GmbH-Gründung: Vollzugsgebühr für Erstellung der Gesellschafterliste
letzte Aktualisierung: 9.8.2019
BGH, Beschl. v. 4.6.2019 – II ZB 16/18
KV-GNotKG Nr. 22110
GmbH-Gründung: Vollzugsgebühr für Erstellung der Gesellschafterliste
Die Erstellung der Gesellschafterliste im Zusammenhang mit der Beurkundung des GmbHGründungsvertrags
ist nach Nr. 22110 KV-GNotKG mit einer 0,5 Gebühr abzurechnen.
Gründe:
I. Am 31. Oktober 2013 beurkundete der Beteiligte zu 1 als Notar die Errichtung
der Beteiligten zu 2, einer GmbH mit Sitz in L. mit
zwei Gesellschaftern. Der Beteiligte zu 1 erstellte darüber hinaus die zugehörige
Handelsregisteranmeldung und die Liste der Gesellschafter und reichte diese
elektronisch in öffentlich beglaubigter Form beim Registergericht ein. Daneben
erstellte er sogenannte XML-Strukturdaten und übermittelte diese ebenfalls
an das Registergericht. Der Beteiligte zu 1 erstellte diese XML-Dateien aus eigenem
Antrieb. Die Beteiligte zu 2 wünschte sie ausdrücklich nicht.
Für die Errichtung der GmbH erhob der Beteiligte zu 1 mit der hier verfahrensgegenständlichen
Kostenrechnung vom 28. August 2014 Gebühren für
die Beurkundung nach Nr. 21100 KV-GNotKG in Höhe von 250 €, für die Handelsregisteranmeldung
nach Nr. 21201 Ziff. 5 KV-GNotKG in Höhe von 62,50 €
und für die Liste der Gesellschafter nach Nr. 22113 i.V.m. Nr. 22111 KVGNotKG
in Höhe von 37,50 € aus einem Geschäftswert von jeweils 30.000 €.
Eine Vollzugsgebühr nach Nr. 22114 KV-GNotKG für die Erstellung der
XML-Strukturdaten erhob der Beteiligte zu 1 nicht.
Die Notarkasse war der Auffassung, dass für die Fertigung der Liste der
Gesellschafter eine Vollzugsgebühr nach Nr. 22113 i.V.m. Nr. 22110
KV-GNotKG in Höhe von 62,50 € und außerdem eine Vollzugsgebühr nach
Nr. 22114 KV-GNotKG für die Erstellung der XML-Strukturdaten in Höhe von
37,50 € zu berechnen gewesen wäre. Die Erstellung der Liste der Gesellschafter
sei eine Vollzugstätigkeit zur GmbH-Gründung, weshalb für diese Tätigkeit
eine 0,5-Gebühr nach Nr. 22113 i.V.m. Nr. 22110 KV-GNotKG zu erheben sei.
Sie forderte den Beteiligten zu 1 auf, den Differenzbetrag von der Beteiligten
zu 2 nachzufordern.
Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, dass es sich bei der Fertigung der
Liste der Gesellschafter um eine Vollzugstätigkeit zur Handelsregisteranmeldung
handele, weshalb für diese Tätigkeit nur eine 0,3 Gebühr nach Nr. 22113
i.V.m. Nr. 22111 KV-GNotKG anfalle.
Der Landgerichtspräsident wies den Beteiligten zu 1 an, gemäß § 130
Abs. 2 Satz 1 GNotKG einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei dem
Landgericht zu stellen.
Das Landgericht hat die Kostenrechnung abgeändert und die Vollzugsgebühr
für die Erstellung der Gesellschafterliste mit einer 0,5 Gebühr nach
Nr. 22110 KV-GNotKG angesetzt, was zu einer Erhöhung der Kostenrechnung
um 29,75 € geführt hat. Den weitergehenden Antrag auf gerichtliche Entscheidung
im Hinblick auf die XML-Daten hat es zurückgewiesen.
Gegen den Beschluss des Landgerichts hat der Beteiligte zu 1 wegen
der Abänderung seiner Kostenrechnung im Hinblick auf die Kostenberechnung
für die Erstellung der Gesellschafterliste Beschwerde eingelegt. Diese hat Erfolg
gehabt. Das Beschwerdegericht hat den Beschluss des Landgerichts abgeändert
und den Antrag des Notars auf gerichtliche Entscheidung im Hinblick
auf die Kostenberechnung für die Erstellung der Gesellschafterliste und damit
insgesamt zurückgewiesen.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet
sich der Beteiligte zu 1 nunmehr auf Weisung des Präsidenten des Landgerichts
Nürnberg-Fürth gegen die Beschwerdeentscheidung und bezieht sich zur
Begründung auf die Entscheidung des Landgerichts.
