mit welcher Leistung er die Zwangsvollstreckung
abwenden kann. Will der Gläubiger eine weitergehende Verurteilung oder
Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Schuldners erreichen, muss er eine
weitergehende Titulierung herbeiführen, was ihm durch eine entsprechend weitere Fassung einer Unterwerfungsklausel oder seines Klageantrags und bei
Eingehung entsprechend höheren Kostenrisikos ohne weiteres möglich ist.
(c) Die Beschränkung des Duldungstitels auf einen zuletzt zu zahlenden
Teilbetrag der Grundschulden führt allerdings, das ist der Beschwerde zuzugeben, nicht zu einer entsprechenden Beschränkung der aufgrund des Duldungstitels beantragten Zwangsversteigerung. Diese kann nur aus den Grundschulden als solchen, nicht aus titulierten Teilbeträgen betrieben werden. Die
nicht titulierten Grundschuldteile haben keinen anderen Rang als die titulierten.
Sie sind auch nicht in das geringste Gebot aufzunehmen. Die Grundschuld
erlischt in der Zwangsversteigerung insgesamt und nicht nur hinsichtlich des
titulierten Teilbetrags (Senat,
Voraussetzungen die Zwangsversteigerung einzustellen ist. Hierfür können nur
die Grundlagen ihrer Eröffnung maßgeblich sein. Wird die Zwangsversteigerung, wie hier, durch einen Duldungstitel eröffnet, der nur den zuletzt zu zahlenden Teilbetrag erfasst, dann bestimmt er auch die Bedingungen ihrer einstweiligen Einstellung. Sie ist deshalb anzuordnen, wenn, wie hier, dieser Teilbetrag gezahlt wird.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Gläubigerin einerseits und die Schuldner andererseits stehen sich jedenfalls
im Rechtsbeschwerdeverfahren wie Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung
mit
entgegen gesetzten Interessen und Anträgen gegenüber (Senat, Beschl. v.
20. Juli 2006, V ZB 168/05,
V ZB 125/05, zur Veröffentlichung bestimmt).
Krüger
Klein
Schmidt-Räntsch
Lemke
Roth
Vorinstanzen:
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:29.03.2007
Aktenzeichen:V ZB 160/06
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
Grundpfandrechte
DNotI-Report 2007, 87-88
Rpfleger 2007, 488-489
ZNotP 2007, 276-277
ZPO §§ 775 Nr. 5, 794 Abs. 1 Nr. 5; BGB §§ 1142, 1150, 1191 ff., 266