OLG Hamm 10. Januar 2020
15 W 72/20
BGB § 181; WEG § 12

Kein Insichgeschäft bei Zustimmung des WEG-Verwalters zur Veräußerung des Wohnungseigentums an sich selbst

letzte Aktualisierung: 26.08.2020
OLG Hamm, Beschl. v. 10.3.2020 – 15 W 72/20

BGB § 181; WEG § 12
Kein Insichgeschäft bei Zustimmung des WEG-Verwalters zur Veräußerung des
Wohnungseigentums an sich selbst

Ist die Veräußerung des Wohnungseigentums von der Zustimmung des Verwalters abhängig, so
kann dieser die Zustimmung auch dann erteilen, wenn er selbst das Wohnungseigentum erwirbt.
§ 181 BGB steht der Wirksamkeit der Zustimmung weder in direkter noch in entsprechender
Anwendung entgegen (im Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.11.2019,
3 Wx 217/19).

Gründe:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen die Zwischenverfügung ist zulässig (§ 71 GBO) und führt in
der Sache zu deren Aufhebung.

Entgegen der vom Grundbuchamt in der Zwischenverfügung vertretenen Rechtauffassung kann der Vollzug der
beantragten Eintragungen nicht davon abhängig gemacht werden, dass entweder ein zustimmender Beschluss
der Wohnungseigentümer zu der Veräußerung des Wohnungseigentums des Beteiligten zu 1) an den Beteiligten
zu 2) gefasst und in der Form des § 29 GBO vorgelegt wird oder aber der Beteiligte zu 2) in der Form des § 29
GBO nachweist, dass er in seiner Funktion als Verwalter des Wohnungeigentums von der Beschränkungen des §
181 befreit ist.

Die von dem Verwalter eines Wohnungseigentums erteilte Zustimmung zu der Veräußerung einer
Wohnungseigentumseinheit an ihn selbst unterliegt nicht den Beschränkungen des § 181 BGB (OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 15.11.2019 - 3 Wx 217/19 – zitiert nach juris; KG Berlin FGPrax 2004, 697; jurisPK-BGBLafontaine,
8. Auflage, § 12 Rn.42; Jennißen/Grziwotz, WEG, 6. Auflage, § 12 Rn.21; Münchener Kommentar
zum BGB/Commichau, 8. Auflage, § 12 Rn.13; BeckOGK/Skauradszun, WEG, Stand 1.12.2019, § 12 Rn.19.2.; a.
A.: LG Hagen RNotZ 2007, 349; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Auflage, § 12 Rn.27).

Unmittelbar ist § 181 BGB nicht anwendbar, da der Verwalter seine einseitige Zustimmungserklärung zu der
Veräußerung nicht gegenüber sich selbst als Erklärungsempfänger abgibt (OLG Düsseldorf, a. a. O.; KG Berlin, a.
a. O.; BayObLG NJW-RR 1986, 1077). In der Zustimmungserklärung ist ein Erklärungsempfänger nicht benannt.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Verwalter die Zustimmungserklärung gegenüber seinem Veräußerer
abgibt (§ 182 Abs. 1 BGB).

Eine analoge Anwendung des § 181 BGB auf die vorliegende Konstellation ist aus Sicht des Senats nicht
geboten. Zwar mag es im Einzelfall einen Interessenkonflikt des Verwalters als Erwerber einerseits und als
Interessenwahrer der Wohnungseigentümer andererseits geben. Dieses rechtfertigt aber nicht die analoge
Anwendung des § 181 BGB. Im Interesse der Rechtssicherheit ist § 181 BGB als formale Ordnungsvorschrift
aufzufassen, bei der der Interessengegensatz zwar das gesetzgeberische Motiv, aber zur Tatbestandserfüllung
grundsätzlich weder erforderlich noch ausreichend ist (OLG Düsseldorf a. a. O.). Handelt es sich - wie hier - um
eine Erklärung, die wahlweise gegenüber verschiedenen privaten Adressaten abgegeben werden kann, kommt
eine Anwendung des § 181 BGB nicht in Betracht, wenn der Dritte nicht nur formal, sondern auch der Sache nach
Erklärungsempfänger ist (BGH Z 94, 132). Bei der Zustimmung zu der von ihm beabsichtigten Veräußerung ist
der Beteiligte zu 1) auch der Sache nach Erklärungsempfänger (§ 182 Abs. 1 BGB).

Zudem kann die Wohnungseigentümergemeinschaft wirksame Schritte ergreifen, um sich für solche Fälle die
Entscheidungshoheit zu sichern. Sie kann die Vereinbarung nach § 12 Abs. 1 WEG so gestalten, dass die
Zustimmung zu Erwerbsvorgängen, an denen der Verwalter auf Veräußerer- oder Erwerberseite beteiligt ist,
abweichend vom Regelfall nicht vom Verwalter erteilt wird, sondern es eines Beschlusses der
Wohnungseigentümer bedarf. Skauradszun hat a. a. O. auch zutreffend darauf hingewiesen, dass für den
Verwalter eine ungeschriebene Nebenpflicht besteht, die Wohnungseigentümerversammlung auf eine
bestehende Interessenkollision hinzuweisen und dieser die Möglichkeit zu geben, die Entscheidungsbefugnis für
diesen Veräußerungsvorgang an sich zu ziehen. Verletzt der Verwalter diese Nebenpflicht, ist der
Veräußerungsvorgang zwar wirksam, der Verwalter aber zum Schadensersatz verpflichtet.

Aufgrund des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs bei einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung kann
der Senat im Folgenden nur ohne Rechtsbindung auf das Folgende hinweisen:

Es fehlt bisher am formgerechten Nachweis der Verwaltereigenschaft durch das vorgelegte Protokoll. Die
Unterschriftsbeglaubigungen beziehen sich nicht auf alle erforderlichen Unterzeichner.

Im Grundbuchverfahren ist die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen (§
29 GBO). Nach § 26 Abs. 3 WEG genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss, bei der
die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind. Aufgrund der
Bestimmung des § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG muss die Niederschrift von dem Vorsitzenden (Versammlungsleiter)
und einem Wohnungseigentümer und, falls – wie hier - ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen
Vorsitzenden oder seinem Vertreter unterschrieben sein. Dabei kann der Beiratsvorsitzende bzw. dessen
Stellvertreter nicht in einer Doppelfunktion als Wohnungseigentümer unterzeichnen. Es bedarf vielmehr zwingend
der Unterschrift eines weiteren Wohnungseigentümers (vgl. Senat Beschluss vom – 15 W 9/16; Bärmann/Becker,
WEG, 14. Auflage, § 26 Rn.306 mit weiteren Nachweisen).

Vorliegend sind nur die Unterschriften des bisherigen Verwalters N als Versammlungsleiter (§ 24 Abs. 5 WEG)
und der Wohnungseigentümerin C öffentlich beglaubigt worden. Die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift des
das Protokoll unterzeichnenden Vorsitzenden des Beirats oder eines seiner Vertreter fehlt.

Eine Kostenentscheidung, eine Entscheidung zur Wertfestsetzung und eine Entscheidung zur Zulassung der
Rechtsbeschwerde sind wegen des Erfolgs der Beschwerde nicht veranlasst.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

10.01.2020

Aktenzeichen:

15 W 72/20

Rechtsgebiete:

Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
In-sich-Geschäft
Grundbuchrecht
WEG

Normen in Titel:

BGB § 181; WEG § 12