Er selbst verteidigt seine Kostenrechnung und damit die Entscheidung
des Beschwerdegerichts.
II. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
(OLG Nürnberg,
Zu Recht habe der Beteiligte zu 1 in der Kostenrechnung für die Erstellung
der Gesellschafterliste lediglich eine 0,3 Gebühr nach Nr. 22111
KV-GNotKG angesetzt. Nach den Regelungen im Kostenverzeichnis des Gerichts-
und Notarkostengesetzes seien die Beurkundungen des Gesellschaftervertrags
und die Fertigung der Anmeldung zum Handelsregister, die in öffentlich
beglaubigter Form zu erfolgen habe, zwei unterschiedliche Gebührentatbestände,
für die Gebühren in unterschiedlicher Höhe anfielen, nämlich bei der Beurkundung
des Gesellschaftsvertrags eine 2,0-Gebühr und bei der Beurkundung
der Handelsregisteranmeldung eine 0,5-Gebühr. Die Höhe der zusätzlich anfallenden
Vollzugsgebühr für die Erstellung der Gesellschafterliste (§ 8 Abs. 1
Nr. 3 i.V.m.
2.2.1.1 KV-GNotKG danach, ob die Gebühr für das zugrundeliegende Beurkundungsverfahren
weniger als 2,0 betrage. Dann falle eine 0,3 Gebühr nach
Nr. 22111 KV-GNotKG und andernfalls eine 0,5 Gebühr nach Nr. 22110
KV-GNotKG an. Nach diesen Vorgaben halte es das Beschwerdegericht für
geboten, in der vorliegenden Fallkonstellation die Vollzugsgebühr für die Erstellung
der Gesellschafterliste entsprechend der Rechtsansicht des Beteiligten
zu 1 nach Nr. 22111 i.V.m. Nr. 22113 KV-GNotKG zu berechnen, weil das zugrundeliegende
Beurkundungsverfahren die Handelsregisteranmeldung sei. Die
Einreichung der Gesellschafterliste beim Registergericht diene dem Informationsbedürfnis
insbesondere der Gesellschaftsgläubiger und des Registergerichts
hinsichtlich des Umstands, welche Personen Gesellschafter einer GmbH
seien. Die Liste sei daher nicht nur bei der ersten Anmeldung der GmbH zum
Handelsregister nach der Gründung oder bei deren Anmeldung zur Eintragung
neuer Geschäftsanteile bei einer Kapitalerhöhung vorzulegen, sondern müsse
auch bei sonstigen Veränderungen fortlaufend aktualisiert und dem Registergericht
in aktualisierter Form mitgeteilt werden. Zum Verhältnis zwischen dem Ab-
schluss des Gesellschaftsvertrags und der Eintragung im Handelsregister ordne
§ 11 Abs. 1 GmbHG an, dass die GmbH als solche vor der Eintragung nicht
existiere. Die Eintragung sei mithin konstitutiv für die Entstehung der GmbH.
Zur Gründung der Gesellschaft sei eine Gesellschafterliste nicht erforderlich.
Aus den allgemeinen Vorschriften zum Gesellschaftsvertrag ergebe sich lediglich,
dass die Namen der Gründungsgesellschafter zum einen deswegen angegeben
werden müssten, um sie als den Gesellschaftsvertrag schließende Parteien
zu bezeichnen, und zum anderen, um festzulegen, welcher Gründungsgesellschafter
welchen Geschäftsanteil übernehme. Nichts anderes ergebe sich
aus den Vorschriften zur einfachen Gründung nach
rechtlich könne somit ein Zusammenhang zwischen dem Abschluss des
Gesellschaftsvertrags und der Erstellung der Gesellschafterliste nicht hergestellt
werden, der es erlauben würde, die Erstellung der Gesellschafterliste als
Verzug der Beurkundung und nicht der Anmeldung zum Handelsregister anzusehen.
Ein solcher Zusammenhang könne auch nicht nach dem Kostenrecht
angenommen werden. Das Gerichts- und Notarkostengesetz sehe die Beurkundung
der Anmeldung zum Handelsregister gerade nicht nur als einen unselbständigen
Annex zur Beurkundung des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags
oder gar nur als Vollzug der Gesellschaftsgründung an, sondern als
eigenständigen Beurkundungsvorgang, der einen eigenen Gebührentatbestand
auslöse. Das gelte selbst dann, wenn die Erklärungen in einer einheitlichen Urkunde
zusammengefasst würden. Dies verbiete es auch gebührenrechtlich, die
Anmeldung zum Handelsregister lediglich als unselbständigen Annex zur Gründung
der GmbH zu sehen. Die Gebühr für die Erstellung der Gesellschafterliste
setze stets eine Anmeldung beim Register voraus. Auch dies spreche für einen
näheren Zusammenhang zum Vollzug der Anmeldung.
III. Die aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte
Beschwerde ist auch im Übrigen gemäß
scheitert nicht daran, dass eine hinreichende Begründung nach § 71 Abs. 3
Nr. 2 FamFG fehlte. Der Beteiligte zu 1 hat sich zur Begründung auf die Entscheidung
des Landgerichts berufen, die das Beschwerdegericht abgeändert
hat. Da er angewiesen wurde, die zugelassene Rechtsbeschwerde einzulegen,
von ihm aber auch nicht verlangt werden kann, im Verfahren eine seiner Überzeugung
widersprechende Rechtsauffassung zu vertreten (vgl. BGH, Beschluss
vom 10. August 1987 - NotZ 1/87,
nähere Darlegung der Unrichtigkeit der Beschwerdeentscheidung nicht abverlangt
werden.
IV. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 hat Erfolg.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdegerichts ist vorliegend die
Erstellung der Gesellschafterliste im Zusammenhang mit der Beurkundung des
GmbH-Gründungsvertrags nach der Nr. 22110 KV-GNotKG mit einer
0,5 Gebühr abzurechnen und nicht nach Nr. 22111 KV-GNotKG mit einer
0,3 Gebühr.
Die Nr. 22111 KV-GNotKG wäre lediglich anwendbar, wenn die Gebühr
für das zugrundeliegende Beurkundungsverfahren weniger als 2,0 beträgt. Das
der Erstellung der Gesellschafterliste zugrundeliegende Beurkundungsverfahren
ist aber die notarielle Beurkundung der Gründung der Beteiligten zu 2. Die
Beurkundung der GmbH-Gründung hat materiell-rechtlich einen größeren Bezug
zur Erstellung der Gesellschafterliste als die Handelsregisteranmeldung
(Volpert,
kommentar, 2. Aufl., Vorbem. 2.2.1.1 KV Rn. 40 ff.; Böhringer, BWNotZ 2014,
166, 169; Tiedke,
2. Aufl., § 112 Rn. 8; Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 20. Aufl., Vorbem. 2.2.1.1
Rn. 35; BeckOK Kostenrecht/Neie, Stand: 15.02.2018, GNotKG KV Vorbem.
2.2.1.1 Rn. 15; Fackelmann, Notarkosten nach dem neuen GNotKG, 2013,
Rn. 825; Diehn/Sikora/Tiedke, Das neue Notarkostenrecht, 2013 Rn. 557 f.;
a.A. Waldner, GNotKG für Anfänger, 9. Aufl., Rn. 236; Wudy,
243).
Der Bundesgerichtshof hat noch zur Rechtslage nach der Kostenordnung
ausgeführt, dass die Erstellung der Gesellschafterliste im kostenrechtlichen
Sinne dem Vollzug der GmbH-Gründung dient. Die Gründung einer GmbH, deren
Eintragung in das Handelsregister in Befolgung des
wird, zielt auf ihre Errichtung als juristische Person. Insofern erfordert
die Ausführung des Gesellschaftsvertrags die Eintragung der GmbH in das
Handelsregister (§ 11 Abs. 1 GmbHG) und damit auch die Erstellung der Gesellschafterliste
als notwendiger Bestandteil der Anmeldung zum Handelsregister
(§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Ob der Notar neben dem Gesellschaftsvertrag
auch die Anmeldung zum Handelsregister beurkundet hat, ist für die Einordnung
der Erstellung der Gesellschafterliste als Vollzugstätigkeit im Verhältnis
zur Beurkundung der Gesellschaftsgründung nicht ausschlaggebend (BGH,
Beschluss vom 14. Februar 2012 - II ZB 19/10, juris Rn. 21; Beschluss vom
14. Februar 2012 - II ZB 18/10,
Die materiell-rechtlichen Zusammenhänge zwischen der GmbHGründung,
der Handelsregisteranmeldung und der Gesellschafterliste haben
sich durch das Inkrafttreten des Gerichts- und Notarkostengesetzes nicht geän-
dert. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag der Vollzugsbegriff des
§ 146 KO a.F. zugrunde. Dem Vollzug des Geschäfts dienten alle Tätigkeiten,
die zu den beurkundeten schuldrechtlichen oder dinglichen Vereinbarungen der
Beteiligten notwendigerweise hinzukommen mussten, um deren Wirksamkeit
herbeizuführen und ihre Ausführung zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom
14. Februar 2012 - II ZB 18/10,
14. Februar 2012 - II ZB 19/10, juris Rn. 20; Beschluss vom 20. Februar 2013
- II ZB 27/12,
Notarkostengesetz verändert werden sollte, lässt sich der Gesetzesbegründung
nicht entnehmen (Reg-E. BT-Drucks. 17/11471, S. 138, 190, 222). Vielmehr
lässt die Begründung erkennen, dass der Gesetzgeber weiterhin von dem hergebrachten
Vollzugsbegriff ausgegangen ist (Reg-E BT-Drucks. 17/11471,
S. 222: Begründung zu Vorbem. 2.2.1.1 Abs. 1 Nr. 2 KV-GNotKG-E), da er die
Begrifflichkeit für die Definition des Vollzugsgeschäfts selbst verwendet hat
(a.A. Wudy,
der Gesellschafterliste und der Beurkundung der GmbH-Gründung hat der
Bundesgerichtshof auch darin gesehen, dass er die Einreichungskompetenz
der Gesellschafterliste beim Handelsregister als Annex aus der Beurkundungskompetenz
zur Beurkundung des Vorgangs gesehen hat, der die Erstellung
bzw. im konkreten Fall die Veränderung der Gesellschafterliste erforderlich gemacht
hat (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - II ZB 6/13, BGHZ 199,
270 Rn. 13).
Die Handelsregisteranmeldung ist für sich genommen nicht ohne die Beurkundung
der GmbH-Gründung denkbar. Es handelt sich um eine Verfahrenserklärung,
der nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG eine Gesellschafterliste beizufügen
ist. Als Verfahrenserklärung erschöpft sich ihr Zweck jedoch auch darin,
dem materiellen Geschäft, hier der GmbH-Gründung, zur Wirksamkeit zu verhelfen.
Dieser Zusammenhang wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass nunmehr
nach § 111 Nr. 3 GNotKG eine Anmeldung zu einem Register als besonderer
Beurkundungsgegenstand zu gelten hat. Dies ändert nichts daran, dass
sie nur den Sinn hat, das materielle Recht zur vorherigen GmbH-Gründung entstehen
zu lassen.
Nicht tragfähig ist demgegenüber die Argumentation des Beschwerdegerichts,
die Gesellschaftsgründung sei schon mit der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags
erfolgt und bedürfe keiner Anmeldung im Handelsregister. Der
Wille der Parteien ist darauf gerichtet, eine GmbH zu gründen, was eine Eintragung
voraussetzt. Sollte dieser Wille aufgegeben werden, kann daraus nicht der
Schluss gezogen werden, die Erstellung einer Gesellschafterliste sei nicht erforderlich.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Gesellschafterliste
nicht von den Gründungsgesellschaftern zu unterschreiben ist,
sondern vom Geschäftsführer als Anmeldenden (§ 78 GmbHG). Die Unterschriftszuständigkeit
ist für die materiell-rechtliche Einordnung der Erstellung
der Gesellschafterliste im Verhältnis zur GmbH-Gründung nicht ausschlaggebend
und damit auch gebührenrechtlich nicht aussagekräftig.
V. Weil die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss
aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Bundesgerichtshof
selbst entscheiden (
Abs. 5, Abs. 6 Satz 1 FamFG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 2
Satz 3 und 4 GNotKG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:04.06.2019
Aktenzeichen:II ZB 16/18
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
MittBayNot 2019, 613-615
RNotZ 2019, 563-566
NJW-RR 2019, 1002-1004
NotBZ 2019, 344-347
KV-GNotKG Nr. 22110